Rettungsschwimmen in der Sekundarstufe II. Ein Unterrichtskonzept


Bachelorarbeit, 2016

44 Seiten, Note: 3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rettungsschwimmen in der Schule
2.1 Rettungsschwimmen im Lehrplan
2.2 Rettungsschwimmen an einem Potsdamer Gymnasium
2.2.1 Klassensituation
2.2.2 Äußere und situative Bedingungen
2.2.3 Sachanalyse der kombinierten Übung

3. Vorstellung des Unterrichtkonzeptes Rettungsschwimmen für das Potsdamer Gymnasium
3.1 Abschnittsplanung praktische Ausbildung
3.2 Praktische und theoretische Ausbildung
3.3 Notengebung

4. Auswertung

5. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anlagenverzeichnis
Anlage 1 Handout HLW
Anlage 2 Handout stabile Seitenlage
Anlage 3 Zeitentabelle Rettungsschwimmen
Anlage 4 Technikbewertung Rettungsschwimmen
Anlage 5 Bewertungsbogen Rettungsschwimmen
Zum Themenbereich Rettungsschwimmen:

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1. Ausgangslage beim Tauchen kopfwärts (links) sowie Einleiten der Tauchbewegung durch Beugen der Hüfte (rechts) (DRK, 2012, Kapitel 10, S. 8)

Abb. 2. Anheben der Beine in Richtung Wasseroberfläche (links) und senkrecht gestreckte Körperlage beim Tauchen kopfwärts (rechts) (ebd., S. 8)

Abb. 3. Schwungholen durch kräftige Schwunggrätsche mit Unterstützung der Arme (links), Beginn der Tauchphase (Mitte) sowie fußwäts abtauchen durch Unterstützung der Arme (rechts) (ebd., S. 8)

Abb. 4. Halsumklammerung von hinten (ebd.)

Abb. 6. Retter befreit sich aus der Halsumklammerung von hinten (ebd.)

Abb. 5. Greifen des Ellenbogens und der Hand bei der Halsumklammerung von hinten (ebd.)

Abb. 7. Ansetzen des Standard-Fesselschleppgriff nach erfolgter Befreiung (ebd.)

Abb. 8. Halswürge von hinten und Ausgangsposition für den Befreiungsgriff (ebd., S. 36)

Abb. 9. Greifen der gegengleichen Hand und des seitengleichen Ellenbogens der gegriffenen Hand des Angreifers (ebd.)

Abb. 10. Befreiung aus der Halswürge von hinten durch kräftiges hochdrücken des Ellenbogens des Angreifers (ebd., S. 38)

Abb. 11. Ansetzen des Standard-Fessel-schleppgriff nach erfolgter Befreiung (ebd.)

Abb. 12. Standard-Fesselschleppgriff (DLRG, 2012, S. 3)

Abb. 13. Fixierung des Betroffenen am Beckenrand (ebd., S. 20)

Abb. 14. Retter greift die Handgelenke des Betroffenen über Kreuz (ebd.)

Abb. 15. Betroffene ist mit dem Rücken zum Beckenrand gedreht (ebd.)

Abb. 16. Betroffene sitzt mit dem Gesäß am Beckenrand, der Retter stützt den Betroffenen mit seinen Beinen im Rücken (ebd.)

Abb. 17. Betroffene wird mittels Rettungsgriff vom Wasser wegtransportiert (ebd., S. 3)

1. Einleitung

Im Jahr 2015 ertranken deutschlandweit 488 Menschen, dies sind 24.5% mehr als im Jahr 2014 (DLRG, 2016a). In diesem Jahr verloren 392 Menschen ihr Leben im Wasser (DLRG, 2015). Der Trend für das Jahr 2016 sieht ebenfalls nicht viel besser aus. Laut Angaben der DLRG ertranken in den ersten acht Monaten des Jahres 2016 mindestens 425 Personen, in Brandenburg waren es 26 (DLRG, 2016b). Dies sind 12,14% mehr als im selben Zeitraum des Vorjahrs. Nicht zuletzt diese Zahlen zeigen, dass die Verbreitung von Kenntnissen im Rettungsschwimmen sehr wichtig ist. Es besteht daher eine „gesellschaftliche Notwendigkeit, dass möglichst vielen Menschen elementare Elemente der Selbst- und Fremdrettung beherrschen und als präventive Maßnahme über die Gefahren am und im Wasser informiert sind“ (Schneider, 2007, S. 1). Eine Möglichkeit, vielen Menschen die Grundkenntnisse des Rettungsschwimmens zu vermitteln, ist der Schwimmunterricht in der Schule. Dieser ist aktuell nicht beliebt bei den Schülern[1]. Viele rufen ihre bisherigen Erfahrungen des Unterrichts ab und erinnern sich an pausenloses Langstreckenschwimmen, die geübten Schwimmer fürchten sich vor langerweile, andere vor dem kalten Wasser (vgl. Nijs, 2011). Ziel des Schwimmunterrichtes sollte aber nicht sein, die Schüler zu Schwimmern mit perfekter Schwimmtechnik im Brust-, Kraul-, Rücken- oder Delphinschwimmen auszubilden. Vielmehr muss es darum gehen, den Schülern ein Verständnis für die Gefahren am und im Wasser zu vermitteln und ihnen die Fähigkeiten zu verleihen, sich selbst oder andere in verschiedenen Gefahrensituationen zu helfen.

Rettungsschwimmen in der Schule kann verschiedene Vorteile haben. Die Schüler werden durch eine unbekannte Herausforderung im Schwimmunterricht neu motiviert. Sie merken wahrscheinlich nicht so schnell, dass auch Rettungsschwimmen größtenteils durch das Ausprägen der allgemeinen Ausdauerfähigkeit geprägt ist. Hinzu kommen Kraftaspekte, die beim Transportieren von verunfallten Personen vor allem in den Beinen von Bedeutung sind. Die Erprobung und Erarbeitung der verschiedenen Befreiungsgriffe und der Transport- und Rettungsgriffe bietet der Lehrkraft weiterhin die Möglichkeit, die Schüler durch individuelles Zusammenstellen der Übungspartner die Sozialkompetenz der Schüler zu schulen. Auch können auf diese Weise talentierte Schüler oder solche mit Vorerfahrung aus dem Bereich Schwimmen gesondert gefordert werden. Eine abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung ist durch die Themenvielfalt garantiert. Ein Abschlussziel kann die Abnahme der Prüfung zum DRSA in Bronze oder Silber sein. Die Realisierung wäre in gesonderten AGs möglich.

