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Inhalt
1. Einleitung
1.1. Der zweite Band in Tillichs „Systematischer Theologie”
1.2. Tillichs Denkmodelle
1.3. Ontologie
a) Die ontologische Grundstruktur
b) Die ontologischen Elemente
c) Essentielles und existentielles Sein
d) Die Kategorien
1.4. Tillichs Sündenlehre
a) Der „Fall”
b) Entfremdung und Sünde
c) Das Übel
2. Entfremdung
2.1. Entfremdung im neuzeitlichen Denken
a) Entfremdung bei Friedrich Hegel
b) Entfremdung bei Karl Marx
c) Entfremdung bei Sigmund Freud
2.2. Tillichs Rezeption des neuzeitlichen Entfremdungsbegriffes
3. Sünde
3.1. Das klassische Sündenverständnis
a) Sünde bei Augustin
b) Sünde in den lutherischen Bekenntnisschriften
c) Sünde in den Anfängen der reformierten Kirche
3.2. Das klassische Sündenverständnis und die Sündenlehre Tillichs
4. Ergebnis und kritische Fragen
5. Literaturverzeichnis
1.Einleitung
In dieser Arbeit möchte ich das Verhältnis von Sünde und Entfremdung in der Systematischen Theologie Paul Tillichs untersuchen. Wie diese beiden Begriffe sich zueinander verhalten, ob es Sinn macht, den Entfremdungsbegriff in die Sündenlehre einzutragen, das ist die Frage, die am Ende dieser Arbeit beantwortet werden soll.
Dazu werde ich zuerst Tillichs Denkmodelle, seine Ontologie und seine Sündenlehre darstellen. Daßdie Beschreibung Ontologie ausführlicher wurde als vorgesehen, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen war es notwendig, das Verhältnis von Essenz und Existenz intensiver zu betrachten, weil es wesentlich für Tillichs Sündenlehre ist und zum anderen bedurfte die ontologische Grundstruktur einer breiteren Entfaltung, um ihre Störung in der Lehre vom Übel deutlich zu machen. Ein zweiter Teil dieser Arbeit widmet sich dem Begriff „Entfremdung”. Dort werde ich die Herkunft des Entfremdungsbegriffes untersuchen und klären, wie Tillich ihn in seine Sündenlehre aufnimmt und welche Funktion er dort erfüllt. Nachdem wir so ein tieferes Verständnis der Sündenlehre Tillichs gewonnenen haben, soll diese dann auf ihre Leistungsfähigkeit geprüft werden. Dies wird im Kapitel „Sünde” anhand einer Gegenüberstellung mit dem klassischen Sündenverständnis geschehen. Am Schlußder Arbeit sollen die Ergebnisse der Arbeit, die zum Großteil am Ende der Kapitel Entfremdung und Sünde stehen, nochmals knapp zusammengefaßt werden und einige kritische Fragen an Tillichs Sündenlehre gestellt werden.
1.1. Der zweite Band in Tillichs „Systematischer Theologie”
Als Textgrundlage für die Untersuchungen zu Tillichs Verständnis von Sünde und Entfremdung dient mir im wesentlichen der zweite Band seiner dreibändigen „Systematischen Theologie” , die in der Zeit von 1951 bis 1963 erschienen ist. Bei diesem letzten großen Werk Tillichs handelt es sich um eine Übersetzung seiner amerikanischen Ausgabe des Buches „Systematic Theology, Volume I-III”. Die „Systematische Theologie” gliedert Tillich in fünf Teile, die jeweils in zwei Abschnitte unterteilt sind. In einem ersten Abschnitt gibt er eine „Analyse der menschlichen Situation, aus der die existentiellen Fragen hervorgehen”, und in einem zweiten zeigt er, „daßdie Symbole der christlichen Botschaft die Antworten auf diese Fragen sind”[1]. Im uns angehenden zweiten Band, der Mitte der Systematischen Theologie, behandelt Tillich den dritten Teil, der den Titel „Die Existenz und der Christus” trägt. Tillichs Antwort auf die entfremdete Situation der Welt ist der erlösende Christus, die Manifestation des Neuen Seins.
Der Beschreibung der existentiellen Verzerrung der menschlichen Natur stellt Tillich den zweiten Teil „Sein und Gott” voran. Dort entwickelt er seine Ontologie. Der Schritt vom zweiten zu unserem dritten Teil, vom essentiellen zum existentiellen Sein, von Gott zu Christus ist kein deduktiv notwendiger Übergang, sondern ein irrationaler, paradoxer Sprung. Allerdings „mußman wissen, was unverzerrtes oder essentielles Sein ist”[2], um die existentielle Verzerrung verstehen zu können. Im dritten Band folgen „Das Leben und der Geist” (Teil vier) und „Die Geschichte und das Reich Gottes” (Teil fünf), wo Tillich die „letzte Antwort, nämlich ‘Ewiges Leben’, als Antwort auf die Zweideutigkeiten”[3] des Lebens gibt. Grundlegend für den Charakter dieser vier Teile ist der erste Teil „Vernunft und Offenbarung”. Darin kommt Tillich zu der Erkenntnis, daß„die Vernunft der Offenbarung nicht widerspricht, sondern nach ihr fragt”[4] und daßdie „Theologie … theonome Vernunft benutzen [muß], um die christliche Botschaft zu erklären”[5].
1.2. Tillichs Denkmodelle
Tillich wählt als Ausgangspunkt seines Denkens die Grenze. Sie „ist der eigentliche Ort der Erkenntnis”[6], da sie nicht nur trennt, sondern verbindet. Konkret steht Tillich auf der Grenze zwischen Philosophie und Theologie . In seiner Schrift „Philosophie und Theologie” bekennt er sich zu einer „philosophischen Theologie”[7]. Philosophie und Theologie stellen dieselbe Frage, nämlich nach „der Wirklichkeit als solcher”, nach „der Struktur des Seins”[8]. Philosophie und Theologie haben das gemeinsame Thema der Ontologie. Allerdings ist der Ausgangspunkt verschieden: Während der Theologe vom „theologischen Zirkel” aus fragt, ist der Standort des Philosophen die reine Vernunft. Beide Gesichtspunkte bringt Tillich im jeweils ersten Abschnitt seiner fünf Teile in Korrelation. Hat er so die menschliche Existenz, die Situation des Menschen aus philosophischer und theologischer Sicht beschrieben, setzt er sie mit der christlichen Botschaft in Korrelation.
Mittels dieser „Methode der Korrelation” versucht Tillich Botschaft und Situation zu vereinigen. Das drückt sich aus in einer Beziehung von Frage und Antwort: Die menschliche Situation stellt eine existentielle Frage, auf die Tillich eine theologische Antwort gibt. Beide bilden dabei eine Einheit von Abhängigkeit und Unabhängigkeit. Unabhängig sind Frage und Antwort, weil die existentielle Situation nicht Quelle der Offenbarungsantwort sein kann, und diese wäre wiederum nicht verstehbar, wenn sie nicht auf eine Frage antworten würde. Abhängig sind Frage und Antwort insofern der Theologe schon eine theologische Grundhaltung hat, von der aus er die Situation betrachtet und die Antworten vernimmt. „Gott antwortet auf die Fragen des Menschen, und unter dem Eindruck von Gottes Antworten stellt der Mensch seine Fragen.”[9]
Seine theologischen Antworten gibt Tillich aus dem „theologischen Zirkel” heraus. Dieser Zirkel gleicht einer Ellipse mit zwei Brennpunkten: der existentiellen Frage und der theologischen Antwort. Er entspricht also der Grundhaltung, in der die Abhängigkeit der beiden Korrelationskomponenten verankert ist. Das Zentrum dieses „theologischen Zirkels” ist die Manifestation des universalen Logos in dem Christus. Das heißt, Tillich „ist als Theologe nicht … von seinem Gegenstand distanziert”, sondern hat schon von der christlichen Botschaft gehört, als Theologe ist er „seinem Gegenstand, dem christlichen Apriori, verpflichtet”[10].
1.3. Ontologie
Die Ontologie ist grundlegend für das Verständnis Tillichs, da seine Entfremdungslehre, besonders seine Lehre vom Übel, eng mit der Seinsanalyse verbunden ist. Wir müssen uns deshalb zuerst sein ontologisches Modell vergegenwärtigen.
