Analyse Friedrich Nietzsches "Die Geburt der Tragödie"


Seminararbeit, 2010

10 Seiten, Note: 1


Leseprobe

Nietzsches Weltbild in der „Geburt der Tragödie“ ist durch einen tiefen Pessimismus gezeichnet und gleichzeitig von einer euphemistischen Hoffnung erfüllt, den Nietzsche auch als metaphysischen Trost bestimmt. Demnach ist der Mensch als geplagtes Wesen, oder das Sein an sich, dazu bestimmt Leid zu erfahren, worin er zugleich den Urwiderspruch sieht. Nietzsche nach verfügt die Welt über eine tiefe innere Wahrheit, die eine Entweltlichung[1] und Losgelöstheit dadurch anstrebt, indem sie durch Vergeistigung auf Verewigung abzielt. Das gelingt ihr ausschließlich durch die einnehmende und einzige Kraft der frühen griechischen Tragödie, dessen Grundprinzipien sich aus dem apollinischen Gott des Traumes und dem dionysischen Gott des Rausches, zusammensetzen.

„Im Gegensatz zu allen denen, welche beflissen sind, die Künste aus einem einzigen Prinzip, als dem notwendigen Lebensquell jedes Kunstwerks abzuleiten, halte ich den Blick auf jene beiden künstlerischen Gottheiten der Griechen, Apollo und Dionysos, geheftet […]“[2]

Somit bedeutet die Lossagung von der Welt zugleich ein Festhalten am Mythos. Die Kritik, wenn man so sagen kann, geht folglich dahin, dass durch den Verlust mythischer Werte gleichzeitig eine Verrohung der Kunst erfolgt. Die Kunst wiederum, als Schöpfer der Tragödie, vermag das „Entsetzliche oder Absurde des Daseins in Vorstellungen umzubiegen“[3] und ist daher ein notwendiges Korrelat oder rechtfertigendes ästhetisches Phänomen[4], welches dazu dient das leidige Leben zu erdulden. Wodurch zugleich behauptet wäre, dass das Gleichgewicht oder die Weltenharmonie, eigentlich auch einer kausalen Kette folgt, worin der Mythos als der Schöpfer und Ursache des kulturellen Seins[5], somit des Seins an sich, beschrieben wird.

Anstelle des Mythos tritt nun der Logos und mit ihm der ästhetische Optimismus des Sokrates, womit gleichzeitig die These eingeleitet wird: Die Kunst beklagt den Verlust und die Destruktion ihres inneren Wesens dadurch, dass sie einem Prinzip unterworfen wird, das gänzlich ihrer Natur widerspricht.

Die Natur oder das Wesen der Tragödien kunst, dessen Ursprünge im Mythos des apollinisch- dionysischen zu suchen sind und die gleichermaßen als die Geburtsstätte der Musik benannt wird - die zugleich die höchste und erhabenste Steigerung der Tragödien kunst ausmacht- kann nur schwer mit rationalen Mitteln erreicht werden, da im Gegensatz zur Wissenschaft, die Kunst eben mit einer gewissen oder dezidierten Naturverbundenheit versehen ist, wohingegen die Wissenschaft nur durch künstliche Erweckung eine entartete Form der Kunst[6] zu schaffen Imstande ist.

„Wir haben bis jetzt das Apollinische und seinen Gegensatz, das Dionysische, als künstlerische Mächte betrachtet, die aus der Natur selbst, ohne Vermittlung des menschlichen Künstlers, hervorbrechen und in denen sich ihre Kunsttriebe zunächst und auf direktem Wege befriedigen[…]“[7]

Die schöpferische und mythische Kraft liegt also in der Natur selbst. Die Natur ist somit imstande, so wirksame künstlerische Mächte wie das Apollinische und das Dionysische hervorzubringen- woraus sich schlussendlich die griechische Tragödie herausbildet- ohne dabei auf „künstliche“ Hilfe angewiesen zu sein.

Dieser Ansicht ist auch Wagner, wenn er die Kunst als eine sich gebärende Bedingung für ihre eigene Seinsexistenz, ohne jedwede Absicht jenes sein zu wollen, beschreibt:

„Die Natur erzeugt und gestaltet absichtslos und unwillkürlich nach Bedürfnis, daher aus Nothwendigkeit: dieselbe Nothwendigkeit ist die zeugende und gestaltende Kraft des menschlichen Lebens; nur was absichtslos und unwillkürlich, entspringt dem willkürlichen Bedürfnisse, nur im Bedürfnisse liegt aber der Grund des Lebens.“[8]

[...]


[1] Friedrich Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel 2000, S. 174

[2] vgl. Ebenda, S. 120

[3] vgl. Ebenda, S. 65

[4] Ebenda, S. 54

[5] Ebenda, S. 171

[6] Ebenda, S. 169

[7] vgl. Ebenda, S. 33

[8] vgl. Richard Wagner, Das Kunstwerk der Zukunft, Leipzig: Otto Wigand 1850, S. 1

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Analyse Friedrich Nietzsches "Die Geburt der Tragödie"
Hochschule
Universität Wien  (Theater-, Film-, Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Garrick und die griechische Tragödie: Zur Geburt des modernen Theaters
Note
1
Autor
Jahr
2010
Seiten
10
Katalognummer
V209824
ISBN (eBook)
9783656376422
ISBN (Buch)
9783656376774
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
friedrich, nietzsche, geburt, tragödie
Arbeit zitieren
Hüseyin Kocintar (Autor:in), 2010, Analyse Friedrich Nietzsches "Die Geburt der Tragödie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209824

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