RNA Interferenz durch T-MIDGE® Vektoren

RNAi mit dualen MIDGE Vektoren der Firma MOLOGEN, Immuntherapeutische Onkologie


Bachelorarbeit, 2010

50 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

1 Einleitung
1.1 RNA Welt und die RNA Interferenz
1.2 Strategien zur Nutzung der RNA Interferenz im therapeutischen Ansatz
1.3 Promotoren zur in vivo Transkription von shRNA
1.4 MIDGE® Vektoren und ihr Einsatz als shRNA Matrize
1.5 Reportergene und Biolumineszens
1.6 Zielsetzung dieser Arbeit

2 Material und Methoden
2.1 Material
2.1.1 Geräte
2.1.2 Verbrauchsmaterial
2.1.3 Chemikalien
2.1.4 Enzyme und Reaktionspuffer
2.1.5 Plasmide
2.1.6 Oligodesoxynukleotide (ODN)
2.1.7 MIDGE®
2.1.8 Zusammensetzungen von Lösungen
2.1.9 Säugerzellen CHO-K1
2.1.10 Zellkultur
2.2 Methoden
2.2.1 Molekularbiologie
2.2.1.1 DNA Konzentrationsbestimmung
2.2.1.2 DNA Restriktionsverdau
2.2.1.3 DNA Ligation der einzelnen ODN mit dem Promotor in einem Ansatz
2.2.1.4 Produktgewinnung und -reinigung mit Hilfe der 3‘-5‘ Exonukleaseaktivität der T7 DNA Polymerase
2.2.1.5 DNA Gelextraktion
2.2.2 Zellkultur
2.2.3 Zellzählung und Vitalfärbung mit Trypanblau
2.2.4 Transfektion
2.2.4.1 Lipofektion
2.2.4.2 Elektroporation
2.2.5 Biolumineszenzassay

3 Ergebnisse und Diskussion
3.1 Hybridisierung und Ligation
3.2 T7 Verdau
3.3 Lipofektion
3.4 Elektroporation
3.5 Erklärungsansätze

4 Fazit

5 Abkürzungsverzeichnis

6 Abbildungsverzeichnis

7 Quellen

Zusammenfassung:

Die RNA Interferenz durch kurze nicht-kodierende RNA Sequenzen (siRNA) erlaubt es der Forschung, neue Therapiemöglichkeiten für die Behandlung von Krankheiten, die ihre Ursache in fehlerhaften Regulationsmechanismen der Genexpression haben, zu entwickeln.

Das patentierte minimalistische Design der MIDGE® Vektoren ermöglicht eine siRNA Expression mit Hilfe von kleinen Expressionskassetten, die innerhalb der Zelle transient und ohne großen Einfluss auf weitere Signalwege eine gezielte Inhibierung der Genexpression bewirken können. Um bestehende Patentansprüche zu umgehen und einfachere, effizientere RNAi Vektoren zur Verfügung stellen zu können, werden modifizierte T-MIDGE® hergestellt und getestet.

Hierfür wurde mit synthetischen Methoden ein nicht-linearer DNA Vektor hergestellt, welcher durch Transfektion in Säugerzellen eingebracht wurde. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Herstellung der Vektoren und Prozessierung innerhalb der Zelle stellt hohe Ansprüche an die Reinheit der genutzten Oligodesoxynukleotide, welche zuerst erfolgreich optimiert und validiert wurden.

Die Untersuchung der Gen-Knockdown-Eigenschaften erfolgte in CHO-K1 Säugerzellen aus Hamsterovarien mit einem dualen Luciferase-Reportergen Assay in Hinsicht auf den maximalen Gen-Knockdown sowie die Effizienz der neu entwickelten T-MIDGE® Vektoren.

