Ludwig Tiecks "Der gestiefelte Kater" als Illustration romantischer Ironie?


Hausarbeit

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.Friedrich Schlegel und die romantische Ironie

3. Der gestiefelte Kater und das ironische Moment

4. Tiecks ‚Kater’ und der Ironiebegriff Schlegels. Ein Fazit.

Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit behandelt Ludwig Tiecks „Der gestiefelte Kater“ und untersucht die Fragestellung, ob und wenn ja, inwiefern es sich bei diesem Stück um ein Beispiel der Illustration romantischer Ironie handelt. „Die Frage nach der ironischen Qualität von Tiecks Kater ist auch eine nach der romantischen Ironie.“[1]

Daher werden zunächst in einer kurzen epochalen Orientierung die Rezeption des Werks und die Gattungsproblematik behandelt. Um eine Grundlage zum Vergleich zu schaffen, wird anschließend im Hauptteil der Begriff der Ironie diskutiert. Hier werden vor allem die zeitgleich zu Tiecks ‚Kater’ erschienenen Lyceums-Fragmente Schlegels, denen in der Entwicklung des klassischen Ironiebegriffs zu dem der Romantik die entscheidende Rolle zukommt, ausführlich betrachtet werden.

Nach eingehender Analyse, die vor allem auf die szenische Gestaltung sowie verwendete Bühnenmittel des Stücks, mit der die Herausstellung des ironischen Elements in Tiecks ‚Kater’ einhergehen soll, wird anschließend, ausgehend von Schlegels Ironiebegriff, der Versuch einer literarischen Positionierung des Werkes stattfinden. Dabei wird sich herausstellen, ob es sich bei Tiecks Lustspiel um eine Verwirklichung eben jener Theorie handelt.

Ludwig Tiecks „Der gestiefelte Kater. Ein Kindermärchen in drei Akten, mit Zwischenspielen, einem Prologe und einem Epiloge“ erschien 1797 in Berlin. Das Theaterleben dieser Jahre war bestimmt durch August Wilhelm Iffland und August von Kotzebue. Ersterer prägte das bei der Theatergesellschaft beliebte und ebenso verlangte ‚Familiengemälde’, einer Spätform des ins kleinbürgerlich-philiströse abgesunkenen Rührstücks, der ‚Comédie larmoyante’.[2] „Die Menge glaubte nun endlich ein wahres, nationales deutsches Theater errungen zu haben.“[3] Das Kleinbürgertum verlangte nach ‚gutem Geschmack’. Doch eben jener ging für Tieck dank Iffland „[...] durch süssliche, falsche Moral, durch weichliche, nichtsnutzige Charaktere und dadurch daß er der Menge im Verzärteln aller ihrer Schwächen schmeichelte“[4], verloren.

J. Ulrich Binggeli zitiert Schlegels Rezension aus dem Erscheinungsjahr 1797 und gibt ihm Recht bei der Vermutung, es sei zu befürchten, dass es den Theoretikern viel Not und Mühe machen werde, die Gattung des ‚Katers’ zu bestimmen.[5] Jene, von Schlegel schon früh erkannte Gattungsproblematik, die dem ‚Kater’ zugrunde liegt, im Detail zu erörtern, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Dabei besitzen alle Versuche einer Einordnung und Bezeichnung mit Sicherheit ihre Berechtigung und sind der Erwähnung wert. Sei es ‚mutwillige Posse’ und ‚komische Laune’ nach Schlegel oder ‚Spottkomödie’, wie Eichendorff vorschlug. In der Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts spricht Pestalozzi vom „Prototyp einer bestimmten Ausprägung der Gattung Komödie“[6], Behler von „satirische Posse“[7], Paulin von einer „Märchenkomödie“[8] und Pikulik von „Philistersatire, Aufklärungssatire, Empfindsamkeitssatire, Literatursatire, politische Satire etc.“[9] Binggeli glaubt, in jener Rezeptionsproblematik schon eine gewisse Ironie zu entdecken.