Trotz der oben genannten positiven Aspekte des Rettungsschwimmens in der Schule wird dieser Themenblock nur sehr selten oder gar nicht unterrichtet. Die Gründe hierfür sind von verschiedenen Seiten zu betrachten. Dies soll aber nicht Ziel dieser Arbeit sein. Vielmehr möchte der Autor ein Konzept für die Rettungsschwimmausbildung in der Schule, genauer gesagt in der Sekundarstufe II eines Potsdamer Gymnasiums vorstellen. Dabei stützen sich die folgenden Aspekte und Ideen auf die jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Rettungsschwimmern in Vereinen sowie auf die Fachliteratur der großen Wasserrettungsorganisationen in Deutschland[2]. Auch die Artikel der pädagogischen Zeitschrift Sportunterricht sollen Anwendung finden. In einer ausführlichen Betrachtung der Aussagen des Lehrplans für den Sportunterricht der Sekundarstufe II in Brandenburg zum Thema Rettungsschwimmen wird geprüft, inwiefern sich diese mit dem Themenkomplex Rettungsschwimmen in Einklang bringen lassen. Darüber hinaus soll geprüft werden, inwiefern Rettungsschwimmunterricht in der Propädeutik der Schüler eine Rolle spielen kann. Dann wird erörtert, wie an der Schule bisher mit der Rettungsschwimmausbildung der Schüler verfahren wurde. Es folgt eine kurze Bedingungsanalyse und das Vorstellen der Versuchsklasse. Anschließend erfolgt eine Sachanalyse der kombinierten Übung, einem Prüfungsteil, in welchem fast alle Teiltechniken des Rettungsschwimmens in Kombination realisiert werden sollen. Dabei werden auch mögliche Fehler dargestellt. Danach wird der Autor sein Konzept für das Rettungsschwimmen am Gymnasium vorstellen. Hierbei soll es das Ziel sein, einem Sportlehrer, der lange Jahre keinen Kontakt mehr mit dem Rettungsschwimmen hatte, ein Werkzeug in die Hand zu geben, mit dessen Hilfe er eine Klasse in den wichtigsten Aspekten im Rettungsschwimmen schulen kann. In einem weiteren Kapitel wird sich der Autor mit dem Thema Notengebung beschäftigen, da Noten im Schulalltag das zentrale Element bei der Bewertung von Leistungen sind. Die Umsetzbarkeit des Konzeptes wird anhand der Versuchsklasse in der Sekundarstufe II in der Praxis ausprobiert. Anschließend werden auswertende Aussagen getroffen und Probleme angesprochen.

2. Rettungsschwimmen in der Schule

2.1 Rettungsschwimmen im Lehrplan

Rahmenlehrpläne sind im Arbeitsalltag eines Lehrers ein wichtiges Arbeitsmaterial. Sie geben die grundlegenden stufen- und fachübergreifenden didaktischen Überlegungen wieder und formulieren Kompetenzen sowie abschlussorientierte Standards für jedes Unterrichtsfach. An die Leitlinien der Rahmenlehrpläne sowie der schulinternen Curricula, welche „regionale und schulspezifische Besonderheiten sowie Neigungen und Interessen der Lernenden“ (MBJS, 2012, S. 6) einbeziehen, sollen sich alle Lehrer halten, um die vorgegebenen Bildungsstandards für ihre Schüler zu erreichen.

Die Inhalte des Rettungsschwimmens lassen sich in vielerlei Hinsicht mit dem vorläufigen Rahmenlehrplan für den Unterricht in der gymnasialen Oberstufe Sport in Brandenburg aus dem Jahr 2012 verknüpfen. Grundsätzlich gilt es, die Schüler in den Gestaltungsprozess der Gesellschaft zu integrieren und die Wichtigkeit der Verantwortung für die Mitmenschen herauszuarbeiten (ebd., S. 5). Dies kann während der gesamten Rettungsschwimmausbildung in der Schule passieren. Die Schüler lernen die verschiedenen Gefahren der Binnen- und Küstengewässer kennen und wissen diese zu unterscheiden. Sie können in ihrer Freizeit ihr Wissen anwenden und verbreiten. Allein ein Gespräch unter Freunden im Strand- oder Freibad über die möglichen Gefahren des sommerlichen Badespaßes hat den Charakter der Verantwortungsübernahme für die Freunde. Auch das Üben der Befreiungsgriffe erfordert ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Bei dieser Form der Arbeit im Wasser werden die angehenden Rettungsschwimmer durch eine mutmaßlich verunfallte Person am Hals angegriffen. Ein zu heftiges Angreifen birgt die Gefahr der Verletzung des angehenden Rettungsschwimmers. Ein zu schwaches Angreifen lässt die Ernsthaftigkeit der Kenntnisse dieser Technik vermissen und bereitet den Schüler nicht genügend auf die Realität vor. Die Befreiungsgriffe zählen jedoch zu den wichtigsten Techniken, die ein Rettungsschwimmer beherrschen muss. Hiervon hängt in einer Notsituation ab, ob die Person erfolgreich gerettet werden kann. Somit ist ein verantwortungsbewusstes Üben unabdingbar. Befreiungsgriffe und andere Rettungsschwimmtechniken wie das Transportieren oder das Abschleppen einer verunfallten Person im Wasser werden für viele Schüler neue Übungselemente sein, welche sie in ihrer bisherigen Schwimmausbildung noch nicht kennengelernt haben werden. Das Auseinandersetzen mit Neuem sowie die Phasen des Anwenden, Üben und Festigen (ebd., S. 6) wird teilweise in der theoretischen, hauptsächlich jedoch in der praktischen Ausbildung der Rettungsschwimmer in der Schule Anwendung finden. Rettungsschwimmen bringt für die Schüler eine neue Sicht auf den Schwimmsport. Die konditionellen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit sowie die Beweglichkeit, die Gewandtheit und das intrapersonelle Verhalten nach Jonath (1988) der Schüler können durch die Lehrkraft besonders und differenziert geschult werden. Bei vielen Übungen im Rettungsschwimmtraining geht es um den Transport von Personen durch das Wasser. Eine gezielte Differenzierung kann durch die gesteuerte Zusammenstellung der Übungspartner erfolgen. Besonders leistungsstarke Schüler können durch das Schwimmen mit einem Drillichanzug oder das Transportieren eines fünf kg Tauchringes ebenfalls an ihre Belastungsgrenzen gebraucht werden. Für den Abschluss des DRSA Silber müssen die Schüler 300 Meter mit einem Drillichanzug in einer Zeit unter 12 Minuten schwimmen (siehe auch 3.4 Notengebung). Durch gezielte Stundengestaltung und Übungsmöglichkeiten können sich auch leistungsschwächere Schüler an diesen größeren Widerstand in Wasser gewöhnen und diese Prüfungsleistung erfolgreich erfüllen.

