Zur Sicherung von Lernergebnissen im Berufsschulunterricht

Unter besonderer Berücksichtigung von Differenzierung


Masterarbeit, 2015

154 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Danksagung

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Allgemeine Überlegungen zur Sicherung von Lernergebnissen
2.1.1 Bedeutung und Notwendigkeit der Lernergebnissicherung
2.1.2 Vorstellung von Lernstrategien
2.1.3 Lehr-Lernperspektiven
2.1.4 Implementierung von Kompetenzen im Rahmenlehrplan
2.2 Didaktisch-Methodische Überlegungen zur Lernergebnissicherung
2.2.1 Individualisierung und Differenzierung
2.2.2 Methoden der Lernergebnissicherung

3. Praktische Umsetzung
3.1. Zielgruppenbeschreibung
3.2. Abriss zum behandelten Beispielthema – Tarifrecht
3.3. Materialieneinsatz – Vorstellung und Begründung

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis

Anhang

A Stationstraining – Einzelne Stationen
A.1 Station 1 - Griddle
A.1.1 - Aufgabe/Arbeitsblatt 1a
A.1.2 - Lösung 1a
A.1.3 - Aufgabe/Arbeitsblatt 1b
A.1.4 - Lösung 1b
A.1.5 - Aufgabe/Arbeitsblatt 1c
A.1.6 - Lösung 1c

A.2 Station 2 - Concept Map
A.2.1 - Aufgabe
A.2.2 - Arbeitsblatt
A.2.3 - Lernhilfe 1
A.2.4 - Lernhilfe 2
A.2.5 - Lernhilfe 3
A.2.6 - Lösung

A.3 Station 3 - Fallbeispiel: Vertragsberatung
A.3.1 - Aufgabe
A.3.2 - Aufgabe - Leichte Sprache
A.3.3 - Arbeitsvertrag
A.3.4 - Arbeitsvertrag - Anforderungsreduziert
A.3.5 - Arbeitsblatt
A.3.6 - Arbeitsblatt - Anforderungsreduziert
A.3.7 - Ausschnitt Tarifvereinbarung
A.3.8 - Arbeitsblatt - Lösungsbeispiel

A.4 Station 4 - Placemat
A.4.1 - Aufgabe
A.4.2 - Placemat - Vorlage

A.5 Station 5 - Video Clip
A.5.1 - Arbeitsblatt

A.6 Station 6 - Rollenspiel
A.6.1 - Aufgabe
A.6.2 - Aufgabe Leichte Sprache
A.6.3 - Notiz- und Rollenkarte Arbeitgeber
A.6.4 - Notiz- und Rollenkarte Beschäftigte
A.6.5 - Notiz- und Rollenkarte - Lernhilfe
A.6.6 - Tarifregister

A.7 Station 7 - Plakat
A.7.1 - Aufgabe „Gewerkschaften“
A.7.2 - Aufgabe - „Streik“
A.7.3 - Aufgabe - „Tarifverträge“

A.8 Station 8 - PowerPoint-Präsentation
A.8.1 - Aufgabe „Tarifautonomie“
A.8.2 - Aufgabe „Koalitionsfreiheit“

A.9 Station 9 - „WebQuest“ - Tariffähigkeit
A.9.1 - Seitenauszug Website
A.9.2 - Arbeitsblatt
A.9.3 - Lernhilfe „Tariffähigkeit“
A.9.4 - Lernhilfe „Folgen fehlende Tariffähigkeit“
A.9.5 - Arbeitsblatt - Lösung

A.10 Station 10 - Fallbeispiel „Streik“
A.10.1 - Aufgabe/Arbeitsblatt
A.10.2 - Aufgabe/Arbeitsblatt - Anforderungsreduziert
A.10.3 - Lernhilfe
A.10.4 - Lernhilfe
A.10.5 - Lernhilfe Leichte Sprache
A.10.6 - Arbeitsblatt - Lösung
A.10.7 - Arbeitsblatt Lösung Anforderungsreduziert