Hierbei zeigte sich ein deutlich verminderter Knockdown-Effekt im Vergleich zu linearen MIDGE® Vektoren oder weit verbreiteten Plasmid-basierten Vektoren. Dies führte zur weiteren Entwicklung neuartiger Einzelstrangvektoren, die nach erfolgreicher Synthese ebenfalls im Zellversuch getestet wurden. Der Gen-Knockdown blieb hierbei ebenfalls hinter linearen MIDGE® Vektoren zurück. Die Ursachen für den stark verminderten Knockdown-Effekt konnten in weiteren Versuchen nicht eindeutig auf molekulare Prinzipien zurückgeführt werden.

Um detaillierte Aussagen treffen zu können, müssen die Teilschritte der Versuchsdurchführung besonders in Hinblick auf die Effizienz der Transfektion und im Folgenden auf die Effizienz der Transkription untersucht werden. Dazu wurden erste Ansätze zur quantitativen PCR Analyse, sowie ein in vitro Transkriptionsassay entwickelt, die jedoch nicht mehr durchgeführt werden konnten.

Die Ergebnisse zeigen erfolgreich die Herstellung und Funktionalität eines Einzelstrang-basierten DNA Vektors zur siRNA Expression in Säugerzellen.

1 Einleitung

1.1 RNA Welt und die RNA Interferenz

Die Entdeckung der RNA Interferenz (RNAi) Ende der 90er Jahre führte zu einer Explosion bei der Forschung auf dem Gebiet der Einflüsse von nicht kodierender RNA auf die Genregulation.

Die steigende Komplexität von mehrzelligen Organismen beruht nicht allein auf der Anzahl ihrer Gene oder DNA Menge, sondern vielmehr auf den komplexen Regulationsmöglichkeiten auf Ebene der Transkription, Translation sowie posttranslationaler (z.B. Glykosylierung) als auch posttranskriptionaler (z.B. RNA Editierung) Modifizierungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Entwicklung der Komplexität von einzelligen zu vielzelligen Organismen durch die Evolution regulatorischer RNA Netzwerke, also jenem Einfluss von nicht kodierenden RNA Sequenzen auf die Regulation und Steuerung der Zellprozesse. Gut erkennbar ist der Entwicklungssprung vor ca. 500 Millionen Jahren der, so die Vermutungen, auf Grund regulatorischer RNA eine enorme Steigerung der Komplexität mehrzelliger Organismen bewirkte. Modifiziert nach Mattick (2004) 1.

Der Mechanismus der RNA Interferenz involviert stark konservierte kleine nicht-kodierende RNAs (~18-21 nt), welche im Verbund mit Nuklease-haltigen Regulationskomplexen an komplementäre mRNA binden und diese degradieren können. Folglich findet keine Translation der mRNA mehr statt.

Unterschiedliche Prozessierungen im RNAi Weg und die Induktion eines Gen-Knockdown bestehen zwischen Pflanzen und anderen Eukaryonten, auf die in der weiteren Arbeit nicht weiter eingegangen wird, da sich die RNA Interferenz durch (T-)MIDGE® Vektoren in der vorliegenden Arbeit auf den Einsatz in Säugerzellen beschränkt.

Die natürlich vorkommenden genomisch kodierten micro RNA (miRNA) werden hauptsächlich mit Hilfe von DNA-abhängiger RNA Polymerase II (Pol II) zunächst als teils polycistronische primary-miRNA (pri-miRNA) als mehrere 100 Nukleotide lange dsRNA im Genom transkribiert. Nur ein kleiner Teil wird mit Hilfe der RNA Polymerase III (Pol III) transkribiert [ 2 ].

Nach weiterer Prozessierung durch den Pasha/Drosha Proteinkomplex im Nukleus wird das primäre RNA Transkript zu pre-miRNA geschnitten, die aus einem doppelsträngigen 30-35bp langen Stamm bestehen und eine 7-9nt lange Haarnadelstruktur (hairpin), sowie einen 2nt Überhang am 3‘ Ende besitzen, der für die spätere Erkennung durch den Proteinkomplex Dicer im Zytoplasma wichtig ist.

