Automatisierte und autonome Systeme in der Militär- und Waffentechnik. Sollte sich die Bundesrepublik auch bewaffnete Drohnen kaufen bzw. entwickeln wie z.B. die USA?


Thèse Scolaire, 2018

15 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Definition „Automatisierte / autonome Systeme in der Militär- und Waffentechnik“

2. Diskussion über die Beschaffung von Kampfdrohnen

3. Mögliche künftige Drohnen für die Bundeswehr

4. Pro / Contra der Systeme / Drohnen

5. Lösungsmöglichkeiten

6. Zusammenfassung / Fazit

7. Quellen

Bei Drohnen handelt es sich um unbemannte Flugobjekte, die heute für immer mehr Anwendungsbereiche entwickelt werden. Ausgerüstet mit einer Kamera werden sie im privaten und auch im professionellen Einsatz betrieben, um spektakuläre Aufnahmen zu erstellen oder auch Gegenden zu kartographieren. Auch vom Militär werden sie genutzt, da sie wegen ihrer Größe billiger als bemannte Flugzeuge sind, schwerer geortet werden können und im Falle eines Absturzes keine Piloten gefährdet sind. Neben der Aufklärung, für die sie auch bei der Bundeswehr eingesetzt werden, besteht die Möglichkeit, sie durch Bewaffnung auch für Angriffe einzusetzen. Sie gelten daher als perfekte Waffen, da man agieren kann, ohne auf eigener Seite Opfer zu befürchten. Doch gibt es auch viele Gegenstimmen, die die Drohnen für unmenschlich halten. Einige Nationen, u. a. die USA, fliegen dennoch schon seit mehr als 10 Jahren mit bewaffneten Drohnen in Krisengebiete und töten dort ihre Gegner. Und auch der Deutsche Bundestag diskutiert schon seit geraumer Zeit, ob Deutschland sich bewaffnungsfähige Drohnen kaufen bzw. entwickeln sollte.

Mit der Hausarbeit möchte ich am Beispiel der Drohnen die Diskussion über das Für und Wider von automatisierten und autonomen Systemen in der Militärtechnik vorstellen. Darauf aufbauend wird dann eine mögliche Lösung vorgeschlagen.

1. Definition „Automatisierte / autonome Systeme in der Militär- und Waffentechnik“

Eine offizielle Definition der automatisierten und autonomen Systeme ist bis jetzt noch nicht vorhanden, da die Technik erst noch an ihrem Anfang ist. Doch für Gesetze über diese Systeme benötigt man unbedingt eine eindeutige Definition[1], da diese Gesetze sonst frei ausgelegt werden könnten.

Bereits jetzt können die automatisierten und autonomen Systeme schon in 4 verschiedene Arten eingeordnet werden: den automatischen, den semiautonomen, den operationell autonomen und den vollautonomen Systemen. Dabei sind die Übergänge der verschiedenen Einordnungen fließend, eine klare Abgrenzung gibt es demnach nicht. Die automatischen Systeme funktionieren nach dem Prinzip human in the loop. Dabei wird das System von mindestens einem Menschen ferngesteuert und kontrolliert. Die meisten Systeme, die im Moment im Einsatz sind, fallen in diesen Teil der Einordnung. Als zweites gibt es die semiautonomen Systeme: Dabei greifen diese auf das Prinzip human on the loop zurück. Das System bewegt sich autonom und handelt autonom, jedoch wird es stets von einem Menschen überwacht und kontrolliert. Genauso wie die automatischen Systeme sind die semiautonomen nicht ohne den Menschen funktionsfähig bzw. erlaubt. Um diese wird es sich später auch hauptsächlich handeln, da die Systeme der dritten und vierten Einordnung entweder noch nicht erlaubt oder gar technisch noch überhaupt nicht möglich sind.

Zur dritten Einordnung gehören die operationell autonomen, die völlig ohne jegliches Eingreifen des Menschen arbeiten. Das Prinzip dahinter nennt man human out of the loop. Jedoch sind diese Systeme nicht vollautonom, da sie durch zwei Arten eingeschränkt sind. Zum einen durch die Programmierung, die von dem Programmierer nur für bestimmte Situationen oder Handlungen geschrieben worden ist, und zum anderen durch die auch nur für gewisse Anforderungen bestimmte Bauweise. Die Möglichkeiten dieser operationell autonomen Systeme sind demnach vorherbestimmt, wodurch diese Systeme noch gewisse Abhängigkeit vom Menschen hat. Bei den vollautonomen Systemen hingegen, der vierten Einordnung, wird diese Abhängigkeit gebrochen. Diese Systeme werden nämlich hier mit sogenannten learning algorithms programmiert. Das heißt, sie können sich selbst Fähigkeiten aneignen, über die man keine Kontrolle hat und auch nicht vorher festgelegt worden sind. Diese Systeme spielen im Moment aber noch keine Rolle, da sie technisch noch unmöglich sind.[2]

Außerhalb dieser Einteilung der Systeme gibt es noch weitere Definitionsmöglichkeiten. So werden in dieser Hausarbeit hauptsächlich UAVs bearbeitet. Diese unmanned aerial vehicles, also unbemannte militärische Aufklärungs- und Kampfflugzeuge[3], fallen theoretisch in alle vier Einteilungen, im Moment befinden sie sich aber alle in den ersten, da, wie oben erwähnt, sie noch nicht entwickelt sind. Umgangssprachlich werden diese UAVs auch einfach Drohnen genannt, jedoch sind mit diesen auch die Drohnen im zivilen Bereich, die unter anderem für den Privatgebrauch bestimmt sind, gemeint.

