Die Grundpfeiler der Demokratie nach Spinozas "Tractatus politicus"


Hausarbeit, 2016

14 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Person Spinozas

3. Demokratievorstellungen im Tractatus politicus

4. Begriff der multitudo

5. Freiheit und Macht

6. Fazit

7. Literatur

1. Einleitung

Der Tractatus politicus ist die letzte der drei großen Schriften Spinozas. Er befasst sich mit politischer Ontologie und der Entwicklung und Darstellung dreier Regierungsweisen, welche von der Monarchie über die Aristokratie bis zur Demokratie reichen.

Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema „Entwicklung der Demokratie auf Basis von Spinozas Tractatus politicus“ und stellt in diesem Kontext die Frage nach dem Aufbau und Struktur einer solchen Demokratie. Was gehört zu ihren Grundpfeilern und woraus entspringt sie? Erwähnt werden sollte, dass die Vorstellungen Spinozas von einer Demokratie als sinnvollste der drei Herrschaftsformen leider durch seinen Tod unterbrochen wurden und daher im Kapitel über die Demokratie nur knapp vier Seiten entstanden sind. Die genaue Funktionsweise konnte Spinoza nicht mehr darlegen und wird aus diesem Grunde nicht in dieser Arbeit behandelt. Es geht vielmehr um die Eigenschaften, welche eine Demokratie überhaupt erst möglich machen und auf welcher Basis und Kontext sie entstehen kann.

Kapitel zwei stellt zuerst die Person Spinoza vor, um einen Überblick über dessen Biographie zu erlangen und den Kontext, in dem dieses hier zugrunde liegende Werk geschrieben wurde. Nach dieser Darstellung liegen Kapitel drei die Demokratievorstellungen im Tractatus politicus zugrunde, welche die Entwicklungsstufen der jeweiligen Herrschaftsformen aufzeigen. Ihre Funktionsweisen werden hierbei näher erläutert und die von Spinoza beabsichtigte Stufenform aufgezeigt.

Das vierte Kapitel hat die Basis jeder Demokratie zum Inhalt, nämlich die multitudo. Ihre Rolle in den jeweiligen politischen Systemen und ihr Einfluss auf die Stabilisierung oder aber auch Zerstörung eines Staates stehen im Mittelpunkt. Doch nicht nur ihre Rolle werden behandelt, sondern auch die Art und Weise, wie diese Menge aus freien Bürgern durch gewisse Instanzen kontrolliert werden muss, um einen friedlichen und dauerhaften Erhalt des staatlichen Systems zu gewährleisten.

Das vorletzte Kapitel nimmt unter Zugrundelegung der multitudo die Begriffe der Freiheit und Macht und wendet diese auf die Menge an. Nur eine freie Bürgerschaft wird versuchen ihr bestehendes System aufrecht zu erhalten und sich gegenseitig durch Gesetze so zu beschränken, dass niemand dem anderen schaden kann.

Am Ende dieser Arbeit folgt das Fazit, welches noch einmal die wichtigsten Punkte aufgreift und ein Resümee über die dargebrachten Ergebnisse liefert.

2. Zur Person Spinozas

Baruch de Spinoza kam am 24. November 1632 als Sohn einer jüdisch-portugiesischen Familie in Amsterdam zur Welt. Sein Vater war ein angesehenes Mitglied der dortigen Synagoge und war beruflich als Kaufmann tätig. In einer jüdischen Schule lernte Spinoza den Talmud und das jüdische Denken kennen, musste allerdings nach dem Tod des Vaters im Jahr 1654 zusammen mit seinem jüngeren Bruder Gabriel das Geschäft übernehmen. Anstatt sich ausschließlich dem Beruf zu widmen, setzte Spinoza seine Weiterbildung fort und lernte bei dem Privatgelehrten Franciscus van den Enden Latein und ein wenig Griechisch.[1]

Durch den Kontakt mit anderen Gelehrten entfernte er sich immer stärker von der geistigen Enge der jüdischen Gemeinde, weswegen ihn diese am 27. Juli 1656, aufgrund seiner Auflehnung gegen die traditionellen Lebensnormen, mit dem Bannfluch belegte. Daraus resultierte, dass er sein vom Vater geerbtes Geschäft aufgeben musste. Fortan verdiente er sich sein Geld durch das Schleifen optischer Gläser, welches er bis zu seinem Tod ausübte.