Tillich unterscheidet in seiner Lehre vom Sein[11] „vier Schichten ontologischer Begriffe”[12]: (a) die ontologische Grundstruktur, (b) die ontologischen Elemente, (c) essentielles und existentielles Sein, (d) die Kategorien. All diese Begriffe sind a priori, weil sie die Struktur der Erfahrung konstituieren, und damit Bedingungen der Existenz sind.
a) Die ontologische Grundstruktur
„Warum ist etwas, warum ist nicht nichts?”[13] Das ist die ontologische Frage, die jeden Menschen umtreibt. Ihr geht aber immer schon voraus: Es Ist etwas. Weil niemand hinter das Sein zurückkommt, beginnt das Denken bei der ontologischen Grundstruktur. Diese ist aus einer Analyse der Beziehung des Menschen zur Welt abgeleitet. Der Mensch als völlig zentriertes Selbst steht der Welt gegenüber. Gleichzeitig sieht er sich immer als Teil der Welt. Er ist von der Welt getrennt und doch in ihr. In dieser „gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Ich-Selbst und Welt”[14] besteht die ontologische Grundstruktur. Die beiden Pole Selbst und Welt bilden eine spannungsreiche Einheit. „ Beide Seiten … sind verloren, wenn eine Seite verloren ist. Das Selbst ohne Welt ist leer, die Welt ohne Selbst ist tot.”[15]
Der ontologischen Frage geht ein weiteres voraus: Ein fragendes Subjekt und ein Objekt, nach dem gefragt, wird. Diese Subjekt-Objekt-Struktur setzt die Selbst-Welt-Polarität voraus, weil erst die objektive Vernunft die Welt zu einem strukturierten Ganzen und erst die subjektive Vernunft das Selbst zu einer Struktur der Selbstbezogenheit macht.
b) Die ontologischen Elemente
Ontologische Elemente sind Eigenschaften oder Beschaffenheiten des Seienden . Drei aufeinander bezogene „Elementen-Paare konstituieren die ontologische Grundstruktur: Individualisation und Partizipation, Dynamik und Form, Freiheit und Schicksal”[16]. Das erste Element bringt jeweils die Selbst-Bezogenheit, die Abgrenzung alles Seienden, das zweite die Welt-Bezogenheit, die Abhängigkeit und Teilhabe alles Seienden zum Ausdruck.
Die Individualisation begründet das Selbst. Da kein individuelles Selbst ohne Partizipation existieren kann, hängen Individualisation und Partizipation voneinander ab. Der Mensch ist das völlig selbstzentrierte Wesen, weil er das völlig individualisierte Wesen ist. Diese vollkommene Form der Individualisation nennt Tillich Person. Aber es „gibt … keine Person ohne Begegnung mit anderen Personen”[17]. Eine solche Beziehung basiert auf Partizipation, da sie sonst keinen Anteil an der Realität hätte. Beziehung ist eine Art der Partizipation.
„‘Etwas sein’ heißt: eine Form haben. […] Was immer seine Form verliert, verliert sein Sein”, weil „die Form ein Ding zu dem macht, was es ist”[18], weil sie Seinsmächtigkeit verleiht. Dynamik dagegen ist ein Begriff zwischen Sein und Nichtsein. Dynamik bezeichnet die Potentialität des Seins, Nichtsein im Gegensatz zu Dingen mit Form und Seinsmächtigkeit im Gegensatz zum reinen Nichtsein zu sein. Der dynamische Charakter des Seins drängt zu Selbsttranszendenz und zur Schaffung neuer Formen. Gleichzeitig strebt alles zur Bewahrung der eigenen Form. Im Wachstumsprozeßdes Individuums wird die Abhängigkeit der beiden Pole Dynamik und Form beispielhaft deutlich, weil Selbsttranszendenz auf Selbstbewahrung basiert.
In dem Elementenpaar von Freiheit und Schicksal erreicht „die Beschreibung der ontologischen Grundstruktur und ihrer Elemente ihre Erfüllung und ihren Wendepunkt. […] Freiheit in Polarität mit Schicksal” ermöglicht Existenz, da sie „die essentielle Notwendigkeit des Seins transzendiert, ohne es zu zerstören”[19]. Freiheit hat nur der Mensch. Und „der Mensch ist Mensch, weil er Freiheit hat.”[20] Diese ist abhängig vom Schicksal, das auf die Situation des Menschen hinweist: „Er steht der Welt gegenüber und gehört ihr gleichzeitig an.”[21] Freiheit heißt, daßder Mensch Erwägen, Entscheiden und dafür Verantwortung übernehmen kann. Jede Entscheidung wird durch sein Schicksal bestimmt. Schicksal ist keine mir fremde Macht, sondern „ich bin es selbst, … geformt durch Natur, Geschichte und mich selbst”[22]. Freiheit basiert auf dem Schicksal und partizipiert an ihm.
c) Essentielles und existentielles Sein
In dieser dritten Schicht ontologischer Begriffe begründet Tillich die Möglichkeit der Existenz . In ihr manifestiert sich das Sein als essentielles und existentielles Sein. Schon im letzen Abschnitt haben wir festgestellt, daßFreiheit Existenz ermöglicht. Aber nicht beliebige Freiheit ist Basis für Existenz, sondern „Freiheit in Einheit mit Endlichkeit. Endliche Freiheit ist der Wendepunkt vom Sein zur Existenz.”[23]
Das Seiende ist sowohl durch Sein als auch durch Nichtsein bestimmt. Die Kategorien zeigen dies an. Das Sein wird erfahren als Seinsmächtigkeit, das Nichtsein als Begrenzung durch den Tod, als Endlichkeit. Endlichkeit ist durch Nichtsein begrenztes Sein. Innerhalb der drei ontologischen Elementenpaare wirkt Endlichkeit die Tendenz der beiden Pole, auseinanderzustreben. Der Mensch wird seiner Endlichkeit bewußt, indem er sie unendlich transzendiert. Er erfährt sie als Drohung des Nichtseins, als Angst, das eine oder andere polare Element und damit seine ontologische Struktur zu verlieren.
Im folgenden möchte ich ausführlicher auf das Beziehung von Essenz und Existenz eingehen. Diese Verhältnisbestimmung wird fragmentarisch anmuten, weil „eine vollständige Erörterung der Beziehung der Essenz zur Existenz … identisch mit dem gesamten theologischen System” ist. Sie ist aber notwendig, weil die „Unterscheidung zwischen Essenz und Existenz … das Rückgrat des ganzen theologischen Denkgebäudes”[24] ist.
Das Seiende ist charakterisiert durch Endlichkeit. Das heißt, „Seiendes schließt Nichtsein ein”[25] ; es wird bedroht durch Zerreißung und Selbstzerstörung, weil die Pole der ontologischen Elementenpaare auseinanderstreben. Diese Spannung wird jedoch nur im aktuellen Sein zerbrochen. Im essentiellen Sein führt die Spannung zwischen den Elementen nicht zum Bruch. Das Seiende schließt seine eigene Verzerrung in sich. Deshalb müssen zwei Ebenen der Wirklichkeit unterschieden werden: Essenz und Existenz. Beides sind zweideutige Begriffe.
Essenz hat einen empirischen und einen wertenden Sinn, weil sie „zugleich Sein ausdrückt und ihm widerspricht”[26]. Essenz bedeutet empirisch das „Wesen eines Dinges”. Sie ist es, „was ein Ding zu dem macht, was es ist”, weil sie allem Seinsmächtigkeit gibt. „Essenz als das, was in einer unvollkommenen und verzerrten Weise in einem Ding erscheint, trägt den Stempel des Wertes. Essenz gibt dem, was existiert, Sein und richtet es zugleich.”[27]
„Existieren”[28] bedeutet in Anlehnung an das lateinische existere „herausstehen” aus dem Nichtsein. Nichtsein kann in zweierlei Weise verstanden werden: „als ouk on, d.h. absolutes Nichtsein, und als me on, d.h. relatives Nichtsein”[29]. Da „herausstehen” immer „darinstehen” impliziert, hat Existenz einen Bezug zu beiden Bedeutungen von Nichtsein. Deshalb mußauch der Begriff Existenz in doppelter Hinsicht interpretiert werden.
Steht etwas aus dem absoluten Nichtsein heraus, aus dem „‘Nichts’, das überhaupt keine Beziehung zum Sein hat”[30], steht es gleichzeitig im Sein und Nichtsein. Es ist dann „ein Endliches, eine Mischung von Sein und Nichtsein”[31]. Existieren bedeutet hier endliches Sein, heißt herausstehen aus dem eigenen Nichtsein.
Doch „wie kann etwas aus seinem eigenen Nichtsein herausstehen”[32] ? Das hängt mit der zweiten Bestimmung des Nichtseins als me on zusammen. Relatives Nichtsein ist nicht nichts, sondern Potentialität, Sein, „was noch kein Sein hat, aber Sein werden kann”[33]. Wenn etwas aus dieser Macht zu Sein heraussteht, wird es aktuell. Existieren bedeutet, den Zustand der reinen Potentialität verlassen zu haben, bedeutet aktuelles Sein.
