Frieden für die Westsahara?


Hausarbeit, 2002

22 Seiten, Note: sehr gut (minus)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Entwicklung des Konfliktes

3 Akteure und Grundprobleme im Friedensprozeß
3.1 Die Initiativen der United Nations
3.2 Die Aktionen der Frente POLISARIO und Marokkos
3.3 Die Standpunkte wichtiger Drittländer

4 Fazit

Anhang: Karte der Westsahara

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die in der Bundesrepublik wenig beachteten Auseinandersetzungen in der Westsahara zwischen Marokko und der Frente Popular para la Liberación de Saguía el-Hamra y del Río de Oro[1], kurz Frente POLISARIO, stellen einen der letzten Dekolonialisie­rungs­konflikte der Welt dar. Seit 1988 sind auch die Vereinten Nationen in die Suche nach einer Lösung involviert. Im Verlaufe der Entwicklung eines Friedensplanes und sei­ner Umsetzung sind seither zahlreiche Hindernisse aufgetreten und die Positionen der beiden direkten Kon­fliktparteien wirken oft unversöhnlich. Eine Vielzahl von Aktionen und Ini­tiativen von mittlerweile vier UN-Generalsekretären, ihren Sonderbeauftragten und per­sönlichen Gesandten haben immer wieder Brücken geschlagen, um schnell mit neuen Widerständen konfrontiert zu werden. Im Kern dieser Auseinandersetzungen steht vor allem die Fest­stel­lung der Stimmberechtigten im angestrebten Referendum.

In dieser Arbeit wird zunächst kurz die Entwicklung des Konfliktes seit dem Rück­zug Spaniens aus seiner ehemaligen Kolonie skizziert. Im Anschluß daran werden überblicks­artig die Initiativen der UNO, im wesentlichen die Inhalte des Friedens­planes von 1990/91 und seine Fort- und Umschreibungen sowie die UN-Mission MINURSO, darge­stellt. Im Zentrum der Untersuchung steht das Herausarbeiten der Kritikpunkte seitens der Konflikt­parteien mit ihren Auswirkungen für den Prozeß. Dabei werden die Frente POLISARIO und Marokko parallel betrachtet, da ihre Aktionen so direkt aufeinander be­zogen sind, daß eine Trennung in zwei Kapitel nicht sinnvoll erschien. Im Anschluß daran werden noch die Standpunkte Frankreichs, Spaniens und der USA, die immer wie­der Einfluß auf die Entwicklung hatten, in ihren wichtigsten Aspekten ebenfalls kurz ge­schildert. Insgesamt wird daraus im Fazit eine Bewertung der kurzfristigen Perspektiven für die Konfliktbeilegung gewonnen.

Auf Grund der geringen Beachtung, die die Westsahara in Deutschland genießt, umfaßt die gedruckte Literatur zu diesem Konflikt im wesentlichen Aufsätze aus fremdsprach­lichen Zeitschriften. Außerdem steht natürlich das Material der Vereinten Nationen (hier sind v. a. die Berichte des Generalsekretärs an den Sicherheitsrat zu nennen) zur Verfü­gung, das ebenfalls herangezogen wurde.

2 Die Entwicklung des Konfliktes

Bei der Westsahara handelt es sich um ein etwa 266.000 km² großes Gebiet an der Nord­westküste Afrikas zwischen Marokko im Norden und Mauretanien im Süden und Osten, unterbrochen von ca. 45 km Grenze zu Algerien.[2] Es besteht aus zwei Regionen: das nörd­liche Drittel umfaßt Saguía el-Hamra mit der westsaharischen Hauptstadt El-Aaiún (Laay­oune) sowie der drittgrößten Stadt Smara und Río de Oro im Süden mit dem Hauptort Dak­hla. Auf Grund des ausgeprägten Wüstenklimas ist kaum Landwirtschaft möglich. Aller­dings ent­deckte man 1963 große Phospatlagerstätten im sog. „nützlichen Dreieck“ zwi­schen Bu Craa, El-Aaiún und Smara. Mitte 2001 wurde die Bevölkerung mit etwa 250.000 Men­schen angegeben (vgl. CIA 2001), darunter zehntausende marokkanische Siedler.

Erst im 19. Jahrhundert erhoben Frankreich und Spanien Anspruch auf die politische Kon­trolle. 1884 gründete Spanien an der Küste ein Protektorat, das bis 1934 schrittweise er­weitert wurde. Bis zur Erhebung zur Provinz unter dem Namen Spanisch-Sahara 1958 unter­stand es einer eigenständigen Kolonial­behörde.

