Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Die wirtschaftliche Lage Russlands
2.1 Fachkräfte und Personenbezug in Russland
2.2 Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in Russland
3. Begrifflichkeiten
3.1 Der Expatriate
3.2 Arbeitnehmer
3.3 Arbeitgeber
3.4 Entsendung
4. Arten und Ziele der Entsendung
4.1 Arten der Entsendung
4.2 Ziele einer Entsendung
5. Das Territorialitätsprinzip im Sozialversicherungsrecht
6. Die Ausstrahlung
6.1 Tatbestandsmerkmale des § 4 SGB IV
6.2 Ende der Ausstrahlung
6.3 Folgen der Ausstrahlung
6.4 Folgen bei fehlender Ausstrahlung
7. Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten beim Entsenden nach Russland
8. Krankenversicherung in Russland
8.1 Allgemeines
8.2 Freiwillige Zusatzversicherung
8.3 Private Krankenversicherung
9. Versicherungsschutz während des Aufenthaltes in Russland
9.1 Versicherungsschutz im Inland
9.2 Versicherungsschutz in Russland
10. Abschließende Betrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Durch die Globalisierung sind immer mehr Arbeitnehmer von einer Tätigkeit im Ausland betroffen, oft im Rahmen einer Entsendung. Dieses wird natürlich auch durch den immer mehr an Bedeutung gewinnenden Export begründet. Deutschland wurde im Jahr 2003 zum ersten Mal die größte Exportnation weltweit. Zu den wichtigsten Exportgütern zählen dabei Kraftwagen und Kraftwagenteile, gleich danach kommen Maschinen und chemische Erzeugnisse. Durch den erforderlichen Zugang zu ausländischen Ressourcen, die teilweise hohe technische Komplexität der exportierten Güter, oder durch Verlagerung der Produktion ins Ausland, werden Einsätze von erfahrenen und qualifizierten Mitarbeitern direkt beim Kunden oder in einem verbundenen Unternehmen, immer mehr notwendig.1
Insbesondere Russland gewinnt bei der Entsendung von Arbeitnehmern immer mehr an Bedeutung. Russlands Wirtschaft boomt, und davon profitiert auch die deutsche Exportwirtschaft. Bei dem hohem Wachstum und einem Handelsumsatz von ca. 50 Milliarden Unites States Dollar (US$) entschließen sich immer mehr deutsche Unternehmen auf dem russischen Markt zu agieren. Diese Unternehmen gründen dann eine Tochtergesellschaft, beginnen den Vertrieb oder starten sogar eine völlig neue Produktionsstätte. Oft wird dabei der Einsatz von westlichen Mitarbeitern vor Ort notwendig z.B. um die Aktivitäten ins Rollen zu bringen oder um die Anbindung an das Mutterhaus zu gewährleisten.2
Neben den Fragen der Vergütung oder der Besteuerung, stellt sich bei einer Auslandsentsendung nach Russland auch die Frage, wie mit den Beiträgen der Sozialversicherung verfahren wird. Werden die Beiträge von deutschen Sozialversicherungsträgern eingezogen, von staatlichen russischen Versicherungen oder entsteht eine doppelte Zahllast, sprich sowohl in Deutschland als auch in Russland. Die Antwort ist den deutschen und ausländischen zwingenden Regelungen zu entnehmen.3
Diese Arbeit befasst sich mit dem den Fragen des Sozialversicherungsrechts. Speziell soll geklärt werden, welche Auswirkungen die Entsendung des Arbeitnehmers nach Russland auf die Krankenversicherung hat. Was passiert mit der bestehenden Versicherung in Deutschland und wie kann ein ausreichender Versicherungsschutz während der Auslandstätigkeit in Russland sichergestellt werden? Diese und andere Fragen sollen Beantwortet werden.
