Regionalentwicklung und Wachstumsdynamik in peripheren Regionen am Fallbeispiel des Mezzogiorno


Seminararbeit, 2014

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlage: Polarisationstheorien
2.1. Grundzüge der klassischen Polarisationstheorie
2.2. Regionale Polarisation
2.3. Zentrum-Peripherie-Modelle

3. Operationalisierung

4. Fallbeispiel: Mezzogiorno
4.1. Die dualistische Wirtschaftsstruktur Italiens
4.2. Der Mezzogiorno aus Sicht der Zentrum-Peripherie-Modelle
4.3. Regionalpolitische Maßnahmen: Die Förderung lokaler Produktionssysteme als Hoffnung für den Mezzogiorno?

5. Schlussbetrachtung

6. Quellen und Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Prozentuale Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche Italiens auf die Regionen (Stand 2007)

Abb. 2: Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft auf die Regionen (Stand 2008)

Abb. 3: Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen in der Industrie auf die Regionen (Stand 2008)

Abb. 4: Geographische Verteilung der Unterschiede in der Beschäftigungsquote nach Ge-schlecht und Provinz (Stand 2013)

Abb. 5: Entwicklung der Beschäftigungsquote nach Region, Geschlecht und Alter (Stand 2013)

Abb. 6: Absolute Armut (in Prozent) nach Regionen (2007-2012)

Abb. 7: Exporte und Importe der Regionen im Jahr 2010 (Angaben in Millionen Euro)

Abb. 8: Binnenwanderung in Italien im Zeitraum von 2006 bis 2011 (Angaben in Tausend Personen)

Abb. 9: Beschäftigungsstatus junger Menschen zwischen 15 und 34 in Italien im Jahr 2013 nach Regionen und Altersgruppe (Angaben in Prozent)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

ÄAussprüche wie ‚südlich von Rom beginnt Afrika‘ sind in Norditalien keine Selten- heit.“1 Seit Jahrzehnten bestehen große sozioökonomische Disparitäten zwischen dem wirtschaftlich prosperierenden Norden Italiens und dem rückständigen peripheren Sü- den, dem sogenannten Mezzogiorno. Ein umfassender regionaler Angleichungsprozess gelingt trotz diverser regionalpolitischer Maßnahmen bis heute nicht. Es ist das Ziel dieser Arbeit die Regionalentwicklung und Wachstumsdynamik peripherer Regionen am Fallbeispiel des Mezzogiorno zu analysieren. Aus einem strukturellen raumwirt- schaftstheoretischen Ansatz heraus sollen diesbezüglich, auf Basis der regionalen Pola- risationstheorien sowie den Zentrum-Peripherie-Modellen, Mechanismen identifiziert und am Beispiel des Mezzogiorno in Kapitel 4 veranschaulicht werden, die eine perip- here Regionalentwicklung behindern. Ein besonderer Fokus liegt bei der Analyse insbe- sondere auf den für die Beziehung zwischen Zentrum und Peripherie charakteristischen Autoritäts- und Abhängigkeitsverhältnissen. Es gilt diese als Ursache der Persistenz regionaler Polarisation mit Hilfe des Fallbeispiels näher zu erläutern. Abschließend soll zudem die Frage beantwortet werden, welche regionalpolitischen Maßnahmen ange- sichts dieser strukturellen Problematik geeignet oder notwendig sind um eine dynami- sche Entwicklung peripherer Regionen zu bewirken.

Im zweiten Kapitel wird zunächst die theoretische Fundierung erläutert, die der Arbeit zugrunde liegt. Die nachfolgende Analyse basiert primär auf den Ansätzen der Polarisa- tionstheorien und stützt sich diesbezüglich insbesondere auf die zentralen Thesen von Perroux, Myrdal, Hirschman sowie Maier und Tödtling. Während in Kapitel 2.1. zu- nächst die Grundzüge der klassischen Polarisationstheorie skizziert werden, folgt in Kapitel 2.2. eine ausführliche Erläuterung der regionalen Polarisationstheorie. Diesbe- züglich liegt der Fokus insbesondere auf der Darstellung der unterschiedlichen Effekt- wirkungen von Wachstumsimpulsen sowie deren Korrelation mit dem Entwicklungsni- veau einer Region. In Kapitel 2.3. werden anschließend die Zentrum-Peripherie- Modelle von Prebisch und Friedmann erläutert. Bei diesen Zwei-Regionen-Modellen liegt der Fokus insbesondere auf der Betrachtung der Abhängigkeitsverhältnisse zwi- schen Zentrum und Peripherie und den sich daraus ergebenden polarisierenden Effek- ten.

