Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitug
B. Hauptteil
I. Was ist Rechtspopulismus?
1. Hintergrund und zentrale Aspekte des Rechtspopulismus
2. Ideologische Merkmale rechtspopulistischer Parteien
3. Auftritt und Struktur der Partei
4. Zusammenfassung des ersten Teils
II. Ist die AfD eine rechtspopulistische Partei?
1. Ideologische Kriterien
a. Anti-Immigrationspartei
b. Antiglobalisierungspartei
c. Law-and-order Partei
d. Partei des „kleinen Mannes“
2. Kriterien in Struktur und Auftritt der Partei
a. Bewegungscharakter
b. Führerfigur
c. Feindbilder und Anti-elitäres Denken
C. Zusammenfassung
Bibliographie:
A. Einleitung
Nur etwa 9 Monate nach ihrer Gründung verpasste die AfD mit 4,7% nur knapp den Einzug in den Bundestag, und übersprang im Jahr 2014 sowohl bei den Europa-, als auch den Landtagswahlen deutlich die 5%-Hürde. Seit Gründung der AfD im Februar 2013 war die Partei Gegenstand intensiver Diskussionen in Politik, Medien, aber auch in der Forschung. Die noch junge Partei hat sich auf dem Image der Anti-Euro Partei zu einer Partei weiterentwickelt, die auch ohne das Euro-Thema in Landtags- und Kommunalwahlen erfolgreich sein kann.
Von anderen Parteien werden der AfD oft rechtspopulistische Tendenzen vorgeworfen. Allerdings existieren im politischen Alltag kaum genaue Vorstellungen darüber was unter dem Begriff Rechtspopulismus zu verstehen ist. In der politikwissenschaftlichen Forschung bezeichnet der Begriff einen neuen Typ Partei, der infolge der Umwälzungen bei der Transformation zu einer postindustriellen Gesellschaft in den meisten westlichen Ländern in Erscheinung getreten ist. Deutschland bildete hier bisher eine Ausnahme. Noch ist unklar in welche Richtung sich die AfD letztendlich entwickeln wird, aber sicher lehrreich zu erfahren, ob mit der AfD nun tatsächlich die lange fehlende rechtspopulistische Partei die deutsche politische Bühne betreten hat.
B. Hauptteil
I. Was ist Rechtspopulismus?
Bevor wir uns der Frage zuwenden können, ob es sich bei der AfD um eine rechtspopulistische Partei handelt, müssen wir zuerst den Begriff des Rechtspopulismus definieren. Es sollen im folgenden ein Katalog an Kriterien erstellt werden, anhand derer eine Partei als rechtspopulistisch erkannt werden kann. Hierzu möchte ich auf das Buch „Rechts-, und Linkspopulismus“ von Florian Hartleb zurückgreifen, in dem der Autor bereits eine sehr detaillierte Darstellung des Rechtspopulismus geliefert hat.
1. Hintergrund und zentrale Aspekte des Rechtspopulismus
Rechtspopulistische Parteien sind in erster Linie „ein Produkt gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse“ (Decker 2004: S. 25). Der Rechtspopulismus entsteht in den auf diese Modernisierungsprozesse folgenden gesellschaftlichen Verwerfungen, indem er „gegen die Konsequenzen von Modernisierungsprozessen zu Felde zieht“ (Decker 2004: S. 26).
Die prägenden Elemente des Rechtspopulismus werden manchmal in sog. Vertikale und horizontale Elemente aufgeteilt. (vgl. Hartleb 2004, S. 142) . Unter dem vertikalen Element versteht sich ein gewisser antielitärer Charakter des Rechtspopulismus, der in einem „Unwillen gegen das System […] oder die darin herrschenden Eliten“ (Decker 2004: S. 26) Ausdruck findet. Der Rechtspopulismus richtet sich „'gegen die da oben', gegen die herrschende Klasse (Institutionen, Altparteien)“ (Hartleb 2004, S. 142). Als horizontaler Charakter gilt eine Ausrichtung der Partei „gegen 'die-da-draußen', gegen Immigranten, Fremde, Kriminelle“(Hartleb 2004, S. 142). Aus diesen zwei zentralen Elementen rechtspopulistischer Ideologie leiten sich dann die Politikinhalte rechtspopulistischer Parteien ab, anhand derer solche Parteien identifiziert werden können.
2. Ideologische Merkmale rechtspopulistischer Parteien
Aus den oben erwähnten zentralen Aspekten des Rechtspopulismus lassen sich konkrete politische Ansichten ableiten, die allen Rechtspopulistischen Parteien in einem gewissen Ausmaß gemein sein sollten.
