Gütekriterien politischer Karikaturen


Trabajo, 2002

19 Páginas, Calificación: 2


Extracto


Inhaltsverzeichnis

II. Qualitätskriterien
1. Aktualität
a) Relevante Eigenschaften des Themas
b) Relevante Eigenschaften des Mediums und Publikums
2. Reflexion
a) Analyse
b) Kommentierung
c) Entlarvung statt Aneignung politischer Symbole
3. Kodierungs-Kompetenz
a) Zeichnerische Fähigkeiten
b) Symbol-Kompetenz
c) Bild-Text-Komposition
d) Witztechnik

III. Fazit

IV. Bibliographie
1. Monographien / Sammelbände / Aufsätze
2. Karikaturen

2. Übersicht

Im ersten Teil der Arbeit werden anhand von aktuellen und historischen Karikaturen einzelne Gütekriterien betrachtet und die sie beeinflussenden Faktoren analysiert. Leider musste der Abschnitt zu Witztechniken sehr knapp ausfallen, da Nicholas Roukes Buch weder in der Universitäts- noch in der Staatsbibliothek oder im Bibliotheksverbund Bayern aufzufinden war. Der zweite Teil der Arbeit fasst dann die Überlegungen zu einem Fazit zusammen. Die angesprochenen Karikaturen werden im Anhang wiedergegeben.

II. Qualitätskriterien

1. Aktualität

a) Relevante Eigenschaften des Themas und des Mediums

Ein wesentliches Merkmal der politischen Karikatur ist ihre Aktualität. Diese definiert sich zum einen durch den Bezug auf eine politische oder gesellschaftliche Entwicklung, die sich zeitnah zur Veröffentlichung der Karikatur ereignet hat und in den Medien thematisiert wurde und wird.

Diese Definition aber ermöglicht noch keinen Rückschluss auf die Qualität einer Karikatur. Aktualität als Gütekriterium muss zusätzlich aus einer zweiten Richtung definiert werden. Nämlich nicht allein von den Eigenschaften des behandelten Themas her, sondern auch ausgehend vom Rezipienten der Karikatur. Denn eine vom Karikaturisten intendierte Aktualität muss vom Publikum nicht als solche wahrgenommen werden. Deshalb bedeutet Aktualität als Gütekriterium politischer Karikatur, dass einer Mehrheit der Leser jenes Mediums, in dem die Karikatur erscheint, das dargestellte Thema mit hoher Wahrscheinlichkeit durch dessen Berichterstattung bekannt ist. Denn dies ist die Voraussetzung zum Verständnis der Kommentierung und auch der Codierung der politischen Karikatur.

Fazit: Eine gute politische Karikatur kommentiert einen aktuellen Sachverhalt. Sie benutzt dazu graphische und textliche Verweise, Zitate und Figuren, die für das Zielpublikum desjenigen Mediums dekodierbar sind, in dem sie erscheint.

Wichtig ist hierbei auch der Umfang und die Art der Berichterstattung. Da in der Regel nur eine Karikatur je Zeitungsausgabe erscheint und diese sich im von einer Mehrheit der Leser kontinuierlich verfolgten politischen Teil befindet, muss auch die Berichterstattung hier erfolgt sein. Beschäftigt sich die Karikatur mit einem Thema, das zuvor hauptsächlich in dem von nur einer Minderheit gelesenen Wirtschaftsteil oder Feuilleton behandelt wurde, ist es unwahrscheinlich, dass eine Mehrheit der Leser ihren Bezug, ihre Aktualität, Symbolik oder Kommentierung versteht.

Das ist bei Heinz Birgs Karikatur „Odyssee auf Erde und Mars“ (Abbildung 1a) der Fall. Die Aussage dieser Karikatur ist – wahrscheinlich für eine Mehrheit der Betrachter – unverständlich. Denn sie bezieht sich in ihrer Aussage und auch in ihrer bildlichen Kodierung auf ein Thema, das am Tag vor ihrem Erscheinen auf der Panorama-Seite der Süddeutschen Zeitung behandelt wurde (Abbildung 1b). Es ist zu vermuten, dass aufgrund dieser relativ unprominenten Berichterstattung über die Odyssey-Mission – die Berichterstattung über den Krieg gegen den Terrorismus überlagerte sie auch in anderen Medien deutlich – nur eine Minderheit der Leser den aktuellen Bezug erkannt. Dadurch wurde eine Dekodierung der Karikatur unmöglich. Denn die Gegenüberstellung der Probleme im Afghanistan-Krieg und der erfolgreichen Mars-Mission soll den Kontrast zwischen dem unglaublichen technischen Entwicklungsniveau der Vereinigten Staaten und ihrer gleichzeitigen Ohnmacht gegenüber dem Taliban-Regime darstellen.