A.11 Station 11 - „Vier gewinnt“
A.11.1 - Aufgabe/ Spielanleitung
A.11.2 - Spielbrett
A.11.3 - Spielkarten

B Organisatorisches/Übergeordnetes zum Stationstraining
B.1 - Laufzettel
B.2 - Reflexion - einzelne Station
B.3 - Reflexion - Gesamtes Stationstraining
B.4 - Glossar
B.5 - Kompetenzraster Modul IV Tarifrecht
B.6 – Kompetenzraster auf das Stationstraining bezogen
B.7 – Informationsblatt für SuS

C Anhang – Theoretischer Teil
C.1 – Matrix – Lernzieldimensionen in den Abstraktionsebenen
C.2 – Advance Organizer

1. Einleitung

Nachhaltigkeit.

Dieses derzeit inflationär durch die Presse geisternde Mode-(un-)wort1, tangiert zweifelsfrei Umwelt- und Wirtschaftsaspekte, aber auch gerade heutigen Unterricht. Im 18.Jh. ursprünglich aus der Forstwirtschaft kommend, war damit gemeint, dass nur soviel Holz geschlagen werden dürfe, wie auch wieder nachwachsen würde. In den 70er Jahren weitete sich dieser Begriff auf die Umweltforschung und –politik aus und rekurriert auf den bedachten Ressourcenverbrauch, um in den 90er-Jahren schulpolitisch aufgegriffen zu werden. Aus dem Ursprungskontext herausgelöst, wurde „Nachhaltigkeit“ zum Inbegriffsmerkmal guten Unterrichts, welcher ein dauerhaftes, also nachhaltiges Lernen ermöglichen soll, um zukunftsfähig zu sein. Das im schulischen Kontext erworbene Wissen, soll nicht länger statisch und träge sein, sondern im kognitiv-konstruktivistischen Sinne als selbstgesteuerter Prozess aus dem eigenen Handeln der Person heraus konstruiert werden. (vgl. Wiater 2004, S. 5–7) Dies betrifft im besonderen Maße die Stoffvermittlung an Berufsschulen, da im Gegensatz zu anderen Schulformen, die Ergebnisse des Lernens direkte Auswirkungen auf die Betriebe und damit auf die Wirtschaft haben, weshalb Unternehmen den Erfolg von Weiterbildungs- /Schulungsmaßnahmen seiner Arbeitskräfte und Auszubildenden auch gerade in dem Maße der Umsetzung des Gelernten betrachten. (vgl. Götz Klaus 2010, S. 142)

Des Weiteren wandelt sich die Gesellschaft immer mehr zu einer Generalität des Wissens, im Zusammenspiel mit einem steigenden Konkurrenzdruck um Arbeitsplätze und Wirtschafts- technologien. Folglich spielt die nachhaltige Anwendungsfunktion, auch im Sinne von Trans- ferleistungen des erlernten Wissens eine zunehmende Rolle. Dazu ist es eminent, Gelerntes zu sichern – worin sich das Konzept der Lernerfolgssicherung begründet. (vgl.Gonschorrek 2003, S. 17–18) Betrachtet man die veränderten Schülerstrukturen und den signifikant gestiegenen Heterogenitätsgrad, so wird jedoch deutlich, dass es keine universale Lernergeb- nissicherung geben kann. Vielmehr ist es wichtig, eine differenzierte Lernergebnissicherung anzubieten, um jedem Schüler und jeder Schülerin mit den vorhandenen Ressourcen best- möglich zu unterstützen. (vgl. Klippert 2010, S. 15-17)

Dieser Teilbereich in der Lehre ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit, welche Antworten sucht auf die Frage, welche Methoden und Instrumente grundsätzlich vorliegen, um Lernerfolg individuell zu fördern, zu sichern und im besten Fall, als erworbene Kompetenz zu evaluieren. Insbesondere werden dabei die Möglichkeiten und Grenzen der Stationsarbeit untersucht und exemplarisch an der Lehreinheit „Tarifrecht“, welche im derzeit gültigen Rahmenlehrplan des berufsschulischen Unterrichts in Fach Wirtschafts-/Sozialkunde verankert ist, veranschaulicht.

