Einfluss prosodischer Merkmale der Stimme bei einem Lehrervortrag auf Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe I


Thèse de Master, 2013

88 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Der Lehrervortrag
1.1 Einsatzbereich und Planung eines Lehrervortrags
1.2 Durchführung eines Lehrervortrags

2 Prosodie
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Funktion und Wirkung prosodischer Merkmale

3 Analyse der Sprechgeschwindigkeit und der finalen Tonhöhenbewegung
3.1 Die Sprechgeschwindigkeit
3.1.1 Sprechpausen
3.1.2 Sprechgeschwindigkeit und Sprechpausen im Experiment von Neuber
3.1.3 Stimmtraining im Bereich der Sprechgeschwindigkeit
3.2 Finale Tonhöhenbewegungen
3.2.1 Tonhöhenverlauf im Experiment von Neuber
3.2.2 Stimmtraining im Bereich der Tonhöhenbewegungen

4 Gedächtnisfunktion bei auditiv vermittelten Informationen

5 Zusammenfassung der theoretischen Analyse

6 Fragestellung

7 Methodisches Vorgehen
7.1 Überblick über die Untersuchung
7.2 Probanden
7.3 Beschreibung der Erhebungsinstrumente
7.3.1 Vorträge
7.3.2 Fragebogen
7.4 Beschreibung der Durchführung der Untersuchung
7.4.1 Zeitpunkt der Untersuchungen
7.4.2 Verlauf der Untersuchungslektionen
7.5 Auswertung und Darstellung der Resultate

8 Ergebnisse
8.1 Resultate der einzelnen Klassen
8.2 Gesamtdarstellung der Resultate der „guten“ und „schlechten“ Versionen
8.3 Haupttestergebnisse des Dürrenmattvortrags
8.4 Nachtestergebnisse des Dürrenmattvortrags
8.5 Auswertung der Fragebogen der Dürrenmattvorträge
8.6 Haupttestergebnisse des Beckervortrags
8.7 Nachtestergebnisse des Beckervortrags
8.8 Auswertung der Fragebogen der Beckervorträge
8.9 Einzelne Fragen im Vergleich

9 Schlussdiskussion
9.1 Einflussfaktoren im Bereich der Prosodie
9.1.1 Sprechgeschwindigkeit
9.1.2 Finale Tonhöhenverläufe
9.1.3 Andere prosodische Merkmale
9.2 Einflussfaktoren im Bereich der Tests
9.3 Einflussfaktoren im Bereich des Inhaltes der Vorträge
9.4 Einflussfaktoren im Bereich des Vorwissens
9.5 Einflussfaktoren im Bereich der Klasse und der Schüler und Schülerinnen
9.6 Erkenntnisse der Arbeit und Auswirkungen für den Schulalltag
9.7 Kritik am methodischen Vorgehen
9.8 Weiterführende Fragen

Literaturverzeichnis

Anhang A: Verschriftlichte Vorträge

Anhang B: Haupttest und Nachtests mit Lösungen

Anhang C: Schülerfragebogen

Persönliche Erklärung

Lebenslauf

Einleitung

Täglich kommunizieren Lehrpersonen über mehrere Stunden mit ihren Schülern und Schülerinnen. Sie erklären Sachverhalte, organisieren Aufträge, motivieren und ermutigen, ermahnen oder disziplinieren. Bei all den genannten Lehrertätigkeiten spielt die Stimme eine tragende Rolle. Trotz der Wichtigkeit der Lehrerstimme wird ihr oft nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wie beispielsweise der methodischen Durchführung des Unterrichts. Dies obschon zahlreiche Studien zeigen, dass die Stimme einen Einfluss auf die Schüler und Schülerinnen hat. So hat beispielsweise Ingrid Amon das Sprechverhalten von Kindergartenpädagogen und Pädagoginnen untersucht und herausgefunden: „KindergartenpädagogInnen, die dauerhaft zu hoch sprechen, beeinflussen den Stimmgebrauch ihrer Kinder nachweislich negativ“ (Amon, 2009, S. 15). In einer anderen Studie (vgl. Neuber, 2002, S. 182) wurde herausgefunden, dass Studenten und Studentinnen bei einem kurzen vorgelesenen Text mehr Informationen behalten können, wenn dieser von einem Schauspieler auf „eindringliche“ Weise vorgelesen wird, als wenn er auf „monotone“ Weise gesprochen wurde.

Die vorliegende Arbeit hat ebenfalls zum Ziel, den Einfluss der Stimme auf die Behaltensleistung von Schülern und Schülerinnen zu untersuchen. Es soll herausgefunden werden, ob Schüler und Schülerinnen bei einem längeren Lehrervortrag kurz- wie auch langfristig mehr Informationen behalten können, wenn bei diesem einzelne stimmliche Merkmale (im weiteren Verlauf prosodische Merkmale genannt) bewusst „gut“ eingesetzt werden. Die Arbeit fokussiert in Bezug auf die prosodischen Merkmale die Sprechgeschwindigkeit und die final fallenden Tonhöhenbewegungen, die beide im ersten Teil der Arbeit genauer erklärt werden.

Die Erkenntnisse dieser Arbeit sollen Lehrpersonen helfen, die eigene Stimme verständlicher und effizienter einzusetzen, um Schülern und Schülerinnen das Behalten und eventuell auch das Verstehen von verbal vermittelten Sachverhalten zu erleichtern. Denn in einer Untersuchung von 1985 (vgl. Hage, 1985, zit. n. Meyer, 1987, S. 61) wurde herausgefunden, dass Frontalunterricht die am häufigsten angewendete Unterrichtsform ist. Der Lehrervortrag war dabei die vierthäufigste Handlungsform des Frontalunterrichts. Die Untersuchung zeigt, dass der Lehrervortrag eine Unterrichtsform ist, die ihren festen Platz im Schulalltag hat. Sie zeigt ebenfalls, dass von Schüler und Schülerinnen oft verlangt wird, dass sie Informationen durch das Zuhören aufnehmen können. Diese Arbeit soll dazu beitragen, dass Schüler und Schülerinnen in solchen Situationen möglichst viele Informationen behalten können.