Exportin-5 sorgt für den Transport durch die Zellkernmembran ins Zytoplasma, wo die weitere Prozessierung durch das RNase Enzym Dicer übernommen wird. Die PAZ Domäne, ein 110 Aminosäuren langer Abschnitt des Enzymkomplexes Dicer, ist für die Fähigkeit verantwortlich, selektiv einen 2nt Überhang am 3‘ Ende der pre-miRNA zu erkennen und mit seiner RNase III Aktivität die Haarnadelstruktur abzuschneiden [ 3 ]. Es bleibt ein miRNA Duplex aus 21nt langer dsRNA übrig. Der Argonaut Proteinkomplex entwindet den Doppelstrang, bindet am 5‘ Ende den Führungs-Strang der miRNA/siRNA und forciert damit den Einbau der einzelsträngigen Führungs-RNA in den RNA-induced silencing complex (RISC) [ 4 ].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : 5‘ Seed-Region (rot) der miRNA. In der 5‘ Seed-Region entscheidet sich die Spezifität der miRNA zur komplementären mRNA. Fehlpaarungen in diesem Bereich bewirken eine stark verminderte mRNA Degradation. In der 3‘ miRNA Region (hellblau) werden Fehlpaarungen toleriert und sind bei endogener miRNA die Regel.

Der Strang, an dem das 5‘ Ende leichter aufzuschmelzen ist, gelangt fast immer als Führungs-Strang in den RIS-Komplex. Der nun aktivierte RISC findet mit Hilfe der Komplementarität der eingebauten miRNA seine Ziel-mRNA. In einer ca. 2-8nt langen seed-Region zwischen miRNA und mRNA entscheidet sich die Spezifität der sich bildenden Duplexstruktur. In dieser Region werden, anders als bei weiteren Basen im 3‘ Bereich der miRNA, keine Diskrepanzen toleriert und führen zu einem drastischen Verlust der so genannten „Silencing-Kapazität“ [4].

Die Hybridisierung der mRNA mit der miRNA im RISC findet meist in konservierten 3‘ UTR Regionen der mRNA statt, die keine Sekundärstrukturen ausbilden und daher sterisch für den RISC gut zugänglich sind. Es hat sich gezeigt, dass trotz der hohen Spezifität der Seed-Region eine miRNA zahlreiche mRNAs regulieren kann. Andersherum können unterschiedliche miRNAs ein und dieselbe mRNA als Target haben. Nach der Bindung des RISC an die mRNA kann mit Hilfe von bislang wenig verstandenen Mechanismen die Repression der Translation oder die Degradation der mRNA effektiv erreicht werden. Das Schlüsselprotein im RISC ist hierbei das Argonaute Protein, welches die Endonukleaseaktivität beherbergt. Im wurde daher der Trivialname „Slicer“ zuteil [ 5 ].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Modell der (si)miRNA unterstützten Spaltung der mRNA (hellblau) im Argonaute Protein (grau). Das 3‘ Ende der siRNA (lila) sitzt in der Bindungsfurche (PAZ Domäne). Die Phophodiesterbindung zwischen dem 11. und 12. Nukleotide der mRNA (bezogen auf die Position der siRNA) wird in räumliche Nähe zum aktiven Zentrum (rot) gebracht. Hier erfolgt die Spaltung der Esterbindung. (modifiziert nach Song & Joshua, 2006)

Die stabile Bindung der miRNA/siRNA im RISC ermöglicht ein schnelles Recycling des gesamten Komplexes und eine fortlaufende Aktivität des Komplexes an mehreren mRNAs. Der Prozess der RNA Interferenz ist ein dynamischer regulatorischer Prozess, der jedoch strikten Kontrollen unterliegt und je nach Zustand, Entwicklungszeitpuntk oder äußeren Einflüssen vielfältig in die Genregulation eingreifen kann [6].

