Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zinsänderungsrisiken
2.1 Begriff und Definition
2.2 Arten des Zinsänderungsrisikos
2.3 Zinsrisiken bei der Unternehmensfinanzierung von KMU
3 Derivative Finanzinstrumente
3.1 Begriff und Definition
3.2 Einteilungsmöglichkeiten von derivativen Finanzinstrumenten
3.3 Zinsoptionen
3.3.1 Grundprinzip
3.3.2 Zinscaps
3.3.3 Zinsfloors
3.3.4 Zinscollar
3.4 Forward-Rate-Agreements
3.5 Zinsswaps
4 Aktives Zinsmanagement durch den Einsatz derivativer Finanzinstrumente
4.1 Motive eines aktiven Zinsmanagements bei KMU
4.2 Zinsoptionen
4.3 Forward-Rate-Agreements
4.4 Zinsswaps
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Internetverzeichnis
1 Einleitung
Die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland besteht zu einem großen Anteil aus Bankkrediten.1 Durch den hohen Anteil an zinstragender Refinanzierung deutscher KMU können ungünstige Zinsentwicklungen zu negativen Auswirkungen in Bezug auf den Erfolg bzw. der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen führen. Das aktuell anhaltende Niedrigzinsumfeld begünstigte die Kredit-aufnahme von KMU für zusätzliche Investitionen weiterhin. Doch auch wenn sich eine Zinsanhebung seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) in den kommenden Monaten nicht abzeichnet und auch eine Zinserhöhung Ende dieses Jahres sehr spekulativ ist2, wird der Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik „ ... kommen, und dann werden zuerst die langfristigen Zinsen steigen.“[3] Die Aussage des Vorsitzenden des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zeigt, dass eine Anhebung der Zinsen im mittelfristigen Zeithorizont erwartet werden kann. Aus diesem Grund ist es essentiell für Unternehmen die Zinsentwicklung zu beachten und geeignete Maßnahmen zur Gestaltung und Steuerung der damit verbundenen Risiken zu treffen.
In der vorliegenden Arbeit sollen Möglichkeiten zur Gestaltung eines aktiven Zinsmanagements bei KMU durch nicht börsengehandelte derivative Finanzinstrumente erörtert werden. Hierzu wird im ersten Teil der Arbeit erläutert, welchen wesentlichen Zinsänderungsrisiken KMU unterliegen und inwieweit diese überhaupt ein Risiko darstellen, welches auch durch kleinere Unternehmen aktiv gesteuert werden sollte. Im Anschluss folgt eine theoretische Darstellung ausgewählter derivativer Finanz-instrumente, welche sich grundsätzlich zum Absichern von Zinsänderungsrisiken eignen. Im letzten Kapitel werden vorwiegend Vor- bzw. Nachteile der einzelnen Instrumente zur Steuerung von Zinsänderungsrisiken und damit die Möglichkeiten zur Gestaltung eines aktiven Zinsmanagements erläutert. Abschließend folgt eine Schlussbetrachtung, in der die erlangten Erkenntnisse nochmals zusammengefasst werden.
2 Zinsänderungsrisiken
In der Fachliteratur sowie anderen Medien lassen sich unterschiedlichste Definitionen für den Begriff des Zinsänderungsrisikos finden. Für diese Arbeit soll nun im folgenden Kapitel eine für diese Arbeit gültige Definition herausgearbeitet werden. Weiterhin sollen verschiedene Arten des Zinsänderungsrisikos vorgestellt werden. Insbesondere soll hierbei auf Zinsänderungsrisiken eingegangen werden, welche bei kleinen und mittleren Unternehmen bei der Unternehmensfinanzierung auftreten.