Die vorliegende Arbeit ist in acht Kapitel unterteilt. Im Kapitel 1 wird der Lehrervortrag als Unterrichtsform genauer vorgestellt. Dabei wird darauf eingegangen, was bei der Planung und der Durchführung genau beachtet werden muss.

In Kapitel 2 und 3 wird näher auf den Begriff Prosodie eingegangen. Zusätzlich werden die zwei für die Untersuchung hauptsächlich relevanten prosodischen Merkmale (Sprechgeschwindigkeit und finale Tonhöhenbewegungen) eingeführt und beschrieben.

Kapitel 4 beschreibt die Anforderungen an das Gedächtnis bei auditiv vermittelten Informationen. In diesem Kapitel wird ebenfalls darauf eingegangen, wie prosodische Merkmale diesen Vorgang beeinflussen können.

In Kapitel 5 und 6 wird die genaue Fragestellung der Arbeit beschrieben. Zusätzlich wird das methodische Vorgehen detailliert vorgestellt, mit welchem versucht wurde, die Fragestellung zu beantworten.

In Kapitel 7 werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt, bevor sie in Kapitel 8 diskutiert und interpretiert werden.

1 Der Lehrervortrag

Der Lehrervortrag ist eine Form des frontalen Unterrichts. Hier spricht die Lehrperson, einfach ausgedrückt, während einiger Minuten über einen Sachverhalt zu ihrer Klasse. Drumm (2007) beschreibt diese Unterrichtsform wie folgt:

„Die Aktionsform Lehrervortrag ist eine Methode der Informationsvermittlung, in der der Lehrer einer Lerngruppe einen fachlichen oder methodischen Zusammenhang in einem Vortrag mündlich darlegt. Der Vortrag ist präzise geplant, gut strukturiert und evtl. durch Visualisierungen unterstützt. Die Schüler hören aufmerksam zu, machen sich u.U. Notizen oder bearbeiten einen gestellten Arbeitsauftrag und haben, sofern dies im Vorfeld vereinbart worden ist, die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen.“

(Drumm, 2007, S. 59)

In einer Untersuchung von Hage (vgl. Hage, 1985, zit. n. Meyer, 1987, S. 61) wurden 181 Unterrichtstunden von 88 verschiedenen Lehrern und Lehrerinnen bezüglich der Methodenstruktur analysiert. Der Lehrervortrag war mit einer Häufigkeit von 8.33% die vierthäufigste Handlungsform des Frontalunterrichts.

In einer anderen Untersuchung von Kanders (vgl. 2002, zit. n. Gudjons, 2003, S. 41) wurden Lehrpersonen, Schüler und Schülerinnen nach der Verbreitung einzelner Handlungsmuster des Frontalunterrichtes gefragt. Dabei waren 22% der Lehrpersonen der Meinung, dass Lehrervorträge sehr oft praktiziert werden, 68% der Lehrkräfte meinten, er wird manchmal und 11% sagten, er wird nie praktiziert. Schüler und Schülerinnen waren anderer Meinung: 44% sagten sehr oft, 48% manchmal und 8% waren der Ansicht, dass Lehrervorträge nie durchgeführt werden.

Beide Untersuchungen zeigen, dass der Lehrervortrag eine Unterrichtsform ist, die ihren festen Platz im Schulalltag hat. Wie oft ein Lehrervortrag praktiziert wird, hängt von der Lehrperson ab. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gross, dass ein Schüler oder eine Schülerin im Verlaufe der Schulzeit einem Lehrervortrag zuhören wird. Ebenfalls wird sich mit grosser Wahrscheinlichkeit jede Lehrperson früher oder später in der Rolle des Vortragenden wiederfinden. Diesbezüglich ist es sinnvoll, sich genauer mit dem Lehrervortrag zu befassen. Hierfür wird in diesem Kapitel in einem ersten Schritt näher auf den Einsatzbereich und die Planung des Lehrervortrages eingegangen. Danach soll, anlehnend an verschiedene Theorien, erklärt werden, was bei der Durchführung eines Vortrags beachtet werden sollte und inwiefern die Stimme eine Rolle bei dieser Unterrichtsform spielt.

1.1 Einsatzbereich und Planung eines Lehrervortrags

Der Lehrervortrag ist zwar vielseitig einsetzbar, jedoch sollte er nicht als Allzwecklösung betrachtet werden. In einem ersten Schritt gilt es deshalb für die Lehrperson, darüber zu entscheiden, ob ein Vortrag für die zu erreichenden Lektionsziele eine ideale Unterrichtsform darstellt. Ein Lehrervortrag eignet sich, wenn ein neues Thema eingeführt wird, wenn grundlegende Sachverhalte vermittelt werden oder wenn sich alle Schüler und Schülerinnen zeitgleich zum gleichen Thema Gedanken machen sollen (vgl. Gudjons, 2003, S. 52). Er kann ebenso dazu verwendet werden, um bisherige Lektionen oder Inhalte zusammenzufassen, zu ordnen oder zu ergänzen. Aescherleben (1999, S. 86) listet die Funktionen eines Lehrervortages wie folgt auf: „Einführen, Entwickeln, Wiederholen, Zusammenfassen, Informieren, Erklären, Analysieren, einen Überblick geben, das Motivieren, Emotionalisierung, […].“ Gudjons (2003) und Aescherleben (1999) beschreiben die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines Lehrervortrags sehr genau. Allerdings geht nur Gudjons (vgl. 2003, S. 53) näher darauf ein, in welchen Situationen Lehrpersonen auf einen Vortrag verzichten sollten. Er sagt, dass wenn es Ziel der Lehrperson sei, mehr als reines Wissen zu vermitteln, beispielsweise wenn höhere kognitive Ziele (Synthese, Beurteilung) erreicht werden sollen, dann eignet sich ein Lehrervortrag nicht. Das Gleiche gilt, wenn es das Ziel der Lehrkraft ist, soziale Kompetenzen, beispielsweise das Arbeiten in der Gruppe, zu vermitteln.