In der folgenden Abbildung 4 sind als grafische Zusammenfassung die unterschiedlichen Prozessierungswege der siRNA und der miRNA dargstellt, sowie die Möglichkeiten der Beeinflussung der Translation dargestellt. Im Wesentlichen gibt es 2 unterschiedliche Wege, welche auf die Basenpaarung der miRNA/siRNA mit der Ziel mRNA zurückzuführen sind:

1) perfekte Basenpaarung zwischen miRNA und mRNA bewirkt ein Zerschneiden der mRNA mit Hilfe der RNase Aktivität,

2) imperfekte Basenpaarung führt zur Translationshemmung an den Ribosomen, dem vermehrten mRNA Abbau durch externe Enzyme, die nicht im RISC integriert sind und der Akkumulation in sog. „P-bodies“ (Aggregate aus mRNA degradierenden Enzymen).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Endogener miRNA Weg und artifizieller siRNA Weg bei der RNA Interferenz. Die durch die RNA Polymerase II/III aus dem Genom transkribierte pri-miRNA wird durch die Enzymkomplexe PASHA/DROSHA zur shRNA geschnitten und mit Hilfe von Exportin-5 aus dem Kern ins Zytoplasma transportiert, dort erfolgt die Prozessierung durch DICER. Die lineare miRNA wird nun entwunden und der Führungsstrang im RISC eingebaut. Der Führungsstrang leitet den RISC zu komplementären mRNA wo es entweder zur Degradation der mRNA oder zur translationalen Repression führt.

Um in vitro die RNA Interferenz auszunutzen, wird artifizielle siRNA entweder direkt oder als Vorstufe in Form der shRNA in Zellen gebracht, wo der Einbau im RISC schließlich zum Zerschneiden der mRNA führt (modifiziert nach Collins 2005) [ 7 ].

Als zusätzliche Regulationsmöglichkeit durch miRNA ist noch der Eingriff in die epigenetische Machinerie und damit direkt in die Transkription zu nennen. Die Möglichkeiten der Regulation sind hierbei vielfach und unterstützen die Bedeutung und Einflussnahme der miRNA an komplexen zellulären Prozessen. Einen kurzen Überblick der möglichen Zusammenhänge ist in Abbildung 5 dargstellt.

Abbildung 5 : Einfluss der miRNA auf regulatorische Ebenen der epigenetischen Maschinerie, die eine veränderte Transkription zur Folge haben kann. Diese vielfachen Mechanismen zeigen die Bedeutung und die Einflussmöglichkeiten der micro RNA auf die Regulation der Zelle, wobei Chromatinmodifikationen sowie DNA Methylierungen die Genexpression maßgeblich beeinflussen.

1.2 Strategien zur Nutzung der RNA Interferenz im therapeutischen Ansatz

Die zahlreichen Regulationsmöglichkeiten durch miRNA in der Zelle liefern ein enormes Potential um Prozesse, die an der pathologischen Ausbildung von Krankheiten beteiligt sind zu modifizieren und therapeutische Ansätze zu entwickeln [ 8 ].

Künstlich in die Zelle eingebrachte RNA wird als small interfering RNA (siRNA) bezeichnet und synthetisch hergestellt. Sie ist meist perfekt komplementär zur Ziel-mRNA Sequenz und kann entweder direkt in die Zellen (z.B. durch Lipofektion) eingebracht werden oder unter Kontrolle von konstitutiv (oder induzierbaren) exprimierenden Promotoren auf Plasmiden (oder dem MIDGE® Vektor) als small hairpin RNA (shRNA) Vorstufe transkribiert werden.

Als weitere Möglichkeit bietet sich die Expression der komplementären siRNA Stränge an, die unabhängig voneinander transkribiert werden. Nach der Hybrisierung wird die siRNA direkt im RIS-Komplex aktiviert ohne eine Prozessierung vom Dicer durchlaufen zu haben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 : Ansätze zur Herstellung von siRNA in vivo:

(a) separate Expression der komplementären siRNA Stränge mit Hilfe der Pol III, (b) Transkription von smallhairpin RNA (shRNA), welche durch den Dicer-Komplex zur siRNA prozessiert wird. Als Ergebnis führt die prozessierte siRNA über den RNAi Weg zur Degradation einer Ziel mRNA. Es kann also gezielt die Proteinexpression gehemmt werden und zelluläre Prozesse bzw. krankhafte Veränderungen jener Prozesse beeinflusst werden.