Dem Bildungssystem wurde bereits vor über 20 Jahren vorgeworfen, Produzent des sogenannten „Oberkellnergedächtnisses“ zu sein, bei welchem das Wissen über die Bestellungen solange gespeichert wird, bis der Gast „Zahlen“ ruft – um es danach zu löschen, damit Platz, für die nächsten Informationen ist. Wenn dies auf die Schulen übertragen wird, bedeutet dies über-spitzt formuliert, dass Prüfungen das Gedächtnis löschen, damit für den nächsten Test gelernt werden kann. Kritisiert wurde auch damals schon, dass Lehrpläne überquellen würden und der Lernerfolg doch permanent abnähme, was wiederum Aussagen über verkrustete Strukturen des Bildungsapparates und das Scheitern von bisherigen Reformen auf den Plan riefen. (vgl. S. Risch 1992, S. 242)

Zu den bis heute tatsächlich umgesetzten Reformen und Verbesserungen kann im Rahmen dieser Arbeit nur begrenzt Stellung genommen werden, jedoch wird unter anderem auch auf die neuen Herausforderungen, insbesondere der Thematik der Heterogenität, Bezug genommen und Chancen, aber auch Schwierigkeiten mit diesen veränderten Rahmen- bedingungen diskutiert sowie Umsetzungsmöglichkeiten zur Nivellierung der differenten Schülerbedingungen vorgestellt.

Zunächst findet dazu im zweiten Kapitel eine Annäherung der Problematik von theoretischer Seite statt. So werden nach der Begriffsklärung von „Lernen“ mit ausgewählten, dazuge- hörigen Determinanten, Lernstrategien und deren Dimensionierung dargeboten, um anschlie- ßend eine Einordnung der Kompetenzniveaus und Outputperspektiven vorzunehmen und speziell für die Berufsschule adäquate Instrumente und Methoden der Lernergebnissicherung näher zu erläutern. Den Abschluss des theoretischen Kapitels bildet die Thematik der „Binnen- differenzierung“ mit der dazugehörigen Vorstellung der möglichen Adressaten und deren Besonderheiten sowie eine erste Annäherung an das „Stationslernen“ mit Hilfe didaktisch- methodischer Überlegungen.

Im darauffolgenden dritten Kapitel, welches die praktische Umsetzung vorgenannter Überlegungen darstellt, wird zunächst die Zielgruppe beschrieben sowie ein Einblick in das Beispielthema „Tarifrecht“ gegeben und eine Einordnung in die Lernfeldstruktur vorgenommen. Das Gros dieses Kapitels bildet dann die Vorstellung und Begründung der ausgearbeiteten Materialien, Methoden und Instrumente, welche im Anhang ausführlich zu finden sind.

Die Masterarbeit schließt mit einem Fazit über Chancen und Grenzen des Stationstrainings im Kontext heutiger Anforderungen an Unterricht.

2. Theoretischer Hintergrund

2.1 Allgemeine Überlegungen zur Sicherung von Lernergebnissen

2.1.1 Bedeutung und Notwendigkeit der Lernergebnissicherung

Um sich dem Wesen und der Relevanz der Lernergebnissicherung zu nähern, soll nachstehend zunächst der Begriff „Lernen“ und dessen Aspekte sowie Determinanten diesbezüglich kurz umrissen werden. Auf Grund der begrenzten Abhandlungsmöglichkeiten im Rahmen dieser Masterarbeit, wird auf Unterthemen wie neuro-biologische Voraussetzungen etc. nicht explizit eingegangen, wenngleich sie ihre Berechtigung haben.