So sei es dem Text gelungen, „[...] sich einer kanonischen Deutung zu entziehen. Verantwortlich dafür ist seine gewissermaßen passive ironische Qualität: Er verführe dazu, als etwas genommen zu werden, was er nicht oder nur teilweise ist. Was er verhandelt, das Illudieren und Täuschen, tut er selber, wenn auch unabsichtlich.“[10] Für Binggeli bedeutet Gattungsproblematik gleichzeitig auch Ironiepotential: „Geht man an dieser Stelle vorerst von einem Ironieverständnis aus, das Ironie letztlich als Bewusstsein und Ausdruck einer grundsätzlichen Labilität aller Bezüge begreift, dann kann die gattungsmäßige Gebrochenheit oder Unbestimmbarkeit des Katers als direkter Ausdruck von Ironie bestimmt werden.“[11]

2.Friedrich Schlegel und die romantische Ironie

Beschäftigt man sich mit der Ironie und möchte man versuchen, diese zu fassen und begrifflich zu machen, so kommt man an Schlegels Ausführungen nicht vorbei. „Entweder geht man von Schlegel aus und kommt so zur Ironie, oder man geht von der Ironie aus und fragt nach dem Beitrag Schlegels.“[12] Die Schlegelforschung geht davon aus, dass „die Ironie in direkten Zusammenhang mit der geschichtsphilosophischen Prägung der Gedankenwelt Schlegels“[13] steht. Jene Prägung sei durch drei Aspekte konstituiert: „[...]das Erlebnis der Antike, das reflektierte Leiden an der Moderne sowie die Hoffnung auf das kommende Reich Gottes.“[14] So bezeichne die klassische Vergangenheit, gemeint ist hier vor allem die Philosophie des Sokrates, die durch Platon zur literarischen Dialogkunst erhoben wurde, den Ursprung der Ironie.[15] Die Gegenwart fungiert als antithetische Negativität zur idealisierten Antike und die Ironie als „Versuch des modernen Menschen [...], mit seiner existentiellen Situation zurecht zu kommen.“[16]

Laut Binggeli bezeichnet Schlegel ein Stilmerkmal, das [...] sich in der literarischen Tradition des Abendlandes durch alle Epochen hindurch [...] behauptet [...]“[17] und das er, mangels eines fehlenden Begriffs, als Ironie bezeichnet hat. Dieser These schließt sich Behler ebenfalls an, den er im Folgenden zitiert. Behler behauptet, Schlegel sei primär durch Lektüre der Klassik zu einer Neukonzeption des Ironiebegriffs angeregt worden. „Klassisch zu leben, und das Altertum praktisch in sich zu realisieren, ist der Gipfel und das Ziel der Philologie“, erklärt Schlegel im Äthenäum-Fragment 147. Für Behler bedeutet Schlegels ‚Studium der Alten’ die Bemühung Schlegels, „Sokratisch-Platonische Ironie eines konfigurierten und nicht festlegbaren, sich selbst transzendierenden Denkens und Schreibens zu bestimmen und mit dem modernen Stil der Selbstreflexion und des Selbstbewusstseins zu verbinden.“[18]

Was das Stilelement der Ironie im Grunde auszeichnet, ist nun noch immer nicht hinreichend geklärt. Strohschneider-Kohrs behandelt dieses Thema in ihrer Studie zur romantischen Ironie in Theorie und Gestaltung sehr ausführlich und macht es begreiflich. Sie hält die Bezeichnung ‚künstlerische Ironie’ für sinnvoller, weist sie doch darauf hin, „[...] daß mit dem Begriff der Ironie in der Romantik Fragen von spezifisch ästhetischer Bedeutung zur Sprache gebracht werden.“[19] So sind es zwei Problematiken der philosophischen Ästhetik der Romantik, die mit dem Begriff der Ironie gekennzeichnet werden und durch Schlegels Ironie-Postulat eine Antwort erhalten: so wird „[...] einerseits die Frage nach dem künstlerischen Schaffensprozeß und seinen inneren Bedingungen gestellt; ein anderer, aber mit diesen Gedanken eng verbundener Problemkreis öffnet sich in der Frage nach den besonderen Formen und Mitteln, in denen das objektivierte Kunstwerk seinen rein ästhetischen Sinn vorträgt.“[20] Strohschneider versucht, den Komplex des Schlegelschen Ironiepostulats auf drei Fragen zu reduzieren.[21]

Welches sind die wichtigsten Kategorien in Schlegels Ironiebegriff?

