Gewalt und Misshandlung an Kindern. Eine Übersicht über Formen, Risikofaktoren in der Familie und Folgen


Hausarbeit, 2017

14 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmungen

3 Formen von Misshandlung
3.1 Körperliche oder physische Misshandlung
3.2 Seelische oder psychische Misshandlung
3.3 Vernachlässigung
3.3.1 Körperliche Vernachlässigung
3.3.2 Emotionale Vernachlässigung
3.4 Sexuelle Misshandlung

4 Folgen

5 Risikofaktoren
5.1 Merkmale der Eltern
5.2 Merkmale der Kinder
5.3 Sonstige Merkmale

6 Häufigkeit

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Stiefvater prügelt 12-Jährige bewusstlos“

„Aidskrankes Kind musste zum Wunderheiler statt in Therapie“

„Vierjähriger von acht Meter hoher Brücke in Fluss geworfen“

Ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben Kinder in Deutschland erst seit dem Jahr 2000 durch den § 1631 Abs. 2 im Bürgerlichen Gesetzbuch: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“ (BGB). Doch nicht selten kommt es vor, dass man oben genannte oder ähnliche Zeitungsartikel liest. Gewalt gegen Kinder und Kindesmisshandlungen gehören bei der Erziehung immer noch zum Alltag. Aufgrund des Dunkelfeldes lässt sich die genaue Anzahl der Misshandlungsopfer nur mager erfassen. Früher wurde es als „normal“ angesehen, wenn der Lehrer die Schüler mit einem Stock geprügelt hat, die Eltern den Kindern eine Ohrfeige verpasst haben, weil sie unartig waren, oder die Großeltern ihren Enkeln auf den Hintern geklatscht haben. Noch heute hört man Eltern sagen „Das hat noch keinem geschadet!“, nachdem sie ihrem Kind eine Ohrfeige oder einen Klaps auf den Po verpasst haben. Doch ist Gewalt gleich Gewalt? Welche Unterschiede gibt es? Im Folgenden werden die Begriffe Gewalt, Aggression und Kindesmisshandlung definiert, danach die Formen der Misshandlung vorgestellt. Daran anschließend die Folgen von Misshandlung, sowie Risiken und Häufigkeiten und zuletzt ein kurzes Fazit.

2 Begriffsbestimmungen

Dadurch, dass Gewalt als fachübergreifender Begriff, vor allem in den Sozial- und Erziehungswissenschaften, als auch in der Kriminologie benutzt wird, ist es nach Melzer und Schubarth nötig den Begriff Gewalt so zu definieren, dass er alle sozialschädlichen und sozialabweichenden Handlungsweisen mit in Betracht nimmt. Gewalt ist somit ein als Devianz bezeichnetes Verhalten, welches weder den Gesellschaftsnormen noch einem ihrer Teilsysteme (z.B. Familie, Schule, Beruf) gleichkommt. Von Delinquenz ist die Rede, sobald die Handlungen strafrechtlich werden. (vgl. Melzer/Schubarth, 2015, S.23).

Mertens und Pankofer bezeichnen Gewalt als psychischen oder physischen Schmerz, der Menschen und sowohl Tieren angetan wird, welcher nicht rechtmäßig durch eine Ausübung von Zwängen durchgeführt wird. Der Wille des Opfers wird nicht geachtet oder nicht eingehalten (vgl. Mertens/Pankofer, 2011, S.15).

Als andere Begriffe, welche oft uneinheitlich verwendet werden, sind beispielsweise Aggression, Bullying, Mobbing und Gewalt (vgl. Melzer/Schubarth, 2015, S.23). Zwischen Aggression und Gewalt besteht zwar eine klare Verbindung, jedoch korreliert diese nicht eindeutig, „[…]d.h. der Gewalt liegt meistens eine Aggression zugrunde, aber nicht jede Aggression muss unbedingt zu gewalttätigem Handeln führen“ (Mertens/Pankofer, 2011, S.15f). Markus Hoga differenziert in seinem Vortrag „Gewalt und Kriminalpsychologie“ noch zwischen erleichternder und appetitiver Aggression. Eine erleichternde Aggression dient dazu, unmittelbar eine Minderung eines aversiven Zustands herbeizurufen, wohingegen die appetitive Aggression den Zustand fördert um positive Erregung zu erlangen (vgl. Hoga, 21.11.2016).

Somit scheint es schwierig eine allumfassende Definition für Gewalt zu finden, da es stets darauf ankommt in welchem Kontext Gewalt geschieht und um welche Gewalt es sich genau handelt.

Als Kindesmisshandlungen werden „gewaltsame psychische oder physische Beeinträchtigungen von Kindern durch Eltern oder Erziehungsberechtigte“ bezeichnet (Engfer, 2016, S.4). Entstehen können diese Beeinträchtigungen durch Handlungen elterlicherseits, wie körperliche Misshandlung oder sexueller Missbrauch, als auch durch Unterlassungen, wie psychische oder physische Vernachlässigung (vgl. ebd.).