Bereits 1973 hatte sich die Frente POLISARIO, gegründet, um - mit Unterstützung Alge­riens und Libyens - die Unabhängigkeit von Spanien zu erkämpfen und gleichzeitig den seit Mitte der 1950er Jahre von Marokko und Mauretanien erhobenen Ansprüchen entgegenzu­tre­ten. Nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag vom 16. Ok­tober 1975, mit der die Forderungen dieser beiden Länder zurückgewiesen wurden, rief Marokkos König Hassan II. zum sog. „grünen Marsch“ vom 6. November 1975 auf, der zahlreiche Marok­kaner in das Land führte, um die marokkanischen Ansprüche zu unter­mauern (vgl. Durch 1993, 155). Am 14. November unterzeichneten Spanien, Marokko und Mauretanien das „Abkommen von Madrid“, mit dem Spanien Marokko die Admini­stration der nördlichen zwei Drittel und Mauretanien diejenige des verblei­benden Drittels übertrug. Am 26. Februar 1976 zogen die Spanier ab und Westsahara wurde gemäß des Abkommens von seinen Nachbarn annektiert. Am folgenden Tag rief ein provi­sorischer sahraouischer Nationalrat die „Demokratische Arabische Republik Sahara“ (DARS, engl. SADR) aus, die Algerien schon im März anerkannte (vgl. Zou­bir 1990, 226).

In den folgenden Jahren führte die Frente POLISARIO einen Guerillakrieg gegen die Streitkräfte Marokkos und Mauretaniens im besetzten Landstrich. Dabei konzen­trierte sie sich zunächst auf Mauretanien, das am 5. August 1979 einen Friedensvertrag mit der Be­freiungsbewegung schloß und auf alle Ansprüche verzichtete. Daraufhin an­nek­tierte Ma­rokko auch das letzte Drittel der Westsahara. Die kriegerischen Auseinander­setzungen der Jahre veranlaßten viele Sahraouis nach Algerien in die Nähe von Tindouf nahe der west­saharischen Grenze zu flüchten. 1996 sollen in den Lagern ca. 170.000 Sahraouis gele­bt haben (vgl. Zunes 1996, 228).

Anfang der 1980er Jahre drängte die Frente POLISARIO die marokkanischen Truppen auf weniger als ein Viertel des Gebietes zurück. Daraufhin baute Marokko zwischen 1980 und 1987 in sechs Abschnitten Verteidigungswälle („berm“), beginnend mit dem Ein­schluß des „nützlichen Dreiecks“ und der Bevölkerungszentren, bei den Erweite­run­gen nach Süd und Ost ausgreifend. Diese Wälle sind heute ca. 3300 km lang, umfassen etwa 80 Prozent des Landes und sind mit Radar, Minen und an­deren Anlagen gesi­chert (vgl. Durch 1993, 156). In dieser Zeit profitierte Marokko maß­geblich von der (mili­täri­schen) Unter­stützung Frank­reichs, der USA und Spaniens, die an guten bilatera­len Beziehungen interes­siert waren. 1982 nahm die Organization of African Unity (OAU) die inzwi­schen von über 70 Ländern anerkannte DARS auf. Als diese im Novem­ber 1984 erstmals ihr Stimm­recht wahrnahm, ver­ließ Marokko aus Protest die OAU kurz darauf (vgl. Zoubir/Pazzanita 1995, 615).

Im August 1988 gab es den ersten Waffenstillstand zwischen Marokko und der Frente POLISARIO, parallel zu einer Entspannung des marokkanisch-algerischen Verhältnisses. Nach 14 Monaten nahm die Frente POLISARIO die Kämpfe wieder auf, die durch den Waffenstillstand vom 6. September 1991 beendet wurden. Diesem lag die erste Formulie­rung eines Friedensplans durch die Vereinten Nationen zugrunde, dessen Kern ein Refe­ren­dum über Unabhängigkeit bzw. dauerhaften Anschluß der Westsahara an Ma­rokko dar­stellte. Zur Überwachung des Waffenstillstandes und für die Orga­nisation der Ab­stimmung wurde die „Misión de las Naciones Unidas para el Referendum en el Sáhara Occidental“ (MINURSO) entsandt. Das Referendum war ursprünglich für 1992 geplant, wurde aber immer wieder verschoben, weil Marokko und Frente POLISARIO keine Einigung über die Wählerlisten erzielen konnten. Unter der Vermitt­lung des früheren amerikanischen Außen­ministers James Baker wurden 1997 im sog. Houston-Abkom­men die Rahmenbe­dingungen der Abstimmung gemeinsam festgelegt. Trotz aller Bemühungen hat diese bis heute nicht stattgefunden, da beide Seiten, wenn auch in unter­schiedlichem Maße, die erfor­derlichen Vorbereitungen behindern. Die im letzten Jahr vorgeschlagene Autonomielösung ist aus Prestigegründen weder für die Frente POLISARIO noch für Ma­rokko annehmbar.