Anschließend folgt in Kapitel drei die Operationalisierung, der aus den polarisations- theoretischen Ansätzen hergeleiteten relevanten Untersuchungsaspekte. In Kapitel 4.1. und 4.2. werden daraufhin am Fallbeispiel des Mezzogiorno die dualistische Wirtschaftsstruktur Italiens mit deutlichen Disparitäten zwischen Nord und Süd sowie die für die Entwicklungsdynamik peripherer Regionen ausschlaggebenden Abhängigkeitsverhältnisse anhand statistischer Daten genauer analysiert.

ÄZiel der regionalen Wirtschaftspolitik muß [sic] es nach Ansicht der Polarisationstheo- retiker sein, den Polarisationskräften entgegenzuwirken und eine Angleichung der Ent- wicklungsunterschiede anzustreben.“2 Einige potentielle regionalpolitische Fördermaß- nahmen werden abschließend am Beispiel der Strukturförderung im Mezzogiorno in Kapitel 4.3. erläutert.

2. Theoretische Grundlage: Polarisationstheorien

Zur Erklärung der Dynamik regionaler Entwicklung liefert die Wirtschaftsgeographie ein breites Spektrum verschiedener Theorieansätze, die teilweise zu recht unterschiedli- chen Ergebnissen gelangen. Ein zentraler und in der wissenschaftlichen Literatur viel rezipierter Ansatz ist zum einen die neoklassische Theorie, die von nutzenmaximieren- den Akteuren und vollkommenen Märkten ausgeht.3 Langfristige regionale Disparitäten sieht dieser Ansatz nicht vor. Stattdessen geht er davon aus, dass sich aufgrund funktio- nierender Marktmechanismen regionale Unterschiede stets angleichen.4 Da der neoklas- sische Ansatz jedoch häufig an der Realität scheiterte und empirische Untersuchungen darauf hinwiesen, dass regionale Disparitäten in der Produktionsstruktur sowie hinsicht- lich der Faktorpreise zwischen Verdichtungsräumen und nicht-verdichteten Räumen äußerst persistent sind und tendenziell sogar eher zunehmen, geriet das Gleichge- wichtsmodell der Neoklassiker zunehmend in Kritik. Insbesondere wurden ihre Prämis- sen als unrealistisch erachtet.5

Anders als die neoklassischen Gleichgewichtsmodelle, geht die Polarisationstheorie von gegenläufigen Effekten aus. Aus der Kritik an der Neoklassik heraus entstandene Pola- risationsmodelle erwarten, dass Äaufgetretene Ungleichgewichte einen zirkulär verur- sachten kumulativen Entwicklungsprozess in Gang setzen, der zu einer Verstärkung der Ungleichgewichte, d.h. zu einer sektoralen und/oder regionalen Polarisation führt“6. Im Folgenden werden in Kapitel 2.1. die Grundzüge der Polarisationstheorie sowie die wichtigsten Mechanismen, die nach Ansicht klassischer Vertreter dieses Ansatzes pola- risierte Entwicklung verursachen und fördern, näher erläutert. Ein Fokus liegt diesbe- züglich insbesondere auf der Betrachtung der Armutsspirale nach Myrdal. In Kapitel 2.2. werden anschließend weiterentwickelte Ansätze vorgestellt, die auf den zentralen Vorstellungen der Polarisationstheorien basieren. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen diesbezüglich die Zentrum-Peripherie-Modelle, die über eine rein ökonomische Betrachtungsweise hinaus auch gesellschaftliche und politische Aspekte des regionalen Entwicklungsprozesses einbeziehen.7

