Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vorstellung des gewählten Cases
3. Risikomanagementprozess
4. Risikoidentifikation
4.1. Wechselkursrisiken
4.2. Translationsrisiko
4.3. Transaktionsrisiko
4.4. Ökonomisches / strategisches Risiko
5. Risikomessung
5.1. Value at Risk Ansatz
5.1.1. Risikoposition
5.1.2. Volatilität
5.1.3. Liquidationsperiode
5.1.4. Sicherheitswahrscheinlichkeit
5.1.5. Voraussetzungen für die Berechnung des Value at Risk
5.2. Messen des Value at Risk am Praxisbeispiel
5.3. Lower Partial Moments
6. Risikobehandlung
6.1. Absicherungsinstrumente
6.1.1. Devisenkassa- und Devisentermingeschäfte
6.1.2. Bedingte und unbedingte Devisentermingeschäfte
6.1.3. Börsengehandelte und OTC-Geschäfte
6.1.4. Forwards & Futures
6.1.5. Devisenoptionen
6.1.6. Plain-Vanilla Option
6.2. Absicherung des Wechselkursrisikos (Praxis)
6.2.1. Devisentermingeschäft (Forward)
6.2.2. Devisenterminoption (Plain-Vanilla Option)
6.2.3. Entscheidung für oder gegen eine Sicherung
7. Risikocontrolling
7.1. Backtesting
7.2. Auswirkungen einer Sicherung
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Logo Delivery Hero (Quelle: Delivery Hero AG, Seite 1)
Abbildung 2: Ablauf einer Bestellung mit Delivery Hero (Quelle: Delivery Hero AG, Seite 9)
Abbildung 3: Der Risikomanagementprozess (Quelle: eigene Darstellung nach Wolke, 2016, Seite 5)
Abbildung 4: Risikoarten auf der Zeitachse (Quelle: Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V, Seite 2o7)
Abbildung 5: Normalverteilung nach Gauß mit einem Konfidenzniveau von 95% (Quelle: eigene Darstellung)
Abbildung 6: Empirische Dichtefunktion des EUR-GBP Kurses (Quelle: eigene Darstellung)
Abbildung 7: Devisentermingeschäft und Plain-Vanilla Option (Quelle: Eigene Darstellung)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Sicherheitswahrscheinlichkeiten & zugehörige Standardabweichung (Quelle: Wolke 2016, Seite 33)
Tabelle 2: Annahmen für die Berechnung des VaR mit EW = 0% (Quelle: Eigene Berechnungen)
Tabelle 3: Annahmen für die Berechnung des VaR mit EW = -0,5354 % (Quelle: Eigene Berechnungen)
Tabelle 4: Annahmen für die Berechnung des VaR mit EW = 0,5354 % (Quelle: Eigene Berechnungen)
Tabelle 5: LPM 0 für Devisentermingeschäft und Plain-Vanilla (Quelle: Eigene Berechnungen)
Tabelle 6: Gegenüberstellung der Sicherungsalternativen (Quelle: Eigene Berechnungen)
1. Einleitung
Das Management von Wechselkursrisiken hat seinen Ursprung im Zusammenbruch der internationalen Währungsordnung von Bretton-Woods im Jahre 1973 und gilt seither als eines "der zentralen Risiken der Unternehmung" (Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., 2017, p. 2). Durch die Entkoppelung des Dollars vom Gold und die damit einhergehende Aufgabe des Dollars als Referenzwährung erlangte das internationale Währungssystem enorme Flexibilität, die jedoch gleichzeitig mit gesteigerten Risiken verbunden war. Der Wert einer Währung wurde nunmehr durch Angebot und Nachfrage bestimmt, begleitet von fallweisem Eingreifen der jeweiligen Währungsbehörden der weltweit führenden Währungen US-Dollar, Yen und Euro (Sperber & Sprink, 2012, p. 82). Währungskurse werden somit nach Marktkriterien gebildet und drücken dadurch, sichtbar in Angebot und Nachfrage, die Erwartungen der Marktteilnehmer aus. Politische Entscheidungen und Entwicklungen haben neben wirtschaftlichen Kriterien seit der Aufgabe der festen Wechselkursverhältnisse des Bretton-Woods Systems oder auch des zwischen 1979 und 1998 bestehenden Europäischen Wechselkurssystems (EWS) wesentlichen Einfluss auf das Wechselkursverhältnis zwischen zwei Währungen (Sperber & Sprink, 2012, p. 83).