Spinoza verweilte weiterhin in Amsterdam und hatte dort Kontakt zu liberalen Juden und aufgeklärten Protestanten. Er zog 1663, nachdem er 1660 bereits nach Rijnsburg gezogen war, nach Voorburg, wo er an seinem kürzlich begonnenem Hauptwerk, der Ethica, weiterarbeitete und diese 1665 nahezu vollendete.[2] In dieser Unterbrechung schrieb Spinoza 1670 seinen Tractatus theologico-politicus, in welchem er die Freiheit des Philosophierens als notwendige Voraussetzung für Frieden und Frömmigkeit im Staat darstellte.[3] Das Werk kann als Rechtfertigung für seinen Streit mit der jüdischen Gemeinde und die liberale Politik des, die Niederlande regierenden Ratspensionärs, Johan de Witt, angesehen werden.[4] Nach der Ermordung de Witts, welcher als erster Nicht-Monarch einer europäischen Großmacht gilt, im Jahr 1672, übernahm Wilhelm von Oranien die Macht und verbot 1674 den Tractatus.

Spinoza zog nach Den Haag und haderte merklich mit der neuen politischen Situation. Die 1675 fertiggestellte Ethica ließ er wegen der Erfahrungen mit dem Umgang seines Tractatus nicht veröffentlichen. Sein letztes großes Werk schrieb Spinoza in der Hoffnung auf eine politische Wende und Besserung des staatlichen Systems.[5]

Der Tractatus politicus ist durch eine naturalistische Betrachtungsweise gekennzeichnet, in welcher die Bedeutung der Vernunft für die Entstehung des Staates zurückgedrängt wird. Stattdessen rücken die den Menschen bewegenden Affekte in den Vordergrund und bilden in ihrem Zusammenspiel den Staat.[6] Jedoch konnte das Werk nicht vollendet werden[7], da der seit Jahren an Tuberkulose leidende Philosoph am 21. Februar 1677 in Den Haag verstarb.[8]

3. Demokratievorstellungen im Tractatus politicus

Spinoza gilt als erster Theoretiker der Volkssouveränität. Die demokratische Regierung ist in seinen Augen die natürlichste von allen, da jeder jedem dient und es die Form von Herrschaft ist, die der natürlichen Freiheit am nächsten kommt.[9] Auf diese Weise repräsentiert der Mehrheitswille die Bedürfnisse jedes Einzelnen und der von der Natur vorgegebene Zustand der Freiheit wird durch einen Vertrag festgehalten. Im Endeffekt bedeutet diese Art der Herrschaft eine Freiheit, welche jedem Bürger gleichermaßen zusteht.[10]

Im Tractatus politicus stellt Spinoza drei Arten von Herrschaftsformen vor, nach denen ein Staat regiert werden kann. Zum einen die Monarchie, in welcher „die Souveränität in den Händen nur einer Person“ liegt, darüber hinaus die Aristokratie, „wenn sich die Versammlung nur aus einigen Auserwählten zusammensetzt“, und als letzte Form die Demokratie, „die sich aus der gesamten Menge zusammensetzt“.[11] Diese Arten von Regierungsformen nennt Spinoza auch „drei Arten des staatlichen Zustandes“[12], welche in unterschiedlichen Gelegenheiten ihre Stabilität aufzeigen.

„Der Vorzug des demokratischen Staates“ besteht darin, „daß sein Wert weit mehr im Frieden als im Krieg zur Geltung kommt“[13], jedoch sollte beachtet werden, das „keine vergänglicher gewesen und [..]mehr Aufruhr kennengelernt [haben] als Volksstaaten oder Demokratien“.[14]

Im Gegensatz dazu steht die Monarchie, welche durch die Erfahrung gelehrt hat, „daß es im Interesse des Friedens und der Eintracht ist, alle Gewalt einem Einzigen zu übertragen“.[15] Doch diese Herrschaftsform lehnt Spinoza ab, da die Macht eines Einzelnen dem Recht des Gemeinwesens niemals gewachsen sei und sich daher Ratgeber suche, was als eine Form von versteckter Aristokratie erscheine.[16]