Das Problem dabei ist, dass mit der Darstellung in der Karikatur nicht unbedingt „Hochtechnologie“ assoziiert wird, weil trotz zeitnaher Berichterstattung weder das Bild noch das Thema der Mars-Sonde im allgemeineren Sinn vom Publikum aktuell wahrgenommen werden.

b) Relevante Eigenschaften des Publikums

Die erfolgte Medienberichterstattung ist aber nicht der einzige Faktor, der die Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der die Rezipienten die in der Karikatur dargestellten Themen – und ihre Aktualität – erfassen.

Diese anderen Faktoren sind für die Analyse zeitgenössischer europäischer und amerikanischer Karikaturen weniger relevant als für die Analyse historischer Karikaturen und solcher aus anderen Weltregionen als Nordamerika und Europa. Auch determinieren sie in vielleicht stärkerem Maß das Symbol- als das Themenverständnis. Aber gerade weil die Grenzen hier so schwer zu ziehen sind, muss auch der aktuell arbeitende Karikaturist diese Faktoren einbeziehen, um qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten.

Beispielsweise den Kulturkreis. Als ein Beispiel (siehe Abbildung 2) für in Europa und Amerika oft missverstandene fernöstliche Darstellungen beschreiben Gombrich und Kris: „The well-known humorous Chinese or Japanese figures of smiling, fat old men were not meant to be funny in the way that comic seaside postcards are today, but they were intended as talismans for luck and prosperity.“ (Gombrich, Kris, 1940, S. 5). Hier wird also nicht nur die symbolische Darstellung, sondern auch das Thema aufgrund eines anderen kulturellen Hintergrundes falsch verstanden.

Bei der Analyse aktueller und historischer Karikaturen ist dieser Faktor gewiss von größerer Bedeutung als bei der alltäglichen Arbeit eines Karikaturisten. Dennoch kann dieser Faktor – im weitesten Sinn - unter Umständen durchaus zur Beurteilung von Qualität herangezogen werden. Zum einen ganz banal: Am Tag nach den neuen Aussagen zu Folterungen im Algerien-Krieg hat eine Karikatur über den Nahost-Konflikt a priori in einer französischen Zeitung geringere Qualität als in einem deutschen Blatt. Ein konkreteres Beispiel: Der Karikaturist einer Lokalzeitung in einer Stadt mit hohem Einwandereranteil wird dieses Thema stärker und anders thematisieren müssen als Kollegen anderer oder auch überregionaler Blätter.

Ein Beispiel, das sowohl den geographischen als auch den historischen Aspekt von Aktualität einschließt, ist die in Abbildung 3 wiedergegebene Titelblattkarikatur der schweizerischen Zeitschrift „Der Nebelspalter“ aus dem Jahre 1934. Thema und Kodierung warn auch zum Erscheinungszeitpunkt für Nicht-Schweizer ebenso unverständlich wie nicht-aktuell, wie Métraux’s Beschreibung zeigt:

„Man muss wissen, dass in den Dreißigerjahren in Schaffhausen ein nationalsozialistisch orientierter Politiker namens Henne wirkte. Dass der aus dem Sprachschatz der Eidgenossen stammende Schlachtruf „Harrus!“ von den schweizerischen rechtsradikalen Erneuerungsbewegungen wieder aufgegriffen wurde ...“. (Métraux, 1966, S. 8)

Da solche Faktoren auch innerhalb der Leserschaft einer bestimmten Zeitung – wenn diese zum Beispiel sehr stark in unterschiedliche Regionen, Schichten oder Ethnien segmentiert ist - wirken können, muss die Definition von Aktualität als Qualitätsmerkmal erweitert werden: Eine gute politische Karikatur kommentiert einen Sachverhalt, über den das Medium, in dem sie erscheint, zeitnah und prominent berichtet hat und der für eine Mehrheit der Leser eine hohe Relevanz besitzt. Sie benutzt dazu graphische und textliche Verweise, Zitate und Figuren, die für das Zielpublikum desjenigen Mediums dekodierbar sind, in dem sie erscheint.

2. Reflexion

a) Analyse

Die analytische Leistung des Karikaturisten ist die Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Kommentierung. Denn ein Kommentar ohne Analyse ist lediglich eine Meinung. Knieper beschreibt die notwendige analytische Leistung so: Der politische Karikaturist muss „...das aufgegriffene Thema bereits vor der zeichnerischen Umsetzung gründlich recherchiert, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und eingehend reflektiert...“ (Knieper, 2001, S. 271) haben. Und: „Die eigene, wissensbasierte Meinung des Karikaturisten muß klar erkennbar sein.“ (Knieper, 2001, S. 271).