In einem weiteren Schritt ist es die Aufgabe der Lehrkraft, die genauen Inhalte des Vortrags zu bestimmen und die Vortragsdauer zu überdenken (vgl. Fröhlich, 2007, S. 60). Bezüglich der idealen Dauer wird in der Literatur keine einheitliche Antwort gegeben. Viele Autoren äussern sich zwar zu diesem Thema und geben Ratschläge. Diese sind empirisch allerdings nicht bestätigt. Meyer (1987, S. 297) schreibt beispielsweise: „Ein Lehrervortrag soll ein mittleres Ausmass von Kürze-Prägnanz haben: er darf nicht zu weitschweifig, aber auch nicht zu knapp sein.“ Mattes (vgl. 2002, zit. n. Fröhlich, 2007, S. 61) ist der Ansicht, dass ein Lehrervortrag nur wenige Minuten dauern sollte (im siebten, achten oder neunten Schuljahr nicht länger als 12 Minuten). Schewior-Popp (2005, S. 139) schreibt bezüglich der Dauer, dass ein Vortrag nicht länger als 20 Minuten dauern sollte. Somit kann nicht von einer idealen Vortragsdauer gesprochen werden. Wichtig scheint allerdings, dass ein Vortrag nicht unnötig in die Länge gezogen wird.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Planung ist es, Anknüpfungspunkte zu vorherigen oder nachfolgenden Themen zu finden (vgl. Fröhlich, 2007, S. 60). Es ist erwiesen, dass wir Neues unter anderem durch Anknüpfung und Einordnung an bereits Gelerntes am schnellsten und effektivsten lernen:

„Neues wird so verankert, eingefügt oder ‚aufgehängt‘ als würde das Neue wie kleinere Glocken unter eine große Glocke rutschen. Wenn also ein neuer Begriff eingeführt werden soll, müssen zunächst die vorhandenen Begriffe aktiviert werden, um dann mit ihrer Hilfe die neuen aufzubauen. Neuer Stoff wird also so eingeführt, dass er von den vorhandenen Kenntnissen her begriffen werden kann.“

(Gudjons, 2003, S. 53)

Als Nächstes gilt es, sich als Lehrperson darüber Gedanken zu machen, ob und wenn ja, welche Visualisierungen man einsetzen möchte (vgl. Fröhlich, 2007, S. 60). Meyer (vgl. 1987, S. 297f.) schreibt, dass ein durchschnittlich intelligenter Mensch einen gesprochenen Text mehrere Male hören muss, bis er alle darin enthaltenen Informationen gespeichert hat. Um die Speicherung der Informationen zu unterstützen, sollten Visualisierungen verwendet werden, denn diese „können sicherlich den Lernerfolg eines Lehrervortrags wesentlich steigern“ (Fröhlich, 2007, S. 61). Welche Form der Visualisierung man verwendet, hängt vom Thema und von den technischen Möglichkeiten innerhalb des Klassenzimmers ab. Mögliche Visualisierungen sind: Folien, Plakate, Bilder, Videos, Power Point Präsentationen.

Bei der Planung sollten sich Lehrpersonen ebenfalls überlegen, welche Rolle die Schüler und Schülerinnen während des Vortrags einnehmen. Sollen sie lediglich zuhören oder erhalten sie begleitende Arbeitsaufträge? Das Formulieren von begleitenden Aufträgen ist ein wichtiger Aspekt der Planung eines Lehrervortrags (vgl. Fröhlich, 2007, S. 60). Ein möglicher Auftrag wäre beispielsweise, dass die Schüler und Schülerinnen während des Vortrags Wichtiges aufschreiben, damit sie danach das Gehörte in eigenen Worten zusammenfassen können. Das Gleiche gilt für die Ergebnissicherung. Bereits vor der Lektion sollte geklärt sein, wie man überprüft, was die Schüler und Schülerinnen verstanden haben (a.a.O.).

Der letzte Schritt in der Planung ist das Einüben des Lehrervortrags. Der Vortrag sollte wenn möglich auswendig gelernt werden (vgl. Meyer, 1987, S. 297). In Kapitel 3 wird näher darauf eingegangen, wie ein Vortrag interessant vorgetragen werden kann.

1.2 Durchführung eines Lehrervortrags

Zu Beginn des Lehrervortrags sollte die Klasse auf das Bevorstehende eingestimmt werden (vgl. Fröhlich, 2007, S. 60f.). Das heisst, dass man Schüler und Schülerinnen darüber informiert, wie lange der Vortrag dauern wird, was er für ein Ziel hat, oder dass man ihnen mitteilt, welche Erwartungen man an sie während des Vortrags stellt.

„Vor Beginn des eigentlichen Lehrervortrages soll der Lehrer eine Übersichtsbemerkung machen, durch die der Vortrag mit dem vorher Behandelten verknüpft wird. Dadurch wird es für die Schüler einfacher, sich in die Themenstellung des Vortrages hineinzudenken“ (Meyer, 1987, S. 297).

Zu Beginn des Vortrags wird die genaue Gliederung und der Verlauf visualisiert (vgl. Fröhlich, 2007, S. 61). Dies ist für die Schüler und Schülerinnen ebenfalls eine Hilfe, um Zusammenhänge besser verstehen zu können.

Ein Lehrervortrag soll lebendig, anregend und humorvoll sein (vgl. Meyer, 1987, S. 297). Die Lehrperson sollte prosodische Merkmale (siehe Kapitel 2 und 3) so anwenden, dass keine Monotonie entsteht. Indem sie die Lautstärke, die Sprechgeschwindigkeit, die Tonhöhenbewegungen und die Betonungen variiert, wirkt der Vortrag interessanter und abwechslungsreicher. Wie bereits bei der Planung beschrieben, sind Pausen in einem Vortrag sehr wichtig. Es gilt, die bei der Vorbereitung markierten Pausen einzuhalten. Auch sollte darauf geachtet werden, dass man eine deutliche Aussprache benutzt (vgl. Ascherleben, 1999, S. 66). In Kapitel 2 und 3 wird näher auf die einzelnen stimmlichen (prosodischen) Merkmale und ihren Einfluss auf einen Lehrervortrag eingegangen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Lehrervortrag ist der Blickkontakt (vgl. Meyer, 1987, S. 297). Die Lehrperson sollte darauf achten, dass sie während des Vortrages Blickkontakt mit allen Schülern und Schülerinnen hält. Dadurch können Lehrpersonen wertvolle Informationen (Aufmerksamkeit, Interesse, Verständnis) über die Schüler und Schülerinnen gewinnen. Ebenfalls sollte Gestik verwendet werden, um gewisse Aussagen zu unterstreichen und den Vortrag interessanter wirken zu lassen (vgl. Ascherleben, 1999, S. 91).