Einen weiteren Schritt zur besten Staatsform vollzieht Spinoza mit den Kapiteln zur Aristokratie. Bereits in deren Vorwort, lässt er eine Stufenform erkennen, die zielstrebig auf die Demokratie hinausläuft. Nämlich, „daß die Aristokratie [...] sich mehr als die Monarchie einer uneingeschränkten Regierungsform nähert und deshalb geeigneter ist zur Erhaltung der Freiheit“.[17] Der Unterschied zwischen Aristokratie und Demokratie liegt in dem Recht zu regieren, welches in der erst genannten Herrschaftsform „allein von einer Wahl abhängt“, wohingegen in der Demokratie das Recht „angeboren oder durch günstiges Geschick erworben ist“.[18] Das Ziel eines Staates mit der Regierungsform einer Aristokratie liegt darin, das sie „dann die beste [ist], wenn [der Staat] so eingerichtet ist, daß er der uneingeschränkten Regierungsgewalt möglichst nahe kommt […].[19] Hierbei liegt die Festlegung der Annäherung an das Uneingeschränkte in der Auswahl der Herrschenden und in der Form des Rates, denn die Ratsversammlung ist im Gegensatz zum König unsterblich.[20]

Nach den Ausführungen zur Bestandsweise einer Aristokratie, mit ihren jeweiligen Instanzen und Kontrollformen (hierzu zählen unter anderem Oberste Versammlung, Senat und Richter), kommt Spinoza im unvollendeten elften und letzten Kapitel seines Tractatus politicus zu den Erklärungen der Demokratie. Diese wird, wie bereits aus den vorherigen Darstellungen ersichtlich, „dritte Form des Staates“ genannt, welche „ganz und gar uneingeschränkt ist“.[21] Sie ist uneingeschränkt, oder nach dem Original absolutus näher kommendem Wort „losgelöst“, da jeder Bürger „Zugang zu Staatsämtern hat und niemand ein solches Recht von Rechts wegen für sich beanspruchen kann“.[22] „Denn hier haben alle [...] einen rechtlichen Anspruch auf das Stimmrecht in der Obersten Versammlung und den Zugang zu Staatsämtern.“[23]

Durch diesen Schritt, dass die Demokratie keine speziellen Auswahlkriterien hat, sondern jeden, auch ohne besondere Qualitäten oder Auszeichnungen, mitbestimmen lässt, zeichnet sie als Demokratie aus.[24]

[...]


[1] Schobinger, Jean-Pierre (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie, Bd. 2 Frankreich und Niederlande, Basel 1993, S. 896.

[2] Ebd., S. 897.

[3] Brunkhorst, Hauke: Einführung in die Geschichte politischer Ideen, München 2000, S. 215.

[4] Schobinger: Grundriss der Geschichte, S. 897-898.

[5] Ebd., S. 898.

[6] Schobinger: Grundriss der Geschichte, S. 916.

[7] Negri, Antonio: Die wilde Anomalie. Baruch Spinozas Entwurf einer freien Gesellschaft, Mailand 1981, S. 228.

[8] Schobinger: Grundriss der Geschichte, S. 898.

[9] Brunkhorst: Einführung, S. 215-216.

[10] Ebd., S. 216.

[11] TP II 17:29.

[12] TP III 1:35.

[13] TP VII 5:101.

[14] TP VI 4:71.

[15] TP VI 4:71.

[16] TP VI 5:71.

[17] TP VIII Vorwort:135.

[18] TP VIII 1:135.

[19] TP VIII 5:141.

[20] Negri: Die wilde Anomalie, S. 232-233.

[21] TP XI 1:221.

[22] TP XI 1:221.

[23] TP XI 1:221.

[24] Saar, Martin: Die Immanenz der Macht. Politische Theorie nach Spinoza, Berlin 2013, S. 343.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Grundpfeiler der Demokratie nach Spinozas "Tractatus politicus"
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Spinozas politische Philosophie
Note
1,3
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V341929
ISBN (eBook)
9783668317192
ISBN (Buch)
9783668317208
Dateigröße
445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Demokratie, multitudo, Freiheit, Tractatus politicus
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Die Grundpfeiler der Demokratie nach Spinozas "Tractatus politicus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341929

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