„Non vitae, sed scholae discimus“2 – Dieses Zitat des Philosophen Seneca belegt, dass es bereits vor ca. 2000 Jahren Klagen darüber gab, dass die schulische Erziehung junge Menschen nur unzureichend auf das spätere (Berufs-)Leben vorzubereiten vermag. Bis heute hat sich nur wenig daran geändert – im Gegenteil: zunehmend beklagt sich die deutsche Wirtschaft über fehlende Ausbildungsreife der Auszubildenden (vgl. Wahle 2014, S. 242), weshalb die Betriebe entweder gar nicht erst ausbilden oder aber betriebsintern Nachhilfe organisieren (vgl. Reuters Editorial 2010). Grundsätzlich ist es nicht nur wünschenswert, sondern geradezu programmatisch, dass sich durch „Lehren“ Lernerfolg einstellen soll, der im besten Falle dann auch noch zu einem Lerntransfer in die Praxis führt. Reinweg auf die Schule bezogen, führt ein fehlender Transfer von Schule zur Praxis selten zu tatsächlichen Sanktionen, höchstens auf das Kind selbst bezogen, durch dementsprechend schlechte Noten. Für die betriebliche Bildungsarbeit und die Berufsschule gilt dies freilich nicht – Transferleistungen sind dort eminent, weshalb Schülerinnen und Schüler3 bei fehlenden Leistungen diesbezüglich, dazu befähigt werden müssen. (vgl. Götz Klaus 2010, S. 142–143) Somit ist also die Sicherung von Lernergebnissen gerade an Berufsschulen von besonderer Bedeutung.

Damit Lernergebnisse gesichert werden können, muss zunächst einmal „Lernen“ stattgefunden haben. Doch was ist „Lernen“ eigentlich?

Dazu gibt es vielfältige Ansätze und Definitionen, so hat sich bereits Aristoteles mit der The- matik befasst und konstatiert, dass Sinneseindrücke in der Seele, welche einer “tabula rasa“ gleicht, aufgenommen und gespeichert werden. Diese Auffassung lässt sich bis zu den heuti- gen Behaviorismus- und Konditionierungstheorien verfolgen. (vgl. Böhm&Grell 2005, S. 407) Wenn eine nachhaltige Veränderung im Wissen oder Verhalten erzeugt wurde, hat Lernen stattgefunden. Dabei ist es ebenso irrelevant, ob dies absichtsvoll oder unbeabsichtigt geschah, wie die Frage, ob bewusste oder unbewusste Vorgänge vorgelegen haben. Zwingend ist jedoch, dass eine Interaktion mit der Umwelt stattgefunden hat. (vgl. Hoy und Schönpflug 2008, S. 256) Diese Veränderungen beobachtbaren Verhaltens und die Veränderung des kognitiven Apparates, müssen langfristig als sensorische Informationen und motorischen Abläufe fixiert werden, um als „Lernen“ zu gelten. Damit ist die Übernahme des Gelernten ins Langzeitgedächtnis immanent. (vgl. Dörner, S. 181)

Pädagogisch betrachtet, kommt „Lernen“ einer Verbesserung respektive einem Neuerwerb von Verhaltens- und Leistungsformen gleich. Während der Behaviorismus das Reiz-Reaktions- Lernen in den Vordergrund stellte und dabei die nicht-beobachtbaren Vorgänge konsequent als sogenannte „Black Box“ außer Acht ließ (vgl. Lefrançois 2006, S. 44) hebt die jüngere Kognitionspsychologie die Relevanz der spezifischen Aktivität hervor. So sei effektives „Lernen“ ein Prozess, welchem die folgenden vier Eigenschaften inhärent sind:

- aktiv
- konstruktiv
- kumulativ
- zielorientiert

Lernen muss aktiv geschehen, um die dargebotenen Informationen sinnvoll aufzunehmen, es muss konstruktiv sein, um auch komplexe Zusammenhänge herstellen zu können und neue Informationen adäquat einordnen zu können. Kumulativ ist Lernen insofern, als das neue Informationen auf vorhandenem Wissen aufbauen und auf Basis dessen, verarbeitet werden und schließlich muss es zielorientiert sein, da nur die Zielsetzung eine Evaluation, ob das Ziel erreicht wurde, beziehungsweise, ob das gelernt wurde, was gelernt werden sollte, ermöglicht. (vgl. Konrad und Wagner 1999, S. 5–6)

Herausgreifen möchte ich dabei den besonderen Begriff Wissen.

