Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Methode
3. Auswirkungen der Medienkonvergenz auf die Redaktionsorganisation
3.1 Wegfall des herkömmlichen Redaktionsschlusses
3.2 Technisierung der Arbeitsweise
3.3 Zusammenwachsen von Kompetenzbereichen
3.2 Entstehen von Newsdesk- und Newsroomkonzepten
4. Drei Konzepte der crossmedialen Redaktion
4.1 Vollständige Integration
4.2 Crossmedia
4.3 Koordination von eigenständigen Plattformen
4.4 Wichtigste Unterschiede der Konzepte
5. Vor- und Nachteile des Newsdesk- und Newsroomkonzepts
5.1 Vorteile der Redaktionskonvergenz
5.2 Nachteile der Redaktionskonvergenz
6. Fazit und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Crossmedia - das Wort scheint omnipräsent. Es beschreibt die immer mehr zusammenwachsenden Plattformen und das Medienübergreifende Aufbereiten von Inhalten. Dabei wird der Content über die verschiedenen Publikationskanäle gestreut und dem jeweiligen Medium entsprechend angepasst. Websites werden auf dem Handy aufgerufen. Auf Tablets werden Musiktracks oder Serien abgespielt. Bücher und Tageszeitungen werden immer seltener materiell auf Papier gelesen. Längst sind Texte und Bilder digitalisiert. Epaper, elektronische Ausgaben der gedruckten Zeitung, sind schon lange im Verlagsalltag angekommen und werden immer mehr ins Vertriebskonzept integriert. Das Internet ist das Medium schlechthin. Nahezu alle Altersgruppen sind online - die jüngeren Generationen sind dabei voraus. Sie richten ihre Rezeption von TV, Radio und Printinhalten fast ausschließlich über das Internet aus. In den wenigsten Haushalten finden sich weder PC, noch Laptop, Tablet oder Smartphone. Meistens sind eher mehrere mobile und stationäre Empfangsgeräte für Onlineinhalte vorhanden. Soziale Medien spielen dabei ebenfalls eine tragende Rolle. Mit seinen Algorithmen bestimmt beispielsweise Facebook die Nachrichtenverbreitung entscheidend mit - viele junge Menschen beziehen ihre Neuigkeiten zuerst über die Social-Media-Plattform und klicken dort weiterführende Webseiten an. Auf diesen hören sie Podcasts, schauen Videos und in Mediatheken gespeicherte TV- Beiträge. Online-Präsenz ist dadurch unabdingbar für Verlage. Aber auch die Redaktion muss sich verändern. Journalisten müssen ihre Arbeitsweisen überdenken, gewachsene Strukturen müssen aufgebrochen werden um dem crossmedialen Zeitalter Platz zu machen. Das klassische journalistische Handwerkszeug - das Geschichtenerzählen, die Darstellungsformen - all das bleibt erhalten. Es soll aber auf eine andere Ebene gehoben werden: Vernetzung und Plattformübergreifende Distribution der publizistischen Inhalte sind von Nöten. Dabei ist der Content ebenso multimedial in Form von Bewegtbild, Ton, Grafiken, Fotos und Text als auch Medienübergreifend. Er wird gedruckt, ausgestrahlt und online gestellt - natürlich für das jeweilige Medium entsprechend aufbereitet.
In der vorliegenden Arbeit werden die bisher sichtbaren Veränderungen der Redaktionsorganisation thematisiert. Dabei spielen auch neu entstehende Modelle crossmedialer Redaktionen eine Rolle - sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Behandelt werden zudem Vorteile und Nachteile, die diese neuen Konzepte in sich bergen. Diese Aspekte konkretisieren sich in folgenden Forschungsfragen: Wie wirkt sich die Medienkonvergenz auf die Redaktionsorganisation aus? Welche neuen redaktionellen Konzepte gibt es infolgedessen? Und welche Vor- und Nachteile bieteten die Newsdesk- und Newsroomkonzepte?