2. Die wirtschaftliche Lage Russlands
Russland ist mit seinen 142.905.200 Einwohnern und einer Fläche von insgesamt 17.075.400 Quadratkilometer (km[2]), davon 3.952.550 km[2] in Europa und 13.122.850 km[2] in Asien, das flächenmäßig größte Land der Erde. Gefolgt von Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).4
Russland stellt eines der wichtigsten Partner der Europäischen Union (EU) dar. Ein wichtiges Ziel der EU ist es, „auf Grundlage gegenseitiger Achtung eine starke strategische Partnerschaft mit Russland aufzubauen“. Russland ist der größte Nachbar der EU und ihr durch die EU-Osterweiterung in den Jahren 2004 und 2007 noch näher gerückt. Sowohl Russland als auch die EU-Mitgliedsstaaten sind Mitglieder der Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Europarates. Alle Mitglieder dieser Vereinigung haben sich dazu verpflichtet, „für die Wahrung und Achtung der grundlegenden Werte und Grundsätze von Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft“ einzutreten.5
Im Jahr 2003 einigten sich Russland und die EU darauf, langfristig einen „gemeinsamen Wirtschaftsraum“ aufzubauen und verabschiedeten 2005 einen Fahrplan (sogenannte Road Map) um alle Ziele und Kooperationsbereiche festzulegen. Ein offener und integrierter Markt zwischen Russland und der EU war dabei als allgemeines Ziel des gemeinsamen Wirtschaftsraumes formuliert.6
Nach amtlicher Statistik ist das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2011 um 4,3% gewachsen. Dies lässt sich durch den erneut hohen Ölpreis und einer steigenden Konsumnachfrage erklären. Eine ähnliche Entwicklung wird für die nächsten 3 Jahre prognostiziert
Auch die Inflationsrate hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt und ist im Vergleich zu den Jahren 2009 und 2010 (8.8 %) auf 6,1% im Jahr 2011 gesunken. Für Russland ist dies ein rekordniedriger Wert. Die Arbeitslosigkeit ging ebenfalls weiter zurück und lag, nach einem Höchststand in Januar 2009 von 9,4%, im Jahr 2011 nur noch bei 6,6%. Im Jahr 2010 wurde eine Arbeitslosigkeit von 7,5% verzeichnet.7Eine der wichtigsten Komponenten der Beziehungen zwischen der EU und Russland ist die Energie. In diesem Sektor lässt sich das beidseitige Verhältnis am besten als eine „gegenseitige Abhängigkeit in Bezug auf Angebot, Nachfrage, Investitionen und Know-How bezeichnen“.8
Russland verfügt mit einem Viertel der Weltgasreserven (25,2%), ca. 6,3% der Weltölreserven und den zweitgrößten Kohlereserven (19%) über beachtliche Ressourcen und stellt damit einen der größten Energieproduzenten weltweit dar. Es ist verantwortlich für ca. 20% der Weltgasförderung und ca. 12% der Weltölförderung. Die russische Wirtschaftsentwicklung ist allerdings auch sehr stark abhängig von den Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas. Was durch eine geringe Diversifizierung der russischen Wirtschaft verursacht wird.
Gazprom besitzt auf dem russischen Energiemarkt das staatliche Gastransit- und Gasexportmonopol. Es kontrolliert knapp 80% der Erdgasförderung und auch rund 30% der Stromerzeugung seit der Reform der russischen Stromwirtschaft. Inzwischen spielt der Staat wieder eine wichtige Rolle im Erdölsektor, der einmal weitgehend privatisiert war. Das Erdgasnetz und auch das Ölpipeline-Netz werden staatlich kontrolliert. Im Ölbereich beträgt der Anteil der privaten Förderunternehmen noch rund 60%. Die Steigerung der Energieeffizienz ist ein, in der russischen Energiepolitik, verstärkend ausschlaggebendes Thema. Geschätzt wird das Einsparpotenzial auf über 40% des gegenwärtigen Primärenergieverbrauchs.
Das föderale Budget der Russischen Föderation wies zwischen 2000 und 2007, vor allem aufgrund hoher Ölpreise große, Überschüsse aus. Um, für den Fall sinkender Rohstoffpreise, Rücklagen zu schaffen und um einer Inflation entgegenzuwirken, flossen Anteile der Einnahmen aus dem Erdöl- und Erdgasexport in den Reserve- und den Wohlstandsfonds.