2.1 Begriff und Definition
Als Risiko kann für diese Arbeit allgemein eine negative Abweichung vom Erwartungswert verstanden werden.4 Das Zinsänderungsrisiko im speziellen gehört zu den Marktpreisrisiken. Marktpreisrisiken zeichnen sich dadurch aus, dass Veränderungen von bestimmten Marktpreisen, wie z.B. Zinssätze, Devisenkurse oder Aktienkurse zu negativen Folgen führen können, insbesondere sind hier Wertverluste zu nennen. Je nachdem in welcher Situation sich das Unternehmen befindet, können Verluste bei Preissenkungen oder aber auch bei Preissteigerungen auftreten.5 Das Zinsänderungsrisiko umfasst somit jegliche zinsinduzierten Auswirkungen auf Vermögenswerte sowie Verbindlichkeiten. Dazu zählen Wertverluste von zinstragenden Vermögenswerten, wie beispielsweise Anleihen aber auch negative Auswirkungen auf den Zinsertrag bzw. Zinsaufwand.6
2.2 Arten des Zinsänderungsrisikos
Eine Möglichkeit zur Unterteilung des Zinsänderungsrisikos ist die Trennung zwischen Wertverlusten von zinstragenden Vermögenswerten und Verbindlichkeiten und einer Verminderung des Zinsertrages bzw. Steigerung des Zinsaufwandes. Diese Unterteilung kann auch als barwertige bzw. periodische Perspektive definiert werden.7
Bei der barwertigen Perspektive werden negative Wertveränderungen von zinstragenden Vermögenswerten sowie Verbindlichkeiten durch Marktzinsänderungen betrachtet. Beispielsweise führt eine positive Marktzinsänderung zu Wertverlusten bei festverzinslichen Wertpapieren. Ein barwertiges Zinsänderungsrisiko besteht weiterhin auch bei nicht börsengehandelten Vermögenswerten sowie Verbindlichkeiten, da sich das Risiko insofern auswirkt, als dass der Markt attraktivere Möglichkeiten zur Geldanlage bzw. zur Finanzierung anbietet als möglicherweise selbst genutzt wurde und somit Opportunitätskosten bzw. -risiken bestehen.8
Bei der periodischen Perspektive werden jegliche Auswirkungen auf das Zinsergebnis, also den Zinsertrag sowie dem Zinsaufwand betrachtet. Beispielweise wirkt sich eine positive Marktzinsänderung negativ auf den Zinsaufwand aus, wenn variabel verzinsliche Kredite zur Unternehmensfinanzierung genutzt wurden. Hierbei wird das Risiko vorrangig für die jeweils aktuelle Periode und deren Auswirkung auf die GuV des Unternehmens quantifiziert.9
2.3 Zinsrisiken bei der Unternehmensfinanzierung von KMU
Der Begriff für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurde durch eine Empfehlung der Europäischen Kommission vom 06.05.2003 auf europäischer Ebene definiert.10 Die Kategorisierung erfolgt grundsätzlich nach 3 Kriterien. Ein Unternehmen darf nach der Empfehlung der Europäischen Kommission nur dann als KMU kategorisiert werden, wenn es weniger als 250 Personen beschäftigt und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. EUR hat. Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) fallen rund 99,6% aller Unternehmen in Deutschland in die Kategorie der KMU.11 88% aller Unternehmen in Deutschland fallen sogar in die Kategorie der Kleinstunternehmen und beschäftigen demzufolge weniger als 10 Personen und haben einen Jahresumsatz bzw. eine Jahresbilanzsumme von weniger als 2 Mio. EUR.12
Auch KMU unterliegen dem Zinsänderungsrisiko und müssen, aufgrund ihrer geringeren Größe und ihrer geringeren verfügbaren Ressourcen im Vergleich zu deutschen Großkonzernen, dieses kostengünstig und möglichst effizient steuern. Dazu müssen die, für das jeweilige Unternehmen relevanten Risiken zuerst identifiziert werden. Anschließend müssen die identifizierten Risiken quantifiziert werden, sodass optimale Maßnahmen zur Steuerung entwickelt und umgesetzt werden können.13