Im Allgemeinen bietet das Rettungsschwimmen eine große Bandbreite an verschiedensten Übungen, welche an jeden Schüler hohe motorische Anforderungen stellen. Dieser Fakt spiegelt sich in den koordinativen Fähigkeiten nach Meinel und Schnabel (2015) wieder, welche durch das Rettungsschwimmtraining besonders trainiert werden. Diese sollen in der gymnasialen Oberstufe im Sportunterricht vertieft werden (MBJS, 2012, S. 9). Das Trainieren des Rettungsschwimmens erfordert unter Anderem ein hohes Maß an Differenzierungsfähigkeit. Das „Erreichen einer hohen Feinabstimmung und Teilkörperbewegungen, die in großer Bewegungsgenauigkeit und Bewegungsökonomie zum Ausdruck kommt“ (Meinel und Schnabel, 2015, S. 221), kann im Rettungsschwimmtraining durch verschiedenste Übungen realisiert werden. Ein Beispiel hierfür sind wieder die Befreiungsgriffe. Sie erfordern eine genaue Bewegungsvorstellung zur Lösung der Aufgabe, der Schüler muss den räumlichen, zeitlichen und den Kraftparameter seiner Bewegung genau steuern können. Eine genaue Feinabstimmung der Teilkörperbewegungen ist für ein erfolgreiches Befreien aus einer Umklammerung erforderlich. Andernfalls kann das Befreien scheitern und während eines Einsatzes im schlimmsten Fall zum Verunfallen des Rettungsschwimmers führen. Auch im Schwimmen mit Drillichanzug ist ein recht hohes Maß an Differenzierungsfähigkeit von Nöten. Es gilt durch den deutlich erhöhten Wasserwiderstand eine Schwimmgeschwindigkeit zu wählen, die den Rettungsschwimmer nicht vorzeitig ermüden lässt. Neben der Differenzierungsfähigkeit werden auch die Reaktionsfähigkeit, die Orientierungsfähigkeit und die Rythmisierungsfähigkeit durch das Rettungsschwimmtraining besonders trainiert. Auch hier sind wieder die Befreiungsgriffe ein gutes Beispiel. Sie stellen eine der komplexesten Übungs- und Aufgabenformen im Rettungsschwimmen dar. Mit der Reaktionsfähigkeit ist die „schnelle Einleitung und Ausführung zweckmäßiger motorischer Aktionen auf mehr oder weniger komplizierte Signale“ (ebd., S. 223) gemeint. Während eines Angriffs auf den Hals des Übenden müssen die Schüler schnell und adäquat reagieren, um die Gefahr abwenden zu können. Die Orientierungsfähigkeit, „die Fähigkeit zur Bestimmung und zieladäquaten Veränderung der Lage und Bewegung des Körpers in Raum und Zeit“ (ebd., S. 225), wird ebenfalls durch die Befreiungsgriffe, aber auch durch Tauch- und Rettungsübungen geschult. Die Rythmisierungsfähigkeit kann durch die Variation der Partner beim Transportschwimmen trainiert werden. Verschieden schwere Partner verändern den gesamten Wasserwiderstand und somit den Schwimm- und Atemrythmus des Retters.

Der Bezug zur heutigen und zur perspektivisch zukünftigen Gesellschaft (vgl. MBJS, 2012, S. 6) kann durch eine Rettungsschwimmausbildung gut hergestellt werden. Etwa 1/4 der deutschen Bevölkerung kann nach eigenen Angaben gar nicht oder nur schlecht schwimmen (vgl. DLRG, 2004). Dieser Personenkreis gilt als besonders ertrinkungsgefährdet. Ein Ansatz wäre sicherlich, die Schwimmausbildung umzustrukturieren und das Augenmerk weg von den perfekten Schwimmtechniken hin zum sicheren Umgang mit dem Medium im Wasser zu legen. Dieser Ansatz wird von der Aquapädagogik[3] so durchgeführt. Jedoch kann durch eine verbesserte Schwimmausbildung nur die künftige Generation besser geschult werden. Das aktuelle Problem der Nicht- bzw. Schlechtschwimmer wird so nicht behoben. Hier bedarf es zum einen einer flächendeckenden Aufklärung über bestehende Gefahren an und in Gewässern, zum anderen muss die Sicherheit für Badegäste verbessert werden. Dies kann nur durch geschultes Fahrpersonal geschehen. Rettungsschwimmen in der Schule anzubieten, gewährt daher einen guten Ansatzpunkt. Das hier vermittelte Fachwissen macht die Schüler zu Experten im Bereich des Wassersports. Sie erkennen Gefahren schneller als nicht ausgebildete Badegäste und können adäquat auf diese reagieren. Gerade in der wasserreichen Stadt Potsdam mit den vielen Badestellen an der Havel kann die Schule auf diese regionale Besonderheit eingehen und im eigenen schulinternen Curriculum für das Fach Sport die Rettungsschwimmausbildung stärker gewichten. Ein Bezug zum eigenen Lebensraum der Schüler macht die Kopplung des Gelernten mit der Realität einfacher.