Sie unterscheidet drei Kategorien. Zunächst die des Bewusstseins und der Bewegung, die Ironie also als „[...] ein Bewußtsein, dessen Agieren von Schlegel als Negation und die durch diese Negation bewirkte Höherführung gekennzeichnet wird.“[22] Die zweite Kategorie ist das Vermögen der Ironie zur Relation zwischen Bedingtem und Unbedingtem, der grundlegenden metaphysischen Unterscheidung Schlegels. Die dritte Kategorie ist die der ‚Subjekt-Objektivität’ des künstlerischen Verfahrens: Objektivität im Sinne von innerer Organisation des Kunstwerks zur Ermöglichung künstlerischer Objektivität, und Subjektivität als Selbstbeschränkung des Künstlers mit der Folge einer „[...] weder selbstbezogen[en] noch gegenstandsverfallene[n] Darstellungsart.“[23]

[...]


[1] Binggeli, J. Ulrich: Die Modernität der transzendentalen Buffonerie. Zur ironischen Dimension im gestiefelten Kater von Ludwig Tieck. In: Ars Semeiotica, hg. von Gunter Narr. Tübingen: Gunter Narr Verlag 2000 (=Vol. 23, No. 3-4),
S. 316.

[2] Vgl. Binggeli, 2000, S. 307.

[3] Tieck, Ludwig: Phantasus, hg. von Manfred Frank. In: Ludwig Tieck. Schriften in zwölf Bänden, Bd. 6, Frankfurt a.M.: 1985, S. 1388.

[4] Ebd.

[5] Vgl. Binggeli, 2000, S 306.

[6] Vgl. Pestalozzi, Karl: Tieck. Der gestiefelte Kater. In: Die deutsche Komödie vom Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. von Walter Hinck. Düsseldorf: Bagel, 1977, S.110.

[7] Behler, Ernst: Klassische Ironie. Romantische Ironie. Tragische Ironie. Darmstadt: WGB 1972, S.40.

[8] Pauli, Roger: Ludwig Tieck. Stuttgart 1987 S. 35.

[9] Pikulik, Lothar: Frühromantik. Epoche. Werke. Wirkung. München: 1992, S.330.

[10] Binggeli, 2000, S. 306.

[11] Binggeli, 2000, S. 308.

[12] Binggeli, 2000, S. 317.

[13] Ebd.

[14] Ebd.

[15] Vgl. Binggeli, 2000, S.317- 320.

[16] Ebd.

[17] Binggeli, 200, S. 317.

[18] Behler, Ernst: Ironie und literarische Moderne. Paderborn: Schöningh 1997, S. 93.

[19] Strohschneider-Kohrs, Ingrid: Die romantische Ironie in Theorie und Gestaltung. Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1977, S. 7.

[20] Ebd.

[21] Vgl. ebd., 1977, S. 88-91.

[22] Ebd., 1977, S. 88.

[23] Ebd., 1977, S. 89.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Ludwig Tiecks "Der gestiefelte Kater" als Illustration romantischer Ironie?
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Institut für Germanistische und Allgemeine Literaturwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Seiten
13
Katalognummer
V272335
ISBN (eBook)
9783656646044
ISBN (Buch)
9783656646037
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Der gestiefelte Kater, Kater, Märchen Ironie, romantische Ironie, Ironie, Tieck, Ludwig Tieck, Romantik
Arbeit zitieren
Marvin Bruzzo (Autor:in), Ludwig Tiecks "Der gestiefelte Kater" als Illustration romantischer Ironie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272335

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