Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kontextualisierung
2.1. Historische Kontextualisierung
2.2. Der Fall der Unabhängigkeit des Kosovo
3. Was sind Emotionen? – Eine Definition und die Emotionsforschung
4. Methode
4.1. Analysegegenstände
4.2. Meine Analysemethode
5. Die Emotionen der Reaktion
5.1. Ergebnisse
5.2. Diskussion
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Der 17. Februar, derjenige Tag, welcher sowohl auf der serbischen, als auch auf der kosovo-albanischen Seite in die Geschichte eingegangen ist. Die einen feiern den Triumpf der Kosovo-Autonomie, während die anderen sich ungerecht behandelt füh- len. Wie auch deutsche Medien berichten, sei der 17. Februar 2008 nicht in die bal- kanische, sondern auch in die europäische Geschichte, als ein wichtiges Datum, ein- gegangen (vgl. Tagesschau 2008: o.S.). Der Tag der Unabhängigkeitserklärung des Kosovos ist als ein politisches Ereignis zu klassifizieren, welches zum einen von den jeweiligen Akteuren unterschiedlich wahrgenommen wird und zum anderen unter- schiedliche Emotionen hervorruft. Welche Emotionen die jeweiligen Akteure mit dem Ereignis verbinden und mithilfe welcher Mittel die Emotionen analysiert sowie einge- ordnet werden können, ist grundlegender Forschungsgegenstand dieser Hausarbeit. Trotz dessen, dass nur zwei Nationen von der politischen Entscheidung aktiv betrof- fen sind, gibt es Folgewirkungen für Europa. Die Nationen liegen „[…] innerhalb [des] geographischen und kulturell […] zusammenhängenden Konstrukts, […], Europa […]“ (Immerfall 2018: 4f.). Es ist wichtig zu analysieren, wie die Staaten in unserer Umge- bung mit derartigen politischen Entscheidungen umgehen und inwiefern Emotionen die politischen Entscheidungsprozesse beeinflussen. Durch die geographische Nähe des Geschehens, und dadurch, dass auch wir ein Teil der Kulturvielfalt Europas sind, ist das Thema unter anderem für Forschungen in Deutschland interessant. Emotionen sind ein grundlegender Bestandteil der Politik und daher, bei der Ergründung politi- scher Entscheidungen, wichtig zu erforschen. Das hat mich zu dem Entschluss ge- bracht, mithilfe der folgenden Leitfrage die Emotionen in einem solchen Fall zu ana- lysieren: Über welche Themen spricht der serbische Premierminister Vojislav Koštunica in seinen zwei Reden unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Jahr 2008 und welche Emotionen können diesen zugeordnet werden?
Inhaltlich habe ich diese Hausarbeit in zwei Abschnitte unterteilt: Zu Beginn präsen- tiere ich den theoretischen Ansatz dieser Arbeit. Zuerst bringe ich den Fall der Un- abhängigkeitserklärung des Kosovos in einen historischen Kontext, um die Hinter- gründe des Falles zu verstehen. Im zweiten Unterkapitel erkläre ich, wie es zu der Unabhängigkeitserklärung kam und welche Faktoren diese politische Entscheidung begünstigt haben. Dabei beziehe ich mich in abstrahierter Form auf die Reaktionen der serbischen Regierung. Daraufhin präsentiere ich die m ethodischen Ansätze meiner Analyse. Dieser Abschnitt beinhaltet die Theorie des konzeptionellen Rahmens mit der Frage „Was sind Emotionen?“, wo ich den Fokus, zuerst auf die Definition und im Anschluss auf den Stand der Emotionsforschung, lege. Nachdem ich die Emotion definiert habe, stelle ich im Kapitel „Methode“ meine Forschungsme- thode für die qualitative Inhaltsanalyse vor. Dabei erläutere ich meine konkrete Her- angehensweise an die Emotionsanalyse.
Im Hauptteil dieser Arbeit präsentiere ich meine Forschungsergebnisse der Emoti- onsanalyse zweier Reden des serbischen Premierministers Vojislav Koštunica aus dem Jahr 2008. Letztlich fasse ich die Forschungsergebnisse zusammen und führe am Ende dieser Arbeit, mit Rückbezug auf die Leitfrage, ein Fazit der Analyse, an.