Insbesondere die deutsche Wirtschaft ist durch ihre starke Exportfokussierung anfällig für Wechselkursschwankungen (Wolke, 2016, p. 152). Wechselkursschwankungen können bei im- und exportorientierten Unternehmen zu empfindlichen Verlusten führen, weswegen „geschicktes Wechselkursmanagement […] einen wichtigen Aufgabenbereich des Managements in einer so stark verflochtenen Weltwirtschaft [darstellt]“ (Stocker, 2013, p. 153).
Angesicht der hohen weltweiten politischen Unsicherheit, hervorgerufen durch wachsende Eurokritik in den EU-Kernländern, protektionistische Maßnahmen des US-amerikanischen Präsidenten sowie aufkeimenden Nationalismus, kann davon ausgegangen werden, dass diese Unsicherheit auch Auswirkungen auf die internationalen Wechselkurse hat.
In dieser Arbeit sollen das Management von Risiken aus Wechselkursschwankungen am Beispiel der Delivery Hero AG betrachtet werden. Die Delivery Hero AG entschloss sich im Brexit-Jahr 2016 für den Verkauf ihrer britischen Tochtergesellschaft Hungyhouse Ltd..
Als Leitfaden wird der Risikomanagement Prozess, bestehend aus Risikoidentifikation, -messung, -behandlung und -controlling, diese Arbeit durchziehen. Im Rahmen der Risikoidentifikation werden diverse Arten des Wechselkursrisikos vorgestellt, während im Zuge der Risikomessung der Value at Risk Ansatz (VaR) Anwendung findet. Die Risikobehandlung wird durch die Betrachtung des Devisentermingeschäfts und der Devisenterminoption durchgeführt. Das Risikocontrolling wird durch das Backtesting Verfahren im Wesentlichen abgedeckt. Neben der Vorstellung der theoretischen Grundlagen zu jeder Phase des Risikomanagement Prozesses findet ebenfalls die praktische Anwendung statt.
2. Vorstellung des gewählten Cases
Im Folgenden soll der Case, welcher als Basis für die praktische Anwendung dieser Arbeit dient, dargelegt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Logo Delivery Hero (Quelle: Delivery Hero AG, Seite 1)
Die Delivery Hero AG, mit Sitz in Berlin, ist „einer der weltweit führenden Online-Marktplätze für Essensbestellungen und -Lieferungen“ (Delivery Hero AG, 2018, p. 3) und konnte im Jahre 2017 mit 292 Millionen ausgeführten Bestellungen einen Umsatz von 544 Millionen Euro und damit ein Wachstum von 60% im Vergleich zum Vorjahr generieren.
Delivery Hero ist mit seinen zahlreichen Tochtergesellschaften in mehr als 40 Ländern vertreten und agiert auf einem adressierbaren Markt mit einem Volumen von mehr als 70 Milliarden Euro jährlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Ablauf einer Bestellung mit Delivery Hero (Quelle: Delivery Hero AG, Seite 9)
Das Geschäftsmodell von Delivery Hero ist ein klassisches Provisionsgeschäft.
Delivery Hero bietet Restaurants eine Plattform, um ihr Speisenangebot abzubilden. Der Besteller kann nun auf dieser Plattform zwischen den verschiedenen Restaurants wählen und gegebenenfalls eine Bestellung aufgeben. Der gesamte Bestell- und auch Bezahlprozess wird über die Plattform von Delivery Hero abgebildet. Delivery Hero verlangt für jede Bestellung eine Vermittlungsprovision, üblicherweise ca. 13% des Bestellwerts (Delivery Hero, 2014), von den Restaurants. Die generierten Einnahmen durch Provisionen machten im Geschäftsjahr 2017 einen Anteil von 75 % des Gesamtumsatzes aus. Zwei weitere Einnahmequellen komplementieren das Geschäftsmodell. Zum einen sind dies Einnahmen aus Beispiel bezahlter Werbung für bestimmte Restaurants, welche dann auf der Plattform besser platziert werden, zum anderen bietet Delivery Hero einen eigenen Lieferdienst an, welcher von Restaurants gegen eine Gebühr genutzt werden kann. Diese Einnahmequellen machen jeweils 9% des Gesamtumsatzes aus (Delivery Hero AG, 2018, p. 15).
