Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Regisseur Eric Rohmer und sein Film LES NUITS DE LA PLEINE LUNE
3. Die Stadt Paris im 20. Jahrhundert
4. Die Rolle der Stadt im Film
4.1 Der Bedeutungszusammenhang von der Stadt Paris und der Handlung
4.2 Die Beziehungen der Personen zur Stadt Paris
4.2.1 Der Großstadtjournalist Octave
4.2.2 Der Lebensgefährte Rémi
4.2.3 Die Protagonistin Louise
5. Die Inszenierung der Stadt Paris
5.1 Der Vorort Marne-la-Valleé
5.2 Das Zentrum Paris
6. Fazit
1. Einleitung
Anfang des 20. Jahrhunderts arbeiteten in Frankreich Alberto Cavalcanti, René Clair und Jean Vigo an ihren ersten Stadtfilmen. In den folgenden Jahren kann man beobachten, wie die Paradoxien der Stadt im Film zwiespältig ausfallen.1 Doch welche Positionen bzw. Bedeutungen kann man den Städten in Filmen zuweisen. Werden sie für die Handlung zentral oder sind sie nur eine 'Begleiterscheinung'? Diese Frage soll mit einer Analyse des Filmbeispiels LES NUITS DE LA PLEINE LUNE geklärt werden. Die oberflächlichen Assoziationen, welche man mit der Stadt Paris verbindet, sind die Cafés, Restaurants, Theater, die Kunst und die Liebe. Aber auch die Sehenswürdigkeiten, wie z.B. der Eifelturm, der Triumphbogen, Notre Dame, das Centre Pompidou und der Louvre. Eine weitere Frage, welche geklärt werden soll ist, ob diese Assoziationen auch filmisch umgesetzt bzw. der Fokus auf diese gelegt wird?
„Uns bleibt immer Paris.“ dies meinte schon Humphrey Bogart zu Ingrid Bergman in CASABLANCA. Auch im Film von Eric Rohmer LES NUITS DE LA PLEINE LUNE (1984) bleibt das Zentrum Paris für Louise immer zentral. Zu Anfang werde ich nur kurz das für den Film relevante Stadtbild im 20. Jahrhundert darlegen. Anschließend soll geklärt werden, inwieweit der Zusammenhang zwischen der Stadt und der Handlung bedeutend ist. In der vorliegenden Arbeit soll die Frage beantwortet werden, welche Rolle die Stadt Paris generell im Film einnimmt. Explizit werde ich hierbei die Beziehungen der handelnden Personen zu Paris erläutern. Im Anschluss daran werde ich analysieren, wie Eric Rohmer Paris im Film inszeniert. Hierbei wird eine Unterteilung in die zentralen Orte des Films, der Vorort und das Zentrum Paris, vorgenommen. Ebenso werde ich die möglichen Funktionen, welche der Stadt Paris zugewiesen werden könnten, herausstellen.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Stadtwirkung auf den Rezipienten zu analysieren und festzustellen, welche Rolle bzw. Bedeutung die Stadt im Film inne hat.
2. Der Regisseur Eric Rohmer und sein Film LES NUITS DE LA PLEINE LUNE
Der deutsche Titel von der Tragikomödie LES NUITS DE LA PLEINE LUNE (1984) ist VOLLMONDNÄCHTE. Der Film wurde in Frankreich produziert und hat eine Länge von 102 Minuten. Der Regisseur und Produzent Eric Rohmer ist 1920 geboren und ebenso als Filmtheoretiker tätig. Sein Geburtsname ist Jean-Marie Maurice Scherer. Aufgrund der Inszenierung seiner Filme wird er häufig als Meister der Einfachheit angesehen. Die Inhalte seiner Filme sind meist die Gefühle, Beziehungen und die Liebe. „Rohmer schickt seine Personen immer auf die Suche nach der Wahrheit“1 , so Thomas Petz, der Autor des Buches „Verlust der Liebe. Der Filmemacher Eric Rohmer“.