2. Kontextualisierung
2.1. Historische Kontextualisierung
In diesem Kapitel werde ich den Fall zuerst in einen historischen Kontext einordnen und dann über die Zeitspanne unmittelbar vor der Unabhängigkeitserklärung schrei- ben.
Der historische Kontext ergibt sich durch das Beleuchten der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation des Staates, in den letzten Jahrzehnten.1 Der Fall der Un- abhängigkeitserklärung des Kosovo im Jahr 2008 ist auf den Kosovo-Konflikt und dessen geschichtliche sowie politische Hintergründe zurückzuführen. „Der Kosovo- Konflikt ist eng verbunden mit dem Aufstieg des serbischen Königreichs um 1400 und dem sehr viel späteren Entstehen und Zerfallen Jugoslawiens“ (Welfens 1999: 24). Jugoslawien ist eine ehemalige Bundesrepublik im Südwesten Europas und entstand nach dem Ersten Weltkrieg […] aus der Untergangs-bzw. Erbmasse des österreichi- schen Habsburger Reichs (Welfens 1999: 24). Tito habe „[…] mit der Verfassung von 1974 eine Struktur geschaffen, die unterschiedliche Interessen austarieren sollte“ (Rathfelder 2010: 22). Die Bundesrepublik war in sechs einzelne Republiken aufge- teilt: Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Ma- zedonien (vgl. Rathfelder 2010: 22). In Serbien wurden zwei Regionen als autonom eingestuft: Vojvodina im Norden Serbiens und der Kosovo im Süden, welcher mehr- heitlich von islamischen Kosovaren dominiert wurde (vgl. Rathfelder 2010: 22/ Wel- fens 1999: 26). „Jede Republik und autonome Region verfügte über ein Parlament und eine Regierung. Im höchsten Organ des Staates, im Staatspräsidium, verfügten jede dieser Republiken und autonomen Regionen über einen Sitz und eine Stimme.“
(Rathfelder 2010: 23). Nach Titos Tod, dem Gründervater und Präsidenten Jugosla- wiens verschlechterte sich zeitgleich auch die politische Lage in der UdSSR, welcher bereits Ende der 80er das Scheitern prophezeit wurde (vgl. Dimitrijevic 1998: 462). Nach Titos Tod, der als der Symbolträger der jugoslawischen Einheit, der die Natio- nalstaaten durch seine kommunistisch-sozialistische Ideologie (nach Vorbild der UdSSR) bündelte, machten sich im Zuge der Jugoslawienkrise Ende der 80er Jahre die ersten nationalistischen Strömungen in den jugoslawischen Regionen breit.2 Vier von sechs Staaten, Slowenien, Kroatien, Mazedonien und Bosnien traten in den Jah- ren 1991 und 1992 aus der SFRJ aus und gaben ihre Unabhängigkeit bekannt (vgl. Borgen 2008: o.S.). Im Jahr 2006 spalten sich Serbien und Montenegro als zwei je- weils unabhängige und souveräne Staaten voneinander ab (vgl. Borgen 2008: o.S.).
In den 90er Jahren plädierten die Kosovo-Albaner verstärkt für die Unabhängigkeit und Souveränität der Region (vgl. Borgen 2008: o.S.). Aus diesem Gedanken kam die UCK hervor. Die UCK ist eine albanische paramilitärische Organisation, die für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfte. 1998 griff das serbische Militär den Kosovo an, um weitere Unabhängigkeitsströmungen zu verhindern (vgl. Borgen 2008: o.S.). Nach den fehlgeschlagenen Verhandlungen über den Status Kosovo und den fehlen- den diplomatischen Beziehungen zu dem serbischen Präsidenten, Slobodan Mi- losevic, schaltet sich die NATO ein und bombardiert zwei Städte in Serbien (vgl. Bor- gen 2008: o.S.). Infolge dieser Angriffe formuliert der UN Sicherheitsrat im Jahr 1999 die Resolution 1244, welche die UN Verwaltung im Falle des Kosovos legitimiert (vgl. Borgen 2008: o.S.)3 Die Resolution hat den Rahmen für weitere politische Verhand- lungen im Fall der Unabhängigkeit des Kosovo geschaffen (vgl. Borgen 2008: o.S.). Die folgenden neun Jahre hat die UN in der Verwaltung des Kosovos partizipiert (vgl. Borgen 2008: o.S.). Derweil waren sich die beteiligten Akteure der Verhandlungen zum endgültigen Status des Kosovo unschlüssig (vgl. Borgen 2008: o.S.).