Für die Expression auf MIDGE® Vektoren wird der Ansatz der shRNA Expression genutzt. Dabei entstehen wie in Abbildung 6 ersichtlich shRNA Strukturen, welche den natürlichen pre-miRNA entsprechen und damit vom Dicer erkannt und zu funktionsfähiger siRNA prozessiert werden.

Darauf folgt der Einbau des Führung-Stranges und die Aktivierung im RISC. Ist die siRNA Sequenz komplementär zu der mRNA eines nachzuweisenden Proteins, kann die Translation des Proteins äußerst effektiv gehemmt werden. Die Auswirkungen sind mit geeigneten Testsystemen (z.B. Reportergenkonstrukte) nachzuweisen und werden allgemein als „Gen-Knockdown“ bezeichnet.

Nachdem inzwischen zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten für die siRNA Synthese und die Sequenzoptimierung entwickelt wurden, liegt das Hauptaugenmerk auf der Konjugation mit anderen Träger- und Stabilisierungsmolekülen, die eine bessere systemische Wirkung der siRNA garantieren sollen oder sie zu speziellen Zielzellen dirigieren.

1.3 Promotoren zur in vivo Transkription von shRNA

Zur konstitutiven Expression der MIDGE® oder Plasmid-basierten shRNA Vektoren haben sich Promotoren der DNA-abhängigen RNA Polymerase III (Pol III) als effektiv erwiesen. Insbesondere der humane U6 Promotor ist ein gut beschriebener und vielfach genutzter Pol III Promotor der zur Expression von shRNA genutzt wird [ 9 ].

In der folgenden Arbeit wird die Variante der einzelsträngigen shRNA Expression sowohl unter der Kontrolle des hU6 Promotors als auch unter der Kontrolle des 7SK Promotors getestet.

1.4 MIDGE® Vektoren und ihr Einsatz als shRNA Matrize

Der MIDGE®-Vektor (Minimalistisch immunologisch definierte Genexpression) besteht im Gegensatz zu den meisten anderen DNA Vektoren nur aus einer linearen Expressionskassette, deren Enden kovalent unter Ausbildung von Haarnadelstrukturen geschlossen sind. Diese bestehen aus einem Promotor, der shRNA Expressionskassette und der Terminationssequenz. Ausschließlich dem Herstellungsprozess dienende Bereiche liegen auf diesem Vektor nicht vor.

MIDGE®-Vektoren sind damit deutlich kleiner als Plasmid-basierte RNAi Vektoren. Hierdurch wird das Risiko minimiert, dass Rekombinationsstellen auf dem MIDGE® Vektor liegen, wodurch die Gefahr von stabilen und irreversiblen Integrationen deutlich herabgesetzt wird. Die DNA aus dem Vektor wird also nicht in das Erbgut des Patienten bzw. der Zelllinie eingebaut. Damit eignen sich diese Vektoren hervorragend für eine therapeutische Genexpression.

Eine bessere Transfektion der Vektoren in Zielzellen auf Grund ihrer Größe bei z.B. der Anwendung in „ in vitro Assaysystemen“ stellen einen weiteren Vorteil dar. MJ Lehmann et al. [ 10 ] konnten außerdem zeigen, dass dsDNA Sequenzen mit einer Länge von einigen 100bp durch endozytotische Aufnahmemechanismen ohne weitere Hilfsmittel in Säugerzellen eingebracht werden. Die DNA bleibt dabei biologisch aktiv und ist der Zelle zur weiteren Prozessierung zugänglich.

Die Entwicklung einer einzelsträngigen sense-loop-antisense shRNA Matrize ermöglicht die Lizenz-freie Vermarktung eines RNAi Konstruktes und liefert gleichzeitig mechanistische Einblicke in die Spezifität und Funktion der RNA Polymerase III.

