Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition des Terrorismus
2.1. Terrorismus nach Bruce Hoffman
2.2. Terrorismus nach Charles Townshend
2.3 Probleme der Begriffsdefinition
3. Terrorismus als Thema in der Literatur
3.1. Die Attentäterin von Yasmina Khadra
3.2. Falling Man von Don DeLillo
3.3. Ein Zimmer im Haus des Krieges von Christoph Peters
3.4. Vergleich der Werke untereinander
4. Schluss / Bewertung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Zwei Gesichter pflegt der Terrorismus: Die offensichtliche sprengende Gewalt und die getarnte diplomatische Drahtzieherei, letztere weit effektiver als einzelne Bombenanschläge.“[1]
Fallen die Worte „Terrorismus“ oder „Anschlag“, so werden wohl viele direkt an Bombenexplosionen und unzählige tote Zivilisten denken. Gerade in der heutigen Zeit scheint sich die Lage der Welt in Bezug auf Terroranschläge immer weiter zu verschlimmern. Fast täglich ist in den Medien von neuen Attentaten, Anschlägen und Opfern die Rede. „Terrorismus“ erscheint als Begriff des 21. Jahrhunderts allgegenwärtig. Doch benutzen wir diesen Begriff vielleicht zu vorschnell? Gewiss scheint den meisten Menschen nicht bewusst zu sein, wie sich der Begriff des „Terrors“ oder auch „Terrorismus“ zusammensetzt und wie schwer eine klare und allgemein gültige Definition aufzustellen ist.
In dieser Hausarbeit soll auf die Problematik der Begriffsdefinition „Terrorismus“ aufmerksam gemacht werden, mit speziellem Augenmerk auf die unterschiedlichen Definitionsansätze, auch im Vergleich zu anderen Ländern. Zudem soll es in dieser Arbeit einen Ausblick auf das Motiv des Terrorismus in der Literatur geben. Hierbei soll der Fokus vor allem auf die verschieden dargestellten Formen des Terrors gelegt werden. Am Ende dieser Hausarbeit sollen schließlich alle Literaturwerke miteinander verglichen werden und eventuelle Gemeinsamkeiten aufgezählt werden. Zudem wird es ein Fazit geben, das auf die Problematik der Definitionsfindung aufmerksam macht und gegebenenfalls weitere Forschungen nach sich ziehen könnte. Bedienen werde ich mich an literaturwissenschaftlichen Unterlagen, sowie Büchern und auch Magazinen, welche ich letztendlich im Literaturverzeichnis einzeln angeben werde.
2. Begriffsdefinition des Terrorismus
"Trotz der hohen Anzahl von Definitionsvorschlägen für den Terrorismusbegriff besteht innerhalb der Forschung ein weitgehender Konsens über wesentliche Aspekte des Terrorismus, wonach es sich beim Terrorismus um politisch motivierte Gewalttaten von privaten Akteuren handelt, mittels derer eine Schockwirkung in der Öffentlichkeit gezielt angestrebt wird, um letztendlich politische Ziele durchzusetzen. Durch die Erzeugung von Furcht soll der Gegner eingeschüchtert werden, um auf diesem Wege politische Veränderungen zu bewirken. Es geht beim Terrorismus also darum, durch diesen politische Macht zu erlangen bzw. einen politischen Machtanspruch durchzusetzen."[2]
Gründe hierfür seien beispielsweise, dass mit dem Begriff des Terrorismus ein äußerst komplexes politisches Phänomen angesprochen würde, welches sich auf Grund seiner stetig wechselnden und vielfältigen Ausdrucksformen einer exakten und damit endgültigen Definition entziehen würde. Jedoch auch, dass es sich bei diesem Wort nicht um einen wissenschaftlichen Fachbegriff, sondern um einen politischen Kampfbegriff handle.[3]
Aber nicht nur die Suche nach einer Definition gestaltet sich als schwierig, auch die Suche nach einer Erklärung für das Geschehen ist nicht leicht.