2.1. Grundzüge der klassischen Polarisationstheorie

Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie, die ihre Aussagen aus einem Satz von An- nahmen deduktiv herleitet, werden die Argumente der Polarisationstheorien induktiv aufgrund von Ergebnissen empirischer Untersuchungen und Erfahrungen begründet. Insbesondere die Auseinandersetzung mit Problemsektoren, wie beispielsweise der Landwirtschaft oder der Schwerindustrie sowie Entwicklungsproblemen der Dritten Welt haben Zweifel an der Ausgleichsfunktion natürlicher Marktmechanismen geschürt und zu den polarisationstheoretischen Ansätzen geführt.8 Polarisationstheoretiker gehen von differenten Entwicklungspfaden aus, also der Überlegung, Ädass Strukturen, Ent- scheidungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit in die Gegenwart und Zukunft nachwirken können“9 und folglich in verschiedenen Regionen zu unterschiedlichen po- sitiv oder negativ rückgekoppelten und sich somit selbst verstärkenden Effekten füh- ren.10 Im Gegensatz zur Neoklassik gehen Polarisationstheoretiker davon aus, dass Entwicklungsprozesse sektorale und regionale Unterschiede verstärken. In ihrer Argu- mentation weisen sie diesbezüglich einige grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Sie se- hen als eine zentrale Ursache die Heterogenität und zumindest teilweise auch Immobili- tät von Produktionsfaktoren, die deren vollständige Substitution und somit Ausgleichs- tendenzen behindern. Außerdem seien die Märkte unvollkommen und anstatt durch vollständige Konkurrenz durch Mono- und Oligopolbildungen sowie externe Effekte beeinflusst. Vertreter der Polarisationstheorie bezweifeln zudem die umfassende Informiertheit der Wirtschaftsakteure, welche von den Neoklassikern angenommen wird und für funktionierende Marktmechanismen notwendig ist. Darüber hinaus betrachten Polarisationstheoretiker das Wirtschaftssystem nicht isoliert, sondern im Kontext komplexer sozialer und politischer Wechselwirkungen.11

Die klassische Polarisationstheorie lässt sich grob in zwei Bereiche unterteilen. Zum einen wurden divergierende Entwicklungen zwischen Sektoren (sektorale Polarisation) und zum anderen zwischen Regionen (regionale Polarisation) untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf der regionalen Polarisation, dennoch ist es sinnvoll auch den Ansatz der sektoralen Polarisationstheorie kurz zu erörtern, da er als konzepti- onelle Basis für die Entwicklung regionaler Polarisationsargumente von Bedeutung ist. Der wichtigste Vertreter der sektoralen Polarisationstheorie ist Perroux. Er konstatiert wirtschaftliches Wachstum als einen ungleichmäßigen Prozess, bei dem einige Wirt- schaftssektoren deutlich schneller wachsen als andere. Perroux prägte den Begriff der ‚unité motrice‘ (motorischen Einheit), Äein Sektor der Wirtschaft, der überdurchschnitt- lich stark wächst und durch seine starke Verflechtung mit anderen Sektoren diese beein- flußt [sic]“12. Die ‚motorische Einheit‘ ist durch Größe und starkes Wachstum sowie ihre Dominanz gegenüber anderen Sektoren und starken Verflechtungen mit verschie- denen Teilen der Wirtschaft charakterisiert. Unter Erfüllung dieser Voraussetzungen ist der spezielle dominierende Wirtschaftssektor in der Lage, positive oder negative Impul- se in Form von ‚Anstoßeffekten‘ oder ‚Bremseffekten‘ auf andere Bereiche der Wirt- schaft auszuüben. Impulse entstehen dabei primär auf zwei Arten: zum einen durch die Realisierung interner und externer Ersparnisse und zum anderen durch Innovationen. Zu ‚Anstoßeffekten‘ kommt es dann, wenn sich durch die Expansion des wirtschaftlich dominierenden Sektors die Nachfrage nach Inputfaktoren und Vorprodukten erhöht, wodurch Wachstumsimpulse auf andere Teile der Wirtschaft übertragen werden. ‚Bremseffekte‘ können hingegen entstehen, indem ‚motorische Einheiten‘ ihre Markt- macht zum Nachteil anderer Sektoren durchsetzen und diesen Produktionsfaktoren ent- ziehen oder deren Innovationsfähigkeit schwächen.13 Die Argumentation der sektoralen Polarisation nach Perroux gibt jedoch weder Auskunft über die Lage von Wachstums- polen in einem Raumsystem noch berücksichtigt sie die räumliche Ausbreitung von Anstoß- und Bremseffekten. Im Folgenden gilt es auch die theoretischen Grundzüge der regionalen Polarisation näher zu betrachten.