2. Methode
Um die eingangs formulierten Fragen beantworten zu können, werden im Folgenden die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf die Redaktionsorganisation dargestellt. Daran anschließend werden die verschiedenen Konzepte der crossmedialen Redaktionen nach Klaus Meier charakterisiert und die Umsetzung in der realen Welt anhand von Beispielen analysiert. Dabei werden ebenfalls die Merkmale der einzelnen Konzepte verdichtet und die Unterschiede herausgestellt. Um eine abschließende Einordnung möglich zu machen werden am Ende die Chancen und Risiken der Newsdesk- und Newsroomkonzepte aufgezeigt.
3. Auswirkungen der Medienkonvergenz auf die Redaktionsorganisation
Der Begriff Medienkonvergenz beschreibt die Verschmelzung von einzelnen Kanälen und Plattformen sowie von - wie das Wort schon sagt - klassischen Medien wie Print, Radio und Fernsehen. Dies geschieht vor allem durch die Angebote im Internet. Außerdem lässt sich Medienkonvergenz auch auf die verschiedenen Endgeräte beziehen. Denn auch auf Rezipientenseite findet ein Prozess des Zusammenwachsens statt, indem beispielsweise Apps über separate Apparaturen hinweg Verbindungen, und somit Zugriff auf dieselben Medieninhalte von unabhängigen Geräten aus, ermöglichen.
Diese Arbeit lässt Letzteres allerdings außen vor und beschäftigt sich vor allem mit der - durch die Medienkonvergenz bedingten - Vermischung von Kommunikationskanälen und Medien auf inhaltlicher Basis. Eine Nachricht wird so in einer Redaktion beispielsweise als Reportage aufgezogen, im Web angeteasert und mit Infografiken unterfüttert, außerdem wird ein Beitrag für das Radio geschnitten und ein Videointerview veröffentlicht. Ein Inhalt wird so medial mehrfach publiziert - auf verschiedenen Plattformen und in unterschiedlichen Formaten. Wichtig sind dabei Verweise zu den ergänzenden und komplettierenden Angeboten. Diese Medienkonvergenz-Struktur, bei der Content plattformübergreifend distribuiert wird, ist entscheidend für die kommenden Ausführungen, da in diesem Zusammenhang von Crossmedia die Rede ist. Zudem hat die Konvergenz auf der Ebene der Medieninhalte am meisten direkte Auswirkungen auf die Arbeitsweise der Journalisten und somit auf die Organisation der Redaktionen.
3.1 Wegfall des herkömmlichen Redaktionsschlusses
Noch ist die Änderung, dass es einen Redaktionsschluss im ursprünglichen Sinne nicht mehr gibt, nicht gänzlich angekommen in den Redaktionen. Zwar wird nicht mehr davon ausgegangen, dass Journalismus und Kommunikation mit dem letzten Redakteur der die Redaktion verlässt, endet, und doch fehlt es noch an Verständnis für den neu entstehenden 24/7 Rhythmus, den das immer aktuelle Medium Internet mit sich bringt. Dies beschreibt auch der Journalist und ehemalige Redaktionsleiter vom ZDF, Christian Jakubetz ,wenn er meint, dass der Redaktionsschluss gleichbedeutend wäre mit einem „Kom-munikationsschluss“. Aber „[m]it dem Kommunizieren kann […] im digitalen Zeitalter, in dem ständig irgendwo irgendjemand kommuniziert, nicht so einfach Schluss gemacht werden.“ (Jakubetz, 2010: S. 236) Das typische Wochenende, an dem Freitagabend die redaktionelle Arbeit beendet und Sonntagmittag wieder aufgenommen wird, ist nicht mehr länger kommunikationsfrei zu halten. (Vgl. Jakubetz, 2010: S. 236)
Die Strukturen ändern sich nahezu zu einem Echtzeitmedium - denn genau ein solches ist ja auch das Internet - das permanent mit Content bespielt werden will. Redaktionen müssen sich abgesehen von der Schlussredaktion noch mehr auf Früh- oder Nachtdienst einrichten um immer aktuell bleiben zu können. Gemäß dem Credo „web first“ (Vgl. Meier, 2010: S. 98) entsteht, durch den Druck im Netz immer topaktuell präsent zu sein, ein 24-Stunden-Service. Hier kommt schon der nächste Punkt ins Spiel. Denn es sind neue Technologien, die es ermöglichen schneller zu produzieren und auch von unterwegs oder zu Hause zu publizieren und die somit bei der 24/7 Redaktionsorganisation eine wichtige Rolle spielen.