Wissen wird als eine der wichtigsten Zieldimensionen von Bildungsprozessen angesehen, denn es steuert maßgeblich unser privates, aber auch gerade berufliches Handeln. Liegt ein tiefes und differenziertes Fachwissen über Fakten sowie Sachverhalte vor und verfügt das Individuum dann noch über Methoden zur Verarbeitung arbeitsfeldspezifischer Problem- stellungen, so stellt dies die essenzielle Basis beruflichen Handelns dar. (vgl. Widulle 2009, S. 103)

Man unterscheidet zwischen deklarativem, prozeduralem und konditionalem Wissen. Deklaratives Wissen wird auch als statisches Wissen bezeichnet, da es sich auf Fakten und reine Sachverhalte bezieht, es wird differenziert in semantisches (welches abstraktes Welt- wissen ist) und episodisches Wissen, welches in der Erinnerung an ein bestimmtes Ereignis gebunden ist, wie zum Beispiel ein persönliches Erlebnis. Im Laufe der Zeit verdichten sich dann Erlebnisse zu „Erfahrung“. (vgl. Möller und Wild 2009, S. 6)

Prozedurales Wissen wird auch als Handlungswissen bezeichnet und in Lern- sowie Anwendungsprozesse unterteilt. Dabei kann es nur erworben werden, wenn bereits deklaratives Wissen vorhanden ist. Aus jenem werden dann „Wenn-Dann“-Regeln erstellt um in Handlungssituationen adäquat anwendbar gemacht zu werden. Dieser Prozess ist zentral für die Bereitstellung von Wissen für (soziales) Handeln. (vgl. Gruber 1999b, S. 99)

Schließlich soll noch eine dritte Wissensart näher betrachtet werden: Das konditionale Wissen, auch als Metawissen bezeichnet. Dieses ist elementar für das Lernen, da es die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung, -bewertung und –reflexion umfasst und somit über das eigene prozedurale und deklarative Wissen „wacht“, es einordnet und bewertet. Es stellt damit das sogenannte Kontrollwissen dar und bildet die Grundlage für die Metakognition, welche eine tragende Rolle im selbstgesteuerten Lernen innehat und somit auch gerade für die Zielgruppe der Berufsschüler relevant ist. Denn sie repräsentiert das Wissen über die eigene Person, mit seinen Stärken und Schwächen sowie seinen Kognitionen, Emotionen und Motivationen. Zudem verkörpert es den Part der Kontrolle, Steuerung und Regulation des eigenen Lern- und Problemlöseprozesses und ist damit ein Resultat vorhandenen Strategie- wissens. (vgl. Konrad und Wagner 1999, S. 15)

Wirklich effektiv im beruflichen Handeln kann Wissen eingesetzt werden, wenn es tief verar- beitet und vernetzt ist sowie handlungsangemessen ist, das heißt variabel anpassbar auf die jeweilige Situation eingesetzt werden kann.

Nachstehendes Schema, soll die Wissensarten/ und –merkmale visualisieren, der hellblau hinterlegte Teil, ist dabei der effektivste Bereich des Lernens und des Problemlöseverhaltens:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Taxonomie der Wissensarten - eigene Darstellung in Anlehnung an (Gruber 1999a, S. 59)

Die Kenntnis über das Wesen und die Arten des Wissens, führt zu Konsequenzen in der Frage, wie Wissen am Besten erworben und gespeichert werden soll und damit zu Folgen für den Unterricht, da das strategisch anwendbare Wissen, das Ziel von Lernen sein muss. Bedingt wird „Lernen“ von mehreren Einflussfaktoren, welche im Rahmen dieser Arbeit nicht alle be- rücksichtigt werden können. Jene, die mir subjektiv am Wichtigsten erscheinenden werden jedoch genannt und im Verlauf des nachfolgenden Kapitels näher dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Übersicht subjektbezogene Einflussfaktoren auf das Lernen