Zur Identifikation von wesentlichen Zinsänderungsrisiken für KMU empfiehlt es sich, die Bilanzstruktur von KMU zu analysieren und wesentliche Positionen, welche Zinsänderungsrisiken unterliegen zu identifizieren. Die Deutsche Bundesbank bietet mit ihrer Statistischen Sonderveröffentlichung 6, welche sie regelmäßig im statistischen Teil des Monatsberichts veröffentlicht eine gute Grundlage dafür. Für die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2016 wurden Bilanzen von insgesamt 48.928 Unternehmen ausgewertet. Da-runter wurden 41.048 Bilanzen von Unternehmen ausgewertet, die einen Jahresumsatz von weniger als 2 Mio. EUR, bis unter 10 Mio. EUR und bis unter 50 Mio. EUR haben und somit grundsätzlich in die drei Kategorien der KMU eingeordnet werden können.14
Wie im vorherigen Kapitel erläutert unterliegen lediglich zinstragende Positionen Zinsänderungsrisiken und können barwertig oder periodisch erfasst werden. Bei der Bilanzauswertung der Deutschen Bundesbank ist auffällig, dass durchschnittlich 97,1% der Bilanzsumme keine zinstragenden Positionen sind. Hierzu zählen Immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen, Vorräte, Kasse und Bankguthaben, kurzfristige Forderungen sowie Beteiligungen.15 Lediglich 2,2% der Bilanzsumme sind durchschnittlich zinstragende Aktiva bei den KMU, wenn langfristige Forderungen und Wertpapiere als Grundlage dienen. Hierbei muss kritisiert werden, dass auch Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen miteinbezogen wurden und dass Wertpapiere nicht zwangsläufig zinstragende Vermögenswerte sind, sondern auch Aktien in diese Kategorie eingeordnet werden würden. Unter diesen Umständen würde sich der zinstragende Anteil weiter reduzieren. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass KMU auf Grundlage der Auswertung der Deutschen Bundesbank ein eher geringes und unwesentliches Zinsänderungsrisiko auf der Aktivseite im Allgemeinen aufweisen.
Bei der Unternehmensfinanzierung der analysierten KMU beträgt der Anteil der Refinanzierung aus zinstragenden Positionen durchschnittlich 23,7%. Hierzu zählen sowohl kurzfristige als auch langfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. Besonders zu beachten ist, dass der zinstragende Anteil bei Kleinstunternehmen mit 32,9% am höchsten und bei den mittleren Unternehmen mit 15,2% am niedrigsten ist.16 Aufgrund des relativ hohen Anteils an zinstragender Refinanzierung bei KMU kann davon ausgegangen werden, dass wesentliche Zinsänderungsrisiken vorhanden sind.
Für die Unterscheidung von periodischen oder barwertigen Zinsänderungsrisiken kann vereinfacht angenommen werden, dass unterschiedliche Zinsvereinbarungen ausschlaggebend sind. Periodische Zinsänderungsrisiken entstehen dann, wenn Marktzinsänderungen, im Falle der Refinanzierung, zu erhöhten Zinsaufwendungen führen. Bei der Unternehmensfinanzierung ist dies auf eine variabel verzinsliche Refinanzierung zurückzuführen. Als barwertiges Zinsänderungsrisiko kann bei der Unternehmensfinanzierung vor allem das Risiko von steigenden Opportunitätskosten in Folge einer Marktzinssenkung genannt werden. Hiervon sind vor allem festverzinsliche Refinanzierungsstrukturen betroffen, da diese sich im kurz- bzw. mittelfristigen Zeithorizont nicht, oder nur wenig beeinflussen lassen. Nichtsdestotrotz kann hier angeführt werden, dass langfristig gesehen auch festverzinsliche Refinanzierung, sei es bspw. durch Fälligkeiten oder Sondertilgungsoptionen, anpassbar sind und somit auch bei festverzinslichen Refinanzierungen eine gewisse Zinselastizität angenommen werden kann.
3 Derivative Finanzinstrumente
Im folgenden Kapitel sollen die theoretischen Grundlagen zu ausgewählten nicht börsengehandelten derivativen Finanzinstrumenten vermittelt werden. Auf Grundlage, der in diesem Kapitel getroffenen Aussagen sollen im anschließenden Kapitel Maßnahmen zur Gestaltung eines aktiven Zinsmanagements bewertet werden.