Der Begriff der Handlungskompetenz oder der Handlungsorientierung steht auch in der Rettungsschwimmausbildung in der Schule im Vordergrund. Die Schüler lernen in einem Theorie-Praxis Verbund halbjahresbegleitend die Gefahren am und im Wasser und theoretische Lösungsmöglichkeiten kennen, welche sie in der praktischen Ausbildung umsetzen können. Es entsteht eine direkte Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis. Dabei ist die Selbstgestaltung der theoretischen Einheiten durch Schülerreferate oder Stundengestaltungen durch die Schüler ein wesentlicher Bestandteil für die Verantwortung für Lernprozesse und den Lernerfolg (vgl. MBJS, 2012, S. 6). Gleichzeitig wird eine gesunde Mischung zwischen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen sichergestellt. Dabei stellt die Wiedergabe der theoretisch vermittelten Inhalte in einer schriftlichen Prüfung eine genauso große Bedeutung dar, wie die Vermittlung des theoretischen Wissens und die Erprobung und korrekte Ausführung der verschiedenen Rettungsschwimmtechniken in der Praxis. Die kognitive Beanspruchung der Schüler wird durch die Komplexität und Vielseitigkeit der Rettungsübungen sichergestellt. Die Übenden lernen verschiedene Lösungsstrategien für entsprechende Szenarien im Wasser kennen, welche zum Teil recht komplex sein können. Die Bewegungsabläufe der verschiedenen Rettungsschwimmtechniken müssen sicher beherrscht werden. Eine Fehleinschätzung der Situation kann im Ernstfall zum Verunfallen des Rettungsschwimmers selbst führen. Gründliches Nachdenken und Überlegen ist vor der praktischen Umsetzung der Rettung unabdingbar. Durch verschiedene Aufgabenstellungen durch Lehrkräfte von einfachen Rettungen in der Schwimmhalle bis hin zu gestellten Massenunfällen von Verletzen im Wasser können die Schüler konditionell, koordinativ und kognitiv an die Grenzen gebracht werden. Ziel ist die Vorbereitung der Schüler auf viele verschiedene Rettungsszenarien. Die Möglichkeit der Übungsauswahl stellt für die Lehrkraft eine gute Differenzierungsmöglichkeit in Sachen Kondition, Koordination und Kognition der Schüler dar.

Dem Wunsch nach fächerübergreifenden Arbeiten (vgl. ebd., S. 7) und dem Verknüpfen von verschiedenen Lerninhalten mit anderen Fächern kann in der Rettungsschwimmausbildung vor allem in der Theorie gut nachgekommen werden. So ist eine Verbindung zum Fach Biologie mit dem Herz-Kreislauf-System, zu den Fächern Geschichte und Mathematik bei der Auswertung von Ertrinkungsstatistiken, zum Fach Politik beim Thema rechtliche Grundlagen und Bestimmungen und zum Fach Physik beim Thema Strömungen und Wellen in Küstengewässern denkbar. Letztendlich kann durch das Rettungsschwimmen in der Schule die Förderung der „Persönlichkeitsentwicklung im besonderen Maße“ (ebd., S. 10) erfolgen. An diesem Punkt stehen die Hilfsbereitschaft untereinander, die Rücksichtnahme der Schwimmer im Wasser und das mitverantwortliche Handeln der Schüler in Theorie- und Praxisstunden im Vordergrund. Der Leistungswille ist genauso für die Entwicklung einer Persönlichkeit im Sport von Bedeutung wie die Risikobereitschaft, zum Beispiel bei Tauch- oder Sprungübungen. Gerade die Förderung der Sozialkompetenz, der faire Umgang miteinander während der praktischen Rettungsübungen oder der angemessene zwischenmenschliche Umgangston untereinander in einer nicht ganz schulalltäglichen Situation in Badekleidung am Beckenrand steht im Vordergrund. Aber auch die Sach-, Methoden- und Personale Kompetenz werden durch die Rettungsschwimmstunden gefördert. Nicht zuletzt sind Elemente des Rettungsschwimmens im Rahmenlehrplan wörtlich benannt. Die Schüler „erfüllen die Bedingungen einer komplexen Übung im Rettungsschwimmen, können erste Hilfe bei Badeunfällen leisten und verfügen über Techniken der Selbst- und Fremdrettung“ (ebd., S. 22). Die Rechtfertigung der theoretischen Ausbildung während des Rettungsschwimmunterrichtes ist ebenfalls gegeben. So können „spezifische Grundlagen der unterrichteten Sportart“ (ebd., S. 26) theoretisch vermittelt werden. In welchem Rahmen dieser Theorieunterricht zu gestalten ist, wird durch den Lehrplan jedoch offen gehalten.

2.2 Rettungsschwimmen an einem Potsdamer Gymnasium

Die Schwimmausbildung an einem Potsdamer Gymnasium ist aktuell in zwei Bereiche aufgeteilt. In der 7. Klassenstufe gehen die Schüler einmal in der Woche in die Schwimmhalle, um eine grundlegende Schwimmausbildung zu erfahren. Hier ist das Brustschwimmen klar in den Vordergrund gestellt. Viele Schüler haben nach dem Erlernen der Schwimmfähigkeit dieses Bewegungsfeld nicht weiter verfolgt und die Fähigkeiten und Fertigkeiten im Wasser nicht weiterentwickelt. Dementsprechend unterrichten die Lehrkräfte im Schwimmunterricht der 7. Klasse Grundlagen des Brustschwimmens. Hierbei wird das Hauptaugenmerk auf die korrekte Ausführung der Technik und auf die Rythmusschulung (z.B. bei der Koordination der Arme, Beine und Atmung beim Schwimmen in Brustlage) gelegt. Aber auch bereits in dieser Phase der Schwimmausbildung wird zum Ende des Schuljahres ein Teilgebiet des Rettungsschwimmens angeschnitten. Dies ist in der Benotungstabelle für den 7. und den 12. Jahrgang des Gymnasiums für den Fachbereich Sport, speziell für die Schwimmausbildung, verankert. Ein Partner soll 100 Meter geschleppt werden.