3.2 Technisierung der Arbeitsweise
Das Zauberwort in Sachen redaktionelle Konvergenz lautet Content Management System. Es gibt sie zugeschnitten auf die verschiedensten Distributionskanäle wie Print, Audio und Bewegtbild sowie Internet. Diese Redaktionssysteme steuern die Workflows und geben ihnen Struktur. Außerdem ermöglicht die digitalisierte Technik vernetztes Arbeiten. (Vgl. Meier, 2010: S. 96). Dabei ist „[d]ie Digitalisierung der journalistischen Produktion und Distribution […] die technische Basis für Mehrkanalstrategien.“ (Meier, 2010: S. 96)
Journalisten werden zu Jongleuren: Kenntnisse zu immer mehr verschiedenen Tools und Content Management Systemen für die einzelnen Plattformen sind von Nöten. Natürlich ist diese Entwicklung nicht neu: Aktualisierte und stetig bessere Soft- aber auch Hardware halten seit Jahren immer mehr Einzug in die Redaktionen. Mit ihnen ändern sich Arbeitsmethoden und forcieren sich. So hat ein Journalist durch die Konvergenz heute „deutlich mehr Stilmittel, Kanäle und Darstellungsformen zur Auswahl - nur, dass es dafür nicht mit dem […] Erlernen eines Programms getan ist, sondern dass er in eine Art produktionstechnisches Perpetuum mobile geraten ist.“ (Jakubetz. 2010: S. 236) In einer Welt von ständigen technischen Innovationen und Produktupdates ist eine hochwertige Ausstattung der Redaktionsräume unabdingbar. Hier up-to-date zu bleiben ist sicher nicht einfach. Genau deswegen müssen Journalisten ihre Kompetenzen noch mehr erweitern. Nicht mehr nur das bloße Texten ist wichtig, sondern auch Grundkenntnisse in der Erstellung von audiovisuellen Inhalten und Systemen zur Visualisierung von Informationen. Enge Zusammenarbeit ist Voraussetzung dass sowohl Inhalt, als auch Design und Präsentation stimmen. Hier kommt es in Folge der Medienkonvergenz immer mehr zu Überschneidungen von Kompetenzbereichen, was im nachfolgenden Punkt weiter erläutert wird.
3.3 Zusammenwachsen von Kompetenzbereichen
Jeder soll alles können. Eine Utopie, aber zumindest Grundkenntnisse über mehrere Medienarten zu haben und die Kompetenz über verschiedene Plattformen arbeiten zu können, sind essentiell. Kommen noch die Sozialen Medien, wie Facebook, Twitter und Instagram dazu, stoßen meist ältere Semester, die ihren Redaktionsalltag Print-lastig ohne große Vernetzungs- und Internetbestrebungen gewohnt sind, schnell an ihre Grenzen. Unter Umständen haben Designer einen anderen Blick darauf, wie Printinhalte am besten visuell ins Web übertragen werden. Und auch an den Texten muss gefeilt werden. Onliner brauchen keine erklärenden, hintergründigen Passagen sondern prägnante, erregende Kurzaufhänger für ein Thema. Auch O-Töne oder Videomitschnitte wollen in Szene gesetzt werden, müssen aber eventuell technisch-qualitativ noch überarbeitet werden. Kompetenzen fangen an sich zu überschneiden und zusammenzuwachsen. Hier zeigt sich, dass auch den jüngeren Generationen, die sich in der digitalen Welt mehr zu Hause fühlen, ein sehr breites Spektrum an Wissen abverlangt wird, sodass sie allen crossmedialen Arbeiten gerecht werden können. Doch nicht nur das technische Handwerkszeug ist wichtig, sondern auch die richtige Vorgehensweise. Gefragt ist hier nun strategisches Denken: Wer hat welche Kompetenzen? Und wie verändern sich dadurch die Workflows?