Die hier angedeutete Kluft zwischen Potentialität und Aktualität ist ein Zwiespalt, der die Wirklichkeit bestimmt. Denn „es gibt Strukturen, die keine Existenz haben, und Dinge, die auf Grund solcher Strukturen zur Existenz gekommen sind”[34]. Weil Existenz „die Aktualität dessen bedeutet, was in der Sphäre der Essenzen potentiell ist”[35], entspricht die Spaltung des Seienden in Potentialität und Aktualität der Unterscheidung von Essenz und Existenz. So wie alles Aktuelle aus der Potentialität heraussteht, mußdeshalb auch die Existenz aus der Essenz herausstehen. Man kann das Verhältnis von Essenz und Existenz vorerst folgendermaßen charakterisieren: Die Essenz ist bestimmt durch eine spannungsreiche Einheit von Selbst und Welt und ihrer Elemente Individualisation und Partizipation, Dynamik und Form, Freiheit und Schicksal. Im Zustand der Existenz ist die polare Spannung der ontologischen Struktur zerstört. Religiös interpretiert bedeutet Essenz die „ursprüngliche Güte alles Geschaffenen” und Existenz die „gefallene Welt”[36], die „Verwirklichung der Kreatur”[37].
d) Die Kategorien
Kategorien sind Grundformen des Denkens und Seins , weil sie das endliche Sein strukturieren. Die Wirklichkeit kann nur durch kategoriale Formen erfahren werden. Deshalb sind Kategorien ontologisch. „Durch ihre doppelte Beziehung zum Sein und Nichtsein enthüllen die Kategorien ihren ontologischen Charakter.”[38] Tillich unterscheidet vier Hauptkategorien: Zeit, Raum, Kausalität, Substanz. Diese betrachtet er in Hinsicht auf die Welt und auf das Selbst. Die „äußere” Sicht der Kategorien beschreibt er aufgrund ihrer Beziehung zu Angst und Mut, die „innere” Sicht aufgrund ihrer Beziehung zu Sein und Nichtsein.
Die zentrale Kategorie der Endlichkeit ist die Zeit . In Hinsicht auf die Welt hat Zeit einen vergänglichen, die Gegenwart verschlingenden und einen schöpferischen, das Neue „zeitigenden” Charakter. Das Selbst reagiert auf die Erfahrung der Zeit mit Angst vor Vergänglichkeit und Tod und dem Mut, „seine Gegenwart gegen die Vorstellung einer unendlichen Vergangenheit und einer unendlichen Zukunft [zu] verteidigen”[39].
Jedes Sein braucht einen Ort, braucht Raum . Doch endliches Sein besitzt keinen endgültigen Raum. Der Mensch erfährt dies in seiner Sorge für das Morgen und der mutigen Bejahung der Gegenwart, seines Raumes.
Kausalität weist auf die Seinsmächtigkeit und damit auf die Quelle eines Dinges hin. Die universale Frage nach dem „Woher” drückt „den Abgrund des Nichtseins in jedem Ding aus”[40]. Die Erfahrung seiner Kontingenz, seiner Geschöpflichkeit ängstigt den Menschen. Der Mut überwindet die Angst vor der kausalen Abhängigkeit, indem er die „Geworfenheit” annimmt.
Substanz ist das Statische, das dem Flußder Erscheinung zugrunde liegt. Jede Veränderung jedoch weist auf das relative Nichtsein dessen, was sich verändert hin. Aus Angst die Identität zu verlieren, fragt deshalb das Sein-Selbst nach dem Unwandelbaren. Der Mut nimmt diese Angst vor der Endlichkeit auf sich. „Die Frage nach der Möglichkeit dieses Mutes” ist „die Frage nach Gott”[41].
1.4. Tillichs Sündenlehre
a) Der „Fall”
Der „Fall” ist für Tillich keine Schilderung einer wirklichen Begebenheit, sondern ein „Symbol für die universale menschliche Situation”[42]: die existentielle Entfremdung des Menschen. Den in Genesis 3 beschriebenen Mythos entmythologisiert Tillich, indem er vom „Übergang von der Essenz zur Existenz”[43] spricht. Da der Begriff des Übergangs noch eine zeitliche Dimension enthält, ist die Entmythologisierung unvollständig.
Die Voraussetzungen für den „Fall” liegen einerseits in der Polarität von Freiheit und Schicksal und andererseits in der Endlichkeit des Menschen. Die Freiheit, die den Menschen zum Ebenbild Gottes macht, gibt ihm die Möglichkeit, sich von Gott abzuwenden. Die Erfahrung der Endlichkeit seiner Freiheit, zeigt das universale Schicksal auf, durch das alles endliche Sein von der Essenz zur Existenz übergeht. Der „Fall” ist ein doppeltes: Tat der menschlichen Freiheit und unverschuldetes Schicksal.
Die Motive des „Falls” wirken im essentiellen Zustand. Dieser ist zwar in der existentiellen Situation gegenwärtig, aber kein Stadium der menschlichen Entwicklung. Er ist reine Potentialität. Deshalb bezeichnet Tillich ihn als „träumende Unschuld”[44]. Diese Metapher bringt sowohl die Übergeschichtlichkeit dieses Zustandes als auch seine Ort- und Zeitlosigkeit zum Ausdruck. Mit „träumender Unschuld” kann jedoch nicht absolute Vollkommenheit verbunden werden, auch wenn sie dem Symbol „Adam vor dem Fall” immer wieder zugeschrieben wird. Angst treibt diesen Zustand über sich hinaus zur Existenz. Zwei Motive bewirken die Aktualisierung der „träumenden Unschuld”: Versuchung und Verbot. Die Angst, die aus dem Bewußtsein der Endlichkeit resultiert, ist eine einerseits „Angst, sich zu verlieren durch Selbstverwirklichung” und andererseits „Angst, sich zu verlieren durch Nichtverwirklichung”[45]. Diese wird als Versuchung erlebt. Das göttliche Verbot setzt eine „Spaltung zwischen Schöpfer und Geschöpf” voraus: den „Wunsch zur Sünde”[46]. Das Bewußtsein der Freiheit wird erregt und strebt nach Aktualisierung. Die „träumende Unschuld” jedoch will sich bewahren. Das Verbot symbolisiert diese Reaktion. In beiden Fällen entscheidet sich der Mensch Kraft seiner endlichen Freiheit für die Aktualisierung und beendet so den Zustand der „träumenden Unschuld”.
Das Ereignis des „Falls” hat universale Qualität und geht allem Sein in Raum und Zeit ontologisch voraus. Obwohl sich der Übergang von der Essenz zur Existenz in allen drei Modi der Zeit ereignet, beschreibt Genesis 3 den Sündenfall in mythischer Sprache als ein Geschehen in der Vergangenheit. In dem vordergründig psychologisch-ethischen Charakter der Erzählung sieht Tillich einen kosmischen Mythos verborgen, den die Schlange, der magische Charakter der Bäume, der Fluch… repräsentieren. Tillich verbindet den psychologisch-ethischen mit dem kosmischen Charakter, indem er im Übergang von der Essenz zur Existenz einen „Akt individueller Freiheit und universalen Schicksals”[47] sieht. Der Mensch ist in der Existenz aufgrund tragischer Universalität und persönlicher Verantwortung von seiner essentiellen Einheit entfremdet.
Für das Verhältnis von Mensch und Welt zieht diese Interpretation des „Falls” zwei Folgen nach sich: (1) Der psychologisch-ethische und zugleich kosmische Charakter des „Falls” lassen die Welt als „gefallene Welt” erscheinen. Der Mensch ist ein Teil dieser „gefallenen Welt”. Die Unterscheidung zwischen schuldiger Natur und unschuldigem Menschen lehnt Tillich deshalb ab. (2) Der Zustand essentieller Vollkommenheit ist lediglich Potentialität. Realität ist die verwirklichte Schöpfung, die entfremdete Existenz. Diese kann nicht aus der Essenz abgeleitet werden. Wenn Gott jetzt und hier schafft, koinzidieren Essenz und Existenz. Der Übergang von der Essenz zur Existenz hat den Charakter des Sprungs.
b) Entfremdung und Sünde
Existenz ist der Zustand dreifacher Entfremdung: „Der Mensch ist entfremdet vom Grund des Seins, von den anderen Wesen und von sich selbst.”[48] „Entfremdung” beinhaltet damit ein religiöses Verständnis von dem, was Sünde im Singular ohne Artikel bedeutet. Tillich hält trotzdem am Sündenbegriff fest, da dieser in zweierlei Hinsicht über das Bedeutungsspektrum von Entfremdung hinausgeht: Zum einen beinhaltet Sünde die Dimension einer „quasi-persönlichen Macht, die die Welt regiert”. Das betont vor allem Paulus. Zum anderen bringt das Wort Sünde das „persönlich-aktive sich Wegwenden von dem, wozu man gehört”[49] zum Ausdruck. Sünde weist so darauf hin, daßEntfremdung „eine Sache persönlicher Freiheit und universalen Schicksals”[50] ist. Mit Hilfe des Entfremdungsbegriffes sucht Tillich „Sünde” und „Erbsünde”[51] neu zu interpretieren.
Die Entfremdung der Menschheit ist das Ergebnis dessen, was die Tradition „ Erbsünde” nennt. Adam die Schuld für das universale menschliche Schicksal zu geben, scheint Tillich absurd, da dies Adam entmenschlichte. Er würde zu einem „Menschen” ohne Schicksal. Deshalb bezeichnet ihn Tillich als „den essentiellen Menschen” als „Symbol für den Übergang von der Essenz zur Existenz”[52]. Erbsünde ist universales Schicksal, Sünde der individuelle Akt, der das universale Faktum der Entfremdung aktualisiert. „Sünde” manifestiert sich in „den Sünden”, die nicht Ungehorsam gegen ein Gesetz, sondern Entfremdung von Gott, dem Nächsten und sich selbst ausdrücken. Deshalb ist der Mensch nicht frei, sich für oder gegen Gott zu entscheiden, sondern auf Wiedervereinigung durch Liebe und Gnade angewiesen.