Die Staatshaushalte konnten im Jahr 2011 wieder ein Überschuss von 0,8% des BIP verbuchen, nachdem mit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 die Staatshaushalte der Jahre 2009 und 2010 mit einem Defizit abgeschlossen hatten. Für das Jahr 2012 wird der Jahresabschlusssaldo auf jeden Fall erheblich von der Entwicklung des Ölpreises abhängen. Sollte er deutlich oberhalb von 100 US$ pro Barrel (Maßeinheit) bleiben, stehen die Chancen für einen erneuten Haushaltsüberschuss sehr gut.
Vor allem in Bereich des Militärsektors und bei der Sicherung des Sozialsystems ist eine klare Tendenz zur Steigerung der Ausgaben zu beobachten. Durch Teilprivatisierungen von Staatsunternehmen sollen hinsichtlich der Staatseinnahmen zusätzliche Mittel mobilisiert werden. Des Weiteren soll die indirekte Steuer auf alkoholische Getränke, Tabakwaren und Treibstoffe erhöht werden und eine Erhöhung der Grundsteuer bei Luxusimmobilien und der Kraftfahrzeugsteuer bei Luxuslimousinen ist im Gespräch.
Allein Handel und Dienstleistungen ergeben 59,3% des BIP. Gefolgt von der verarbeitenden Industrie mit 16,4% und dem Bergbau mit 10,4%. Das Baugewerbe ergibt 5,7% und weiter abgeschlagen Strom-, Gas- und Wasserversorgung mit 4,2%. Die Land-, Forst- und Fischwirtschaft steuert zwar nur 4% zum BIP bei, es wird allerdings ein erheblicher Teil der landwirtschaftlichen Güter auf privaten Garten- und Wochenendgrundstücken erzeugt und somit inoffiziell gehandelt.9
2.1 Fachkräfte und Personenbezug in Russland
Der Arbeitsmarkt für qualifiziertes Fach- und Führungspersonal, vor allem in großen Metropolen wie Moskau und St. Petersburg, ist momentan leergefegt. Dadurch, dass immer mehr ausländische Unternehmen auf dem russischen Markt agieren und die russischen Unternehmen wiederum zunehmend international tätig werden, nimmt der Bedarf an Arbeitskräften mit guten Fremdsprachenkenntnissen kontinuierlich zu.
Dazu zählen im Moment vor allem technische Fachkräfte, Fach- und Führungskräfte im Bereich Vertrieb und Marketing, IT-Spezialisten sowie teilweise Ingenieure. Bei vielen ausländischen Automobilherstellern, wie Ford, Toyota, Volkswagen, Nissan und anderen, allerdings auch in anderen Branchen, ist die Nachfrage an Technikern, Programmierern, Metallbearbeitern, Schlossern, Drehern etc. gestiegen. Oft ist auch das Bauwesen betroffen, bei dem der Bedarf an Fachkräften kaum gedeckt werden kann.10Neben den Fremdsprachenkenntnissen können auch Kontakte zu Schlüsselpersonen von Vorteil sein, da diese dabei helfen können, die Produkte des ausländischen Anbieters auf dem russischen Markt zu verkaufen.