3 Formen von Misshandlung

Im Allgemeinen kann zwischen zwei Misshandlungsbegriffen unterschieden werden. Misshandlungen im engeren Sinne sind generell Fälle, bei denen Kinder körperlich verletzt werden. Nicht beobachtbar sind solche Schädigungen beispielsweise bei seelischer Misshandlung und den meisten Formen des sexuellen Missbrauchs. Handlungen, welche nur bedingt physische oder psychische Beeinträchtigungen bewirken und noch heute von vielen Eltern praktiziert werden, werden als Misshandlungen im weiteren Sinne bezeichnet. Dazu gehören z.B. häufiges Schimpfen, Schlagen, Bestrafen mit Liebesentzug oder auch bei sexuellen Missbräuchen der Exhibitionismus sowie sexualisierte Küsse (vgl. Engfer, 2016, S.4).

Beim Fehlen adäquater Hilfe, sobald Kinder in ihrer emotionalen Abhängigkeit von wichtigen Bezugspersonen im Vertrauen oder der Liebe missbraucht werden, fallen die Opfer in Verwirrung. Diese Verwirrung kann das ganze Leben des Leidtragenden überschatten (vgl. Sochaczewsky, 2010, S.52).

3.1 Körperliche oder physische Misshandlung

Körperliche oder physische Misshandlung sind jene Taten, welche durch den Gebrauch von Gewalt für Dritte absehbar zu psychischen oder physischen Beeinträchtigungen und der Entwicklung des Opfers führt, beziehungsweise eine Gefährdung in sich birgt. Der Misshandlungsbegriff schließt eine Reihe von Formen und Handlungen mit ein, welche von Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten durchgeführt werden, in dessen Verlauf körperliche Schäden zustande kommen. Um ein paar Formen körperlicher Misshandlung zu nennen: Schläge (auch mit Gegenständen), Werfen und Schleudern der Kinder gegen Wände oder Gegenstände, Knochenbrechen, Verätzungen oder auch heftiges Schütteln (vgl. Mertens/Pankofer, 2011, S.31). Es geht nicht nur um das Ausmaß und Härte der gewalttätigen Handlung, sondern ebenso um die Sensitivität des Kindes und die situativen Umstände (vgl. Engfer, 2016, S.9).

3.2 Seelische oder psychische Misshandlung

Unter psychischen Misshandlungen versteht man unangebrachte, altersunangemessene Handlungen und nicht ausreichende Relationsformen und –verhältnisse von Sorgeberechtigten zu Kindern (vgl. Mertens/Pankofer, 2011, S.32). Darunter werden Handlungen oder Unterlassungen verstanden, die den Kindern zu viel sind, sie einschüchtern aber auch ein Gefühl von Wertlosigkeit vermittelt wird. Elterliche Verhaltensweisen welche unter psychische bzw. emotionale Misshandlung und Vernachlässigung der Kinder fallen sind beispielsweise emotionales nicht-verfügbarsein, abwerten und ablehnen des Kindes oder entwicklungsunangemessene Verhaltensweisen dem Kind gegenüber von Seiten der Erziehungsperson (vgl. Engfer, 2016, S.7). Diese Interaktionen zeigen sich vereinzelt nur in alkoholisierten oder Überforderungssituationen (vgl. Herrmann, 2005, S.5).

3.3 Vernachlässigung

Als Besonderheit gilt die Vernachlässigung, da sie sowohl der Ausdruck psychischer als auch physischer Misshandlung ist und eine schwer beeinträchtigte Beziehung zwischen Eltern und Kind verdeutlicht (vgl. Techniker Krankenkasse, 2010, S.4).

„Vernachlässigung impliziert die erzieherische Gewalt, bei der es zu einem andauernden oder wiederholten Unterlassen fürsorglichen Handelns kommt“ (Mertens/Pankofer, 2011, S.32f), verläuft oft chronisch und bei wiederholtem Auftreten wird Vernachlässigung auch mit anderen Gewaltformen verknüpft (vgl. Engfer, 2016, S.5).

3.3.1 Körperliche Vernachlässigung

Eine Beeinträchtigung und Beschädigung durch erforderliche Maßnahmen wie Pflege, Ernährung, Körperkontakt, Aufsicht und Schutz der Bezugspersonen, welche für das Überleben und Wohlergehen des Kindes erforderlich sind, wird als körperliche Vernachlässigung verstanden (vgl. Techniker Krankenkasse, 2010, S.4).