Der dieser Arbeit zugrunde gelegte Case befasst sich spezifisch mit der Veräußerung der britischen Tochtergesellschaft Hungryhouse Ltd.. Die Online Plattform Hungryhouse, welche erst im Februar 2012 im Rahmen der Europaexpansion zu 100% von Delivery Hero übernommen wurde (Kaczmarek, 2012), wurde im Januar 2018 in Folge einer Neustrukturierung mit dem Ziel einer Konsolidierung der Märkte für 240 Millionen Pfund an das britische Konkurrenzunternehmen Just Eat Plc. veräußert (Delivery Hero AG, 2018, p. 123).
Die tatsächliche Abwicklung der Transaktion hat sich über einen Zeitraum von über einem Jahr erstreckt. Vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verkaufsintention (15. Dezember 2016) und dem endgültigen Schluss der Transaktion (31.01.2018) vergingen 288 Handelstage. Aufgrund der Tatsache, dass der Verkauf der Hungryhouse Ltd. in der Fremdwährung britische Pfund abgewickelt wurde, war die Delivery Hero AG für einen signifikanten Zeitraum einem Risiko in Form von Schwankungen des Pfund/Euro Wechselkursverhältnisses ausgesetzt.
3. Risikomanagementprozess
Die vorliegende Hausarbeit orientiert sich am Aufbau des Risikomanagementprozesses, welcher in der Literatur als einer der häufigsten Einteilungen im Rahmen des Risikomanagements Anwendung findet (Wolke, 2016, p. 4). Die untenstehende Darstellung zeigt, dass es sich beim Risikomanagementprozess nicht um eine einmalige Tätigkeit, sondern um einen rollierenden Prozess handelt, welcher im Rahmen eines effizienten Risikomanagements kontinuierlich Anwendung finden sollte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Der Risikomanagementprozess (Quelle: eigene Darstellung nach Wolke, 2016, Seite 5)
Die Arbeit legt die vier Phasen des Risikomanagementprozesses zuerst theoretisch mit den für das Praxisbeispiel geeigneten Anwendungsmöglichkeiten dar, darauffolgend werden die einzelnen Teile des Prozesses auf das Beispiel übertragen.
Die Erläuterung der jeweiligen Phasen (Identifikation, Messung, Behandlung und Controlling) finden sich jeweils zu Beginn des jeweiligen Kapitels, daher soll an dieser Stelle nicht weiter auf den Risikomanagementprozess eingegangen werden.
4. Risikoidentifikation
Die Risikoidentifikation beinhaltet die systematische Ermittlung aller potentiell auf eine Unternehmung einwirkenden Risiken (Wolke, 2016, p. 4) und bildet damit die erste Stufe des Risikomanagementprozesses. Im Rahmen der Risikoidentifikation werden betriebswirtschaftliche Risiken betrachtet, welche je nach Art der Unternehmung in verschiedenen Formen oder Ausprägungen auftreten können. Für den gewählten Case, also den Verkauf einer Tochtergesellschaft in Fremdwährung, ist es naheliegend sich mit der Thematik der Wechselkursrisiken zu beschäftigen.
4.1. Wechselkursrisiken
Das Wechselkursrisiko, welches sich als „die negative Abweichung von einer geplanten Zielgröße aufgrund unsicherer zukünftiger Entwicklung der Wechselkurse“ (Wolke, 2016, p. 152) definieren lässt, ist ein Risiko für Unternehmen, welche Auslandsgeschäfte in Fremdwährungen betreiben.
Im Folgenden werden drei Klassifizierungen des Währungsrisikos erläutert. Hierbei geht die Arbeit auf das Translations-, das Transaktions- und das ökonomische Risiko ein. Die Unterscheidung und Definition der verschiedenen Risikoarten ist entscheidend für die Zuordnung der im Laufe der Arbeit betrachteten Sicherungsinstrumente.
4.2. Translationsrisiko
Das Translationsrisiko befasst sich unmittelbar mit der Umrechnung von originär in Fremdwährung ausgedrückten Bilanzpositionen und bezieht sich daher auf eventuelle Schwankungen des buchhalterischen Vermögens in Folge von Wechselkursschwankungen. Translationsrisiken entstehen im Rahmen der Konzernkonsolidierung, wenn zum Beispiel die Jahresabschlüsse von in Fremdwährung berichtenden Tochtergesellschaften in die Berichtswährung der Muttergesellschaft umgerechnet werden müssen (Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., 2017, p. 4).
Nach er oben aufgeführten Definition, handelt es sich beim Translationsrisiko nicht direkt um ein Wechselkursrisiko, denn „der Konzern als Ganzes erleidet keinen Schaden durch Wechselkursänderungen“ (Wolke, 2016, p. 153). Eher handelt es sich nur um die Bewertung bestimmter Positionen. Da das Translations- oder bilanzielles Wechselkursrisiko keinen Einfluss auf die Liquidität hat, wird es in der Literatur oftmals untergeordnet behandelt.