In Russland gibt es kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland. Dadurch ist es für die Unternehmen sehr schwierig gut ausgebildete Handwerker und Facharbeiter zu finden. Somit sind die meisten Unternehmen gezwungen die benötigten Mitarbeiter selbst auszubilden. Durch diesen Fachkräftemangel kommt es in Russland zu dem Problem, dass Personen die über die notwendigen Qualifikationen verfügen, von Headhuntern und anderen Unternehmen umworben werden. Daraus resultiert ein ständiges „Jobhopping“ der qualifizierten Arbeitnehmer und einem Anstieg des Gehaltniveaus.11Dieses hohe „Jobhopping“ wird insbesondere durch die arbeitnehmerfreundlichen Kündigungsfristen begünstigt.12
Die Personenorientierung spielt in Russland eine viel größere Rolle als in Deutschland. In Deutschland ist es üblich die Persönlichkeit und das Privatleben im geschäftlichen Alltag außen vor zu lassen. In Russland allerdings ist es fester Bestandteil des täglichen Lebens und stellt einen hohen Stellenwert dar, positive menschliche Beziehungen zu Geschäftspartnern und Kollegen zu erstellen. Sie wird als Voraussetzung für eine erfolgreiche unternehmerische Arbeit angesehen. Die guten persönlichen Beziehungen schaffen nicht nur einen Zugang zu den Mitarbeitern, sie öffnen auch Türen bei anderen Firmen und Behörden.13
Einen weiteren großen Unterschied zu deutschen Unternehmen stellt das Hierarchiebewusstsein dar. Diese ist in Russland deutlich ausgeprägter als in Deutschland. Jedem einzelnen Mitarbeiter ist klar zugewiesen, welche Aufgaben er zu erledigen hat, welche Position er einnimmt und welche Entscheidungsbefugnis ihm zusteht. Dies bedeutet, dass eine Entscheidung nur von den dazu befugten Personen getroffen werden darf. Russische Unternehmen erwarten von den Arbeitern und Angestellten weder Eigeninitiative noch die Übernahme von Verantwortung. Auch bei Diskussionen orientieren sich die Mitarbeiter oft an der Meinung des Vorgesetzten. Offene Diskussionen, bei denen jeder frei seine Ansichten äußern kann, werden in Russland eher als Provokation gegenüber dem Vorgesetzten angesehen.14
2.2 Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in Russland
Für Ausländer ist es nicht ohne Weiteres möglich sich in Russland aufzuhalten oder einer Arbeitstätigkeit nachzugehen. Manche Unternehmen, die über die Grenzen der EU hinaus handeln, unterschätzen jedoch oft die damit verbundenen Hürden, da sie sich an die Freizügigkeit innerhalb der EU gewohnt haben. Ein ausländischer Arbeitnehmer darf in Russland nur tätig werden und einreisen, wenn er ein Visum hat.
Insgesamt müssen für eine Entsendung folgende Abschnitte durchlaufen werden:
- Der Arbeitgeber benötigt zunächst eine Genehmigung zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer.
- Der Arbeitgeber muss eine individuelle Arbeitsgenehmigung für den ausländischen Arbeitnehmer einholen.
- Der Arbeitgeber muss eine Einladung für das Visum zur Einreise des Arbeitnehmers nach Russland beantragen.
Der gesamte Vorgang kann in der Regel bis zu 3 Monaten in Anspruch nehmen.15
Jeder Deutsche hat aufgrund der zwischen Deutschland und Russland geltenden Visumspflicht, in Bezug auf die Ein- und Ausreise nach Russland, ein Ausweisdokument und ein Einreisevisum vorzulegen. Die Erteilung eines Visums wird durch das Föderale Gesetz "Über das Verfahren der Ausreise aus der Russischen Föderation und der Einreise in die Russische Föderation" und "Über die Feststellung der Ordnung für die Festlegung der Form der Visa, des Verfahrens und der Voraussetzungen ihrer Beantragung und Erteilung, der Verlängerung ihrer Geltungsdauer, ihrer Wiederherstellung bei Verlust sowie des Verfahrens der Visumsannullierung" geregelt.16
Seit Oktober 2007 wird in Russland zwischen einem Geschäfts- und Arbeitsvisum unterschieden. Dadurch wurde das russische Recht in Bezug auf international gebräuchliche Rechtsvorschriften angepasst.17
Ein Geschäftsvisum erlaubt seitdem nur einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen (bei ein- oder zweimaliger Einreise) in Russland, kann aber zum Zwecke der Geschäftsreise (bei Beantragung eines Mehrfachvisums) ein Jahr betragen. In diesem einen Jahr ist ein Aufenthalt von zwei Mal 90 Tage erlaubt, die jedoch nicht unmittelbar aufeinanderfolgend liegen dürfen. Die Einreise aufgrund eines Geschäftsvisums ist grundsätzlich nur für technische Wartungsarbeiten, wie z.B. Montagearbeiten, Service- und Garantieleistungen und Reparaturen nach Ablauf der Garantiefrist erlaubt.18Dauern Aufenthalte länger als 90 Tage, wird in Russland von einer Erwerbstätigkeit ausgegangen und somit wird ein Arbeitsvisum notwendig.19Dieses Visum ist auch die offizielle Form für Auslandstätigkeiten.20
Damit ein Einreisevisum erteilt werden kann, muss für die Einreise eine Einladung ausgestellt werden. Um eine solche Einladung zu erhalten, muss der Arbeitgeber folgende Unterlagen bei der Behörde des Innenministeriums einreichen:
- Antrag auf Ausstellung einer Einladung
- Genehmigung für die Einstellung und Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte
- Arbeitserlaubnis des ausländischen Arbeitnehmers
- Garantieerklärung des Arbeitgebers hinsichtlich der Aufrechterhaltung von Kranken- und Sozialversicherung sowie Lohn und Wohnung.21
Bei Aufenthalten die länger als 90 Tage dauern und somit die Beantragung eines Arbeitsvisums notwendig machen, muss bereits bei der Beantragung auch eine negativeHumanes Immundefizienz-Virus(HIV)-Testbescheinigung vorgelegt werden. Eine solche Bescheinigung ist ab dem Tag der ärztlichen Untersuchung für 3 Monate gültig.[22]
3. Begrifflichkeiten
Zu Anfang ist es von Nöten der beteiligten Parteien einer Entsendung zu differenzieren und zu erörtern. Daraus lässt sich schließen, welche Rechte oder Pflichten diesen auferlegt werden können.