3.3.2 Emotionale Vernachlässigung

Emotionale Vernachlässigung, auch Deprivation, entsteht durch ein nicht ausreichendes oder sich ständig wechselndes emotionales Beziehungsangebot (vgl. Mertens/Pankofer, 2011, S.33) oder die seelische Vernachlässigung durch die Verweigerung von Liebe, Zuwendung, Akzeptanz und Betreuung (vgl. Techniker Krankenkasse, 2010, S.4).

3.4 Sexuelle Misshandlung

Als sexuelle Misshandlung werden jene sexuelle Handlungen verstanden, welche gegen den Willen des Kindes erfolgen oder solche denen sich das Kind durch physische, emotionale und kognitive Entwicklungsstandards nicht zustimmend äußern kann. In diesen Fällen missbraucht der Täter seine Position als Macht- und Autoritätsperson, um auf Kosten des Kindes eigene Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. Galm/Herzig, o.J, S.2).

Hierbei kann zwischen verschiedenen Intensitätsgraden unterschieden werden: Leichte Form des Missbrauchs ohne Körperkontakt (Bsp.: anzügliche Bemerkungen), wenig intensive Missbrauchshandlung (Bsp.: Probieren, die Genitalien des Kindes zu berühren) intensiver Missbrauch (Bsp.: Täter masturbiert vor dem Opfer oder das Opfer muss vor dem Täter masturbieren) und intensivster Missbrauch (Bsp.: versuchte oder durchgeführte orale, anale oder vaginale Vergewaltigung) unterschieden werden. Die Kategorisierungen und Definitionen unterscheiden sich jedoch je nach Autor (vgl. Engfer, 2016, S.14).

Es kann zwischen vier Typen von Sexualstraftätern unterschieden werden:

- Kernpädophil (Beziehung zu einem Kind wird als Ideal angesehen)
- Beziehungsprobleme (Sexuelle Gewalt als Ersatzhandlung)
- Antisoziale Persönlichkeitsstörung (Ausüben von Macht und Kontrolle)
- Sadismus (sexuelle Erregung durch quälen Anderer)

(vgl. Klug, 12.12.2017).

4 Folgen

Das Erleben von Misshandlung und Vernachlässigung kann ausgeprägte Auswirkungen auf die emotionale und kognitive Entwicklung haben und physischen Schaden bis zum Tod mit sich bringen. Es geht weniger um die Form der Gewalt, viel mehr hängt das Ausmaß der Folgeerscheinungen von der Dauer und Intensität des Vernachlässigungs- bzw. Misshandlungsgeschehens ab und das Zusammenkommen unterschiedlicher Gefährdungsarten. Verstärkt werden die kausalen Schädigungen von Vernachlässigung oder Misshandlung durch vielfache Risikolagen, wie widrige Lebensverhältnisse oder außerplanmäßige Belastungen (vgl. Galm/Herzig, o.J, S.3).

Das Risiko für chronisch anhaltende Schmerzstörungen, Erkrankungen der Herzkranzgefäße und Diabetes Typ-2, ist bei Menschen, welche früh im Leben schwer misshandelt oder sexuell missbraucht wurden, höher. Durch die dramatischen Erlebnisse besteht sogar die Möglichkeit, dass sich das Erbgut verändert oder zumindest Schaden davon trägt (vgl. Skalli, 09.04.2011).

Es gibt keine spezifischen Langzeitfolgen, denn sie hängen immer vom Einzelfall der Betroffenen ab, inwiefern sie individuell belastet sind oder auch welche Ressourcen vorhanden sind um Problemlagen zu mildern oder eine positive Entwicklung zu begünstigen (vgl. Galm/Herzig, o.J., S.3).

Als häufigste Symptome und Anzeichen misshandelter und vernachlässigter Kinder sind (um ein paar zu nennen): die mangelnde Fähigkeit, Freude zu empfinden, ein schwaches Selbstwertgefühl, Rückzugstendenzen, Perfektionismus, Verhaltensauffälligkeiten und –störungen (wie erhöhte Aggressivität oder Gewaltbereitschaft) oder auch Lern- und Leistungsschwierigkeiten (vgl. Mertens/Pankofer, 2011, S.38ff.).

[...]

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Details

Titel
Gewalt und Misshandlung an Kindern. Eine Übersicht über Formen, Risikofaktoren in der Familie und Folgen
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Veranstaltung
K'Universale
Autor
Jahr
2017
Seiten
14
Katalognummer
V372173
ISBN (eBook)
9783668553439
ISBN (Buch)
9783668553446
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewalt, Misshandlung, Kinder, Kindeswohlgefährdung, Vernachlässigung, Risikofaktor, Familie, folgen
Arbeit zitieren
Jacqueline Matusiak (Autor:in), 2017, Gewalt und Misshandlung an Kindern. Eine Übersicht über Formen, Risikofaktoren in der Familie und Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/372173

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