Nachdem Wissen erworben wurde, soll der Erwerb einer gewissen Nachhaltigkeit unterliegen – das Gelernte muss also gesichert werden. Dies kann über mehrere Herangehensweisen ge- schehen. Immer jedoch kommen dabei unterschiedliche Lernstrategien und Lerntechniken – im besten Falle unter Berücksichtigung individueller Lernstile - zum Einsatz. Seitdem die ersten Ergebnisse von regionalen, teilweise sogar internationalen Vergleichsstudien zu Schüler- leistungen vorlagen und die Ergebnisse für den deutschen Raum geradezu ernüchternd waren, ist eine breite Diskussion darüber in Gang gesetzt worden, wie Schulstrukturen und Lernarran- gements gestaltet sein können und müssen, um die individuelle Entwicklung von Kompeten- zen4 der SuS voranzutreiben – eine neue Lernkultur wurde gefordert. (vgl. Stammermann 2014, S. 7) Schließlich schockierten die Ergebnisse nicht nur die Fachwelt, sondern wurden von der breiten Öffentlichkeit und der Wirtschaft wahrgenommen. Diese „neue“ Lernkultur beinhaltete auch den Ruf nach einer neuen, qualitativ hochwertigen Aufgabenorientierung, bei der Aufgaben als „Katalysatoren von Lernprozessen“ fungieren, um sowohl auf inhalt- licher, als auch auf formaler Basis schon zu Beginn von Lehr-/Lernprozessen richtungsweisend sein zu können. (vgl. Thonhauser 2008, S. 14–15) Die Kultusministerkonferenz hat dazu auch einen Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik – weg von „income“- hin zur „output“-Orien- tierung vorgenommen, welcher in Kapitel 2.1.3 näher vorgestellt und dessen Konsequenzen erläutert werden. Auch in dieser Hinsicht soll das in Kapitel drei vorgestellte „Stationstraining“ den neu ausgerichteten Anforderungen für kontinuierlichen Lernerfolg gerecht werden.

2.1.2 Vorstellung von Lernstrategien

Eminent für erfolgreiches Lernen sind neben funktional verfügbarer Aufmerksamkeits- prozesse und das bereits vorhandene Vorwissen, vor allem der Einsatz adäquater Techniken und Strategien zur Aufnahme und Verarbeitung von Informationen5. Um diesen Prozess zu lancieren, sind sogenannte Lernstrategien einzusetzen. In der Literatur wird kein einheitliches wissenschaftliches Konzept zu Lernstrategien verfolgt. So werden unterschiedliche Aspekte mehr oder minder betont, wie nachfolgend zu sehen sein wird. Ein theoretischer Ansatz versucht Lernstrategien auf Grundlage ihrer funktionalen Bedeutung für den Informationsver- arbeitungsprozess zu erklären, hingegen der eher kontextorientierte Ansatz phänome- nologisch auf Grundlage des real vorzufindenden Lern- und Studienverhalten die Lernstra- tegien zu erklären versucht. (vgl. Baumert 1993, S. 331–332) Grundsätzlich aber, werden sie als Verhaltensweisen und Gedanken verstanden, die der Lernende aktiviert, um den Prozess des Wissenserwerbes zu beeinflussen und zu lenken sowie die Rezeption und Verschlüsselung von Informationen zu protegieren. (vgl.Prenzel 2006, S. 269)

Laut FRIEDRICH&MANDL stellen sie Handlungssequenzen dar, die der Erreichung von Lernzielen dienen. Dem hält KLAUER entgegen, dass Lernstrategien nicht selbst zielgerichtete Handlungssequenzen, sondern lediglich Pläne dafür sein, weil die Anwendung von Lernstra- tegien auch unbewusst geschehen könne und somit eine unbeabsichtigte Handlung seien. (vgl.Klauer und Leutner 2007, S. 241) Unabhängig von der expliziten Definition, ist der Nutzen und der positive Effekt auf die (Schul-)Leistung von Lernstrategien jedoch unstrittig, weshalb die Taxonomien6 und Dimension kurz näher vorgestellt werden sollen. Einzelne, explizite Beispiele für Anwendungsformen der jeweiligen Lernstrategien werden im Anschluss daran vorgestellt und schließen das Kapitel ab.