Als erstes Kriterium gilt, dass rechtspopulistische Parteien in der Regel als Anti-Immigrationspartei auftreten. Diese ablehnende Haltung gegenüber Immigration beruht zum einen auf wirtschaftlichen Argumenten, Einwanderung wird stets im Zusammenhang mit „vermehrter Arbeitslosigkeit und Kriminalität sowie zusätzlichen Sozialkosten“(Hartleb 2004, S. 119) betrachtet. Es wird suggeriert, dass im Zuge oben erwähnter Modernisierungsprozesse eingetretene Verluste zu größeren Teilen auf eine unkontrollierte und überhöhte Zuwanderung zurückzuführen sind, und dass es nun gelte den Sozialstaat „vor illegalen Aufenthalten und Beschäftigungen [zu] schützen“(Hartleb 2004, S. 118). Gerne wird in diesem Zusammenhang auch auf eine angeblich „ausufernde[..] Ausländerkriminalität“ (Hartleb 2004, S. 118) verwiesen. Zusätzlich gilt den Rechtspopulisten die Zuwanderung auch als Gefahr für ihre Idee von einer „' reinen' Nation'“ (Decker 2004: S. 32). Als Feindbild fungiert für rechtspopulistische Parteien die multikulturelle Gesellschaft, die als „grausam und wertearm und wenig solidarisch“ (Hartleb 2004, S. 119) gilt. Es wird angenommen, dass in multikulturellen Gesellschaften ein „gefährliches Auseinanderdriften der Gesellschaft bevorstehe, an dessen Ende Ghettoisierung und bürgerkriegsähnliche Zustände stünden.“(Hartleb 2004, S. 120).
Als zweites Kriterium gilt das Bild der Anti-Globalisierungspartei. Den wirtschaftlichen Aspekten der Globalisierung steht der Rechtspopulismus nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. (vgl. Hartleb 2004, S. 123). Gravierender ist die Angst vor den politischen und kulturellen Komponenten der Globalisierung, die „als Produkt politischer Rhetorik verstanden“ (Hartleb 2004, S. 124) werden. Die durch Migration und Kommunikation stattfindende kulturelle Globalisierung fällt zusammen mit dem als Feindbild betrachteten Multikulturalismus, und ist daher unbedingt zu vermeiden. Als Folge der politischen Globalisierung wird ein „Souveränitätsverlust des Nationalstaates“ (Hartleb 2004, S. 124) beklagt.
Aus dieser ablehnenden Haltung gegenüber vieler Aspekte der Globalisierung erwächst im europäischen Rechtspopulismus natürlich auch eine äußerst ablehnende Haltung gegenüber der Europäischen Union. Diese ablehnende Haltung gilt nicht unbedingt der EU an sich, sondern einem „Europa, welches auf Kosten der eigenen nationalen Identität von EU bzw. EG regiert [wird]“ (Hartleb 2004, S. 127). Gerade hier zeigt sich das rechtspopulistische Verlangen nach dem eigenen starken Staat. Die Globalisierung in Gestalt der EU bedrohe die eigene Kultur und den eigenen Wohlstand. Den Institutionen der EU fehle es außerdem an „Bürgernähe und demokratischer Legitimation“ (Hartleb 2004, S. 127). Exemplarisch für diese Fehler der EU steht oft der Euro. Neben der Kritik, dass „das 'Volk' nicht in freier Abstimmung für die neue Währung entschieden habe“(Hartleb 2004, S. 129) wird beklagt, dass mit den nationalen Währungen ein „wichtiges nationales Symbol und ein wesentlicher Bestandteil der Souveränität und Identität verloren [gegangen sei]“ (Hartleb 2004, S. 129).
Ein drittes Kriterium ist die Charakterisierung rechtspopulistischer Parteien als sog. Law-and-Order Parteien. Unter Law-and-Order versteht sich generell die Forderung nach „Bekämpfung von Kriminalität, Rauschgiftsucht, Gewalt u. Ä. durch drastische Gesetze und harte polizeiliche Maßnahmen“ (Duden 2015). Es wird suggeriert, dass Kriminalität nur durch Abschreckung Einhalt geboten werden könne. Als Ziel gilt ein „autoritärer Staat [...], der symbolhaft für Recht und Ordnung sorgen soll“(Hartleb 2004, S. 143). Zentrale Forderungen sind eine „Verschärfung der Kontrolldichte beispielsweise bei Sozialhilfeempfängern“(Hartleb 2004, S. 126), sowie eine „verstärkte Präsenz der Polizei in der Öffentlichkeit“ (Hartleb 2004, S. 127).