In diesem Kapitel habe ich den Fall, aus zeitlicher Perspektive gesehen, bis zum Tag der Unabhängigkeitserklärung in einen historischen Kontext eingeordnet. Dadurch ist das notwendige Vorwissen gesichert, welches die Grundlage für ein tieferes Ver- ständnis über die Kosovo-Problematik schafft.
2.2. Der Fall der Unabhängigkeit des Kosovo
Infolge der fehlenden Einigung in den Verhandlungen um den Kosovo-Status ent- sandte der Generalsekretär der UN im November 2005, Martti Ahtisaari als Sonder- gesandten in den Kosovo, um sich vor Ort der Angelegenheit zu widmen (vgl. Borgen 2008: o.S.). Nach Unstimmigkeiten beider Parteien, entwickelte Ahtisaari im Jahr 2007 den „Ahtisaari-Plan“4, in welchem er die Idee der Unabhängigkeit des Kosovos, als eine Lösung zur Kosovo-Problematik anerkannte: Die Unabhängigkeit würde nach einer bestimmten zeitlichen Periode unter internationaler Beaufsichtigung als ein end- gültiger Lösungsweg akzeptiert werden (vgl. Borgen 2008: o.S.). In diesem Plan stellt Ahtisaari 14 Artikel und zehn Grundprinzipien vor, mithilfe dessen er die grundlegen- den Konfliktlinien im Falle des Kosovo aufgreift und, sich an diesen orientierend, Lö- sungswege in den politisch-rechtlichen Bereichen anführt (vgl. Ahtisaari 2007: 2-11). In 12 Anhängen konkretisiert er die politisch-rechtlichen Lösungen in Bereichen, wie dem Justizsystem (Anhang 4), der internationalen Debatte (Anhang 6) oder der Armut (Anhang 7) (vgl. Ahtisaari 2007: 11-57). Um den Verhandlungsprozess stringent wei- ter zu führen, wurden die Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina im Zeitraum von August 2007 bis Dezember 2007 von der EU, Russland und den USA (genauer: der Troika) überwacht (vgl. Borgen 2008: o.S.). Die Troika beschreibt die Verhand- lungen zwischen Belgrad und Pristina, durch ein Zwischenfazit am 10. Dezember 2007, wie folgt: „ The parties were unable to reach an agreement on the final status of Kosovo. Neither party was willing to cede ist position on the fundamental question of sovereignty over Kosovo […]“ (vgl. Borgen 2008: o.S.).