Wovor viele Menschen Angst haben, sind die LAWS. Die lethal autonomous weapon systems können ihr Ziel selbstständig identifizieren, dann angreifen und schlussendlich auch eliminieren. Diese Systeme fallen in die Einordnung der operationell bis vollautonomen Systeme. Viele denken beim Stichwort Drohnen direkt an diese LAWS, obwohl über sie in der Politik noch gar nicht diskutiert wird und auch noch von niemandem eingesetzt werden.

2. Diskussion über die Beschaffung von Kampfdrohnen

Schon 1960 begann Deutschland mit dem Einsatz von kleinen Aufklärungsdrohnen. Damals gab es noch nicht die Diskussion über bewaffnungsfähige Drohnen.[4] Die Debatte um bewaffnungsfähige Drohnen begann ab 2003. Da nämlich wurde dem damaligen Verteidigungsminister Struck ein Vortrag über die fliegenden Waffensysteme der Luftwaffe vorgetragen, bei dem auch auf die Drohnen der US-Amerikaner hingewiesen wurde, die schon ein Jahr zuvor bewaffnete Einsätze geflogen sind.[5] Doch bis 2012 wurde die Möglichkeit der Drohnen, auch bewaffnet zu werden, von der Bundesregierung völlig übergangen. Erst da kam allmählich die Debatte auf, ob sich Deutschland Kampfdrohnen beschaffen sollte. Denn 2010 hatte sich Deutschland schon 3 Heron 1, eine unbewaffnete Aufklärungsdrohne der Israel Aerospace Industries für 3 Jahre geleast, deren Vertrag Ende 2012 ausgelaufen wäre. Deswegen wurde überlegt, ob man als Nachfolger wie die USA oder Israel bewaffnete Drohne kaufen sollte. Auch Airbus Defence and Space und Rheinmetall forschten mit Finanzierungen des Verteidigungsministeriums an bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr, doch aufgrund von fehlender Erfahrung und mehreren Fehlschlägen wurden die Projekte aufgegeben.

Jedoch gab es Kritik seitens der Bundeswehr, dass die Bundesregierung sich hauptsächlich auf die Aufklärung konzentrierte und weniger auf die Fähigkeit der Bewaffnung.[6] So meint Karl Müllner, der Inspekteur der Luftwaffe, 2012: „Die Drohnen müssen bewaffnet sein“, da er sie für „militärisch sinnvoll“ hielt. Dies entsprach auch der Meinung des damaligen Verteidigungsministers de Maizière. Doch letztendlich scheiterte dies an Bedenken der damaligen Oppositionsparteien SPD, Die Linke und Die Grünen aufgrund der Finanzierung und ethischer Argumente, da die Luftangriffe der Amerikaner mit Drohnen in der Kritik standen, nicht mit dem Völkerrecht überein zu stimmen.[7] Demgemäß schrieb die Bundesregierung in einer Antwort auf die Frage der Haltung der Bundesregierung zum Erwerb und Einsatz von Kampfdrohnen: „Eine abschließende Entscheidung zur Beschaffung bewaffneter UAS ist von der Bundesregierung noch nicht getroffen worden. Sie bedarf einer breiten gesellschaftspolitischen Debatte.“[8] Daher wurden die Verträge der Heron 1 verlängert, die auch heute noch im Einsatz sind.

Ein Jahr später, 2013, wurde diese Debatte bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU wieder aufgenommen. Dabei wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Regierung die „völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Fragen“ im Hinblick auf „unbemannte Luftfahrzeuge, die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben“ prüfen werde.[9] Auch die neue Verteidigungsministerin von der Leyen sieht die dringende Notwendigkeit, bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr zu besorgen. Ihre Meinung dazu ist: „Ich bin der Überzeugung, dass wir in die Entwicklung einer europäischen bewaffnungsfähigen Drohne einsteigen müssen. Für ein solches Projekt, das mindestens ein Jahrzehnt dauert, werden wir nun Partner suchen.“ Dabei möchte sie den Zeitraum bis dahin weiter mit geleasten Drohnen überbrücken, auch mit Kampfdrohnen, z. B. der amerikanischen Predator B oder der Nachfolger der Heron 1, die Heron TP.[10] Doch dabei bekommt sie Kritik besonders von den Parteien Die Linke und Die Grünen, teilweise sogar auch vom Koalitionspartner SPD. Die Argumente der Parteien aus der Aussprache zum Beschaffungsprogramm von Drohnen für die Bundeswehr werden dazu in Kapitel 4 näher erläutert.