3.4 Entstehen von Newsdesk- und Newsroomkonzepten
Beim crossmedialen Arbeiten ist wie oben schon angedeutet ein geplantes, strukturiertes Vorgehen nötig, um den Kommunikationsansprüchen der verschiedenen Kanäle und Plattformen nachkommen zu können. Bedingt durch die Medienkonvergenz entstehen so Strukturen, die eine klare Steuerung und Strukturierung der Workflows crossmedial arbeitender Redaktionen zum Ziel haben. Bedeutend sind hierbei „Newsdesk“ und „Newsroom“.
Der Newsdesk ist dabei ein System, bei dem ein zentral gestellter Tisch als Koordinations- und Produktionszentrale fungiert, in der alles zusammenläuft, was die Redaktion an Material zur Verfügung hat. Es können crossmedial mehrere Plattformen abgestimmt und bedient werden. Verschiedene Ressorts werden gemeinsam koordiniert. Die Anzahl der Reporter und Editors am Newsdesk kann variieren. Der Newsdesk bildet oftmals das Zentrum des Newsrooms. Letzterer ist ein Großraumbüro zur Umsetzung neuer redaktioneller Konzepte des Ressort- und Medienübergreifenden Planens und Arbeitens. Dieses Organisationsmodell beruht auf der neuen Art journalistisch zu denken und zu handeln und bezeichnet nicht originär architektonische Merkmale. (Vgl. Meier, 2010: S.100-101) Ebendieses neue Newsroom-Konzept wird in seinen Entwicklungsstufen - in Theorie und Praxis - im folgenden Kapitel dargestellt.
4. Drei Konzepte der crossmedialen Redaktion
Klaus Meier bezeichnet die veränderte Arbeitssituation für Journalisten in Crossmedia-Redaktionen als redaktionelle Konvergenz, „[...] wobei damit die redaktionelle „Zusammenführung“ von einerseits den traditionellen journalistischen Plattformen Print, Radio und Fernsehen und andererseits den neuen digitalen Plattformen wie Internet und mobiler Kommunikation gemeint ist.“ (Meier, 2010: S. 95) Fußend auf dieser Definition lässt sich redaktionelle Konvergenz im Kontext dieser Arbeit als Synonym für die oben definierte Medienkonvergenz verstehen.
Ein internationales Forschungsprojekt, das mit den Titeln „Newsroom Integration in Austria, Spain and Germany: Models of Media Convergence“ und „Newsroom- Konvergenz in Tagesszeitungen im internationalen Vergleich“ 2009 unter anderem von Garcia Avilés und Andy Kaltenbrunner veröffentlicht wurde, definierte Modelle redaktioneller Konvergenz auf der Basis von Fallstudien. Die untersuchten Redaktionen lagen in Deutschland, Österreich und Spanien. (vgl. Garcia Avilés et al. 2009) Die Ergebnisse typisieren drei verschiedene Konzepte, die unterschiedliche Stufen des Konvergenzprozesses darstellen. Umrissen wurden dabei die Modelle der „Vollständigen Integration“, des „Crossmedia-Newsrooms“ und der „Koordination von eigenständigen Plattformen“. Klaus Meier fasste 2010 die Merkmale dieser drei Konzepte zusammen.
Diese werden im Folgenden aufgezeigt und die Übersetzung der Theorie in die Praxis des Redaktionsalltags wird für jedes Modell exemplarisch an einer ausgewählten Redaktion erläutert.
4.1 Vollständige Integration
Bei dem Konzept eines vollständig integrierten Newsrooms „ist in einem einzigen Newsroom die notwendige Infrastruktur für multimediale Produktion konzentriert.“ (Meier, 2010: S. 106) Das heißt, dass in diesem einen Raum die Informationen beschafft und gesammelt und die daraus entstehenden Nachrichten produziert und publiziert werden. Alle Prozesse werden zentral im Newsroom gesteuert und auch die verschiedenen Kanäle werden von hier aus bespielt. Die Workflows laufen über themenorientierte Teams - die sich an den klassischen Ressorts wie Politik, Wirtschaft, Sport, Lokales usw. orientieren.
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