Weitere bekannte Filme von ihm sind z.B. LA COLLECTIONNEUSE (1966), L'AMOUR L'APRÈS-MIDI (1972) und LA FEMME DE L'AVIATEUR (1981). „Sein Film-Zyklus der Moralischen Geschichten prägte in den 60er und 70er Jahren ein neues Filmverständnis, einen neuen Mythos vom Kino.“2
Der Film LES NUITS DE LA PLEINE LUNE (1984) handelt von der Innenarchitektin Louise (Pascale Ogier) und ihrem Partner Rémi (Tchéky Karyo). Gemeinsam wohnen sie in einer Neubauwohnung des Vorortes Marne-la-Valleé3. Louise liebt es zu tanzen, sich mit Freunden zu treffen und das Pariser Nachtleben. Ihr Freund dagegen spielt Tennis und bevorzugt ein ruhigeres, sesshafteres Leben. Aufgrund dieser Diskrepanzen möchte sie ihre Zweitwohnung, welche vorher anderweitig vermietet war, selbst beziehen. Sie meint, dass dies ihrer Beziehung gut tun würde, und in einem Gespräch einigt sich das Paar auf Louises Beschluss. In der Pariser Innenstadt vergnügt sie sich auf Festen in verschiedenen Pariser Wohnungen und trifft sich mit ihrem besten Freund, dem Großstadtjournalisten Octave (Fabrice Luchini). In Paris gewinnt sie ihre Unabhängigkeit komplett zurück und lernt aber ebenso das Gefühl der Einsamkeit kennen. Der Beziehung scheint die Entfernung zu Anfang gut zu tun. Aufgrund eines Cafébesuchs mit Octave kommen Zweifel in Louise auf. Es wird die Vermutung angestellt, dass Rémi eine Affäre mit ihrer Freundin Camille hätte. Doch jene Gedanken versucht sie zu verdrängen. Auf einem abendlichen Fest lernen sich Louise und der Saxophonist Bastien näher kennen und verbringen anschließend die Nacht miteinander. Sie beschließt zu Rémi in den Vorort zu fahren und es ihm sofort zu beichten. Rémi hat sich jedoch in Marianne, eine Bekannten von Camille, verliebt und beendet die Beziehung. Louise packt ihre Sachen und geht endgültig nach Paris zurück.
3. Die Stadt Paris im 20. Jahrhundert
Die Stadtstruktur wurde von Georges Eugène Baron Hausmann im 19. Jahrhundert an die Bedürfnisse des Industriezeitalters angepasst, welche noch bis heute erhalten ist. Man kann das Zentrum Frankreichs im 20. Jahrhundert als ein Intellektuelles ansehen. Die Stadt Paris übte „weit über die Landesgrenzen hinaus große Faszination aus“1. Bauwerke, wie z.B. das Musée de l`Art moderne (1937), das Stadion des Parc des Princes (1996-1972) oder das Centre Pompidou (1977), sind im 20. Jahrhundert erbaut worden. Von diesen Leistungen abgesehen, „spielt [jedoch] Paris im 20. Jh. architekturhistorisch keine besondere Rolle.“2.
Seit ca. 1870 herrscht in Paris die „Koexistenz der Stadt und ihrer Vororte“3 vor. Die Pariser Bevölkerung siedelte sich vermehrt in der Umgebung an. „Ein großzügiger Sanierungsplan für sämtliche Vororte, nicht nur um Paris, sondern um alle französischen Großstädte herum, ist 1982 unter dem Namen 'Banlieue 89' bekannt geworden.“4 Es wurden Architekten beauftragt, um aus diesen Vororten lebendige Städte zu machen.
Wie auch in den vorherigen Jahrhunderten ist das Zentrum von Paris gezeichnet von den Boulevards und den dazugehörigen „Fußgängerpassagen, Caféhäusern und Unterhaltungstheatern.“5 Paris ist eine Stadt der Unterhaltung, Kunst und der Lust.
4. Die Rolle der Stadt im Film
Die Stadt bzw. die Städte in Filmen spielen eine zentrale Rolle. Diese können z.B. die Mentalität, die Lebensweise oder die Kultur zum Ausdruck bringen. Es ist der Lebensraum der handelnden Personen und dadurch bekommt ein Ort im Film eine immense Bedeutung. Ebenso bietet er eine Orientierungshilfe für den Zuschauer. In der Filmwissenschaft wird danach gefragt, „wie die Subjekte in ihrer Wahrnehmung, ihrer Reflexion, ihrer Gefühlswelt, ihrer gesamten Produktivität zur städtisch geformten Außenwelt und [...] zu sich selbst in Beziehung stehen.“6
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1 Vgl. Möbius, Hanno/Vogt, Guntram: Drehort Stadt. Das Thema „Großstadt“ im deutschen Film. (Marburg 1990), S. 17.
1 Petz, Thomas: Verlust der Liebe. Der Filmemacher Eric Rohmer. (München 1981), S. 13.
2 Ebd., S. 98.
3 Dirk, Rüdiger; Sowa, Claudius: Paris im Film. Filmografie einer Stadt. (München 2003), S.392.
1 Kimpel, Dieter: Paris. Führer durch die Stadtbaugeschichte. (München 1982), S. 371.
2 Ebd., S. 370.
3 Sagave, Pierre-Paul: Die Metropole Paris vom Zweiten Kaiserreich zur Fünften Republik. (Berlin 1984), S.94.
4 Ebd., S.97.
5 Wiegand, Wilfried: Die Alleinerbin der Boulevards. (Berlin 1997), S. 58.
6 Möbius, Hanno/Vogt, Guntram: Drehort Stadt. Das Thema „Großstadt“ im deutschen Film. (Marburg 1990), S. 29.