Der zweite Teil der Schwimmausbildung konzentriert sich auf die Sekundarstufe II. Hier werden die Kenntnisse aus der vorherigen Schwimmausbildung gefestigt, gleichzeitig erfolgt die Einführung der zweiten und dritten Schwimmart, dem Kraul- und Rückenschwimmen. Die Schüler verbessern des Weiteren ihre Technik im Brustschwimmen. Auch das Streckentauchen und grundlegende Kenntnisse von wettkampfgerechten Starts und Wenden werden angeschnitten. Einige Sportlehrer berichten, dass sie in den Schwimmunterricht in der Sekundarstufe II auch Elemente des Rettungsschwimmens integrieren. Diese belaufen sich jedoch nur auf die absoluten Grundlagen des Transportschwimmens oder des Tieftauchens. Spezifische Kenntnisse wie die Befreiungsgriffe oder das Heben über den Beckenrand sind bisher nicht vorgesehen. Auch fehlt es an einer konkreten Benotungstabelle, anhand derer mögliche schwimmerische Leistungen aus dem Rettungsschwimmen in konkrete Noten umgewandelt werden können. Die Sportlehrer[4] des Gymnasiums haben keine speziellen Vorkenntnisse aus dem Bereich Rettungsschwimmen. Einzig die Qualifikation zum DRSA in Silber aus der Studienzeit und die regelmäßig vorgeschriebene Wiederholung des DRSA Bronze macht sie zu Experten gegenüber den Schülern (vgl. MBJS, 1996). Keiner der Sportlehrer hat einen Lehrgang zum Erwerb des Lehrscheins Rettungsschwimmen im DRK bei der WW oder bei der DLRG besucht.

2.2.1 Klassensituation

An dem Gymnasium haben die Schüler die Möglichkeit, zu Beginn der Sekundarstufe II eine Kernsportart zu wählen. Die Schüler können sich per Wahlzettel zwischen den grob gefassten Oberbegriffen Sportspiele, Tanz-Gymnastik, Schwimmen und Outdoorsport entscheiden. Diese Kernsportarten werden anschließend während der gesamten Qualifikationsphase für die allgemeine Hochschulreife in der Sekundarstufe II unterrichtet. Da auf Grund der Vorauswahl der Schüler davon auszugehen ist, dass fast nur wasserbegeisterte und wassererfahrene Schüler die Kernsportart Schwimmen wählen, kann der Unterricht auch entsprechend anspruchsvoll gestaltet werden. Die Kursstärke beläuft sich auf etwa 20 Schüler, der Schwimmunterricht wird koedukativ gegeben.

In der betrachteten Versuchsklasse befinden sich zehn Mädchen und neun Jungen. Da der Sportunterricht grundsätzlich als koedukativer Unterricht gegeben wird, haben auch in diesem Fall beide Geschlechter gemeinsam Schwimmunterricht. Die Altersspanne ist recht gering, da sich keine Klassenwiederholer im Schwimmkurs befinden und reicht von 17 bis 19 Jahren. Somit ist davon auszugehen, dass sich alle Schüler in etwa in der gleichen kognitiven und physiologischen Entwicklungsphase befinden. Die Adoleszenz ist bei allen so gut wie abgeschlossen. Dies ist deutlich am sozialen Umgang der Schüler untereinander zu spüren. Sie helfen und motivieren sich gegenseitig selbstständig immer wieder, ohne die Mitwirkung des Lehrers. Dabei haben vor allem die Mädchen ein Gespür dafür entwickelt, welche Klassenkameraden ihre mentale Unterstützung benötigen. Angesagte Übungen werden fast immer sofort begonnen, die Schüler teilen sich selbstständig auf die beiden zur Verfügung stehenden Bahnen auf. Es gibt keine Streitereien untereinander.

Von den 19 Schülerinnen und Schülern sind zwei Schüler aktuell in ihrer Freizeit in einem Schwimmverein aktiv, eine Schülerin war früher in einem Leistungsschwimmverein. Diese drei genannten Schüler sind dem Rest des Kurses deutlich spürbar in ihrer Körpererfahrung im Wasser voraus. Sie kennen alle vier Sportschwimmtechniken und wenden diese technisch sauber während der praktischen Ausbildung in der Schwimmhalle an. Alle Schüler der Klasse konnten vor der Wahl der Hauptsportarten für die Sekundarstufe II bereits sicher schwimmen, jedoch beherrschten die restlichen 16 Schüler nur eine Sportschwimmart, das Brustschwimmen, sicher. Dieser große Hauptteil der Klasse hat in der 11. Jahrgangsstufe durch den Schwimmunterricht mit der Erarbeitung der zweiten Sportschwimmart, dem Kraulschwimmen, begonnen. In insgesamt drei Stunden Schwimmunterricht wurde den Schülern, teils auch durch die erfahrenen Schwimmer der Klasse selbst, die Kraultechnik in ihren groben Bewegungsabläufen vermittelt. Somit sind alle Schüler in der Lage, sich wenigstens 50 Meter am Stück in der Kraulschwimmbewegung fortzubewegen. Des Weiteren haben 18 von 19 Schülern keine Angst, mit dem Kopf voran in das Wasser zu springen und können einen Startsprung für den Beginn der Brust- oder Kraulschwimmtechnik vorführen. Eine Schülerin hat jedoch erhebliche Rückstände im Bereich Wassergewöhnung, Wassererfahrung und Wasserbewältigung. Es ist auffällig, dass diese Schülerin oft sehr lange benötigt, um mit den Einschwimmübungen zu beginnen. Oft lässt sie das Einschwimmen auch ganz weg. Bei Übungen für den Startsprung stellt sie sich gern immer wieder hinten an, um das Vorführen ihres Könnens zu umgehen. Beim Schwimmen in der Brustschwimmtechnik fällt es ihr schwer, den Kopf unter Wasser zu nehmen. Diese Schülerin wird auch vom Lehrer als Problemfall bezeichnet, mehrere Gespräche mit ihr führten bis jetzt nur zu einer kurzweiligen Verbesserung ihrer Leistungsbereitschaft im praktischen Unterricht.