Dieses Kapitel konnte zeigen, dass bei der Planung und der Durchführung eines Lehrervortrags zahlreiche Aspekte beachtet werden sollten. Die vorliegende Arbeit fokussiert im weiteren Verlauf den Einfluss der Stimme in einem Lehrervortrag. Aspekte wie der Blickkontakt, Gestik, Mimik oder wie man einen guten Lehrervortrag verfasst, sind nicht Teil dieser Arbeit.

2 Prosodie

Wenn Menschen miteinander kommunizieren, verstehen sie sich nicht nur anhand der verwendeten Wörter und deren Bedeutungen. Denn durch die Schallform des Gesagten erhält der Empfänger (auch Rezipient genannt) zusätzliche Informationen. So kann in der Regel aufgrund der Stimmhöhe darauf geschlossen werden, ob der Sender ein Mann oder eine Frau ist, und es kann erahnt werden, wie alt er oder sie ist. Andere Merkmale der Stimme, beispielsweise die Sprechgeschwindigkeit, die Lautstärke oder die Stimmmelodie geben Aufschluss über die emotionale Verfassung des Senders (vgl. Grassegger, 2010, S. 9).

In diesem Kapitel soll näher auf die Thematik dieser stimmlichen Merkmale (in der Folge Prosodie genannt) eingegangen werden. Aufgrund terminologischer Unterschiede in den Bereichen der Phonetik und des Stimmtrainings wird in einem ersten Schritt detaillierter auf die Begriffsbestimmung eingegangen. Weiter wird erklärt, welche Funktion und Bedeutung die Prosodie in der Kommunikation hat. Hierfür sollen insbesondere Erkenntnisse aus verschiedenen Studien vorgestellt werden.

Im Zentrum dieser Arbeit liegt die Analyse der Sprechgeschwindigkeit und der finalen Tonhöhenbewegungen in sprachlichen Äusserungen. Im nächsten Kapitel (siehe Kapitel 3) wird dann detailliert auf diese zwei prosodischen Merkmale eingegangen werden. Es werden ebenfalls Übungen aus dem Bereich der Stimmbildung vorgestellt, die Lehrpersonen helfen sollen, mehr aus ihrer Stimme herauszuholen.

2.1 Begriffsbestimmung

Der Begriff Prosodie ist eine Ableitung des griechischen prosodia und bedeutet „Zugesang“ (vgl. Kranich, 2002, S. 14). Folglich sind prosodische Merkmale begleitende, lautsprachliche und klangprägende Elemente der Sprache.

Im Zusammenhang mit Prosodie werden oft die Begriffe Intonation, Suprasegmentalia oder Sprechausdruck verwendet, die je nach Wissenschaftsbereich oder Autor synonym oder leicht unterschiedlich verwendet werden. Für den weiteren Verlauf der Arbeit ist es essentiell, das Verständnis der einzelnen Begriffe zu klären.

Unter Suprasegmentalia versteht Grassegger (2010, S. 63) „phonetische Eigenschaften lautsprachlicher Äusserungen, die über das einzelne Segment hinausreichen.“ Nach seiner Auffassung hat die Suprasegmentalia die Funktion, auf der Ebene der Silben, Wörter und Sätze die Bedeutungen zu verdeutlichen. Die Suprasegmentalia kann im Sprechverlauf nur durch das Berücksichtigen des Kontextes erkannt werden (vgl. Pétursson & Neppert, 2002, S. 150). Sie ist also lediglich durch den „Vorwärts – und Rückwärtsvergleich im Schallsignal nachweisbar. Auf diese Besonderheit bezieht sich das Präfix supra-“ (a.a.O.).

Der Begriff Intonation wird seit seiner Einführung von Trubetzkoy (1939) als phonologischer Begriff verwendet (vgl. Hirschfeld & Eberhard, 2004, S. 39f.). Zu seinen Merkmalen werden unter anderem Satzintonation (Tonhöhenbewegung innerhalb von Sätzen), Satzakzente und Satzpausen verstanden (a.a.O.). „Die meisten der zahlreichen westeuropäischen und US-amerikanischen Autoren, […], haben den Bereich der Intonation aber genauer bestimmt. Danach ist die Intonationsdomäne die phonologisch relevante Endphase des Satzes, d.h. der Bereich um die letzte Akzentsilbe“ (a.a.O.). Was Hirschfeld und Eberhard (2004) als Intonation verstehen, wird in der vorliegenden Arbeit als Melodieführung oder Tonhöhenbewegungen beschrieben (siehe Kapitel 3).

Die Begriffe Sprechausdruck oder Stimmausdruckmerkmale werden insbesondere in den Bereichen der Stimmbildung und des Stimmtrainings verwendet. Aich (vgl. 2009. S. 46) versteht darunter alle stimmlichen Merkmale, die eine Wirkung auf den Empfänger haben.

In Anlehnung an Neuber (2002) und Grossegger (2010) werden die Begriffe Sprechausdruck, Prosodie, Suprasegmentalia und Intonation synonym als lautsprachliche Eigenschaften der Stimme verstanden. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Einfachheit halber nur noch der Begriff Prosodie verwendet.

Neben den leicht unterschiedlichen Begriffsauslegungen gibt es in der Literatur ebenfalls Unterschiede bezüglich der prosodischen Merkmale. Je nach Autor werden andere Aspekte zum Begriff Prosodie dazu gezählt oder ausgeklammert. In einem nächsten Schritt geht es darum zu bestimmen, welche Merkmale für die vorliegende Arbeit zum Begriff Prosodie dazu gezählt werden.