2.2. Regionale Polarisation

Ein wichtiger Vertreter der regionalen Polarisationstheorie ist Myrdal. In den späten 1950er Jahren stellt er der neoklassischen Gleichgewichtshypothese seine These der Äzirkulären Verursachung eines kumulativen sozioökonomischen Prozesses“14 entge- gen, wodurch er Mechanismen aufzeigt, die zur Polarisation von Regionen führen. Sei- ne zentrale Annahme ist, dass die Variablen einer regionalen Wirtschaft zusammenhän- gen, sodass die positive oder negative Veränderung einer Variablen ebenfalls positive oder negative Veränderungen bei anderen Variablen verursacht. Die den anfänglichen Impuls verstärkende (positive) Rückkopplungseffekte interdependenter ökonomischer Faktoren, wie Nachfrage, Einkommen, Investitionen und Produktion können folglich zu kumulativen Wachstums- oder Schrumpfungsprozessen führen. Bei den gegensätzlichen Prozessen ist es vor allem auch die Mobilität der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapi- tal, die die regionale Polarisation vorantreibt, wodurch der Ansatz von Myrdal deutlich der neoklassischen Theorie der Ausgleichstendenz widerspricht.15

Maier und Tödtling konstatieren, die regionale Polarisation ergebe sich aus der sektora- len Polarisation, indem sich Impulse in einem Sektor durch intersektorale Verflechtun- gen auf andere Sektoren einer räumlichen Einheit ausbreiten. ÄImpulse in positiver oder negativer Richtung kumulieren daher im Laufe der Zeit zu ausgeprägten und stabilen Entwicklungsunterschieden.“16 Dass Entwicklungsunterschiede häufig auch durch inter- regionale Interaktion nicht ausgeglichen werden erklären Maier und Tödtling insbeson- dere mit der Heterogenität der Produktionsfaktoren, die zu unterschiedlichen Reaktio- nen auf interregionale Transferanreize führt. Am Beispiel der Mobilität von Arbeitskräf- ten machen sie deutlich, dass junge und gut ausgebildete Arbeitskräfte eher bereit sind abzuwandern als ältere und geringer Qualifizierte. Folglich wirken sich Wanderungsim- pulse nicht bloß quantitativ sondern auch qualitativ hinsichtlich der Struktur der Ar- beitskräfte aus. Eine Abwanderungsregion ist daher durch eine überalterte und verhält- nismäßig schlecht ausgebildete Bevölkerung charakterisiert, wodurch ihr insbesondere jene Bevölkerungsgruppen fehlen, die für Innovationen und neue Initiativen gebraucht werden. Ferner werden regionale Disparitäten auch durch die Kapital- und Gütermobili- tät verstärkt, was sich beispielsweise auch bei der Investitionstätigkeit sowie anhand verdrängender Konkurrenz im Rahmen des interregionalen Handels zeigt. Agglomerati- onsvorteile und stetig wachsende Nachfrage in den wirtschaftlich prosperierenden Re- gionen führen zu wachsenden Investitionen, was aufgrund positiver Rückkopplungsef- fekte steigende Nachfrage und folglich weitere Investitionen nach sich zieht. Gleichzei- tig ist die schwache Wirtschaft der stagnierenden Region der Konkurrenz der prosperie- renden Region ausgeliefert, wodurch auch der interregionale Handel die Polarisierung weiter verstärkt. Den großen Betrieben der wirtschaftlich überlegenen Region kann die oft handwerklich und gewerblich strukturierte Industrie der schwachen Region nur we- nig entgegensetzen, was laut Myrdal zum Auseinanderdriften in einen industriell struk- turierten prosperierenden Pol und einen landwirtschaftlich strukturierten stagnierenden Pol führt.17 Der Gegensatz zwischen der ökonomisch starken und ökonomisch schwa- chen Region wird im Folgenden mit den Begriffen ‚Zentrum‘ und ‚Peripherie‘ be- schrieben.

Die Interaktion zwischen den Regionen fassen sowohl Myrdal als auch Hirschman in zwei konträren Effekten zusammen, die in ihrer Wirkungsweise den Anstoß- und Brem- seffekten von Perroux ähneln. Alle Mechanismen, die zur räumlichen Ausbreitung posi- tiver Entwicklungsimpulse führen, bezeichnen sie als Ausbreitungs- oder Sickereffekte. Positive Impulse, die sich beispielsweise durch den Entzug von Produktionsfaktoren auf ihr Umfeld negativ auswirken, fassen sie hingegen als Entzugs- oder Polarisationseffekt zusammen.18 Myrdal vertritt die These, dass in einem marktwirtschaftlichen System, Ädem freien Spiel der Kräfte eine Tendenz in Richtung auf regionale Unterschiede inhä- rent ist […][und diese umso] stärker wird, je ärmer ein Land ist“19. Die Wirkung und Gewichtung der Ausbreitungs- und Entzugseffekte korreliert laut Myrdal mit dem Ent- wicklungsniveau einer Region. Je höher diese entwickelt sei, desto stärker und schneller wirken positive Wirtschaftsimpulse. In unterentwickelten Regionen hingegen wirken Ausbreitungseffekte langsamer und Entzugseffekte fallen schwerer ins Gewicht. Auf- grund der dabei ausgelösten negativen zirkulär-kumulativen Prozesse im Sinne einer Armutsspirale ist Unterentwicklung zugleich ihre eigene Ursache und Auswirkung. Für die regionale Entwicklung und Effektwirkung ausschlaggebend sind laut Myrdal Fakto- ren wie der Zustand der Verkehrs- und Telekommunikationsstruktur sowie das Ausbil- dungsniveau.20