4.3. Transaktionsrisiko
Das Transaktionsrisiko, welches sich auf „vertraglich bestehenden Fremdwährungsforderungen oder Fremdwährungsverbindlichkeiten“ (Büter, 2017, p. 373) bezieht, ist relevant für noch nicht beglichene Geschäfte, beziehungsweise offene Devisenpositionen, welche folglich durch „Wechselkursschwankungen an Wert verlieren können“ (Wolke, 2016, p. 153). Das Transaktionsrisiko bezieht sich konkret auf die Zufallsabhängigkeit des Gegenwerts (in Euro) für sowohl zukünftig zu erhaltene Beträge, als auch für zukünftig zu leistende Fremdwährungsbeträge (Breuer, 2015, p. 120).
Anhand des folgenden einfachen Beispiels soll die Betrachtung des Transaktionsrisikos praxisbezogen erläutert werden:
Ein Unternehmen erwartet in t = 1 eine Zahlung von $1.000. Der tatsächliche Gegenwert der Zahlung in Euro berechnet sich am Tag der tatsächlichen Transaktion wie folgt: 1000*w1, daher besteht eine Abhängigkeit zum aktuellen Kassawechselkurs.
Für die folgende Arbeit und das angewandte Praxisbeispiel, wird das Transaktionsrisiko das grundsätzlich relevante Risiko sein. Durch den Bezug „auf einzelne Zahlungspositionen und der damit verbundenen Konkretheit der Betrachtung [ist das Transaktionsrisiko] unmittelbar als Grundlage für die Herleitung von Sicherungsmaßnahmen geeignet“ (Breuer, 2015, p. 121).
4.4. Ökonomisches / strategisches Risiko
Das ökonomische Risiko ist zukunftsorientiert und „bezieht sich auf das Risiko, welches von Wechselkursschwankungen auf den zukünftigen Unternehmenserfolg ausgeht“ (Büter, 2017, p. 375), im Gegensatz zum Transaktionsrisiko werden unter dem ökonomischen Risiko noch nicht fixierte Zahlungen behandelt.
Das ökonomische Risiko, in der Literatur auch strategisches Risiko genannt, befasst sich mit der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens im Fremdwährungsraum und ist daher ein Risiko, welches primär für inländische Unternehmen mit exportorientierten Geschäftsfeldern relevant ist (Wolke, 2016, p. 153). Das ökonomische Risiko befasst sich mit der Frage, inwiefern sich Veränderungen des Wechselkurses auf den Umsatz der exportierten Produkte im Fremdwährungsraum auswirken (Büter, 2017, p. 375).
Gemeinsam mit dem Transaktionsrisiko bildet das ökonomische Risiko das sogenannte Economic Exposure (Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., 2017, p. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Risikoarten auf der Zeitachse (Quelle: Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V, Seite 2o7)
Für das gewählte Praxisbeispiel wird sich die Arbeit im Folgenden mit der Messung und Behandlung des Transaktionsrisikos beschäftigen, da sich der Verkauf einmalig ereignet und es keine weiteren Geschäftsaktivitäten im britischen Währungsraum gibt.
5. Risikomessung
Nachdem im letzten Abschnitt der Arbeit die Risikoarten näher beschrieben und identifiziert wurden, befasst sich der folgende Teil der Arbeit mit dem Messen des Risikos. Die Risikomessung folgt stets auf die Risikoidentifizierung und soll eine konkrete Bewertung des Risikos gewährleisten. Bei der Messung von Risiken wird grundsätzlich zwischen quantitativen und qualitativen Risiken unterschieden (Wolke, 2016, p. 5).
Für die vorliegende Arbeit und das gewählte Fallbeispiel lässt sich das Risiko konkret mit dem Ansatz des Value at Risk quantifizieren.
5.1. Value at Risk Ansatz
Bei dem Konzept des Value at Risk handelt sich um ein "verlustorientiertes Risikomaß" (Wolke, 2016, p. 30), welches in einer monetären Kennzahl, also einem Euro-Betrag, das potentielle Risiko eines bestimmten Assets wiedergeben soll. Um das Konzept des VaR konkreter auf die Praxis zu übertragen, übersetzt John C. Hull die Aussage des Value at Risk wie folgt: "Ich bin zu X Prozent sicher, dass wir in den nächsten N Tagen, nicht mehr als V Dollar verlieren werden" (Hull, 2015, p. 610) dar. Die Entstehung des Value at Risk ist auf die US-amerikanische Investmentbank Morgan Stanley im Jahre 1994 zurückzuführen und wurde ursprünglich für die Messung von Marktrisiken konzipiert (Wolke, 2016, p. 30).