Grassegger (vgl. 2010, S. 63) beschränkt sich bezüglich der prosodischen Merkmale auf Tonhöhe, Lautstärke und die Dauer. Er geht davon aus, dass jedes sprachliche Segment eine bestimmte Grundfrequenz (Tonhöhe), Intensität (Lautstärke) und Dauer aufweist. Je nachdem in welcher Stimmung eine Aussage gesprochen wird, werden einzelne Parameter bewusst oder unbewusst geändert.

Für Hirschfeld und Eberhard (vgl. 2004, S. 31) umfasst die Prosodie die Merkmale Melodieverlauf, Sprechtempo, Lautstärke, Spannung und Stimmklang. Sie gehen davon aus, dass nicht nur die momentane Tonhöhe, sondern deren Verlauf innerhalb eines sprachlichen Segments eine bestimmte Funktion und Wirkung hat.

Für Aich (vgl. 2009, S. 46) beinhaltet der Begriff die Merkmale Sprechspannung, Stimmeinsätze, Melodie, Lautstärke, Sprechtempo, Atmung, Pausen, Artikulation, Körpersignale und Zuhörerbezug. Auffallend ist hier, dass der Autor die Bereiche Atmung und Körpersignale zum Begriff der Prosodie dazu zählt.

Detaillierter formuliert Neuber (2002, S. 51) den Begriff Prosodie: „Unter Prosodie werden die auditiv wahrnehmbaren Merkmale Melodieführung, Lautheit und Lautheitsdifferenz, Akzent, Sprechgeschwindigkeit (Tempo) und Tempowechsel, Sprechrhythmus, Pausen, (indexikalisch bedingte) Stimmqualität, Stimmausdruck (Timbre) und Gesamtdauer der prosodischen Erscheinung verstanden.“

Aufgrund der detaillierten Beschreibung von Neuber, und da sich die vorliegende Arbeit an den Erkenntnissen von Neuber anlehnt, soll für den weiteren Verlauf Prosodie in seinem Sinne verstanden werden.

2.2 Funktion und Wirkung prosodischer Merkmale

Die Funktion der Prosodie und ihrer Merkmale in der Kommunikation ist nicht eindeutig. Vielmehr ist sie mehrdeutig und hängt vom jeweiligen Kontext ab. Eine Person, die leise spricht, kann verschiedene Motive haben. So ist es möglicherweise ihre Absicht, etwas Bedeutendes auf vertrauliche Art und Weise zu kommunizieren. Gleichzeitig kann es aber auch bedeuten, dass ein sprachliches Segment im Bezug zur gesamten Unterhaltung weniger wichtig ist (vgl. Wermke et al., 2009, S. 1195). Prosodische Gestaltungsmittel dienen unter anderem auch zur Abgrenzung von Aussagen. Durch Pausen beispielsweise signalisieren sie dem Rezipienten, wann ein Sprachsegment zu Ende ist und ein neues beginnt (a.a.O.).

Weiter sind sie „entscheidend an der Strukturierung einer Äusserung beteiligt, gliedern den Informationsfluss, heben Sinnwichtiges hervor und markieren das Informationszentrum des Satzes. Sie helfen, Informationen zu disambiguieren, stellen Kohärenz her, steuern den Diskursverlauf, […] und kennzeichnen den Erregungszustand des Sprechers“ (Cohrs, 2008, S. 3). Die prosodischen Merkmale einer Aussage haben also einen starken Einfluss darauf, wie der Rezipient ein sprachliches Segment interpretiert.

Im Bezug zur Wirkung der Prosodie gibt es zahlreiche Untersuchungen. So untersuchte Redecker (2006) beispielsweise den Einfluss von prosodischen Merkmalen auf die Perzeption und Persuasion in einer Parfumwerbung. Sie wollte untersuchen, wie die Stimme in einer Parfumwerbung auf den Empfänger wirkt. Sie hat in einem Experiment herausgefunden, dass bereits kleine stimmliche und sprachliche Änderungen „innerhalb weniger Sekunden eine hochsignifikante Veränderung in der Wahrnehmung und in der Wirkung des Werbespots nach sich ziehen“ (Redecker, 2006, S. 137).

Neuber (2002) fand in einem Experiment heraus, dass Studenten und Studentinnen mehr Informationen aus einem sehr kurzen vorgelesenen Text entnehmen können, wenn der Sprecher (ein Schauspieler) die Aufgabe erhielt, auf „eindringliche“ Weise vorzulesen. Bekam der Schauspieler die Vorgabe, den Text auf „monotone“ Weise vorzulesen, konnten die Studenten und Studentinnen dem Text weniger Informationen entnehmen. Detailliertes zum Experiment von Neuber wird in den Kapiteln 3.1.2 und 3.2.1. beschrieben.

3 Analyse der Sprechgeschwindigkeit und der finalen Tonhöhenbewegung

Lehrer und Lehrerinnen erwarten von ihren Schülern und Schülerinnen, dass sie beinahe alle verbal vermittelten Informationen behalten können. Dabei machen sich wohl nur die wenigsten Lehrpersonen darüber Gedanken, wie er oder sie beispielsweise in einem Lehrervortrag die Stimme wirkungsvoll einsetzen muss, um den Zuhörern das Behalten zu erleichtern.

Neuber (vgl. 2002, S. 194ff.) hat in einer Untersuchung herausgefunden, dass die Sprechgeschwindigkeit und die finale Tonhöhenbewegung mitunter einen Einfluss darauf haben, wie viele Informationen ein Empfänger aus einem sehr kurzen vorgelesenen Text entnehmen kann. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, herauszufinden, ob prosodische Merkmale (speziell die Sprechgeschwindigkeit und die finalen Tonhöhenverläufe) bei einem längeren, frei vorgetragenen Lehrervortrag ebenfalls einen Einfluss auf das Gedächtnisleistung von Schülern und Schülerinnen haben.