Das Wesen der entfremdeten Situation beschreibt Tillich als Unglauben, Hybris und Konkupiszenz.
Unglaube ist das fundamentale Merkmal der Entfremdung, weil er die Abkehr von Gott und damit den Verlust der essentiellen Einheit bedeutet. Ferner ist Unglaube „Trennung des menschlichen Willens von Gottes Willen” sowie „Abkehr von der Teilnahme an der Seligkeit des göttlichen Lebens und die Hinwendung zu der Lust eines von Gott getrennten Lebens”[53]. In dieser Dreiheit entspricht Unglauben dem reformatorischen Verständnis von „Sünde”.
Als vollkommen zentriertes Selbst, was ihn zum „Ebenbild Gottes” macht, hat der Mensch die Fähigkeit, sich selbst und die Welt zu transzendieren. Dadurch erkennt er seine potentielle Unendlichkeit. Erhebt sich der Mensch selbst in die Sphäre des Göttlichen, verfällt er der Hybris . Damit ist Hybris die Kehrseite des Unglaubens: Die Abwendung von Gott zieht notwendig die Zuwendung zu sich selbst nach sich.
Die Selbstzentrierung ermöglicht dem Menschen, sein Teil-sein zu überwinden. Sie weckt „die unbegrenzte Sehnsucht, das Ganze der Wirklichkeit dem eigenen Selbst einzuverleiben. […] Der klassische Name für diesen Wunsch ist ‘Konkupiszenz’”. [54] Das konkupiszente Streben nach grenzenloser sexueller Befriedigung, Macht, Reichtum, Wissen… kennzeichnet, daßsowohl andere Menschen als auch die Umwelt zum Objekt gemacht werden.
c) Das Übel
In seiner Lehre vom Übel beschreibt Tillich die Folgen des Zustandes der Entfremdung. Damit zeigt er das Wesen der Existenz im Unterschied zur Essenz auf. Die Essenz zeichnete sich durch potentielle Vollkommenheit aus. Im entfremdeten Zustand ist die Polarität der ontologischen Strukturen jedoch zerstört.
Grundlegendes Merkmal des Übels ist der Selbst-Verlust , welcher Welt-Verlust nach sich zieht. Selbst-Verlust zeichnet sich dadurch aus, daßdas bestimmende Zentrum im Menschen verloren geht und das Selbst statt dessen durch Hybris und Konkupiszenz getrieben wird. Diese Störung der ontologischen Grundstruktur hat eine Trennung der ontologischen Elemente zur Folge: Freiheit und Schicksal werden zu Willkür und mechanischer Notwendigkeit, weil die Freiheit ihre bestimmten Inhalte verliert und das Schicksal nur noch auf innere Zwänge reagiert. Ist das Ziel der Dynamik nicht mehr eine neue Form sondern lediglich eine „Versuchung des Neuen”[55], verkehrt sie sich zu formlosen Verlangen nach Selbsttranszendenz oder erstarrter Form. Individualisation und Partizipation führen nicht mehr zu einer Teilhabe des Menschen an seiner Welt durch Wahrnehmung, Einbildungskraft und Handeln, sondern zu Einsamkeit des isolierten Individuums, Entpersönlichung oder „Objektivierung”[56].
Im Zustand der Entfremdung wird auch der Tod, als Lebensende oder Schuld, zu einem Übel, weil die Angst vor der Endlichkeit den Tod zu einer Struktur der Destruktion macht. Obwohl der Mensch endlich geschaffen wurde, hatte er so lange Unsterblichkeit, wie es ihm erlaubt war, vom Baum des Lebens zu essen. „Partizipation am Ewigen macht den Menschen ewig.”[57] Sünde gibt dem Tod zwar Macht, er ist aber nicht Produkt der Sünde.
Unter dem Eindruck der Endlichkeit produzieren die Kategorien Angst, weil der Mensch sich ihrer Herrschaft entziehen will, dadurch aber zur Verzweiflung getrieben wird. So erlebt der Mensch die Zeit ohne das „ewige Jetzt” als Vergänglichkeit, den Raum ohne das „ewige Hier” als räumliche Kontingenz. Die Kausalität erscheint ohne „letzte Ursache” und die Substanz ohne „letzten Grund”.
Die Veränderung im Erfahren der Endlichkeitskategorien führt zu Leiden, Einsamkeit, Zweifel, Sinnlosigkeit und schließlich Verzweiflung, wo sich alle Elemente des Übels, nämlich Angst, Schuld, Sinnverlust, treffen. In Verzweiflung gelangt der Mensch an das Ende seiner Möglichkeiten, weil diese im Konflikt „zwischen dem, was der Mensch ist und darum sein sollte, und dem, was der Mensch aktuell ist,”[58] besteht. Verzweiflung kann den Menschen an den Rand der Existenz bringen.
2. Entfremdung
2.1. Entfremdung im neuzeitlichen Denken
Obwohl „Entfremdung” schon in der „Antike für Prozesse und Resultate des Fremdwerdens und Fremdseins von Personen und Sachen, für das Sich-Fremdwerden […] sowie für die Trennung von einer politischen oder religiösen Größe”[59] steht, ist der heutige Entfremdungsbegriff besonders durch die Erfahrung der Fremdheit in der Welt des 18. Jahrhunderts geprägt. Der Mensch erlebte, daßihm die Welt, die er zunehmend selbst gestaltete, dennoch fremd war und sogar Macht über ihn gewann. Diese Folgen der Industrialisierung beschreibt Marx als Entfremdung. Er gab damit dem hegelschen Entfremdungsbegriff einen neuen Akzent.
Hegel brachte den Entfremdungsbegriff in die neuzeitliche Philosophie ein. Entfremdung ist bei ihm Bestandteil eines dialektischen Prozesses des Geistes, der zu Erkenntnis kommt und damit die Fremdheit zwischen Geschichte bzw. Natur und Mensch überwindet.
Auf einer ganz anderen Ebene thematisiert Freud das Entfremdungsproblem. Er stellt Entfremdung als eine Folge innermenschlicher Konflikte dar, die von außen allerdings nicht unbeeinflußt bleiben, dem Konflikt zwischen Ich, Es und Über-Ich.
a) Entfremdung bei Friedrich Hegel
In seiner „Phänomenologie des Geistes” beschreibt Hegel [60] das „werdende Wissen” [61]. Um Erkenntnis zu erlangen ist es notwendig, daßsich das Selbstbewußtsein sich selbst gegenüberstellt und wieder mit sich vereint. Denn erst in dieser Gegenüberstellung kann der selbstbewußte Geist seine Wirklichkeit begreifen und aneignen. Diese Bewegung ist der Prozeß„sich zu entfremden und dann aus dieser Entfremdung zu sich zurückzugehen”[62]. Da Bewußtwerdung die Gegenüberstellung des Geistes mit sich selbst voraussetzt, ist Entfremdung in diesem Zusammenhang im wesentlichen Selbstentfremdung.
Hegel beschreibt hier einen Kreis : Der selbstbewußte Geist entfremdet sich von sich selbst und wird zu seinem Gegenüber, um dann letztendlich wieder zum Selbst zurückzufinden. Da diese Bewegung von Gegenüberstellung in der Negation zur Identifizierung mit sich selbst durch Negation der Negation nicht nur dem Denken, sondern nach Hegel auch der Struktur des Seins anhaftet, kommt er auf diesem Weg zu wahrer Erkenntnis. Darin wird der Gegensatz zwischen dem Eigenen und dem Fremden aufgehoben.
Das Ziel philosophischer Erkenntnis ist die Überwindung der Entfremdung, das in der Erkenntnis von Wirklichkeit, Wahrheit und Eigentum des Bewußtseins erreicht ist. Mit der Lehre vom werdenden Wissen will Hegel die Entfremdung des Menschen von Natur und Geschichte als Taten des Geistes bewußt machen und in dieser Versöhnung zur Freiheit kommen.
b) Entfremdung bei Karl Marx
Marx [63] dagegen sucht die Entfremdung von der Welt nicht in ihrer Bewußtmachung, sondern durch konkreten Wandel gesellschaftlicher Strukturen zu überwinden. Er will die Widersprüche des Lebens nicht nur im Wissen aufheben, sondern in der Umgestaltung der Existenz versöhnen. Er will die Realität nicht nur interpretieren, sondern verändern.