3.1 Der Expatriate
Als Expatriaten bezeichnet man in der Regel einen deutschen Arbeitnehmer, der von einem inländischen Unternehmen ins Ausland entsandt wird und dort für ihn tätig wird. Oft wird der Begriff des Expatriaten aber auch in dem Zusammenhang verwendet, dass ein Ausländer für ein ausländisches Unternehmen im deutschen Inland tätig wird. Somit können Expatriaten als Arbeitnehmer bezeichnen werden, die von ihrem Arbeitgeber in einen anderen Staat, als den Beschäftigungsstaat, entsandt werden und dort für ihn tätig wird. Der Befristungszeitraum der Entsendung spielt bei dem Begriff des Expatriaten keine weitere Rolle.23
3.2 Arbeitnehmer
Der Begriff des Arbeitnehmers, wird gesetzlich nicht allgemein definiert. Arbeitnehmer ist generell, „wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages zur Leistung von Diensten für einen anderen, seinen Arbeitgeber, in persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt verpflichtet ist“.24Demzufolge wird die Leistung von Diensten gefordert. Als weiteres Kriterium ist die persönliche Abhängigkeit des Dienstleistenden, Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers sowie seiner Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation erforderlich.
Somit ist ein Arbeitnehmer vor allem in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der geschuldeten Tätigkeit weisungsgebunden. Eine persönliche Abhängigkeit ist beispielsweise bei umfassender Berichtspflicht, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Anwendung tariflicher Bestimmungen, keinem selbständigen Anwerben von Kunden, Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber sowie beim Fehlen eigener Mitarbeiter gegeben.25Den Begriff des Arbeitnehmers unterteilt man außerdem in Arbeiter und Angestellte, vgl. § 622 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 5 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Auch diese Begriffe sind Arbeitsrechtlich nicht umfassend definiert. Unterscheiden wird jedoch unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach folgendem Leitsatz:
Angestellte leisten überwiegend geistige Arbeit und Arbeiter überwiegend körperliche Arbeit.26
3.3 Arbeitgeber
Der Begriff des Arbeitgebers wird über den Arbeitnehmerbegriff definiert. Somit ist der Arbeitgeber der Arbeitsvertragspartner des Arbeitnehmers. Arbeitgeber kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person, aber auch eine Personenhandelsgesellschaft sein. Bei juristischen Personen sind es die Organe und bei Personenhandelsgesellschaften die vertretungsberechtigten Gesellschafter die Träger der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers sind. Daraus wird meist geschlossen, dass diese Personen ebenfalls Arbeitgeber sind.27
3.4 Entsendung
Bei einer Entsendung von Arbeitnehmern von Deutschland nach Russland, muss der Begriff der Entsendung sowohl im deutschen Recht als auch im russischen Recht untersucht werden.