Die DNA abhängige RNA Polymerase III (Pol III) ist dafür bekannt, zahlreiche kleine Transkripte (z.B. rRNA, tRNA und auch einige miRNA) im Genom herzustellen. Der Anspruch an zusätzliche Transkriptionsfaktoren oder Regulationsproteine ist im Vergleich zur Pol II relativ gering [ 11 ]. Sie ist damit ein einfaches Modell zur Expression von determinierten kurzen DNA Sequenzen, wie der Expression einer shRNA von nur knapp 60-70 nt.

Da die Abfolge einer doppelsträngigen shRNA, welche auf einem dsDNA Strang in der Abfolge sense-loop-antisense kodiert ist, patentrechtlich von der Firma Benitec limited geschützt ist, wird die Eigenschaft der Polymerase ausgenutzt nur den 3‘-5‘ DNA Strang als Vorlage für die RNA Synthese zu nutzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 : Transkription der RNA Polymerase (blau) am 3‘-5‘ Strang der DNA [ [12] ].Der Code-, Sinn- oder sense-Strang (dunkelgrau) entspricht dem späteren mRNA oder miRNA Transkript (weiß). Die eigentliche Nukleaseaktivität erfolgt jedoch am Matrizen-, codogenen- oder antisense Strang (hellgrau), welcher komplementär zum sense-Strang ist. Für die Transkription einer RNA benötigt die RNA Polymerase also theoretisch nur den antisense-Strang. Anhand dieses Ansatzes wurden die T-MIDGE ® s postuliert und erfolgreich entwickelt.

Der prinzipielle Aufbau der MIDGE® Vektoren und der neu entwickelten T-MIDGE® Vektoren ist den folgenden Abbildungen zu entnehmen. Transkribiert wird eine 21nt lange sense – 9nt langer loop und wieder 21nt lange antisense Sequenz vom 3‘ – 5‘ Strang. Terminiert wird die Transkription durch 5-7 aufeinander folgende Adenine (Poly-A = Terminationssequenz der Pol III).

Im Verlauf der Anfertigung dieser Arbeit sind neue Ansätze zur shRNA Expression hinzugekommen, die sequentiell in der Herstellung getestet und nach erfolgreicher Synthese in Zellversuchen auf Funktionalität geprüft worden sind. Die Ansätze sind ebenfalls in den folgenden Abbildungen dargestellt und liefern einen Überblick über die fortschreitende Entwicklung der T-MIDGE® Varianten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 : Modell der RNA Polymerase III, gebunden an DNA Strang in hellblau/blau, RNA Transkript in rot. Die Darstellung zeigt die Geometrie der 9 zusammengesetzten Untereinheiten des Multiproteinkomplexes und zeigt außerdem, dass große Teile des DNA-RNA Hybrides für die Polymerisationsreaktion geschützt sind. (Einzelpartikel-elektronenmikroskopisches-Modell) [13]

Maßgeblich für die Entscheidung der Weiterentwicklung und Prüfung neuer T-MIDGE® Vektoren ist die Struktur und Größe der RNA Polymerase III. Mit Ihren 9 Untereinheiten nimmt sie eine räumliche Ausdehnung von ca. 17nm x 15 nm x 13nm ein. Damit maskiert sie zusammen mit mind. 8 weiteren Initiations-, Elongations- und Terminationsuntereinheiten zwischen 50 – 100bp der DNA Vorlage [ 14 ]. Was beim linearen MIDGE noch kaum zu Transkriptionseinbußen führt, zeichnet sich beim partiell einzelsträngigen T-MIDGE® in einem deutlichen Rückgang der RNA Interferenz aus. Ob jedoch ein Zusammenhang zwischen der Struktur und der Transkriptionseffizienz der Pol III besteht, muss durch in vitro Transkriptionsexperimente gezeigt werden, welche jedoch nicht Teil der vorliegenden Studienarbeit sind.