Ein viertes und letztes Kriterium zur Identifikation einer rechtspopulistischen Partei ist die Selbstdarstellung als Partei des kleinen Mannes. Dies geschieht durch eine Politik, die neben neoliberalen Wirtschaftsideen eine Absicherung des Mittelstands zum Ziel hat. „An sich unvereinbare Forderungen wie die Stärkung der sozialen Sicherheit vor allem der 'kleinen Leute', die Erhöhung der Ausgaben für Familien oder Polizei und zugleich eine Reduktion der Staatsaufgaben oder die Privatisierung öffentlicher Betriebe werden unter einen Nenner gebracht.“ (Hartleb 2004, S. 138). Zwei wesentliche Elemente prägen diese auf den ersten Blick widersprüchliche Haltung. Das erste ist der sog. Wohlstandschauvinismus, „eine Haltung, die darauf zielt, den eigenen Wohlstand zu bewahren und ihn vor der ungerechtfertigten Inanspruchnahme durch Dritte zu schützen“ (Hartleb 2004, S. 138). Hier verbindet sich der wirtschaftsliberale Neoliberalismus mit seinen Forderungen nach freien Märkten und Deregulierung mit der Idee der starken Nation, die ihren Wohlstand notfalls auch durch protektionistische Maßnahmen verteidigen muss. Auf der anderen Seite steht der starke Fokus des Rechtspopulismus auf die individuelle Verantwortung des Einzelnen. Er richtet sich „ gegen den bürokratisierten Wohlfahrtsstaat, der den Bürger seiner individuellen Verantwortlichkeit beraube, ihn als soziales Wesen bis zur Unmündigkeit degradiere“ (Decker 2004, S. 30). Der Protest richtet sich gegen „gegen die Privilegien derer ,da oben', […] soziale Trittbrettfahrer, [...] ,angebliche Sozialschmarotzer' wie ,arbeitsscheue' Bezieher von Arbeitslosenunterstützung,, (Plasser/Ulram 1989, S. 154).
3. Auftritt und Struktur der Partei
Auch über ihre Struktur, und ihr Auftreten lässt sich eine rechtspopulistische Partei gegenüber anderen Parteien abgrenzen. Die wesentlichen Merkmale rechtspopulistischer Parteien sind „ ihr Bewegungscharakter und die herausgehobene Position eines Führers“ (Decker 2004, S. 33). Unter Bewegungscharakter versteht sich die Idee der Partei, dass man sich von den anderen Parteien unterscheide, und keine durch Eliten gelenkte Partei im klassischen Sinne, sondern eine Bewegung von unten darstelle. Dies äußert sich in einer Wendung „gegen Institutionalisierung und Bürokratie […] in der eigenen Organisation. An die Stelle gewählter Gremien treten autoritäre Strukturen“ (Decker 2004, S. 34). Der Bewegungscharakter wird auch stets nach außen hin betont, oft vermeiden rechtspopulistische Parteien den Begriff Partei und bezeichnen sich selbst als Bewegung, Bund, Liga oder ähnliches. An der Spitze der autoritären Parteistruktur steht eine Führungspersönlichkeit, die „die Bewegung zusammenhält und ihre ideologischen Widersprüche überbrückt[...], und […] ihre Anhängerschaft auf Dauer mobilisier[t]“ (Decker 2004, S. 35). Der Führer versteht sich als Vertreter eines „einheitlichen Volkswillens“ (Decker 2004, S. 35).
Ein weiteres wichtiges Merkmal rechtspopulistischen Auftretens ist die Gegenüberstellung von Volk und Eliten, und das Denken in Feindbildern. Man „identifiziert sich mit den kleinen Leuten, […] [deren] Interessen und Wertvorstellungen durch eine selbstsüchtige Elite betrogen werden“ (Decker 2004, S. 35). Das Denken in Feindbildern drückt sich in einer Redeweise aus, die die Gesellschaft in eine angenommen Feindschaft mit inneren und äußeren Feinden bringt. „Als äußerer und unmittelbar wahrgenommener Feind erscheint in der Regel Fremde, als innerer Feind derjenige, der das Eindringen des fremden betreibt oder zulässt“ (Decker 2004, S. 36). Oft wird auch das eigene Volk, und vor allem die eigene Bewegung als Opfer einer Verschwörung äußerer und innerer Feinde hingestellt, die den Zerfall der Bewegung und des Volkes betreiben würden. (vgl. Decker 2004, S. 36).
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