Zunächst mußMarx jedoch die Wirklichkeit beschreiben. Dazu wendet er den Begriff der Entfremdung auf die sozial-ökonomische Situation seiner Zeit an. Er beobachtet, „daßder Arbeiter zum Produkt seiner Arbeit als einem fremden Gegenstand sich verhält”[64], weil dieses nicht dem Produzenten, sondern dem Arbeitgeber gehört. Der Begriff Arbeitgeber weist darauf hin, daßdemselben neben dem Produkt auch die Arbeit gehört. Deshalb ist der Arbeiter auch von der Arbeit, dem Akt der Produktion entfremdet. Da Marx Arbeit als Entäußerung des menschlichen Wesens und Aneignung der sinnlichen Außenwelt beschreibt, wird dieser Akt der Selbstverwirklichung in entfremdeter Arbeit zu bloßer Selbsterhaltung. „Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich”[65]. Die Entfremdung des Menschen von der Arbeit ist somit identisch mit Selbstentfremdung. Für Marx ist „das produktive Leben … das Gattungsleben”, weil es „das Leben erzeugende Leben ist”[66]. „In der Bearbeitung der gegenständlichen Welt bewährt sich der Mensch daher erst wirklich als ein Gattungswesen.” [67] Da sich das Gattungsleben in der Situation der entfremdeten Arbeit nicht mehr in der Arbeit verwirklichen kann, stellt die Entfremdung von der Arbeit zugleich eine Entfremdung vom Gattungswesen dar. „Eine unmittelbare Konsequenz davon, daßder Mensch dem Produkt seiner Arbeit, seiner Lebenstätigkeit, seinem Gattungswesen entfremdet ist, ist die Entfremdung des Menschen von dem Menschen.” [68] Mit dieser Beschreibung der Entfremdung des Menschen vom Gattungswesen und vom Menschen verläßt Marx die ökonomische Ebene und kommt zu einer anthropologischen und philosophischen Dimension der Entfremdung.
c) Entfremdung bei Sigmund Freud
Freud [69] entdeckte, daßdas „innere Ausland” des Menschen mitunter Symptome hervorbringt, die ein anderes Ich als das wirkliche vortäuschen. Indem dieses verfälschte Ich vom Gegenüber oder der Person selbst als wirkliches Ich angesehen wird, entfremdet sich die Person von sich selbst. Verursacht wird diese Selbstentfremdung durch einen Konflikt im eigentlichsten Subjekt, im Ich. Dieses ist nach Freud gespalten in Über-Ich, Ich und Es.
Dem Über-Ich obliegt die richterliche Tätigkeit des Gewissens samt der dazu notwendigen Selbstbetrachtung. Seine „Rechtsgrundsätze” leitet es aus überkommen moralischen Ansprüchen ab, die es durch Identifizierung von den Moralvorstellungen der Eltern übernimmt. Damit kommt dem Über-Ich zugleich eine traditionsbewahrende Aufgabe zu. Weil die traditionellen Moralsysteme ein Ichideal abbilden, knechtet das Über-Ich das Ich.
Sowohl Ich als auch Über-Ich werden durch unbewußtes beeinflußt: durch das Vorbewußte (latent unbewußtes), das Unbewußte und das Es. Dieses Es ist neben Ich und Über-Ich der dritte Konfliktpartner innerhalb des menschlichen Seelenapparats einer Person. Das Es kennt „keine Wertungen, kein Gut und Böse, keine Moral”[70], sondern verkörpert die nach dem Lustprinzip agierenden Triebe.
Die Beziehung zur Außenwelt übernimmt das Ich . Dabei mußdas Ich zwischen den Normen des Gewissens, dem Drängen der Triebe und schließlich den Erwartungen der Außenwelt vermitteln. Gelingt diese Vermittlungsarbeit nicht, kommt es zu Angst-, Minderwertigkeits-, Schuldgefühlen… Das Ich wird von sich selbst entfremdet.
2.2. Tillichs Rezeption des neuzeitlichen Entfremdungsbegriffes
In diesem Kapitel soll uns vor allem beschäftigen, wie Tillich den Entfremdungsbegriff von Hegel, Marx und Freud aufnimmt, was er zur Sündenlehre beiträgt.
Gemeinsam mit allen drei großen Denkern hat die Entfremdungslehre Tillichs vor allem dies: Entfremdung beschreibt eine Situation des Menschen . Der Mensch ist entfremdet. Schon wenn wir fragen: Wovon ist der Mensch entfremdet? erhalten wir verschiedene Antworten: von Natur und Geschichte bzw. von sich selbst im Erkenntnisprozeß(Hegel), vom Menschen (Marx), von sich selbst (Freud), vom essentiellen Sein (Tillich). Am ähnlichsten scheinen mir Tillich und Marx zu sein. Beide schildern Entfremdung als einen Zustand des Menschen, der seinem eigentlichen Wesen, seiner ursprünglichen Bestimmung entfremdet ist[71]. Damit implizieren natürlich auch beide die Freudsche Selbstentfremdung. Nur bei Tillich jedoch beinhaltet Entfremdung auch den Aspekt der Entfremdung von Gott.
Für Entfremdung gibt es Gründe . Bei Hegel ist Entfremdung ein erkenntnistheoretisches Problem. Unwissenheit löst das Gefühl der Entfremdung aus. Marx dagegen begründet Entfremdung mit der Ausbeutung des Proletariats. Freud sieht ihre Ursache in einem innermenschlichen Interessenkonflikt, der von äußeren Umständen verstärkt wird. Und Tillich … Tillich läßt sich in diese Reihe nicht mehr einordnen. Er begründet den Zustand der Entfremdung mit dem „Fall”, einem Ereignis außerhalb von Zeit und Raum. Da dieses übergeschichtliche Ereignis ein Symbol für die universale menschliche Situation darstellt und sich menschliche Existenz immer und nur in Entfremdung verwirklicht, ist Entfremdung eine quasi-ontologische Voraussetzung für Existenz.
Ein weiteres hat die Entfremdungslehre Tillichs mit den anderen drei Konzeptionen gemeinsam: Entfremdung ist ein unbefriedigender, ein defizitärer Zustand , der nach Veränderung und Aufhebung verlangt. In der Art und Weise , wie dieser entfremdete Zustand beendet werden soll, besteht auch hier ein qualitativer Unterschied: Hegel, Marx und Freud wollen die Entfremdung durch einen dialektischen Erkenntnisprozeß, Revolution und Therapie überwinden. Sie schlagen Lösungen aus und in der Welt vor. Tillich dagegen sieht keine Überwindungsmöglichkeit der Entfremdung innerhalb der Welt, da Existenz notwendig Entfremdung voraussetzt. Deshalb kann sie durch keine Macht der Welt aufgehoben werden, sondern nur durch ein Ereignis, das von außen in die Welt eindringt: Jesus als der Christus. Er versöhnt die entfremdete Welt, indem er das Neue Sein lebt, indem er das essentielle Sein in der Existenz verwirklicht.
Fazit: Tillich übernimmt wesentliche Züge der philosophischen Entfremdungslehre: Er schildert Entfremdung (1) als eine Situation des Menschen, die (2) als defizitärer Zustand erfahren wird und deshalb (3) nach Aufhebung strebt. Damit übernimmt er die dem Entfremdungsbegriff typische Struktur. Diese legt es nahe, den Entfremdungsbegriff in des theologische Nachdenken über Sünde einzubeziehen. In der konkreten Ausführung seiner Entfremdungslehre unterscheidet sich Tillich jedoch qualitativ von Hegel, Marx und Freud, weil Entfremdung bei ihm eine quasi-ontologische Existenzbedingung ist, die ihren Grund und ihre Überwindungsmöglichkeit auf außerweltliche Ereignisse zurückführt: „Fall” und „Jesus als der Christus”.
Als nächstes wollen wir der Frage nachgehen, was der Entfremdungsgedanke für die Sündenlehre austrägt. Dabei werde ich mit der Bestimmung der Funktion des Entfremdungsgedankens innerhalb der Sündenlehre Tillichs beginnen.
Tillichs Sündenlehre ist ein zweipoliges Unternehmen. Auf der einen Seite steht der Begriff Sünde, der die individuelle, freie Entscheidung des Menschen betont, auf der anderen Seite der Begriff Entfremdung, mit dem Tillich das universale Schicksal der Sünde zum Ausdruck bringen will. Beide Seiten sind ursprünglich im Begriff „Sünde” vereint. Heute wird Sünde jedoch häufig nur noch im pluralischen Sinn als unmoralische Handlung gebraucht. Seinen Grund hat das meiner Meinung nach darin, daßseit Augustin die Begründung der sündigen Natur des Menschen mehr und mehr in die Erbsündenlehre verlagert wurde. Mit der Einführung des Entfremdungsgedankens in die Sündenlehre hebt Tillich die Trennung zwischen Aktualsünden- und Erbsündenlehre auf und gibt dem Sündenbegriff seine ursprüngliche Doppeldeutigkeit zurück. Tillich schafft mit Hilfe des Entfremdungsbegriffes eine einheitliche Sündenlehre.
Eine weitere erklärte Funktion des Begriffes „Entfremdung” ist die Interpretation von „Sünde”. Indem Tillich Entfremdung als Unglaube, Hybris und Konkupiszenz darstellt und deren Folgen beschreibt, holt er den Aspekt der persönlichen Schuld aus der Sündenlehre mit in die Entfremdungslehre hinein. Das dient einer einheitlichen Sündenlehre und der Interpretation dessen, was Sünde bedeutet. Allerdings stellt sich die Frage, ob der Begriff „Sünde” bei Tillich dann wirklich noch so unverzichtbar ist, wie er behauptet. Immerhin stellt Tillich unter der Überschrift „Entfremdung als Unglaube” genau das dar, was Sünde nach Tillich aussagt: „das persönlich-aktive sich Wegwenden von dem, wozu man gehört”[72]. In der Tat scheint mir die Bedeutung des Begriffes „Sünde” nicht hier zu liegen. Wichtiger ist der Aspekt der persönlichen Verantwortung. Denn dieser kommt nur im Sündenbegriff zum Ausdruck, nicht im Entfremdungsgedanken.