2.3. Zentrum-Peripherie-Modelle

Während in Kapitel 2.2. regionale Disparitäten, die Effekte wirtschaftlicher Impulse sowie die Auswirkungen interregionaler Interaktion aus dem Blickwinkel der Polarisa- tionstheorie beschrieben wurden, gilt es im Folgenden die zentralen Aspekte der Zent- rum-Peripherie-Modelle näher zu erläutern. In ihrer räumlichen Interpretation weisen sie deutliche Ähnlichkeiten mit den polarisationstheoretischen Ansätzen auf, wobei ihr Fokus insbesondere auf dem Beziehungsverhältnis zwischen zwei unterschiedlichen Typen von Regionen, dem Zentrum einerseits und der Peripherie andererseits, liegt. Beide Regionen bilden ein gemeinsames Raumsystem, welches durch Autoritäts- und Abhängigkeitsbeziehungen gekennzeichnet ist. Vertreter der Zentrum-Peripherie- Modelle bezeichnen als ‚Zentrum‘ Äjene Teilräume, die den Entwicklungspfad des Sys- tems bestimmen und damit auch die Entwicklung der als ‚Peripherie‘ bezeichneten ab- hängigen Teilräume“21.

Als einer der ersten erstellte Prebisch in den 1950er Jahren ein Zentrum-Peripherie- Modell, in dem er zunächst aus rein ökonomischer Perspektive heraus argumentierte und insbesondere den Außenhandel für die Verstärkung interregionaler Disparitäten verantwortlich machte. Sein Modell beschreibt den Handel zwischen Entwicklungslän- dern und Industriestaaten. Prebisch argumentiert, dass die Verschlechterung der ‚Terms of Trade‘ ausschlaggebend für die zunehmende Verarmung peripherer Regionen sei, da sich das Austauschverhältnis zwischen den überwiegend in der Peripherie produzierten Primärgütern und den industriellen Fertigwaren der Zentren zunehmend zu Ungunsten der wirtschaftlich rückständigen Peripherien entwickelt habe. Prebisch macht zwei strukturelle Unterschiede zwischen den Regionen verantwortlich für die ungünstigen ‚Terms of Trade‘ der Peripherie.

[...]


1 Heriszt/Hochreiner/Mayrhofer 2013, S. 230.

2 Maier/Tödtling 2002, S. 93.

3 Vgl. ebd., S. 61.

4 Vgl. Bathelt/Glückler 2012, S. 312f.

5 Vgl. ebd., S. 313f.

6 Schätzl 2001, S. 159.

7 Vgl. Maier/Tödtling 2002, S. 100f.

8 Vgl. ebd., S. 85f.

9 Bathelt/Glückler 2012, S. 314.

10 Vgl. ebd., S. 314.

11 Vgl. Maier/Tödtling 2002, S. 86.

12 Ebd., S. 87.

13 Vgl. ebd., S. 86ff und Schätzl 2001, S. 159f.

14 Schätzl 2001, S. 161.

15 Vgl. Bathelt/Glückler 2012, S. 316.

16 Maier/Tödtling 2002, S. 88.

17 Vgl. ebd., S. 88-92.

18 Vgl. ebd., S. 92.

19 Myrdal 1959, S. 33.

20 Vgl. ebd., S. 32f.

21 Maier/Tödtling 2002, S. 98.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Regionalentwicklung und Wachstumsdynamik in peripheren Regionen am Fallbeispiel des Mezzogiorno
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
29
Katalognummer
V278175
ISBN (eBook)
9783656708193
ISBN (Buch)
9783656709565
Dateigröße
779 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Regionalentwicklung, periphere Regionen, Mezzogiorno, Patti Territoriali
Arbeit zitieren
Sarah Mutz (Autor:in), 2014, Regionalentwicklung und Wachstumsdynamik in peripheren Regionen am Fallbeispiel des Mezzogiorno, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278175

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