Die T-MIDGE® Vektoren wurden daher hypothesenbasiert weiter entwickelt, um eine funktionale Verbesserung des Gen-Knockdowns zu erreichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9 : MIDGE® und T-MIDGE® Vektoren. Die Vektoren sind durch 2 endständige Haarnadelstrukturen geschützt. Neben der shRNA (sense-loop-antisense) Expressionskassette, einem Promotor der Pol III sowie einer Terminationssequenz (Poly A) sind keine überflüssigen Sequenzen auf dem Vektor. Hierdurch wird das Risiko minimiert, dass Rekombinationsstellen auf dem MIDGE® Vektor liegen, wodurch die Gefahr von stabilen und irreversiblen Integrationen deutlich herabgesetzt wird. Zusätzlich wird weniger Ausgangsmaterial bei der Herstellung benötigt.

Die Annotation für MOLOGENs MIDGE® Vektoren lautet:

MCV-xxx-yyy-M mit

xxx= Promotor des Vektors

yyy= erkannte Zielsequenz der siRNA.

Beispiel: der Vektor MCV-hU6-HBV-M trägt die shRNA Matrize gegen eine Hepatitis B Virus Teilsequenz. Als Promotor dient der humane U6 Promotor.

Weitere Varianten des T-MIDGE® Vektors sind im Ergebnisteil im Kapitel 3.3 Lipofektion ausführlich dargestellt. Ihre Annotation ist auf Grund der gleichbleibenden shRNA Sequenz (gegen HBV) und der nur 2 unterschiedlichen Promotoren hU6 und 7SK meist auf T-MIDGE® hU6 oder T-MIDGE® 7SK beschränkt. Weiterhin wurden nach den jeweiligen Herstellungsprotokollen neue T-MIDGE®s als T0XX.X bezeichnet, wobei X die Versuchsnummer widerspiegelt.

1.5 Reportergene und Biolumineszens

Zum Nachweis der Funktionalität der (T-)MIDGE® Vektoren wird ein duales Luciferase System genutzt. Dazu wird bei der Transfektion der Säugerzellen ein Kontroll-Plasmid (psiCheck-2-2791, zur Verfügung gestellt von Nucleonics) mit 2 unterschiedlichen Luciferase-Genen in die Zelle gebracht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10 : psi-CHECK-2-2791 Plasmid mit zwei unabhängig exprimierten Luciferasen. Die Aktivität der beiden Luciferasen kann durch ihre Substratspezifität unabhängig gemessen werden. Durch die Expression beider Luciferasen auf einem Plasmid, kann die Firefly Luciferase als internen Standard genutzt werden und Schwankungen in der Zellzahl oder der transfizierten Plasmidmenge fallen nicht ins Gewicht, da der Quotient als Kennzahl für den Knockdown der Renilla Luciferase dient.

Die Luciferasen stammen aus dem Glühwürmchen (Photinus pyralis) und der Seequalle (Renilla reniformis).

Ihre unterschiedliche evolutive Entwicklung erlaubt es durch separate Substratkombinationen zuerst die Firefly Luciferase zu nutzen, im Anschluss durch einen Quencher auszuschalten und dann die Renilla Luciferase Aktivität nachzuweisen. Die transkribierte Renilla mRNA besitzt eine Hepatitis B Virus (HBV) Teilsequenz im Leserahmen, welche als Ziel von der siRNA erkannt wird, um die Renilla mRNA zu degradieren. Die Firefly Luciferase dient als interner Standard und wird von der siRNA nicht beeinflusst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11 : Nachweissystem des Gen-Kockdown: Cotransfektion der MIDGE ® shRNA Vektoren mit dem dualen Reporterplasmid psi-CHECK. Bei der Expression der beiden Luciferasen vom gleichen Plasmid wird nun spezifisch die Renilla mRNA Sequenz durch den RISC geschnitten und verhindert damit die Translation. Als internen Standard dient die Firefly Luciferase, welche von der siRNA nicht beeinflusst wird.