"Es gibt mindestens zwei Gründe, warum eine überzeugende Erklärung des Terrorismus ausgesprochen schwierig ist. Der erste lautet: Es gibt zu viele Terroristen. Der zweite: Es gibt so wenige. Terrorismus ist eine Strategie, die von vielen unterschiedlichen Gruppen in vielen verschiedenen Teilen der Welt zur Durchsetzung vieler unterschiedlicher Ziele eingesetzt wird. Es gibt ihn in Demokratien, Autokratien und am häufigsten in Staaten, die sich in einem Übergang befinden. Andererseits gibt es eigentlich nur sehr wenige Terroristen."[4]
Festzulegen sei jedoch, dass ein Auftreten von Terrorismus vor allem dort gegeben ist, wo sich folgende drei Faktoren vereinen: ein entfremdetes Individuum, eine gutheißende Gemeinschaft, und eine legitimierende Ideologie.[5]
2.1. Terrorismus nach Bruce Hoffman
Bruce Hoffman versucht sich in seinem Werk „Der unerklärte Krieg“ einen Zugang zur Begriffsdefinition des Terrorismus über historische Ereignisse zu verschaffen, da unter anderem Lexikoneinträge eine ungenügende Definition liefern.[6] So legt er nahe, dass der Begriff „Terrorismus“ während der französischen Revolution als durchaus positiv gebraucht wurde, da sich das Volk gegen die herrschende Regierungsform stellte und ihre Autonomie entdeckte.[7] Diese positive Konnotation wandelte sich jedoch im Laufe der Zeit und den damit verbundenen historischen Ereignissen ins Negative. Die sogenannte „gezielte Tötung“ trat laut Autor das erste Mal in dieser Form während der Abschaffung des Zarentums unter Zar Nikolai III. auf.[8] Das Volk der Bolschewiki ermordete ihn und die gesamte Zarenfamilie am 17. Juli 1918 in Jekaterinburg. Das Motiv entspricht in etwa dem des französischen Volkes während der dortigen Revolution: die Befreiung von Staatsoberhäuptern um den Weg in eine volksbestimmte Demokratie zu sichern. Bei der „gezielten Tötung“ der Zarenfamilie war es den Verantwortlichen wichtig, keine Unschuldigen zu töten. Auch die Herrschaft Stalins wird im Folgenden als Terrorismus betrachtet, da es hierbei zur Verbreitung von Angst und Schrecken unter der Bevölkerung kam, der Staatsapparat gezielt zur Volkseinschüchterung benutzt wurde und ein Machtmissbrauch gegen das eigene Volk stattfand.[9] Weitere Untergruppen des Terrorismus gab es laut Hoffman auch in den nachfolgenden Jahren und Jahrzehnten, was eine genaue Definition des Begriffs ebenso erschwert wie die Tatsache, dass dieser vielfältig gebrauch findet und sich die Begriffsdefinition bis zum heutigen Tage immer weiter ausdehnt.[10] Wichtig ist vor allem die hierbei statt findende subjektive Berichterstattung, da bei eben dieser mit einer der beiden Parteien sympathisiert wird, und ein objektiver Eindruck auf das Geschehen so nicht gegeben wird. Deutlich wird jedoch, dass sich Terroristen offenkundig nicht als solche betrachten und ihren Gruppierungen dementsprechend niemals einen Namen mit eben diesem Namensinhalt geben würden.[11]
Ihre Erscheinungsbilder handeln vielmehr von Freiheit und Befreiung, Armeen oder anderen militärischen Organisationsstrukturen, Selbstverteidigungsbewegungen im eigentlichen Sinne, berechtigter Vergeltung oder einem neutralen Namen ohne Vorurteile oder Ähnliches. Ebenso wenig dürfe ein Unterschied zwischen staatlich praktizierter Gewalt und staatlichen Rechtspersonen (hier die Terroristen) gemacht werden, da sowohl eine terroristische Vereinigung mit Waffengewalt gegen ihre Gegner vorgeht, als auch ein Staat, welcher mit hochmodernen Waffen agiert und damit zivile Opfer in Kauf nimmt.[12]
So ist es laut Hoffman nicht verwunderlich, dass die Expansion des Begriffs und die Schwierigkeit seiner Verortung nicht nur von Land zu Land variieren und eine einheitliche Definition unmöglich machen. In den USA beispielsweise können sich FBI, Außen- und Verteidigungsministerium nicht auf eine einheitliche Definition des Begriffs Terrorismus, als auch des Wortes Freiheitskämpfer einigen.[13] Und solange es nicht einmal eine staatsinterne Einigung über diese Definition gibt, ist es praktisch unmöglich eine weltweit geltende Definition zu erschaffen.
Klar wurde durch Hoffmans Definitionsansatz nur, wie sich der Terrorismus gegen andere Gewaltformen abgrenzen lässt und welches seine Charakteristika sind.[14]
2.2. Terrorismus nach Charles Townshend
Charles Townshend weist in seinem Werk Das Problem des Terrorismus auf eben jene Problematik der Begriffsdefinition hin. Wie Hoffman kommt er jedoch zu dem Entschluss, dass sich Terroristen oder terroristische Gruppierungen eine solche Bezeichnung niemals selbst geben würden.[15] Es sei vielmehr eine Fremdbezeichnung, die andere für diesen Akt der Zerstörung gebrauchen und verallgemeinern würden. So würden sich Terroristen vielmehr als Freiheitskämpfer für die „gute Sache“ sehen, als sich als Glaubenskämpfer darzustellen. So sei der terroristische Akt laut Townshend etwas Kurzfristiges, auf das man sich nicht vorbereiten könne und worauf somit keine Selbstverteidigung erfolgen kann. Deswegen seien die Ziele eines terroristischen Aktes in kurzfristige und langfristige Ziele zu unterteilen. Unter kurzfristige Ziele fielen dementsprechend beispielsweise die Befreiung von Inhaftierten, während unter langfristige Ziele etwa die Planung und Durchführung des Anschlags vom 11. September 2001 fallen würden.