Die Value at Risk Methode verfolgt zwei Hauptziele. Zum einen soll es die Vergleichbarkeit von verschiedenen Risiken gewährleisten, zum anderen sollen die Nachteile einer reinen Betrachtung der Volatilität ausgeräumt werden. Um die Nachteile des Risikomaßes der Volatilität zu umgehen werden weitere Eigenschaften einer Risikoposition in Betrachtung gezogen. Hierzu zählen die Risikoeinstellung des Investors und die Berücksichtigung der Liquidationsperiode. Des Weiteren hat der Ansatz des VaR den Vorteil, dass das gemessene Risiko in Geldeinheiten beziffert wird und daher eine bessere absolute Bewertbarkeit des Risikos gewährleistet.
Eine Bewertung des Risikos mit Hilfe des Ansatzes des Value at Risk hat sowohl einige Vorteile, als auch signifikante Nachteile.
Einen der entscheidende Vorteile, welcher wohl hauptverantwortlich für die rasche Etablierung des Value at Risk ist, stellt die Einfachheit der Berechnung und der daraus enthaltenen Kennzahl dar. Durch eine anschauliche Aussage wie z.B. „Ich bin zu 99% sicher, dass wir in den nächsten 10 Tagen, nicht mehr als 1,5 Millionen Euro verlieren werden“, kann sich jeder Manager ein Bild der Risikolage machen, ohne ein größeres Verständnis der Risikoentstehung zu haben.
Ein entscheidender Nachteil des Value at Risk ist die fehlende Aussage über das Maximalrisiko, welches in oben genannten Beispiel in 1% der Fälle der eintritt. Um dies zu veranschaulichen drehen wir die Aussage einmal um: „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in den nächsten 10 Tagen, 1,5 Millionen oder mehr verlieren werden, liegt bei 1%“. Hier ist entscheidend, dass der VaR keine Aussage über das potentielle Risiko, welches über 1,5 Millionen liegt, leisten kann, sondern der Value at Risk lässt sich nur durch den Maximalverlust eingrenzen, welchen er nicht überschreiten kann .
Die Berechnung des Value at Risk erfolgt durch folgende Berechnung:
Risikoposition x Volatilität x Liquidationsperiode x Sicherheitswahrscheinlichkeit = VaR
Im Folgenden werden die einzelnen Positionen der Berechnung in Kürze theoretisch dargestellt, bevor die konkrete Messung am gewählten Praxisbeispiel der Delivery Hero AG durchgeführt wird.
5.1.1. Risikoposition
Die Risikoposition beschreibt die mark-to-market Bewertung der Vermögensposition in der jeweiligen einheimischen Währung. Dementsprechend wird die Risikoposition durch die Umrechnung des Transaktionswerts zum aktuellen Wechselkurs in Euro ermittelt. Die Bestimmung einer Risikoposition kann für alle ökonomischen Größen eines Unternehmens, welche bestimmten Schwankungen unterliegen, durchgeführt werden (Schierenbeck, et al., 2014, p. 406).
Das gewählte Praxisbeispiel besteht aus einer bereits abgewickelten Transaktion, daher wird für die Berechnung der Risikoposition der Wechselkurs des Tages der Bekanntgabe der Transaktion (15. Dezember 2016) zugrunde gelegt.
5.1.2. Volatilität
Die Volatilität beschreibt im Grunde die Schwankungsbreite ökonomischer Größen und ist daher eine entscheidende Kennzahl für Untersuchungen im Rahmen des Risikomanagements. In der Literatur wird die Volatilität als Basis aller Methoden und Anwendungen des Risikomanagements bewertet (Wolke, 2016, p. 20).
Konkret beschreibt die Volatilität die durchschnittliche Abweichung von einer erwarteten Vermögensänderung bzw. Rendite und berechnet sich aus dem historischen Zeitraum vor der Bekanntgabe der Verkaufsintention (03.11.2015 – 15.12.2016). Dieser Zeitraum wurde gewählt, da er die gleiche Anzahl an Handelstagen wie die Liquidationsperiode (15.12.2016 – 31.01.2018) enthält.
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