Die Messung der enzymatisch katalysierten Substratumsetzung erfolgt mit einem Luminometer. Eine Photoelektrode registriert hierbei das entstandene Licht aus der Substratumsetzung. Die Messung erfolgt nach Injektion des Substrates für die Firefly Luciferase für 10 Sekunden. Im Anschluss wird das Substrat für die Renilla Luciferase injiziert, welches gleichzeitig die Aktivität der Firefly Luciferase effektiv unterdrückt (ein sog. Quencher). Auch hier wird wieder 10 Sekunden gemessen.

Der gebildete Quotient entspricht der jeweiligen Enzymmenge. Aus dieser Information kann der Gen-Knockdown durch das (T-) MIDGE® Konstrukt abgeleitet werden.

[...]


1 Mattick, JS., RNA regulation: a new genetics?. Nat Rev Genet 5: 316–323, 2004. [Crossref].

2 Glen M Borchert, William Lanier & Beverly L Davidson, RNA polymerase III transcribes human microRNAs, Nature Structural & Molecular Biology - 13, 1097 – 1101, 2006

3 Song, J.J., Liu, J., Tolia, N.H., Schneiderman, J., Smith, S.K., Martienssen, R.A., Hannon, G.J. and Joshua-Tor, L. The crystal structure of the Argonaute2 PAZ domain reveals an RNA binding motif in RNAi effector complexes. Nat. Struct. Biol. 10,1026–1032, 2003.

4 Bernstein E, Caudy AA, Hammond SM, Hannon GJ.Role for a bidentateribonuclease in the initiation step of RNA interference. Nature 409:363–366, 2001.

5 Ji-Joon Song and Leemor Joshua-Tor, Argonaute and RNA — getting into the groove, Current Opinion in Structural Biology, 16:5–11, 2006

6 Laetitia Malphettes and Martin Fussenegger, Impact of RNA interference on gene networks ,Metabolic Engineering Volume 8, Issue 6, November 2006, Pages 672-683, 2006.

7 Robert E. Collinsa, Xiaodong Cheng, Structural domains in RNAi, FEBS Letters 579, 2005.

8 Daniel H. Kim and John J. Rossi, Strategies for silencing human disease

using RNA interference,NATURE REVIEWS GENETICSVOLUME 8, 2007.

9 Iijima O. et al., A purine at +2 rather than +1 adjacent to the human U6 promoter is required to prepare effective shRNAs, BBRC p. 809-817, 2006.

10 MJ Lehmann1 and G Sczakiel, Spontaneous uptake of biologically active recombinant DNA by mammalian cells via a selected DNA segment, Gene Therapy (2005) 12, 446–451, 2005.

11 Glen M Borchert, William Lanier & Beverly L Davidson, RNA polymerase III transcribes human microRNAs, Nature Structural & Molecular Biology - 13, 1097 – 1101, 2006.

12 http://www.htwm.de/~gym-rl/privat/mhofmann/transkription.html

13 Model of transcribing RNA polymerase III as determined by single particle electron microscopy. The incoming DNA is depicted in blue and white, while the transcribed RNA is depicted in red. http://www.embl.de/research/units/scb/mueller_christoph/

14 Carlos Fernandez-Tornero, Bettina Böttcher, Michel Riva, Christophe Carles, Ulrich Steuerwald, Rob W.H. Ruigrok, AndreSentenac, Christoph W. Müller and Guy Schoehn, Insights into Transcription Initiation andTermination from the Electron MicroscopyStructure of Yeast RNA Polymerase III, Molecular Cell 25, 813–823, 2007.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
RNA Interferenz durch T-MIDGE® Vektoren
Untertitel
RNAi mit dualen MIDGE Vektoren der Firma MOLOGEN, Immuntherapeutische Onkologie
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Biotechnologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
50
Katalognummer
V335214
ISBN (eBook)
9783668253735
ISBN (Buch)
9783668253742
Dateigröße
5724 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
RNAi, Interferenz, polymerase, MIDGE, mologen AG, vektor, knockdown, immuno, immuno onc, ionc, immuntherapie
Arbeit zitieren
Carsten Wenzel (Autor:in), 2010, RNA Interferenz durch T-MIDGE® Vektoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335214

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