Hierfür soll in diesem Kapitel näher auf die zwei genannten Merkmale eingegangen werden. Der Fokus liegt dabei in einem ersten Schritt auf der Begriffsbestimmung. In einem zweiten Schritt wird erklärt, was Neuber (2002) in seiner Untersuchung bezüglich der zwei Merkmale herausgefunden hat und inwiefern es die vorliegende Arbeit beeinflusst. In einem letzten Schritt sollen Übungen und Ratschläge aus dem Bereich des Stimmtrainings vorgestellt werden, die Lehrpersonen helfen, mehr aus ihrer Stimme herauszuholen.

3.1 Die Sprechgeschwindigkeit

Bezüglich der Definition der Sprechgeschwindigkeit herrscht in der Literatur keine Einigkeit. Je nach Fokus wird sie unterschiedlich definiert. So kann sie beispielsweise durch die Anzahl Silben-, Phon- oder Wortraten pro Zeiteinheit beschrieben werden (vgl. Pfizinger, 2001, S. 123). Am häufigsten wird die Anzahl Silben oder Worte pro Zeiteinheit verwendet (vgl. Kranich, 2002, S.10). Je nachdem welche dieser Einheiten man zur Definition von Sprechgeschwindigkeit verwendet, werden bei empirischen Untersuchungen unterschiedliche Resultate hervorgehen. Denn die Silben- und Phonrate stimmen in der deutschen Sprache häufig nicht überein.

„[So] ergibt sich ein von Wort zu Wort variierendes Verhältnis zwischen Silben und Phonrate, wie folgende Wortbeispiele demonstrieren: Während das Wort Banane drei Silben und sechs Phone hat – also doppelt so hohe Phonrate – aufweist, hat das Wort schimpfst nur eine Silbe, aber etwa sieben Phone und damit eine siebenmal höhere Phonrate.“

(Pfizinger, 2001, S. 124)

Trotz der beschriebenen Schwierigkeiten bei der Definition von einem Messwert für die Sprechgeschwindigkeit, ist die Anzahl bestimmter sprachlicher Einheiten pro Zeiteinheit immer noch die einzige Lösung (vgl. Pfizinger, 2001, S. 124).

Bezüglich der Frage, was schnelle, langsame oder ideale Sprechgeschwindigkeit ist, gibt es ebenfalls keine objektive Antwort. Pompino-Marschall (vgl. 2009, S. 250) beschreibt beispielsweise 400 gesprochene Wörter pro Minute (= 6.7 Wörter pro Sekunde) als ein sehr schnelles Sprechen.

Meinold (1995) untersuchte die Sprechgeschwindigkeit beim Vorlesen verschiedener Texte. Er fand heraus, dass die Sprechgeschwindigkeit bei Nachrichtensprecher 5.6 Silben pro Sekunde, für belletristische Texte 5.4 Silben pro Sekunde und für lyrische Dichtung 3.7 Silben pro Sekunde beträgt (vgl. Meinold, 1995, S.4, zit. n. Kranich, 2002, S.11). Die Sprechgeschwindigkeit kann also je nach Definition und Situation variieren.

Die Sprechgeschwindigkeit sagt viel darüber aus, für wie wichtig der Sprecher das Gesagte hält. Oft ist ein zu schnelles Sprechen auch ein Zeichen von Nervosität. Der Sprecher will den Vortrag so schnell wie möglich hinter sich bringen. Und auch aus dem Alltag wissen wir: „Wichtige Dinge sprechen wir langsamer und betonter, unwichtige schneller. Wenn wir immer im gleichen Tempo bleiben, machen wir die Zuhörer müde und vermitteln eher Kleinkrämermentalität als Engagement und Begeisterung“ (Aich, 2009, S. 84). Bei der Auswahl der Sprechgeschwindigkeit sollten sich Gedanken über die Zuhörer gemacht werden. Ziel muss immer sein, dass sie einem folgen können.

Als Definition von Sprechgeschwindigkeit wird für den weiteren Verlauf der Arbeit die Anzahl Wörter pro Minute verwendet.

3.1.1 Sprechpausen

Eine weitere Problematik bei der Definition der Sprechgeschwindigkeit sind die Pausen. Je nachdem ob man sie bei der Bestimmung des Begriffs Sprechgeschwindigkeit mit einbezieht, sagt dieser etwas anderes aus.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Sprechpausen auftreten. Sie können bewusst vom Sprecher verwendet werden, um das Gesagte zu gliedern und es dem Rezipienten verständlicher zu gestalten. Oft aber verwendet sie der Sprecher unbewusst, beispielsweise um Luft zu holen (vgl. Aich, 2009, S. 87).

Ähnlich wie bei der Sprechgeschwindigkeit gibt es auch bei der Sprechpause verschiedene Operationalisierungen. So kann beispielsweise die mittlere Pausendauer ermittelt werden. Dieser Wert wird erhalten, indem der Durchschnitt aus der gesamten Pausenzeit und der Anzahl Pausen errechnet wird. Es kann aber auch der Pausenzeitquotient berechnet werden, „der das Verhältnis von Sprechzeit zur Pausenzeit prozentual wiedergibt“ (Meinold, 1968, S. 18, zit. n. Kranich, 2002, S. 11). Auf diese Art die Pausendauer zu ermitteln, ist bei einem längeren Lehrervortrag sehr aufwendig, insbesondere wenn man nicht die entsprechenden Computerprogramme dazu hat (vgl. Franke, 2000). Für die Definition der Sprechgeschwindigkeit werden in dieser Arbeit die Anzahl Wörter (inklusive Pausen) pro Minute verwendet.

3.1.2 Sprechgeschwindigkeit und Sprechpausen im Experiment von Neuber

Im Experiment von Neuber (vgl. 2002, S. 169) wurde Studentengruppen ein kurzer Text (217 Wörter) auf unterschiedliche Weise von Schauspielern vorgelesen. Einigen Studenten und Studentinnen wurde der Text von einem Schauspieler präsentiert, der zuvor den Auftrag erhielt, ihn auf „monotone“ Weise vorzulesen. Einer anderen Studentengruppe wurde der Text auf „eindringliche“ Weise vorgetragen. Aus der Untersuchung ging hervor, dass Gruppen, die den kurzen Text auf „eindringliche“ Weise gehört hatten, anschliessend mehr Informationen wiedergeben konnten (vgl. Neuber, 2002, S. 182).