3 Akteure und Grundprobleme im Friedensprozeß

3.1 Die Initiativen der United Nations

Bereits am 11. August 1988 präsentierten die Vereinten Nationen und die OAU den bei­den Konfliktparteien einen Schlichtungsvorschlag (vgl. UN 1990, Abs. 4 ff.)[3], den diese am 30. August auch im Prinzip akzeptierten. Dieser sah vor, einem Sonderbeauftrag­ten, der in Abstimmung mit der OAU und den Konfliktparteien ernannt werden sollte, sämt­liche erforderlichen Vollmachten in der Westsahara zur Vorbereitung und Durchfüh­rung des Referendums zu übertragen. Außer­dem enthielt der Plan detaillierte Regelun­gen zur Inkraftsetzung eines Waffenstillstan­des, der ebenso wie der Kriegsgefangenenaustausch von einer Beobachtergruppe der UN überwacht werden sollte. Weiterhin sollte eine Iden­tifi­zierungs­kommission, ausgehend vom 1974 durch Spanien erhobenen Zensus der saha­ri­schen Be­völkerung, die Stimmbe­rech­tigten für das Referendum ermitteln. Die Ab­stim­mung selbst sollte die freie Wahl zwi­schen Unabhän­gigkeit oder An­schluß an Marokko erlauben, auch für politisch Ver­folgte und Flüchtlinge. Beide Parteien sollten auf Akzep­tanz des Ergeb­nisses verpflichtet und die Nachbarländer Algerien und Maure­tanien um Unterstützung des Prozesses gebe­ten werden.

Der Umsetzungsplan (vgl. UN 1990, Abs. 47 ff., UN 1991a)[4] definierte schließ­lich eine Übergangs­phase, in der im wesentlichen folgende Punkte geregelt werden soll­ten: Waf­fenstillstand, Kriegsgefangenenaustausch unter Aufsicht des Internationalen Roten Kreu­zes, deut­liche Truppenreduzierung auf marokkanischer Seite von etwa 120.000 auf 65.000 Mann, Rückzug der Verbände beider Seiten in spezifizierte Gebiete, Orga­nisation des Referendums, Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung durch die UN, Freilassung politischer Gefangener, Rückkehr der sahraouischen Flüchtlinge, Organisa­tion des Refe­rendums 20 bis 24 Wochen nach Inkrafttreten des Waffen­stillstandes und Bekannt­gabe des Ergebnisses spätestens nach 72 Stunden. Breiten Raum nahm schon hier die Frage nach Feststellung der Stimm­berechtigten im Referendum ein. Für das Zusam­menstellen der Listen durch die Identifi­zierungskommission wurden erste Regelungen getroffen (Ermittlung der Verstorbenen aus dem 1974er Zensus, Ergänzung von Perso­nen, die ihre Wahlberechtigung glaubhaft machen können), die Mitarbeit der Stammes­führer bereits eingeplant. Dem gesamten Umsetzungsplan lag ein Zeitplan zugrunde, der eine Vorbe­reitungsphase von mindestens 16 Wochen vor dem Inkrafttreten des Waffen­stillstandes sowie die Durchführungsphase von mindestens 24 Wochen danach umfaßte.

[...]


[1] Zwar heißt es im Spanischen „el frente“, aber in dieser Arbeit wird die Artikelsetzung gemäß der deutschen Bezeichnung „die Befreiungsfront“ gehandhabt.

[2] Die allgemeinen Informationen zur Westsahara stammen im wesentlichen aus: Clausen 1994. Außerdem wurden die einleitenden Bemerkungen zu Region und Konfliktgeschichte in den einzelnen Aufsätzen benutzt. Einzelnachweise bezeichnen Informationen, die nur in dem jeweiligen Artikel enthalten waren.

[3] Das Dokument S/21360 vom 18. Juni 1990 enthält neben dem Umsetzungsplan auch den Wortlaut der Schlichtungsvorschläge von 1988.

[4] Die grundlegenden Aufgaben und Vorgehensweisen enthält bereits der 1990er Bericht. Nach Entsendung einer technischen Mission im August 1990, die vor Ort mit allen beteiligten Parteien die konkreten Gegeben­heiten und Einschränkungen diskutiert und untersucht hatte, wurden im Bericht vom April 1991 weitere Einzelheiten spezifiziert.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Frieden für die Westsahara?
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
sehr gut (minus)
Autor
Jahr
2002
Seiten
22
Katalognummer
V29889
ISBN (eBook)
9783638312929
Dateigröße
643 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Karte im Anhang kam schon von der UN-Website als PDF, eine Einbindung ins Dokument, die Einbindung ins Dokument hatte ich deshalb nur "von Hand" (zweimal durch den Drucker) vorgenommen.
Schlagworte
Frieden, Westsahara
Arbeit zitieren
Susanne Menzel (Autor:in), 2002, Frieden für die Westsahara?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29889

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