Die Entsendung im deutschen Recht
Die Entsendung ist kein Rechtsbegriff. Er hat sich in Laufe der Zeit entwickelt und kommt je nach Anwendung in einem bestimmten Zusammenhang zu einer völlig anderen Bedeutung. Der Gesetzgeber war jedoch durch die Globalisierung der Märkte und der damit verbundenen wachsenden Anzahl der Auslandsentsendungen dazu angehalten, diese Lage genauer zu regeln.
Seinen Ursprung hat der Begriff der Entsendung im Sozialversicherungsrecht. Die Entsendung beinhaltet somit die weisungsgemäße Aufnahme einer Tätigkeit in einem anderen Land als der Bundesrepublik Deutschland für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses. In der Regel ist diese Tätigkeit zeitlich befristet.
Bei einer unbefristeten Tätigkeit im Ausland spricht man von einer Versetzung oder einem Übertritt zu einer ausländischen Gesellschaft, da in diesem Fall die Anbindung an den Entsendungsstaat nicht mehr zweckmäßig und sachgerecht ist. Neben der Entsendung und dem Übertritt gibt es noch weitere Begriffe, die sich im Wesentlichen durch verschiedene Befristungszeiträume unterscheiden.28
Dieser sozialversicherungsrechtliche Begriff der Entsendung kann jedoch nicht eins zu eins auf das internationale Arbeitsrecht übertragen werden, da im diesem Fall andere Regelungsziele zugrunde liegen. Gerade die
[...]
1Vgl. Metzing, Arbeitnehmerentsendung in und aus DBA-Staaten, S. 19.
2Vgl. Balashova/Wedde, Zeitschrift Arbeit und Arbeitsrecht 2008, 82 (82).
3Vgl. Langer-Stein, Arbeitsmarkt Europa, S. 36.
4Vgl. Auswertiges Amt (Hrsg.), Wirtschaftsdatenblatt.
5Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Die Europäische Union und Russland, S. 3.
6Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Die Europäische Union und Russland, S. 7.
7Vgl. Auswertiges Amt (Hrsg.), Wirtschaft.
8Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Die Europäische Union und Russland, S. 10.
9Vgl. Auswertiges Amt (Hrsg.), Wirtschaft.
10Vgl. Jacobi & Partner (Hrsg.), Arbeitsmarkt und Personalmanagement in Russland.
11Vgl. Ritter, Die Markterschließung Russlands für mittelständische Fassadenbauer, S. 12.
12Vgl. Jacobi & Partner (Hrsg.), Arbeitsmarkt und Personalmanagement in Russland.
13Vgl. Ritter, Die Markterschließung Russlands für mittelständische Fassadenbauer, S. 9.
14Vgl. Ritter, Die Markterschließung Russlands für mittelständische Fassadenbauer, S. 10.
15Vgl. Balashova/Wedde, Zeitschrift Arbeit und Arbeitsrecht 2008, 82 (85).
16Vgl. IHK Hannover (Hrsg.), Entsendung von Arbeitnehmern in die Russische Föderation.
Vgl. Deutsch-Russische AHK (Hrsg.), Arbeitserlaubnisse für ausländische Mitarbeiter.
18Vgl. Strafiel, Rechtliche Untersuchung der Entsendung von Arbeitskräften von Deutschland in die Russisch Föderation, S. 18 f.
19Vgl. Deutsch-Russische AHK (Hrsg.), Arbeitserlaubnisse für ausländische Mitarbeiter.
20Vgl. Strafiel, Rechtliche Untersuchung der Entsendung von Arbeitskräften von Deutschland in die Russisch Föderation, S. 19.
Vgl. Russisch - online lernen und üben, Leben in Russland - Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in Russland.
22Vgl. Russische Botschaft, Informationen der Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland.
23Vgl. Heuser/Heidenreich/Förster, Auslandsentsendung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, S. 4.
24Vgl. Dütz, Arbeitsrecht, S. 19, Rn. 29.
25Vgl. Dütz, Arbeitsrecht, S. 21 f., Rn. 31.
26Vgl. Dütz, Arbeitsrecht, S. 24 f., Rn. 33.
27Vgl. Dütz, Arbeitsrecht, S. 26 f., Rn. 36.
28Vgl. Heuser/Heidenreich/Förster, Auslandsentsendung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, S. 3.