2.2.2 Äußere und situative Bedingungen

Der Schwimmunterricht der Schüler findet in einer Schwimmhalle statt. Die Versuchsklasse hat dort immer montags von 14 bis 15 Uhr ihre Praxisstunden. Dies entspricht dem vierten Unterrichtsblock der Schule. Durch eine Tramhaltestelle direkt vor dem Gymnasium und die häufige Taktung der Tram haben die Schüler die Möglichkeit, innerhalb von 20 Minuten von der Schule zur Schwimmhalle zu gelangen. Eine große Pause von 30 Minuten nach dem dritten Unterrichtsblock ermöglicht es den Schülern, pünktlich zu Beginn der Wasserzeit in der Schwimmhalle zu sein.

In der Schwimmhalle stehen den 19 Schülern zwei Bahnen á 50 m zur Verfügung. Diese sind durch eine Schwimmleine getrennt. Durch die gute Zusammenarbeit der Schule mit den lokalen Bäderbetrieben können die Sprunganlage sowie das Tauchbecken jederzeit genutzt werden. Zum oben genannten Zeitpunkt befinden sich meist recht wenige Badegäste des öffentlichen Schwimmens in der Schwimmhalle, so dass ein Wechsel zur Sprung- und Tauchanlage immer möglich ist. Des Weiteren hat das Gymnasium zur Verbesserung der Qualität des Schwimmunterrichtes einen Gitterwagen mit diversen Materialien für die Sportlehrer zur Verfügung gestellt. So können alle Schüler mit Flossen oder Brettern ausgerüstet werden. Es sind mehrere, verschieden schwere Tauchgegenstände verfügbar. In Kooperation mit der ortsansässigen DRK Wasserwacht Potsdam kann während der Rettungsschwimmausbildung auf 15 Drillichanzüge zurückgegriffen werden. Diese werden für einige Prüfungsteile für das Rettungsschwimmabzeichen benötigt. Für Besprechungen während der praktischen Ausbildung steht genügend Sitzfläche zur Verfügung, so dass die Schüler in zwei Reihen nebeneinander sitzen können und eine kompakte Organisationsform außerhalb des Wassers möglich ist. Während der Wasserzeit befindet sich eine weitere Klasse einer anderen Schule in der Schwimmhalle. Diese hat ebenfalls zwei Bahnen zur Verfügung. Zu Beginn jeder Stunde sprechen sich die unterrichtenden Lehrkräfte über die Aufteilung der Bahnen ab, so dass auch die Randbahn genutzt werden kann.

Die theoretische Ausbildung findet alle zwei Wochen donnerstags in der Zeit von 14 bis 15.30 Uhr in den Räumlichkeiten des Gymnasiums statt. Hier wurde durch den Sportlehrer der Klasse der Physikraum organisiert. In diesem befinden sich ausreichend Stühle für alle Schüler. Auch besteht immer die Möglichkeit, mit Hilfe eines Beamers oder eines Overhead-Projektors Grafiken oder Bilder an die Wand zu projizieren. Ein Laptop zum Abspielen von Präsentationen oder kurzen Filmsequenzen ist genauso vorhanden wie eine zweiteilige, in der Höhe verstellbare Tafel.

2.2.3 Sachanalyse der kombinierten Übung

Die kombinierte Übung, eine Teilprüfung aus der Rettungsschwimmausbildung, stellt als komplexeste und umfangreichste Prüfungsleistung die Schüler vor eine schwierige Aufgabe. In ihr werden so gut wie alle Techniken aus dem Rettungsschwimmen kombiniert. Lediglich das Transportschwimmen findet in der kombinierten Übung keine Anwendung. Ziel der kombinierten Übung ist es, dass die Schüler lernen, Situationen fachgerecht einzuschätzen und die gelernten Rettungsschwimmtechniken situationsgerecht einzusetzen. Auch sollen sie die Gesamtbelastung bei Rettungseinsätzen erfahren und lernen ihre Kräfte ökonomisch einzusetzen (vgl. Wilkens und Löhr, 2010, S. 265). Die in der Vereinbarung über die Gültigkeit der „Deutschen Prüfungsordnung Schwimmen – Retten – Tauchen“ in Verbänden und in der Schule beschriebene kombinierte Übung ist in die Teile Anschwimmen, Tauchen, Befreiungsgriff, Schleppen, Anlandbringen und Herz-Lungen-Wiederbelebung aufgeteilt. Sie ist ohne Pause und in der angegebenen Reihenfolge zu erfüllen.

Das Anschwimmen von 20 Meter an die zu rettende Person hat in Bauchlage zu erfolgen. Der Schüler kann dabei entscheiden, ob er das Brustschwimmen, Kraulschwimmen oder sogar das Delphinschwimmen bevorzugt. Es ist durch die Lehrkraft darauf zu achten, dass das Anschwimmen zügig erfolgt, wodurch sich das Kraulschwimmen als schnellste Schwimmart empfiehlt. Das Wort „zügig“ ist nicht genauer definiert, eine Zeitangabe für die 20 Meter Anschwimmen gibt es nicht. In Rettungseinsätzen ist es beim Anschwimmen zum Patienten jedoch unabdingbar, dass dieser dauerhaft beobachtet werden kann. Da beim klassischen Kraulschwimmen der Kopf des Retters die meiste Zeit unter Wasser ist, ist das Brustschwimmen die beste Schwimmart zum Anschwimmen. Als nächstes folgt das Abtauchen auf drei bis fünf Meter Wassertiefe. Dies kann sowohl durch das Tauchen kopfwärts als auch durch das Tauchen fußwärts erfolgen. Beim Kopfwärtstauchen begibt sich der Schwimmer in eine horizontale Schwimmlage in Brustlage und winkelt anschließend den Oberkörper mit gestreckten Armen durch Beugen der Hüfte nach unten ab (Abb. 1).

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Abb. 1. Ausgangslage beim Tauchen kopfwärts (links) sowie Einleiten der Tauchbewegung durch Beugen der Hüfte (rechts) (DRK, 2012, Kapitel 10, S. 8)

Nun wird der Körper wieder gestreckt, die Beine werden dabei senkrecht aus dem Wasser gehoben. Es folgen kräftige Schwimmbewegungen zum Grund des Schwimmbeckens (Abb. 2), dabei ist der Druckausgleich nicht zu vergessen (vgl. ebd., S. 9). Die Hände erreichen als erstes Körperteil den Grund des Beckens.