Damit sind die wichtigsten Dinge, die der Entfremdungsgedanke für die Sündenlehre austrägt, schon erwähnt worden: der Entfremdungsbegriff läßt die Sündenlehre wieder als eine Einheit erscheinen. Eine extra Erbsündenlehre wird überflüssig. Die doppelte Bedeutung von Sünde als persönliche Schuld und universales Schicksal wird hervorgehoben. Darüber hinaus erleichtert der Entfremdungsgedanke das Zusammendenken von Schöpfung, Gottebenbildlichkeit und Sünde . Die Menschheit nach Adam ist nicht von Natur aus schlecht, sondern jeder einzelne Mensch ist in seiner essentiellen Natur gut, als Ebenbild Gottes geschaffen.
3. Sünde
3.1. Das klassische Sündenverständnis
Als klassisches Sündenverständnis möchte ich das Sündenverständnis Augustins und der Reformatoren[73] darstellen. Grundlegend für diese Theologen ist die Unterscheidung zwischen peccatum originale und peccatum actuale. Erstere besteht in der Verfehlung Adams und hat zur Folge, daßseitdem alle Menschen von Gott getrennt sind. Wie das Verhältnis zwischen menschlicher Natur und Erbsünde genau zu bestimmen ist, bleibt im klassischen Sündenverständnis unklar. Die Vorstellungen bewegen sich zwischen Vererbungstheorie (Augustin) und der Annahme eines Bruches oder „präst” zwischen Mensch und Gott (Zwingli). Die Aktualsünden auf der anderen Seite bringen diese Trennung zwischen Gott und Mensch zum Ausdruck und lassen den Menschen persönlich schuldig werden.
Eine wesentliche Bedeutung spielt in der klassischen Sündenlehre der Ungehorsam gegenüber Gott, der Unglaube . In ihm erkennen Augustin und die Reformatoren die Ursache allen Bösen, die Ursünde, die peccatum capitale, aus der alle anderen Sünden folgen und die Gott nach Zwinglis Meinung nicht vergibt.
a) Sünde bei Augustin
Augustin entwickelte seine Sündenlehre[74] im Gegensatz zu Pelagius. Letzterer behauptete, daßder Mensch nach den Geboten Gottes leben kann, da es ungerecht ist, wenn Gott eine von vornherein unerfüllbare Forderung stellt und den Sünder dann obendrein noch für die Nichterfüllung derselben bestraft. Augustin dagegen vertrat die Ansicht, daßsich die Menschheit seit dem Sündenfall im Zustand des Unvermögens, nicht zu sündigen (non posse non peccare), befindet. Der Mensch lebt im sündigen Zustand, im Ungehorsam gegenüber Gott. Dieser drückt sich aus in Hochmut (superbia), Selbstliebe (amor sui) und Begierde (concupiscentia).
Konkupiszenz ist die „Tochter der Sünde”. Da Zeugung nie ein Akt des reinen Willens ist, sondern selbst der „erlaubte und ehrenhafte Beischlaf nicht ohne die Glut der Begierlichkeit stattfindet”[75], nennt Augustin Konkupiszenz auch noch „Mutter der Sünde”. Alle Kinder „erben” so die Sünde. Nur Adam hatte im Urstand aufgrund seines guten Willens und der Annahme der zugesagten göttlichen Gnadengabe das Vermögen, nicht zu sündigen (posse non peccare). Der Mensch jedoch lebt seit dem Sündenfall in der Erbsünde (peccatum originale). Indem der Mensch nun aus eigenem Willen sündigt (peccatum actuale), übernimmt er die Erbsünde und wird persönlich schuldig.
b) Sünde in den lutherischen Bekenntnisschriften
Die Sündenlehre der Bekenntnisschriften ist im wesentlichen Erbsündenlehre . Deutlich wird das daran, daßdie Confessio Augustana, ihre Apologie und die Konkordienformel die Erbsünde in ausführlichen Artikeln behandeln, während der Artikel „Von der Sünde” in den Schmalkaldischen Artikeln und „Von Ursach der Sünde” in der Confessio Augustana relativ kurz ausfallen. Grund dafür ist die Tatsache, daßdie Bekenntnisschriften keinen Artikel „Vom Menschen” enthalten. Die Erbsündenlehre der Reformatoren beinhaltet ihre Anthropologie.
Der Mensch ist Sünder. Das heißt, er ist seinem Wesen nach von Gott getrennt. Er kann „kein wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott von Natur haben”[76]. Aus dieser sündigen Grundhaltung (habitus) des Menschen, erwachsen seine schlechten Handlungen (actus) [77] . Tatsünden (peccatum actuale) sind verschieden von der Erbsünde. Sie sind Früchte der Erbsünde.
Seit Adams Fall werden alle Menschen „in Sünden empfangen und geboren”[78]. Die Erbsünde (peccatum originale) oder auch Ursünde (peccatum principale) [79] ist deshalb eine „angeborene Seuche”, die sich in zweierlei Weise äußert: als „böse Lust” (concupiscentia) und als „Mangel der ersten Gerechtigkeit im Paradies”[80] (iustitia originalis). Adam hatte im Zustand der iustitia originalis vor allem eine „rechte Gottesfurcht, ein recht herzliches Vertrauen gegen Gott”[81]. Unter der Erbsünde dagegen lebt der Mensch im Unglauben. Diese Hauptsünde (peccatum capitale) nun „ist so gar ein tief bose Verderbung der Natur, daßsie kein Vernunft nicht kennet, sondern mußaus der Schrift Offenbarung gegläubt werden”[82]. Die Rede von der „bosen Verderbung der Natur”, die nicht einmal mittels menschlicher Vernunft erkannt werden kann, beschreibt die Erbsünde als eine Grundbefindlichkeit der Welt in Bezug auf Gott. Die Erbsünde ist also keine „biologische Erbmasse”[83]. Sie „steckt in der Natur, Substanz und Wesen des Menschen”[84]. Da der Mensch auch nach dem Sündenfall noch Geschöpf Gottes ist, kann die Erbsünde zwar in der Natur des Menschen liegen, mußaber von ihr unterschieden werden.
Als Ursache der Erbsünde nennt die Confessio Augustana im Artikel 19 einerseits den „verkehrten Will”, der „die Sünde in allen Bösen und Verächtern Gottes” wirkt, und andererseits „des Teufels Will”[85]. Das Böse ist die Ursache der Sünde, nicht Gott. „Hier mehr wissen zu wollen”, hat Luther „für Vorwitz erklärt”[86].
c) Sünde in den Anfängen der reformierten Kirche
Da die reformierte Theologie neben der Bibel keine verbindlichen Bekenntnisschriften anerkennt, stelle ich ihr Sündenverständnis anhand der Lehren Zwinglis und Calvins dar, deren Wirken die reformierte Kirche bis heute prägt.
Zwingli [87] versteht unter Sünde zweierlei: Erstens eine Krankheit (morbus) oder „präst” (Bruch, Riß), die von Adam herrührt und sich in Selbstliebe (amor sui) manifestiert. Damit lehnt sich Zwingli an die augustinische Lehre der peccatum originale an. Allerdings lehrt er letztlich keine Erbsünde, sondern setzt eine neue Gewichtung, indem er von „Erbpräst” spricht. „Zweitens wird unter Sünde die Gesetzesübertretung verstanden.”[88] Damit nimmt Zwingli die Lehre von der peccatum actuale auf. Gesetz betrifft den inneren Menschen. Es lehrt den Gotteswillen und offenbart dadurch im Gesetzesbruch die Sünde.
Wie die Aktualsünden aus der Erbsünde erwachsen die Gesetzesübertretungen aus der „präst”, weil der Mensch das Gesetz in seiner Genußsucht bricht. Die Aktualsünden vergibt Gott, wenn der Sünder bereut. „Von der Sünde als Krankheit sind wir in dem Sinn befreit, daßsie uns nicht weiter schaden kann, soweit wir auf Christus vertrauen.”[89] Unglauben, das ist „Verneinung von Vertrauen” oder „Nichtglaubenwollen” und somit die größte Gotteslästerung, tilgt Gott jedoch nicht.
In seiner Institutio beschreibt Calvin , wie die Schlange die Frau im Unglauben vom Wort Gottes abbringt. Deshalb ist „der Anfang vom Untergang … der Ungehorsam”[90], seine Wurzel jedoch der Unglaube. Diese peccatum originale pflanzt sich seit Adam von Geschlecht zu Geschlecht fort, weil „der erste Mensch die Gaben, die er [Gott - R.L.] ihm zuteil werden ließ, mit den seinigen zusammen besaß- und verlor”[91]. Seitdem ist die Natur des Menschen und seine Welt verdorben. Seitdem ist der „ganze Mensch, Verstand und Wille, Seele und Fleisch, von … Begehrlichkeit (concupiscentia) erfüllt”[92], nicht weil diese Verseuchung vererbt wird, sondern weil Adam ein für alle Mal den guten Stand eingebüßt hat.