Analyse ist aber nicht nur im Endprodukt des Kommentars, sondern auch unabhängig von dieser in der Karikatur selbst zu erkennen. In Ann Telnaes Karikatur „Mirror, mirror on the wall“ (Abbildung 4) überwiegt beispielsweise die Analyse eindeutig vor dem Kommentar. Gewiss kann man Ähnlichkeit Scharons und Arafats als Kommentar Ann Telnaes’ lesen. Doch greift diese Lesart zu kurz. Denn der eigentliche Kommentar ist zwar nicht eindeutig in der bildlichen Darstellung zu sehen, wird aber dennoch vom Leser aufgefasst: Aufgrund der Ähnlichkeit der politischen Vertreter beider Parteien ist der Friedensprozess gefährdet, wenn nicht am Ende. Dieser kausale Bezug auf die aktuelle Entwicklung – des Aprils 2001 ebenso wie der gesamten bisherigen Amtszeit Scharons – ergibt sich nahezu zwingend aus der analytischen Darstellung. Scharon und Arafat haben beide denselben Gesichtsausdruck mit hängen Wangen und nach unten gezogenem Mund: Ein deutliches Zeichen von Unmut, der ebenso auf ihr jeweiliges Gegenüber als auch den Friedensprozess zu beziehen ist. Die herabhängen Arme und die zu Fäusten geballten Hände der beiden deuten über die Ablehnung des Händedrucks hinaus auf Gewaltbereitschaft hin. Diese Ähnlichkeiten bezieht der Rezipient auf den sehr gut vergleichbaren Hintergrund beider, auf Arafats Unterstützung für Terroristen ebenso wie auf Scharons Beteiligung an Kriegsverbrechen. Die Karikatur sagt nicht eindeutig, dass mit diesen politischen Führern kein Frieden zu machen ist. Doch ihre analytische Leistung lässt kaum einen anderen Schluss zu.

Diese Auswahl und Gegenüberstellung bekannter Fakten leistet, was man in Anlehnung an Streicher auch Bedeutungsproduktion nennen kann: „Caricature interprets nations, figures and events and helps to suplement the news presentation with statements of 'meaning'." (Streicher, 1966, S. 438).

Eine analytische Leistung auf der Symbolebene in Verbindung mit einer eindeutigen Kommentierung liefert Klaus Stuttmanns Karikatur „Auf dem Acker des Ostens“. Zunächst stehen Bild und Text in einem ganz offensichtlichen Widerspruch: Aus Bonbons wächst nichts. In diesem Widerspruch ist die Kommentierung zu finden, die Schröder öffentlichkeitswirksame aber uneffektive Maßnahmen beim „Aufbau Ost“ vorwirft. Der Text „Wer sät wird auch ernten“ verweist vage auf die Bibel als Symbolfundus. Eine genaue Prüfung der Bibelzitate offenbar die Mehrdeutigkeit dieses Zitats, die auf das dargestellte Thema bezogen einen analytischen Wert besitzen, der den Kommentar der Karikatur nicht nur stützt, sondern auch auf mehreren Sinnebenen differenziert. „Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten“ (Hosea 8,7) könnte in dem Sinne interpretiert werden, dass leere Versprechen von blühenden Landschaften und ähnlichem zu einer politischen Radikalisierung in Ostdeutschland führen. Das Zitat „Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.“ (Psalm 126,5) könnte als Vergleich zum westdeutschen Wirtschaftswunder verstanden werden: Der kollektive Mythos beschreibt das Wirtschaftswunder als Erfolg der harten Arbeit der Trümmergeneration. Im westdeutschen Umkehrschluss bedeutet das: Wenn Ostdeutschland Subventionen wie hier von Schröder zugeworfen werden, wird dort nichts blühen.

[...]

Final del extracto de 19 páginas

Detalles

Título
Gütekriterien politischer Karikaturen
Universidad
LMU Munich  (Institut für Kommunikationswissenschaft (ZW))
Curso
Die politische Karikatur im internationalen Vergleich
Calificación
2
Autor
Año
2002
Páginas
19
No. de catálogo
V3623
ISBN (Ebook)
9783638122375
ISBN (Libro)
9783640326785
Tamaño de fichero
520 KB
Idioma
Alemán
Notas
Erarbeitung, Diskussion und exemplarische Anwendung eines Kriterienkatalogs für die Qualität politischer Karikaturen. Die Karikaturen selbst sind nicht in der Datei enhalten, allerdings Angaben zu Erscheinungsort und Datum. 124 KB
Palabras clave
Gütekriterien, Karikaturen, Karikatur, Vergleich
Citar trabajo
Konrad Lischka (Autor), 2002, Gütekriterien politischer Karikaturen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3623

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