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Abb. 2. Anheben der Beine in Richtung Wasseroberfläche (links) und senkrecht gestreckte Körperlage beim Tauchen kopfwärts (rechts) (ebd., S. 8)

Jetzt ergreift der Tauchende einen 5 kg Tauchring, stößt sich kräftig mit den Füßen vom Beckenboden ab und bringt den Tauchring an die Wasseroberfläche. Der Tauchring wird für kurze Zeit über der Wasseroberfläche gehalten und anschließend fallen gelassen.

Beim Fußwärtstauchen nimmt der Schwimmer zunächst eine senkrechte Körperposition im Wasser ein. Durch eine kräftige Schwunggrätsche der Beine und durch Unterstützung der Arme wird der Körper kurz aus dem Wasser gehoben. Die Arme liegen nun dicht am Körper an. Der Schwimmer taucht senkrecht mit abwärts gerichteten Fußspitzen ab. Sobald die Arme „Wasser fassen“ können, werden diese kräftig über dem Kopf zusammengeführt. Diese Bewegung unterstützt die Tauchbewegung (Abb. 3) (vgl. ebd., S. 9–10). Die Füße erreichen als erstes Körperteil den Beckenboden. Ein häufig auftretender Fehler ist hier, dass sich der Tauchende bereits auf halber Strecke zum Beckenboden umdreht und die Übung durch das Tauchen kopfwärts beendet. Auch wird das Schwungholen häufig nicht kräftig genug ausgeführt.

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Abb. 3. Schwungholen durch kräftige Schwunggrätsche mit Unterstützung der Arme (links), Beginn der Tauchphase (Mitte) sowie fußwäts abtauchen durch Unterstützung der Arme (rechts) (ebd., S. 8)

Ähnlich wie beim Tauchen kopfwärts ergreift der Tauchende nun den 5 kg Tauchring, stößt sich mit den Füßen kräftig vom Beckenboden ab und transportiert den Tauchring an die Wasseroberfläche. Der Tauchring wird für kurze Zeit über der Wasseroberfläche gehalten und anschließend fallen gelassen.

Nachdem Heraufholen des 5 kg Tauchringes aus drei bis fünf Meter Wassertiefe folgt das Lösen aus einer Umklammerung durch einen Befreiungsgriff. Auch hier stehen zwei verschiedene Varianten zur Auswahl, das Befreien aus der Halswürge von hinten und das Befreien aus der Halsumklammerung von hinten. Bei beiden Befreiungsgriffen ist es unbedingt erforderlich, dass der Retter die Schultern nach oben zieht, das Kinn, wenn möglich auf die Brust drückt und den Kopf zur Seite dreht. Dies schützt den Kehlkopf des Retters. Des Weiteren taucht der Retter zu Beginn der Befreiung so weit ab, dass auch der Angreifer vollständig unter Wasser ist. Für die Befreiung aus der Halsumklammerung von hinten (Abb. 4) greift der Retter nun „seitengleich den unteren Arm des Angreifers mit einer Hand am Ellenbogen und mit der anderen Hand am Handrücken“ (ebd., S. 37) (Abb. 5). Als nächstes wird der Ellenbogen nach oben gedrückt, gleichzeitig wird die Hand des Angreifers nach unten gedrückt, es entsteht ein Arm-Hand-Hebel. Der Retter „taucht unter dem gefassten Ellenbogen hindurch und bewegt dabei den Angreifer nach vorn“ (ebd.) (Abb. 6). Als letztes setzt der Retter „den Standard-Fesselschleppgriff an, sobald er sich im Rücken des Angreifers befindet“ (ebd.) (Abb. 7).

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Abb. 4. Halsumklammerung von hinten (ebd.)

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Abb. 5. Greifen des Ellenbogens und der Hand bei der Halsumklammerung von hinten (ebd.)

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Abb. 6. Retter befreit sich aus der Halsumklammerung von hinten (ebd.)

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Abb. 7. Ansetzen des Standard-Fessel-schleppgriff nach erfolgter Befreiung (ebd.)

Die Befreiung aus der Halswürge von hinten erfolgt ebenfalls, nachdem der Retter die Schulter nach oben gezogen hat, der Kopf zur Seite gewendet und das Kinn auf die Brust gedrückt hat und abgetaucht ist (Abb. 8). Nun greift der Retter die gegengleiche Hand des Angreifers und sucht mit der seitengleichen Hand den Ellenbogen der gegriffenen Hand (vgl. ebd., S. 39) (Abb. 9). Anschließend setzt der Retter den Arm-Hand-Hebel an, indem er die gegriffene Hand fixiert und den gegriffenen Ellenbogen kräftig von unten nach oben drückt (vgl. Behr, 2009, S. 80) (Abb. 10). Dabei taucht der Retter „unter dem gefassten Ellenbogen hindurch und bewegt den Angreifer nach vorn“ (vgl. DRK, 2012, Kapitel 10, S. 39). Schlussendlich wird nach der erfolgreichen Befreiung der Standard-Fesselschleppgriff angesetzt (Abb. 11). Als Hauptfehler kann das Vergessen des Hochziehens der Schulter und das Abtauchen gesehen werden. Auch wird immer wieder die gegriffene Hand des Angreifers losgelassen und somit eine neue Gefahrensituation für den Retter erzeugt.

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Abb. 8. Halswürge von hinten und Ausgangsposition für den Befreiungsgriff (ebd., S. 36)

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Abb. 9. Greifen der gegengleichen Hand und des seitengleichen Ellenbogens der gegriffenen Hand des Angreifers (ebd.)

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Abb. 10. Befreiung aus der Halswürge von hinten durch kräftiges hochdrücken des Ellenbogens des Angreifers (ebd., S. 38)

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Abb. 11. Ansetzen des Standard-Fessel-schleppgriff nach erfolgter Befreiung (ebd.)