Im Sommer 2017 versuchte von der Leyen nochmal, 5 German Heron TP mit Bewaffnungen zu beschaffen. Dieses Projekt, die Anschaffung von Kampfdrohnen der Bundeswehr für sogenannte kleinteilige, chirurgische Angriffe, wurde bereits seit 2012 geplant und 2013 vom Generalinspekteur der Bundeswehr beschlossen. In der Zeit bis 2017 plante von der Leyen den Kauf und entschied sich für diese G-Heron TP, da die Konkurrenz-Drohne Certifiable Predator B die Anforderungen für die gewünschte Bewaffnung nicht erfüllte.[11] Letztendlich scheiterte von der Leyen aber am Koalitionspartner SPD, der damit argumentiert, dass keine „intensive, breit angelegte Debatte über militärische, völkerrechtliche und sonstige Voraussetzungen“ (Oppermann, SPD-Fraktionsvorsitzender) stattgefunden hat. Außerdem wolle die SPD im Gegensatz zu von der Leyen und der Bundeswehr eigentlich keine bewaffneten Drohnen, sondern nur Aufklärungsdrohnen.[12] Wegen der gescheiterten Beschaffung wurden dann die Leasing-Verträge der Heron 1 bis mindestens März 2019 verlängert.[13]

In dem 2018 zwischen CDU/CSU und SPD neu ausgehandelten Koalitionsvertrag steht geschrieben, dass „die Entwicklung der Euro-Drohne“ weitergeführt werden soll. Dies soll im Rahmen der Europäischen Verteidigungsunion, eine militärische Zusammenarbeit von 25 Staaten der EU, stattfinden. Vorerst soll dafür als Übergang die Heron TP, das Nachfolgermodell der noch geleasten Heron 1, geleast werden. „Über die Beschaffung von Bewaffnung wird der Deutsche Bundestag nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung gesondert entscheiden.“ Außerdem sollen die „konzeptionellen Grundlagen“ für bewaffnete Drohnen geschaffen werden.[14]

3. Mögliche künftige Drohnen für die Bundeswehr

Wie schon im vorherigen Kapitel genannt, wäre die Heron TP eine mögliche und auch wahrscheinlichste Drohne für die Bundeswehr. Für sie spricht, dass die Bundeswehr schon die Systeme in etwa kennt, da sie ein Nachfolgermodell der bisher von Israel geleasten Heron 1 ist. Als weiteres käme die Predator B der amerikanischen Konkurrenz in Frage, die aber bisher abgelehnt wird.

Doch das Leasing dieser Drohnen ist nur eine Übergangslösung. Man müsste in Zukunft entweder die Drohnen kaufen oder selbst entwickeln. Der Deutsche Bundestag favorisiert da eher die Entwicklung einer Euro-Drohne mit weiteren europäischen Nationen zusammen, wie es im neuen Koalitionsvertrag steht, jedoch gibt es dazu noch keine weiteren Informationen. Dabei ist eine gemeinsame Entwicklung mit europäischen Nationen am sinnvollsten, da zum einen nur eine sehr kleine Auswahl an geeigneten Drohnen zur Verfügung steht (nur die beiden genannten Drohnen) und man sich mit einer Eigenentwicklung unabhängiger macht.

[...]


[1] Vgl. https://ifsh.de/file-IFAR/pdf_english/IFAR2-FactSheet11.pdf, S. 8

[2] Vgl. Franke 2016, S. 28f

[3] https://www.duden.de/rechtschreibung/Drohne

[4] Vgl. http://garnison-museum.celle.de/media/custom/2227_54_1.PDF?1379667144

[5] Vgl. Biermann/Wiegold 2015, S. 171

[6] Vgl. Biermann/Wiegold 2015, S. 175ff

[7] Vgl. http://www.zeit.de/politik/deutschland/2012-08/bundeswehr-bewaffnete-drohnen

[8] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/136/1713655.pdf, S. 4

[9] https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf, S.124

[10] http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-von-der-leyen-bereit-fuer-kampfdrohnen-1.2026116

[11] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/133/1813346.pdf

[12] https://www.tagesschau.de/inland/bewaffnete-drohnen-101.html

[13] https://www.focus.de/finanzen/news/wirtschaftsticker/unternehmen-bundeswehr-verlaengert-mietvertrag-fuer-israelische-drohnen_id_8055210.html

[14] https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1, S. 159

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Automatisierte und autonome Systeme in der Militär- und Waffentechnik. Sollte sich die Bundesrepublik auch bewaffnete Drohnen kaufen bzw. entwickeln wie z.B. die USA?
Note
1,0
Auteur
Année
2018
Pages
15
N° de catalogue
V430750
ISBN (ebook)
9783668756755
ISBN (Livre)
9783668756762
Taille d'un fichier
816 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Hausarbeit ist eine Auseinandersetzung über die Diskussion im Bundestag, ob sie Drohnen anschaffen solle.
Mots clés
Drohne UAV Bundeswehr
Citation du texte
Benjamin Bitterlich (Auteur), 2018, Automatisierte und autonome Systeme in der Militär- und Waffentechnik. Sollte sich die Bundesrepublik auch bewaffnete Drohnen kaufen bzw. entwickeln wie z.B. die USA?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/430750

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