Die Gottesferne trägt verschiedene Früchte, die Calvin auch „Werke des Fleisches”[93] nennt: Ehebruch, Hurerei, Diebstahl, Haß, Mord, Völlerei… „Ertragreich im Bösen”, „arm und leer an Gutem”[94] so sieht er die menschliche Natur. Damit qualifiziert er den ganzen Menschen als Sünder, als von Gott entfremdet.
3.2. Das klassische Sündenverständnis und die Sündenlehre Tillichs
In diesem Kapitel soll es weniger um einen Vergleich zwischen dem klassischen Sündenverständnis und dem Sündenverständnis Tillichs gehen, sondern vielmehr um die Frage, an welchen Punkten Tillich Elemente des klassischen Sündenverständnisses übernimmt und wo er von den Lehren Augustins und der Reformatoren abweicht.
Offensichtlich ist, daßTillich den Begriff „Erbsünde” nicht gebraucht. Allerdings behandelt er das, was das klassische Sündenverständnis mit der Erbsündenlehre aussagen wollte, in seiner Entfremdungslehre. Dort erklärt er die universale Sündigkeit der menschlichen Existenz, ohne auf den Fall eines Idealmenschen Adam und eine Vererbungstheorie zurückgreifen zu müssen.
Nachdem Tillich die Erbsündenlehre aufgegeben hat, kann er natürlich nicht mehr zwischen einer Ursünde und den Aktualsünden unterscheiden. Was mit dieser Unterscheidung inhaltlich ausgesagt werden soll, beschreibt Tillich jedoch auch, indem er sagt: „Sünde als individueller Akt aktualisiert das Faktum der Entfremdung. Als individueller Akt ist Sünde eine Sache der Freiheit, Verantwortlichkeit und persönlichen Schuld.”[95]
Indem Tillich „Entfremdung” als Unglaube, Hybris, und Konkupiszenz beschreibt, nimmt Tillich zentrale Begriffe der klassischen Sündenlehre auf. Auch diese interpretiert er neu.[96] Wie für die Reformatoren so ist auch für Tillich der Unglaube als „ Zerreißung der essentiellen Einheit mit Gott … der grundlegende Charakter der Sünde”[97]. Allerdings hat Tillich eine weitere Deutung von „Unglaube” als die Reformatoren. Die Abwendung von Gott ist nicht nur ein Akt persönlich freien Schuldigwerdens, sondern auch des universalen Schicksals. Diese Abwendung des ganzen Menschen von Gott beinhaltet für Tillich die Zuwendung des Menschen zu sich selbst -das klassische Sündenverständnis spricht hier von amor sui oder superbia- und Hinwendung zu der Lust eines von Gott getrennten Lebens -hier spielt Tillich wohl auf die „bose Lust” bzw. concupiscentia an-. Damit hat er den Begriff „Unglaube” inhaltlich mit den wesentlichen Topoi der klassischen Sündenlehre gefüllt und so die Sündenlehre mittels der Entfremdungslehre interpretiert.
Aus der Zuwendung des Menschen zu sich selbst folgt Hybris . Darin sieht Tillich nicht die Ignoranz Gottes, wie Augustin und die Reformatoren, sondern die Selbstüberhebung, Gott gleichen zu wollen.
Auch wenn er Entfremdung als Konkupiszenz interpretiert, setzt Tillich einen neuen Akzent. Konkupiszenz ist nicht mehr in erster Linie sexuelle Lust, sondern die grenzenlose Begierde, Menschen und Dinge zum Objekt zu machen.
Eine bedeutende Rolle kommt in Tillichs Ontologie und seiner Existenzbeschreibung der Endlichkeit zu. Im Gegensatz zu Augustin betrachtet er diese als nicht als Strafe für die Ursünde Adams, sondern als zur Schöpfung gehörig[98]. Damit verneint Tillich auch die absolute Vollkommenheit des essentiellen Seins. Hier steht er in der Tradition der reformierten Theologen. Calvin spricht von Erbsünde als Verlust der zusätzlichen Gaben Gottes. Das bedeutet, daßder von Gott geschaffene Mensch weder vollkommen noch unsterblich ist.
Eine weitere Übereinstimmung zwischen Tillich und den Theologen des klassischen Sündenverständnisses liegt auf formaler Ebene. Sie behandeln innerhalb der Sündenlehre die Anthropologie . Zwar beginnt Tillich jeden Teil mit einer Existenzanalyse, die immer von anthropologischen Vorstellungen geprägt ist, aber indem er den Begriff „Existenz” konkret problematisiert, stellt er in diesem Abschnitt die zentralen Punkte seiner Anthropologie dar, nämlich das Verhältnis von Essenz und Existenz und die Störung der ontologischen Grundstruktur.
Fazit: Die wesentlichen Aussagen und Schwerpunkte der klassischen Sündenlehre behält Tillich zwar bei, ordnet und benennt sie aber teilweise neu. Mit der Einführung des Entfremdungsgedankens in die Sündenlehre erreicht er vor allem, daßdie Teilung zwischen Sünden- und Erbsündenlehre der klassischen Sündenlehre aufgehoben wird. Das führt zu einer einheitlichen Sündenlehre, die in ihrer Fähigkeit, die Wirklichkeit zu beschreiben, Augustin und den Reformatoren weit überlegen ist.
4. Ergebnis und kritische Fragen
„Sünde und Entfremdung in Tillichs Systematischer Theologie” lautete das Thema dieser Arbeit. Das Ziel ist die Beantwortung der Frage, was der Entfremdungsgedanke für die Sündenlehre austrägt. Vieles ist schon am Schlußder Kapitel „Sünde” und „Entfremdung” gesagt worden. Folgendes möchte ich nochmals als Ergebnis aus dieser Arbeit formulieren:
Tillich lagen verschiedene Konzeptionen von Entfremdung vor. Die in dieser Arbeit dargestellten stimmen in ihrer Struktur überein, differieren jedoch stark in der konkreten Ausformung. Tillich übernimmt vor allem die Struktur. Inhaltlich zeichnet sich seine Entfremdungslehre durch die Betonung der Entfremdung von Gott aus. Dadurch unterscheidet sie sich qualitativ von Hegel, Marx und Freud und wird zu einer quasi-ontologischen Bedingung für Existenz. In dieser Form eignet sich der Entfremdungsbegriff sehr gut zur Interpretation von Sünde, da er die Universalität von Sünde betont und damit einen Gegenpol bildet, zur persönlichen Schuld, die der Begriff „Sünde” hervorhebt. Auf diesem Hintergrund deckt der Entfremdungsbegriff den Bedeutungskern von „Erbsünde” ab und macht diese Zweiglehre überflüssig. Der Entfremdungsbegriff vereinheitlicht so die Sündenlehre und bereichert sie.
Von der klassischen Sündenlehre übernimmt Tillich wesentliche Topoi[99]. Lediglich die Vorstellung einer Ursünde und eines Idealmenschen Adam verwirft er mit der Erbsündenlehre. Ich halte dies für eine der größten Stärken der Sündenlehre Tillichs. Denn Sündersein ist nun kein Makel mehr, sondern gehört wesentlich zur menschlichen Existenz. Tillich schildert diesen defizitären Zustand mit Worten und Denkmustern der heutigen Zeit, er bezieht Ergebnisse anderer Wissenschaften in seine Darstellung ein und bringt dadurch nicht nur Christen ein modernes Verständnis von Sünde nahe, das in seiner Weite und seiner Fähigkeit, die Wirklichkeit zu beschreiben dem klassischen Sündenverständnis überlegen ist.
Am Schlußdieser Arbeit möchte ich noch zwei kritische Fragen stellen, die auf Defizite in Tillichs Sündenlehre hinweisen sollen. Dabei möchte ich keine Kritik an Tillichs System, seiner Methode und seinen theologischen Grundvoraussetzungen, üben, sondern innerhalb seines theologischen Systems Fragen an die Sündenlehre Tillichs richten, was natürlich immer auch Fragen an seine Grundvoraussetzungen impliziert.
Ist der Zustand der Entfremdung wirklich allein aus der Existenzanalyse ableitbar, oder müßte nicht deutlicher gesagt werden, daßdie Erkenntnis des Sünderseins -wie Luther sagt- aus der Schrift gegläubt werden muß, daßdiese Erkenntnis eine Glaubensaussage ist?
Sind die Pole Sünde und Entfremdung, persönliche Schuld und universales Schicksal wirklich ausgewogen dargestellt? Obwohl Tillich ausdrücklich auf die unlösliche Verschränkung der beiden Pole hinweist[100], hatte ich bei der Lektüre oft den Eindruck, daßder schicksalhafte Charakter der Sünde im Vordergrund steht.
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Abkürzungen nach:
Schwertner, Siegfried M.: Theologische Realenzyklopädie: Abkürzungsverzeichnis: zusammengestellt von. - 2., überarbeitete und erweiterte Aufl. - Berlin, New York: de Gruyter, 1994.