Nach dem Lösen aus einer Umklammerung durch einen Befreiungsgriff folgt das Schleppen über 25 Meter. Der Angreifer wird nach dem Befreiungsgriff im Standard-Fesselschleppgriff belassen (Abb. 12). Hier ist die gegengleiche Hand des Angreifers durch den Retter auf dessen Rücken fixiert. Die Hand und der Arm werden nach oben zum Schulterblatt gedrückt (vgl. Behr, 2009, S. 131; vgl. DLRG, 2012, S. 3; vgl. DRK, 2012, Kapitel 10, S. 19; vgl. Wilkens und Löhr, 2010, S. 201). Die freie Hand des Retters greift an das Kinn des Angreifers und hält ihn so in Rückenlage, dabei wird der Kopf des Angreifers überstreckt. Der Kehlkopf und die Luftröhre des Angreifers müssen dabei unbedingt frei bleiben und dürfen nicht abgedrückt werden (vgl. Behr, 2009, S. 131). Der Retter „schwimmt, den Rücken des Betroffenen vor sich auf seiner Brust ziehend, rückwärts mit kräftiger Schwunggrätsche“ (Behr, 2009, S. 131; DRK, 2012, Kapitel 10, S. 19) weiter. Die Fesselwirkung des Standard-Fesselschleppgriffes darf zu keinem Zeitpunkt aufgelöst werden (vgl. Behr, 2009, S. 131). Ein erneuter Angriff des Angreifers auf den Retter wäre eine mögliche Folge, dies würde Lebensgefahr für den Retter bedeuten.

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Abb. 12. Standard-Fesselschleppgriff (DLRG, 2012, S. 3)

Nachdem der Angreifer über 25 Meter mittels Standard-Fesselschleppgriff transportiert wurde, folgt das Anlandbringen des Geretteten. Dies „ist notwendig, wenn der Betroffene kraftlos oder ohne Bewusstsein ist“ (DRK, 2012, Kapitel 10, S. 21). Der Betroffene wird hierbei mit der Brust zur Wand gewendet, seine Hände werden zusammen mit seinen Armen (wenn möglich), auf dem Beckenrand abgelegt und dort mit einer Hand des Retters fixiert (vgl. ebd.) (Abb. 13).

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Abb. 13. Fixierung des Betroffenen am Beckenrand (ebd., S. 20)

Der Retter klettert aus dem Becken, dabei wird die Last nicht auf den Armen des Betroffenen verteilt. Nun stellt sich der Retter so dicht wie möglich an den Beckenrand vor den Verunfallten und greift beide Handgelenke über Kreuz (vgl. ebd., S. 21) (Abb. 14). Der Betroffene wird vorsichtig mit dem Rücken zum Beckenrand gedreht (Abb. 15). Nun holt der Retter einmal kräftig Schwung und hebt den Verunfallten so aus dem Becken, dass er mit dem Gesäß am Beckenrand sitzt (ebd.) (Abb. 16). Die Beine des Retters stützen den Betroffenen im Rücken, so dass dieser nicht umfallen kann. Der Gerettete wird „mit Hilfe des Rettungsgriffs nach Rautek […] an einen sicheren Ort gebracht“ (ebd.).

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Abb. 14. Retter greift die Handgelenke des Betroffenen über Kreuz (ebd.)

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Abb. 15. Betroffene ist mit dem Rücken zum Beckenrand gedreht (ebd.)

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Abb. 16. Betroffene sitzt mit dem Gesäß am Beckenrand, der Retter stützt den Betroffenen mit seinen Beinen im Rücken (ebd.)

Dabei führt der Retter seine Arme unter den Achselhöhlen jeweils zwischen Oberarm und Körper des Verunfallten hindurch und greift sich einen Unterarm. Dieser wird im rechten Winkel zum Oberarm vor seine Brust gelegt (vgl. DLRG, 2012, S. 3). Der Unterarm wird im Ristgriff gegriffen, wobei es unbedingt erforderlich ist, dass die Daumen des Retters parallel zu den andern Fingern liegen. Der Verunfallte wird nun dicht am eigenen Körper angehoben, dabei sollte der größte Krafteinsatz aus den Beinen erfolgen. Der Rücken ist beim Anheben möglichst aufrecht. Der Retter läuft nun vorsichtig rückwärts weiter und transportiert den Betroffen mittels Rettungsgriff weg vom Beckenrand (Abb. 17). Aus Sicherheitsgründen sollten das Anlandbringen des Patienten und der Transport mittels Rettungsgriff nach Rautek nur auf einer rutschfesten Unterlage erfolgen. Der Hauptfehler beim Heben über den Beckenrand besteht im zu wenigen Schwungholen vor dem Heben. Beim Rettungsgriff nach Rautek liegen sehr häufig die Daumen nicht parallel zu den anderen Fingern. Auch passiert es immer wieder, dass der Retter den Patienten im Kamm- statt im Ristgriff greifen möchte.

[...]


[1] Hierbei sind im Folgenden sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint.

[2] Hier sind die WW des DRK und die DLRG gemeint.

[3] Die Aquapädagogik beschäftigt sich mit einem Unterrichtskonzept für das Schwimmen, dass die Kinder in vielseitige, spielerische und komplexe Bewegungsabläufe hereinwachsen lässt. Es geht dabei um die Vielseitigkeit, die spielerisch vermittelt werden soll. Die Kinder beschäftigen sich spielerisch mit möglichen Gefahren im Wasser und nehmen diese meist nicht einmal als bedrohlich wahr. Als erste Schwimmart wird das leichte und dem Laufen nachempfundene Rückenschwimmen ohne Arme vermittelt. Dies gilt als Sicherheitsebene für die Kinder, sollten sie sich einmal in einer Gefahrensituation befinden. Das Konzept wurde von Uwe Legahn entwickelt und in einem Buch (2007) veröffentlicht.

[4] Hier sind im Folgenden sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint.

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Rettungsschwimmen in der Sekundarstufe II. Ein Unterrichtskonzept
Hochschule
Universität Potsdam
Note
3
Autor
Jahr
2016
Seiten
44
Katalognummer
V351487
ISBN (eBook)
9783668379961
ISBN (Buch)
9783668379978
Dateigröße
1438 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schwimmen, Rettungsschwimmen, Sport, Sekundarstufe II, Unterricht, Lehrplan, Zeitentabelle, Benotung, Rahmenlehrplan, Unterrichtskonzept, Grobplanung, Erste Hilfe, Didaktik
Arbeit zitieren
Björn Eckstein (Autor:in), 2016, Rettungsschwimmen in der Sekundarstufe II. Ein Unterrichtskonzept, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351487

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