Aus der Analyse der beiden Sprechweisen ging hervor, dass die gesamte Sprechzeit (Zeit, die gebraucht wurde, um den Text vorzutragen) bei beiden Vorträgen identisch war. Die reine Sprechzeit (Zeit, in der nur gesprochen wurde) war bei der „monotonen“ Version länger als bei der eindringlichen Sprechweise. Interessanterweise war die Gesamtpausenzeit bei der „eindringlichen“ Version deutlich länger (vgl. Neuber, 2002, S. 194).

Dies führte zum Schluss, dass die Sprechgeschwindigkeit und die Anzahl und Länge von Pausen in einem Vortrag einen Einfluss darauf haben, wie viel die Rezipienten aus dem Vortrag entnehmen.

3.1.3 Stimmtraining im Bereich der Sprechgeschwindigkeit

Neuber (2002) konnte zeigen, dass die Sprechgeschwindigkeit mitunter einen Einfluss auf das Gedächtnis hat. Für Lehrpersonen ist es folglich ratsam, sich im Bereich der Sprechgeschwindigkeit weiterzubilden. Hierzu werden nachfolgend einige wertvolle Übungen vorgestellt, die Lehrpersonen helfen können, interessanter und verständlicher zu sprechen.

Die wichtigste Regel bezüglich der Sprechgeschwindigkeit ist, dass der Zuhörer dem Gesagten folgen können muss (vgl. Aich, 2009, S. 84).

Die zweite wichtige Regel ist, dass die Stimme Abwechslung in das Gesagte bringen sollte: „Nicht gleichförmig langsam und nicht gleichförmig schnell. Tempowechsel soll geschehen wie beim Autofahren: variabel, je nach Art der Straße. Autobahn - schnell, Wohnstraße - langsam, rote Ampel – Stillstand etc.“ (Amon, 2009, S. 109). Denn wer immer mit gleicher Geschwindigkeit spricht, wirkt mit der Zeit monoton.

Die dritte wichtige Regel ist, dass man Pausen am Ende eines Sinnschrittes einfügen sollte. Sie helfen dem Empfänger bei der Gliederung des Gehörten. So weiss er, wann eine Information zu Ende ist, und wann eine neue beginnt (vgl. Aich, 2009, S. 85). In diesem Zusammenhang ist es Lehrpersonen zu empfehlen, sich bereits vor dem Lehrervortrag Gedanken darüber zu machen, wo man Pausen einfügen will. Wurde der Vortrag verschriftlicht, kann beispielsweise durch das Einfügen eines „*“ signalisiert werden, wann Pausen gemacht werden.

Endres und Küffner (vgl. 2008, S. 65) empfehlen bezüglich der Sprechgeschwindigkeit folgende Übung: Der Text (siehe Abb. 1) soll langsam und laut gelesen werden. Dabei sollen alle Atempausen, durch „*“ gekennzeichnet, eingehalten werden, so dass der Leser genügend Zeit hat, um innere Bilder entstehen zu lassen. Nach mehrmaligem Lesen wird damit begonnen, einzelne Pausen zu überlesen. Diese Übung soll helfen, sich mehr Zeit beim Lesen und Vortragen zu nehmen. Sie soll den Übenden ebenso zeigen, dass ein vorgelesener Text je nach Sprechgeschwindigkeit eine andere Wirkung hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Übungstext zur Sprechgeschwindigkeit (aus: Endres & Küffner, 2008, S. 65)

Eine ähnliche Übung rät Lauten (vgl. 2006, S. 107). Er fordert den Übenden in einem ersten Schritt auf, folgenden Satz zu lesen: Kerniges Müsli macht manche Menschen mürrisch, wenngleich nicht wissenschaftlich belegt, so doch mitunter auch müde. In einem zweiten Schritt geht es darum, den Satz sehr langsam zu sprechen und die Vokale länger als normal zu betonen. Im dritten Schritt geht es darum, den Satz einmal langsam, dann normal, dann wieder langsam zu lesen. Im vierten Schritt wird der Übende aufgefordert, den Satz mittels Pausen in einzelne Abschnitte zu unterteilen. Im letzten Schritt geht es darum, den Satz übertrieben (bezüglich Sprechgeschwindigkeit und Pausen) vorzulesen. Durch diese Übung soll ersichtlich werden, wie viel Gestaltungsspielraum die Sprechgeschwindigkeit bietet.

3.2 Finale Tonhöhenbewegungen

Unter Tonhöhenverläufen wird die melodische Gestalt einer Äusserung verstanden (vgl. Wermke et al., 2009, S. 95). Umgangssprachlich werden sie als das „Auf“ und „Ab“ der Stimme bezeichnet. „Diese Tonhöhenbewegungen bilden innerhalb [einer sprachlichen Äusserung] bestimmte Melodieverläufe (Konturen), die verschiedene Formen und Funktionen aufweisen können“ (a.a.O.). Der Mensch nimmt dabei Tonhöhenbewegungen nicht als absolute Tonhöhen oder Tonhöhenintervalle (wie beispielsweise beim Gesang) wahr. Vielmehr werden sie im Verhältnis zur stimmlichen Grundfrequenz wahrgenommen (a.a.O.). Dabei hat jeder Mensch eine leicht unterschiedliche Grundfrequenz. Je tiefer die Grundfrequenz ist, desto tiefer hört sich auch die Stimme an. Die Abweichungen zur Grundfrequenz nehmen wir entweder als steigende, fallende, steigend-fallende oder fallend-steigende Melodieverläufe wahr (a.a.O.). Es kann aber auch kein Melodieverlauf vorkommen. Das bedeutet, dass der Sprecher während einer gesamten Äusserung auf dem gleichen Ton (gleiche Tonhöhe) spricht.