[...]
[1] Systematische Theologie, Bd. I, S. 76.
[2] Systematische Theologie, Bd. II, S. 10.
[3] Systematische Theologie, Bd. II, S. 10.
[4] Systematische Theologie, Bd. I, S. 113.
[5] Systematische Theologie, Bd. I, S. 184.
[6] Paul Tillich: Auf der Grenze, S. 13.
[7] Paul Tillich: Die Frage nach dem Unbedingten, S. 110.
[8] Systematische Theologie, Bd. I, S. 29.
[9] Systematische Theologie, Bd. I, S. 75.
[10] Ingeborg C. Henel: Philosophie und Theologie, S. 14.
[11] Vgl. zur Ontologie: Systematische Theologie, Bd. I, S. 193-238.
[12] Systematische Theologie, Bd. I, S. 194.
[13] Systematische Theologie, Bd. I, S. 193.
[14] Systematische Theologie, Bd. I, S. 202.
[15] Systematische Theologie, Bd. I, S. 202.
[16] Systematische Theologie, Bd. I, S. 195.
[17] Systematische Theologie, Bd. I, S. 208.
[18] Systematische Theologie, Bd. I, S. 210.
[19] Systematische Theologie, Bd. I, S. 214.
[20] Systematische Theologie, Bd. I, S. 214.
[21] Systematische Theologie, Bd. I, S. 215.
[22] Systematische Theologie, Bd. I, S. 217.
[23] Systematische Theologie, Bd. I, S. 195f.
[24] Systematische Theologie, Bd. I, S. 238.
[25] Systematische Theologie, Bd. I, S. 236.
[26] Systematische Theologie, Bd. I, S. 237.
[27] Systematische Theologie, Bd. I, S. 237.
[28] Vgl. zu Existenz neben den betreffenden Abschnitten im ZWEITEN TEIL auch noch Systematische Theologie, Bd. II, S. 25-35.
[29] Systematische Theologie, Bd. II, S. 26.
[30] Systematische Theologie, Bd. I, S. 220.
[31] Systematische Theologie, Bd. II, S. 26.
[32] Systematische Theologie, Bd. II, S. 26.
[33] Systematische Theologie, Bd. I, S. 220.
[34] Systematische Theologie, Bd. II, S. 27. Als Beispiel führt Tillich die „Baumheit” an, die reine Potentialität ist, aber den herausstehenden Baum erst zu einem solchen macht.
[35] Systematische Theologie, Bd. I, S. 237.
[36] Systematische Theologie, Bd. I, S. 236, 237.
[37] Systematische Theologie, Bd. I, S. 238.
[38] Systematische Theologie, Bd. I, S. 226.
[39] Systematische Theologie, Bd. I, S. 227.
[40] Systematische Theologie, Bd. I, S. 229.
[41] Systematische Theologie, Bd. I, S. 232.
[42] Systematische Theologie, Bd. II, S. 35.
[43] Systematische Theologie, Bd. II, S. 36.
[44] Systematische Theologie, Bd. II, S. 40.
[45] Systematische Theologie, Bd. II, S. 42.
[46] Systematische Theologie, Bd. II, S. 42.
[47] Systematische Theologie, Bd. II, S. 45.
[48] Systematische Theologie, Bd. II, S. 52.
[49] Systematische Theologie, Bd. II, S. 54.
[50] Systematische Theologie, Bd. II, S. 54.
[51] Die Neuinterpretation des Begriffes Erbsünde ist für Tillich mit Verwerfung desselben identisch.
[52] Systematische Theologie, Bd. II, S. 65.
[53] Systematische Theologie, Bd. II, S. 56.
[54] Systematische Theologie, Bd. II, S. 60.
[55] Systematische Theologie, Bd. II, S. 73.
[56] Systematische Theologie, Bd. II, S. 75.
[57] Systematische Theologie, Bd. II, S. 76.
[58] Systematische Theologie, Bd. II, S. 84.
[59] Henning Ottmann: Art: Entfremdung I Philosophisch. In: TRE IX, S. 658.
[60] Vgl. zu Entfremdung bei Hegel: Henning Ottmann: Art: Entfremdung I Philosophisch. In: TRE IX, S. 660-663; E. Ritz: Art: Entfremdung. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie II, Sp. 509-525; Thietmar Wernsdörfer: Die entfremdete Welt, S. 93-138.
[61] G. W. Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes, S. 593.
[62] G. W. Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes, S. 39.
[63] Vgl. zu Entfremdung bei Marx: Henning Ottmann: Art: Entfremdung I Philosophisch. In: TRE IX, S. 664-666; Ernst Michael Lange: Art: Karl Marx. In: Klassiker der Philosophie, S. 171-179; Thietmar Wernsdörfer: Die entfremdete Welt, S. 93-138.
[64] Karl Marx: Werke I, S. 561.
[65] Karl Marx: Werke I, S. 564.
[66] Karl Marx: Werke I, S. 567.
[67] Karl Marx: Werke I, S. 568.
[68] Karl Marx: Werke I, S. 569.
[69] Vgl. zu Entfremdung bei Freud: Sigmund Freud: Neue Folge Vorlesungen, S. 62-86.
[70] Sigmund Freud: Neue Folge Vorlesungen, S. 81.
[71] Allerdings darf man bei diesem Vergleich zwischen Marx und Tillich wirklich nur von Ähnlichkeit sprechen, da die Bestimmung des menschlichen Wesens bei beiden sehr verschieden ist. Während Marx die Bestimmung des Menschen aus sich selbst erklärt, geht Tillich vom essentiellen Sein des Menschen aus, seiner übergeschichtlichen Geschöpflichkeit.
[72] Systematische Theologie, Bd. II, S. 54, 55-57.
[73] Nach Ernst Kinder: Art: Sünde und Schuld V Dogmatisch In: RGG3, Bd. V, Sp. 491 stimmen „Luther, Melanchthon und Calvin sowie die lutherischen und reformierten Bekenntnisschriften hier [in der Sündenlehre-R.L.] grundsätzlich überein”. Christof Gestrich weist in: Die Wiederkehr des Glanzes in der Welt, S. 278f. allerdings darauf hin, daßes den Reformatoren nicht gelang, „eine gemeinsame neue Fassung der Lehre von der Erbsünde auszuarbeiten”. Deshalb möchte ich die Grundlegenden reformatorischen Ansichten zur Sündenlehre anhand der lutherischen Bekenntnisschriften und zentraler Texte der reformierten Theologen Calvin und Zwingli darstellen. Vgl. zur reformatorischen Sündenlehre: Ernst Kinder: Die Erbsünde, S. 37-83; Bernhard Lohse: Luthers Theologie, S. 264-269; Horst G. Pöhlmann: Theologie der lutherischen Bekenntnisschriften, S. 77-81.
[74] Vgl. zum Sündenverständnis Augustins: Christof Gestrich: Die Wiederkehr des Glanzes in der Welt, S. 273-276; Bernhard Lohse: Epochen der Dogmengeschichte, S. 116-118; Horst G. Pöhlmann: Abrißder Dogmatik, S. 196.
[75] Augustinus: Schriften gegen die Pelagianer III, S. 100.
[76] Confessio Augustana Art. 2, S. 53. Die Seitenzahlen hinter den Bekenntnisschriften beziehen sich auf: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche.
[77] Apologie (1530/31), S. 146, 152.
[78] Confessio Augustana Art. 2, S. 53.
[79] In den Bekenntnisschriften werden weiterhin folgende Synonyme für „Erbsünde” gebraucht: Hauptsünde (peccatum capitale), Natursünde (peccatum naturale), Personsünde (peccatum personale), wesentliche Sünde (peccatum essentiale).
[80] Apologie (1530/31), S. 152.
[81] Apologie (1530/31), S. 150.
[82] Schmalkaldische Artikel (1537), S. 434.
[83] Horst G. Pöhlmann: Theologie der lutherischen Bekenntnisschriften, S. 77.
[84] Konkordienformel, S. 774.
[85] Confessio Augustana Art. 19, S. 75.
[86] Bernhard Lohse: Luthers Theologie, S. 268.
[87] Vgl. zu Zwinglis Sündenlehre: Zwingli 1525, S. 154-178.
[88] Zwingli 1552, S. 155.
[89] Zwingli 1552, S. 175.
[90] Johannes Calvin: Institutio, S. 135.
[91] Johannes Calvin: Institutio, S. 138.
[92] Johannes Calvin: Institutio, S. 139.
[93] Johannes Calvin: Institutio, S. 139.
[94] Johannes Calvin: Institutio, S. 139.
[95] Systematische Theologie, Bd. II, S. 65.
[96] Systematische Theologie, Bd. II, S. 55ff.
[97] Systematische Theologie, Bd. II, S. 56.
[98] Vgl. Systematische Theologie, Bd. II, S. 76f.
[99] Siehe oben 2.2. Tillichs Rezeption des neuzeitlichen Entfremdungsbegriffes, S. 15.
[100] Vgl. Systematische Theologie, Bd. II, 54.