Das Institut der Europäischen Union für Studien über Sicherheitsfragen veröffent- licht im Dezember 2008 einen Bericht über die Verhandlungen des endgültigen Sta- tus Kosovos.5 Boris Tadic, der damalige Präsident Serbiens, habe sich Mitte Januar 2008 dem Europäischen Rat mit folgender Bitte zugewandt: Eine größere Autono- mie habe sich in zahlreichen Varianten und Beispielen als erfolgreich bewiesen, die einseitige Anerkennung Kosovos würde hingegen unvorhersehbare Folgen für an- dere Regionen mit sich bringen (vgl. Weller 2008: 69). Zu diesem Zeitpunkt vertrat Boris Tadic den Standpunkt, Serbien würde alle legalen und demokratischen Mittel nutzen, um die Souveränität und territoriale Integrität Serbiens zu bewahren (vgl. Weller 2008: 69). Der serbische Außenminister hingegen hat am 14. Februar 2008 verkündet, die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo stehe unmittelbar bevor und fügte dem hinzu, dass die direkte und absehbare Konsequenz aus diesem politischen Akt, die Verletzung des ersten Prinzips der Vereinigten Nationen (UN) sei (vgl. Weller 2008: 69).6 Die politische Entscheidung würde sich weltweit bekannt machen; zahlreiche Konflikte würden in Folge der Anerkennung Kosovos als souve- ränen Staat eskalieren, neu aufgegriffen und neue würden entstehen, so der serbi- sche Außenminister (vgl. Weller 2008: 69). Vergeblich bat die serbische Regierung den Europäischen Rat um Unterstützung auf ihrer politischen Seite (vgl. Weller 2008: 70). Nachdem die Troika das Scheitern der Verhandlungen ausgerufen hat, verurteilten folgende Länder, die sich mit ähnlichen innerstaatlichen Konflikten kon- frontiert fühlen, die Unabhängigkeit des Kosovos: Serbien, als Hauptakteur; Russ- land, Rumänien, Moldawien und Zypern (vgl. Borgen 2008: o.S.). Griechenland, die Slowakei und Spanien schlossen sich letzteren an (vgl. Borgen 2008: o.S.). Sie sprachen vom Brechen des internationalen Rechts (vgl. Borgen 2008: o.S.).
Die Unabhängigkeit wurde von den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Italien, Deutschland und weiteren EU-Mitgliedsstaaten anerkannt (vgl. Borgen 2008: o.S.)7
Am 17. Februar 2008 verkündete das kosovarische Parlament die Unabhängigkeit des Kosovo.8 Dabei hält sich das Parlament an den Plan Ahtisaaris (vgl. Borgen 2008: o.S.)
Am 18. Februar erkannten die USA den Kosovo als einen unabhängigen und souve- ränen Staat an9. Insgesamt 54 Staaten, unter anderem 22 EU-Mitgliedsstaaten haben die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt (US Department 2009: o.S.). Die Ausrufen Kosovos als einen eigenständigen, souveränen Staat hat verschiedene Meinungen und weltweit eine Debatte ausgelöst10
3. Was sind Emotionen? – Eine Definition und die Emotions- forschung
Im empirischen Teil meiner Arbeit habe ich die Emotionen in zwei politischen Reden analysiert. Um ein Verständnis darüber zu bekommen, was Emotionen sind und wie in der Wissenschaft, in Bezug auf Emotionen, geforscht wird, gilt es diese zunächst zu definieren.
In diesem Kapitel erarbeite ich, mithilfe der Literatur von Rothermund und Eber eine Definition von Emotionen. Anschließend lege ich den Fokus auf die Emotionsfor- schung und führe ihren aktuellen Forschungsstand, sowie Kriterien und für das wis- senschaftliche Arbeiten mit Emotionen, an.
Je nach wissenschaftlicher Disziplin wird der Begriff „Emotion“ unterschiedlich wahr- genommen und definiert: Im Allgemeinen stammt das Wort Emotion aus dem Latei- nischen und ist aus dem Wort „ emovere“ abzuleiten: heraus bewegen, in Bewegung setzen, in einen erregten Zustand versetzen (vgl. Rotermund/Eder 2011: 165).
„Diese Begriffsumschreibung gibt die zentrale Eigenschaft von Emotionen wieder: Emotionen berühren uns, erregen uns und sie bewegen uns in eine bestimmte Rich- tung“ (Rothermund/Eder 2011: 165). Rothermund führt folgende Kennzeichen von Emotionen an, um letztere von anderen gefühlsbetonten Zuständen zu unterschei- den:
- Affektivität (der Gefühlscharakter von Emotionen)
- Intentionalität (Objektgerichtetheit).11
- Unwillkürlichkeit (automatisch ausgelöste Reaktionen auf bestimmte Situatio- nen bzw. Einschätzungen, bestimmte Situationen und Informationen können strategisch aufgesucht werden, um bestimmte Emotionen hervorzurufen o- der zu vermeiden)
- Begrenzte zeitliche Dauer (eng an das Auftreten des Objekts bzw. die Situa- tion gekoppelt)
Rothermund und Eber leiten aus letzten Kennzeichen folgende Definition ab: „Emotionen sind objektgerichtete, unwillkürlich ausgelöste affektive Reaktionen, die mit zeitlich befristeten Veränderungen des Erlebens und Verhaltens einher- gehen“ (Rothermund/Eber 2011: 166).