3.1 Begriff und Definition
Derivative Finanzinstrumente sind Festgeschäfte (unbedingte derivative Finanzinstrumente) oder Optionsgeschäfte (bedingte derivative Finanzinstrumente), die erst in der Zukunft zu erfüllen sind und deren Wert wesentlich von einem bestimmten Basiswert (Underlying) beeinflusst wird. Als Basiswerte für derivative Finanzinstrumente können beispielsweise Aktien, Devisen, Zinssätze oder sogar andere Derivate genutzt werden.17 Es handelt sich demnach um Termingeschäfte, die aufgrund von Veränderungen des Basiswertes, beispielsweise Preissteigungen, selbst an Wert gewinnen können. Dies lässt sich beispielsweise an einem einfachen Termingeschäft beschreiben. Zwei Vertrags-parteien vereinbaren, dass Partei A in 3 Monaten die Aktie X zum Preis von 100€ kauft (Festgeschäft). Aktuell kostet die Aktie 95€. Sollte nun der Preis der Aktie X innerhalb der Laufzeit von 3 Monaten steigen und beispielsweise 105€ kurz vor dem Erfüllungs-zeitpunkt betragen, hätte die Vereinbarung selbst für Partei A an Wert gewonnen, da sie in diesem Zeitpunkt nur 100€ für eine Aktie bezahlen müsste, die an der Börse 105€ wert ist. Vereinfacht könnte man nun annehmen, dass der Kontrakt selbst 5€ wert sein müsste. Grundsätzlich lassen sich zwei Ziele für den Einsatz derivativer Finanzinstrumente nennen. Zum einen dienen derivative Finanzinstrumente zur Spekulation, da es mit ihnen möglich ist an Preissteigerungen, wie z.B. Aktienkurssteigerungen zu partizipieren, ohne selbst Aktien des jeweiligen Unternehmens zu erwerben. Zum anderen werden derivative Finanzinstrumente zum Absichern von anderen Geschäften (Grundgeschäften) genutzt.
Derivative Finanzinstrumente können in unterschiedlichsten Konstellationen abgebildet werden. Neben Festgeschäften, bei welchen beide Vertragsparteien gewissen Pflichten unterliegen, können auch Optionsgeschäfte, die ein bestimmtes Wahlrecht für eine Vertragspartei beinhalten oder erst bei einem bestimmten Ereignis zu Zahlungen verpflichten, vereinbart werden.18
[...]
1 Vgl. Statista, Investitionsfinanzierung, 2018, o.S.
2 Vgl. Mallien, J., Wiebe, F., Zinswende, 2018, o.S.
3 Vgl. Bernau, P., Schmidt, C., Interview in der FAZ vom 23.12.2018, S. 12.
4 Vgl. Rolfes, B., Gesamtbanksteuerung, 2008, S. 8.
5 Vgl. Rolfes, B., Gesamtbanksteuerung, 2008, S. 12.
6 Vgl. Rolfes, B., Gesamtbanksteuerung, 2008, S. 12.
7 Vgl. Banking-Hub, Zinsänderungsrisiko, 2018, o. S.
8 Vgl. Banking-Hub, Zinsänderungsrisiko, 2018, o. S.
9 Vgl. Banking-Hub, Zinsänderungsrisiko, 2018, o. S.
10 ABl. EG 2003, Nr. L 124/36.
11 Vgl. IfM-Bonn, Mittelstand, 2018, o. S.
12 Vgl. IfM-Bonn, Unternehmensbestand, 2018, o. S.
13 Vgl. RiskNET, Risikomanagementprozess, 2018, o. S.
14 Vgl. Deutsche Bundesbank, Unternehmensabschlüsse, 2018, o. S.
15 Die Berechnungen beruhen auf der Datengrundlage der Deutschen Bundesbank. (Siehe Datenträger)
16 Die Berechnungen beruhen auf der Datengrundlage der Deutschen Bundesbank. (Siehe Datenträger)
17 Vgl. dazu § 2 III WpHG oder Schmidt, M., Derivative Finanzinstrumente, 2014, S. 1.
18 Vgl. Schmidt, M., Derivative Finanzinstrumente, 2014, S. 3.