Im Zentrum dieser Arbeit liegt die Untersuchung der Wirkung von finalen Tonhöhenverläufen. Damit ist die Tonhöhenbewegung am Ende eines Sinnschrittes gemeint. In der Regel wird die Stimme bei einem Punkt gesenkt (final fallender Tonhöhenverlauf) und bei einem Fragezeichen gehoben (final steigender Tonhöhenverlauf). Es sind aber nicht nur die Interpunktionen, die einem sagen, welche finalen Tonhöhenverläufe verwendet werden sollten. Vielmehr liegt es in der Verantwortung des Sprechers, seine Informationen in einzelne Sinnschritte zu unterteilen und diese mittels Tonhöhenverläufen dem Empfänger zu signalisieren.

Finale Tonmuster haben einen Einfluss darauf, wie der Empfänger das Gehörte interpretiert. Final steigende Verläufe signalisieren beispielsweise, dass der Sinnschritt noch nicht zu Ende ist und dass der Sprecher eine weitere Information hinzufügen möchte (Wermke et al., 2009, S. 109). Verwendet ein Redner zahlreiche steigende Verläufe nacheinander, so wirkt das Gesagte wie eine Aufzählung, der der Empfänger mit der Zeit unmöglich mehr folgen kann. Zudem wirkt er eher nervös und inkompetent, wenn er lediglich final steigende Tonhöhenverläufe am Ende eines Sinnschrittes verwendet (vgl. Aich, 2009).

Als Lehrperson sollte darauf geachtet werden, nicht zu viele final steigende Tonhöhenverläufe hintereinander zu verwenden. Ansonsten wird es für Schüler und Schülerinnen schwierig, das Gehörte zu strukturieren.

Final fallende Tonhöhenverläufe signalisieren hingegen eine Aussage und teilen dem Empfänger mit, dass ein Sinnschritt nun zu Ende ist (vgl. Grassegger, 2010, S. 77). Sie sind ein wichtiger Bestandteil für die Gliederung und Strukturierung eines Vortrags. Zusätzlich erwecken final fallende Tonhöhenbewegungen den Eindruck von Kompetenz und Selbstbewusstsein (vgl. Aich, 2009, 71).

Mit Tonhöhenverläufen können ebenfalls Ärger, Überraschung, Verwunderung, Zweifel oder Unentschlossenheit ausgedrückt werden. Benützt ein Sprecher beispielsweise final gleich oder leicht ansteigende Tonmuster, so signalisiert er dem Empfänger Unentschlossenheit (vgl. Grassegger, 2010, S. 77).

Wie bei anderen prosodischen Merkmalen gilt auch bei den Tonhöhenverläufen, dass die tatsächliche Bedeutung mehrdeutig ist und aus dem Kontext erschlossen werden muss.

3.2.1 Tonhöhenverlauf im Experiment von Neuber

Der Ablauf des von Neuber (2002) durchgeführten Experimentes wurde bereits in Kapitel 3.1.2 geschildert. In der Analyse der Untersuchung fand Neuber (2002) heraus, dass Studentengruppen mehr Informationen aus dem kurzen vorgelesenen Text entnehmen konnten, wenn dieser auf „eindringliche“ Weise vorgelesen wurde. Die „eindringliche“ Version des Vortrags beinhaltete 26 fallende, vier steigende und 18 gleichbleibende Tonmuster (vgl. Neuber, 2002, S. 201). Die „monotone“ Version bestand aus 16 fallenden, keiner steigenden und zwei gleichbleibenden Tonhöhenverläufen (a.a.O.). Es ist also zu erkennen, dass die Endphasenmelodisierung in der „monotonen“ Version schwächer ausgeprägt war als in der eindringlichen Version. Zusätzlich zeigt sich, dass die eindringliche Version deutlich mehr final fallende Tonhöhenbewegungen beinhaltete.

3.2.2 Stimmtraining im Bereich der Tonhöhenbewegungen

In diesem Kapitel werden einige Übungen aus dem Bereich der Stimmbildung vorgestellt werden, die Lehrpersonen helfen können, Tonhöhenbewegungen besser einzusetzen und um verständlicher vorzutragen.

„Grundsätzlich bringt […] jede erwartbare Wiederholung eine Monotonie“ (Aich, 2009, S. 67). Lehrer sollten sich dessen bewusst sein. Auch wenn Neuber (2002) den positiven Einfluss von final fallenden Tonhöhenbewegungen nachweisen konnte, sollte man sie nicht immer benutzen. Wie bereits bei der Sprechgeschwindigkeit beschrieben, gilt auch bei diesem prosodischen Merkmal, dass die Abwechslung sehr wichtig ist.

Eine Übung, um Tonhöhenbewegungen bei sich selber zu erfahren, ist die sanfte Sirene (vgl. Aich, 2009, S. 68f.). Bei dieser Übung soll sich der Übende ruhig hinstellen. Mit dem Zeigefinger zeichnet er eine imaginäre Schlangenlinie von links nach rechts vor sich hin. Dabei summt der Übende so, dass er den höchsten Ton ausstösst, wenn er mit dem Zeigefinger auf einem Hügel (der Schlangenline) ist, und den tiefsten Ton soll er summen, wenn er an einem Tiefpunkt angelangt ist. Insgesamt werden drei solche Melodieberge gezeichnet. Diese Übung soll einem helfen, den eigenen Melodieumfang kennenzulernen.

[...]

Fin de l'extrait de 88 pages

Résumé des informations

Titre
Einfluss prosodischer Merkmale der Stimme bei einem Lehrervortrag auf Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe I
Université
University of Fribourg
Note
1
Auteur
Année
2013
Pages
88
N° de catalogue
V274690
ISBN (ebook)
9783656666868
ISBN (Livre)
9783656666851
Taille d'un fichier
3939 KB
Langue
allemand
Mots clés
Unterrichtsmethoden, Lehrervortrag, Prosodie, Frontalunterricht
Citation du texte
Student Marc Roux (Auteur), 2013, Einfluss prosodischer Merkmale der Stimme bei einem Lehrervortrag auf Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe I, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274690

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