In der Emotionspsychologie gibt es bisher keine allgemein gültige Definition der Emotionen, sondern ist, je nach Forschungsinteresse, variabel (vgl. Rother- mund/Eber 2011: 167).12
Um Emotionen wissenschaftlich korrekt zu erforschen, ist es notwendig, festzulegen, welche Emotionstheorie als Grundlage dient. Dabei muss der Forschungsge- genstand eingegrenzt und definiert sein (vgl. Brandstätter 2013: 158 ff.).
Brandstätter führt in seinem Werk über Motivation und Emotion sieben Ansätze zur Emotionsforschung an:
- Die Erforschung von Emotionen kann aus historischer Perspektive erfolgen; hier werden die Emotionen in den einzelnen psychologischen Strömungen der Geschichte (Behaviorismus, Kognitivismus etc.) mit einer jeweils ande- ren Bedeutung untersucht (vgl. Brandstätter 2013: 158 ff.).
- Im evolutionsbiologischen Ansatz ist die Evolutionstheorie von Charles Dar- win die Grundlage der Untersuchungen: „Evolutionsbiologische Ansätze be- schäftigen sich im Wesentlichen mit der Frage, welche Aspekte von Emotio- nen zum biologischen Erbe von Menschen gehören und deshalb bereits mit der Geburt vorhanden oder wenigstens angelegt sind. Dabei ist besonders relevant, welchen Wert Emotionen für das individuelle Überleben und das Überleben einer Art haben (Brandstätter 2013: 160 f.).
- Zudem führt Brandstätter den behavioristisch-lerntheoretischen Ansatz an, welcher die Annahme vertritt, dass Emotionen im Laufe der individuellen Lerngeschichte durch klassisches und instrumentelles Konditionieren erwor- ben werden (vgl. Brandstätter 2013: 160).13
- Der neuro- und psychophysiologische Ansatz hingegen beschäftigt sich mit der Frage, welche organischen Strukturen Emotionen zugrunde liegen sowie welche zentralnervösen und peripheren Strukturen und Prozesse an Emotio- nen beteiligt sind (vgl. Brandstätter 2013: 164 f.).
- Die James-Lange-Theorie sei die „[…] bis heute wohl berühmteste psycho- physiologische Emotionstheorie, die vom amerikanischen Psychologen Wil- liam James abstammt […]. Der Kern der Theorie ist die Aussage, dass die bewusste Empfindung körperlicher Veränderungen mit der Emotion identisch [sei]. […] Damit sind körperliche Veränderungen notwendig und hinreichend für das emotionale Erleben (vgl. Brandstätter 2013: 165). Damit seien Herz- klopfen und Schweißausbrüche nicht die Folge, sondern die Ursache des emotionalen Erlebens (vgl. Brandstätter 2013: 165). Was James hier nicht berücksichtigt, ist, dass noch ein Bewertungsprozess dazwischengeschaltet sei.14
Aus heutiger Sicht haben sich seit James die neuropsychophysiologischen Ansätze entscheidend weiterentwickelt. Diese Entwicklung ist unter anderem auf die Ent- wicklung entsprechender Technologien zurückzuführen (vgl. Brandstätter 2013: 166). Durch den technischen Fortschritt und die Entwicklung ausgefeilter Untersu- chungsmethoden kann detailreicher analysiert werden, welche Gehirnregionen und die zwischen ihnen bestehenden funktionalen Zusammenhänge an Emotionen be- teiligt sind (vgl. Brandstätter 2013: 166). Dazu dienen folgende Verfahren: Die funk- tionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) und die Positronemissiontomographie (PET) erfassen wie sich bei der Darbietung z.B. emotional relevanter Reize Blutfluss und Stoffwechselvorgänge in bestimmten Hirnarealen verändern (vgl. Brandstätter 2013: 166 f). Rückblickend auf Rothermund und Eder behauptet auch Brandstätter, dass nicht jede potenziell emotionsauslösende Situation eine Emotion hervorbringt, sondern es darauf ankommt, wie die Situation bewertet wird (Objektbezogenheit) (vgl. Brandstätter 2013: 167).15
4. Methode
In diesem Kapitel gehe ich auf meine Methode zur Emotionsanalyse der beiden Re- den des serbischen Premierministers Vojislav Koštunica, nach der Unabhängigkeits- erklärung des Kosovos im Jahr 2008, ein.