Terrorismus solle vor allem Angst und Schrecken auslösen und wolle eine Botschaft verbreiten, so Townshend, während die Reaktionen auf so einen Akt der Gewalt entweder in einem Kampf gegen den „Terror“ oder in der Flucht der Betroffenen münden würden.[16] Dabei weist der Autor vor allem darauf hin, dass Terroristen sich gegen einen offenen Kampf weigern würden. Ziel sei es vielmehr die Selbstverteidigung des Gegners zu behindern. Während in der Öffentlichkeit das Bild des wahllos ausgeübten Gewaltaktes herrsche, dessen Ziele nicht geplant seien, sei es bei Terroristen genau umgekehrt.[17] So sei Terrorismus nicht bloß der Kampf Bewaffneter gegen Unbewaffnete, oder die blanke Gewalt um politische Ziele zu erreichen. Es sei vielmehr eine eigenständige politische Strategie, die verfolgt würde.[18]
Zu erwähnen wäre außerdem noch, dass sich in terroristischen Organisationen, anders als unter Soldaten im Kriegsgeschehen, auch eine Vielzahl an weiblichen Akteuren aufhalten, welche laut Walter Laqueur als fanatischer und leidenschaftlicher gelten und deren Motivation vor allem emotionaler Natur sei, weswegen sie dementsprechend durch intellektuelle Argumente weniger zu erschüttern seien.[19]
Bevor Townshend auf die länderunterschiedlichen Begriffsdefinitionen des Terrorismus zu sprechen kommt, weist er zudem darauf hin, dass Terrorismus niemals mit Krieg gleichzusetzen sei. Krieg sei so als Kampf zur Selbstverteidigung anzusehen und legitimiere somit die angewandte Gewalt zum Eigenschutz. Terrorismus tue dies in keinster Weise. Terrorismus schaffe zwar ein Zugehörigkeitsgefühl unter den Teilnehmenden, jedoch würden schätzungsweise 80% aller Opfer auf das Konto von terroristischen Anschlägen gehen.[20] Nur der Staat habe außerdem das Recht Gewalt anzuwenden und beinhalte somit das Gewaltenmonopol.[21]
Des Weiteren nimmt der Autor noch eine Abgrenzung der Staaten USA und Großbritannien vor, in Bezug auf ihre Auslegung der Begriffsdefinition Terrorismus. So sei Terrorismus laut der Vereinigten Staaten von Amerika eine bewusste Anwendung oder Androhung von Gewalt, um Angst und Schrecken zu verbreiten und dadurch Regierungen und Gesellschaften zu nötigen und somit einzuschüchtern.[22]
Die Definition Großbritanniens hingegen besagt, dass es sich bei Terrorismus um die Anwendung oder Androhung von massiver Gewalt gegen Personen oder Gegenstände handle, dessen Ziel es sei, eine ideologische, religiöse oder politische Meinung durchzusetzen.[23] Auffällig ist vor allem, dass sich die Definition der USA als wesentlich ungenauer herausstellt. Dies begründet Townshend vor allem damit, dass sich die Vereinigten Staaten dadurch einen größeren Handlungsspielraum einräumen, um gegen diesen „Akt des Terrors“ mit breit gefächerten Möglichkeiten agieren zu können.[24]
Eine einheitliche Begriffsdefinition kann auch Townshend nicht aufstellen. Seine Thesen weisen lediglich in allen Fällen die Nutzung von Gewalt zur Erreichung der eigenen Ziele auf.
[...]
[1] Walden 2009.
[2] Wichmann 2014: 67 – 68.
[3] Vgl. Pfeifer 2004: 7.
[4] Richardson 2007: 70 – 71.
[5] Vgl. Richardson 2007: 70.
[6] Vgl. Hoffman 1999: 13.
[7] Vgl. Ebd.: 15.
[8] Vgl. Ebd.: 20f.
[9] Vgl. Ebd.: 28.
[10] Vgl. Ebd.: 34.
[11] Vgl. Ebd.: 35.
[12] Vgl. Ebd.: 40ff.
[13] Vgl. Ebd.: 47ff.
[14] Vgl. Ebd.: 50.
[15] Vgl. Townshend 2005: 11.
[16] Vgl. Ebd.: 17ff.
[17] Vgl. Ebd.: 15.
[18] Vgl. Ebd.: 26.
[19] Vgl. Ebd.: 30.
[20] Vgl. Ebd.: 13ff.
[21] Vgl. Ebd.: 12.
[22] Vgl. Ebd.: 11.
[23] Vgl. Ebd.: 11.
[24] Vgl. Ebd.: 11ff.