Da es sich in meiner Analyse um Reden handelt, greife ich hier auf die Methoden der qualitativen Sozialforschung zurück. Die qualitative Inhaltsanalyse bietet hier eine stützende Methode zur „[…] Auswertung von erhobenen Daten in Form von Texten, Filmen oder akustischen Inhalten […]; besonders eignet sich die Methode für die sys- tematische, theoriegeleitete Bearbeitung von Textmaterial (Berger-Grabner 2016: 144 f.).
4.1. Analysegegenstände
Bei der Auswahl meiner Analysegegenstände für die inhaltliche Emotionsanalyse habe ich mich an meiner Leitfrage („Über welche Themen spricht der serbische Pre- mierministers Vojislav Koštunica in seinen zwei Reden unmittelbar nach der Unab- hängigkeitserklärung des Kosovos 2008 und welche Emotionen können diesen zuge- ordnet werden?“) orientiert und ausschließlich auf die beiden Reden des serbischen Premierministers unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovos be- schränkt: Die erste Rede ist vom 17.02.2008. An diesem Tag wurde die Unabhängig- keit im Kosovo ausgerufen (vgl. Kapitel 2.2). Ich habe mich dieser Rede bedient, da sie die Kriterien für die Emotionen-Analyse erfüllt: Im Vordergrund steht die Analyse der ‚emotionalen‘ Reaktion des serbischen Premierministers auf ein Ereignis. Die Ob- jektbezogenheit ist daher essenziell.
[...]
1 Damit ich den Anforderungen an die Hausarbeit gerecht bleibe, lege ich meinen Fokus, in der histo- rischen Kontextualisierung, auf die politische Situation im Kosovo seit dem Zerfall Jugoslawiens bis kurz vor der Unabhängigkeitserklärung 2008
2 Dem Anhang habe ich ein Kapitel angefügt, welches die Anfänge der Jugoslawienkrise näher be- schreibt.
3 s. https://www.nato.int/Kosovo/docu/u990610a.htm (Zugriff: 13.11.2018, 16:48)
4 s. https://www.kuvendikosoves.org/common/docs/Comprehensive%20Proposal%20.pdf (Zugriff: 13.11.2018, 16:12)
5 Der Bericht ist in englischer Sprache. Folgende Zitate sind sinngemäße Wiedergaben.
6 Siehe Anhang 4
7 s. http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/7244538.stm (13.11.2018, 16:15 Uhr)
8 s. Anhang 2
9 s. https://www.state.gov/r/pa/ei/bgn/100931.htm (Zugriff: 13.11.18, 16:26 Uhr)
10 s. https://www.nytimes.com/2008/02/19/world/europe/19kosovo.html?pagewanted=2&hp (Zugriff: 13.11.2018, 16:20 Uhr)
11 Die reale Existenz von Objekten ist nicht entscheidend, sondern die Einschätzung, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegen bzw. eintreten könnte.
12 Für ein tiefergehendes Verständnis über Emotionen und den psychologischen Hintergrund, siehe: Rothermund/Eder 2011: 165-201.
13 Vgl. Brandstätter (2013) S. 163 Studie: Watson und Rayner (1920)
14 Vgl. Brandstätter (2013): S. 166 Studie Strack et al.
15 Vgl. Brandstätter (2013): S. 168 Studie Schachter und Singer; vgl. S. 170 Abb. 12.2.