Die erste grobe Unterteilung geht auf DANSERAU7 zurück, wonach zwischen Primärstrategien – welche zur Modifikation kognitiver Strukturen führen, indem sie direkt auf die zu verarbeitende Information derart einwirken, dass diese besser verstanden und verarbeitet und schließlich behalten werden kann - und Stützstrategien unterschieden wird, welche den Prozess der Informationsverarbeitung einleiten, erhalten und lenken – auch indem sie auf motivationale und volitionale Aspekte zielen. (vgl. Mandl 1992, S. 8)

Das Herzstück der Lernstrategiesystematik ist die Dreiteilung in kognitive, metakognitive und ressourcenbezogene Strategien, welche von WEINSTEIN&MAYER vorgenommen wurde.

Bevor die einzelnen Komponenten näher erläutert werden, soll eine nachstehende Grafik, die Klassifikation der Lernstrategien zum besseren Verständnis visualisieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Strategieklassifikationsübersicht - eigene Darstellung, (inhaltlich an Baumert 1993, S. 332–334 angelehnt)

Kognitive Strategien sind jene, die zum Memorieren, Elaborieren und Transformieren beitragen. Sie tangieren Aspekte des Organisierens, wie zum Beispiel die Anfertigung von Skizzen oder das Unterstreichen von Schlüsselwörtern. Dabei wird neues Wissen strukuriert und mit vorhandenem Vorwissen verknüpft. Organisationsstrategien haben ihre Wirksamkeit nicht nur im Bereich des Verständnisses, sondern auch gerade in der Funktion als Repetier- und Abrufhilfe.(vgl. Mandl und Friedrich 2006, S. 4–5) Dabei kommt ihnen häufig eine stark reduktive Komponente zu, da sie die Fülle des Unterrichtstoffes auf das Wesentliche reduzieren. Eine weitere Unterform der kognitiven Strategien ist die der Elaboration. Diese ist gekennzeichnet durch die Integration der neu rezeptierten Informationen in die bereits vor- handene Wissensstruktur, wobei – im Gegensatz zur Organisation keine Reduktion, sondern im Gegenteil sogar eine Anreicherung stattfindet. Dazu werden Analogien oder passende Beispiele gebildet, um Zusammenhänge des neu erworbenen Wissens sichtbar zu machen oder aber Wissenslandkarten in Form von Mind oder Concept Maps erstellt.(vgl. Wild und Schiefele 1994, S. 191) Vervollständigt werden die kognitiven Strategien durch die Strategie des Wiederholens, welche vorrangig jene der Repetition ist und somit auf das Einprägen reiner Fakten, wie Vokabeln, Schriftbilder etc. ausgerichtet ist.(vgl. ebd. S. 186–188) Während Weinstein&Mayer die Wiederholungsstrategien separat ausweisen, merken Friedrich&Mandl an, dass sie den Elaborationsstrategien zuzuordnen sein, weshalb die Systematik dahingehend von den beiden Autoren angepasst wurde. (vgl. Mandl und Friedrich 2006, S. 1–2)

Die nächste große Untergruppe, die metakognitiven Strategien, beziehen sich nicht primär auf den eigentlichen Lernvorgang, sondern auf die Planung, Überwachung und Steuerung des eigenen Lernprozesses. Währenddessen die kognitiven Strategien auch den Primärstrategien zugeordnet werden können, gehören metakognitive Strategien zu den Stützstrategien, da sie den Kontrollstrategien zuzuordnen sind. Somit werden ihnen ebenso das Setzen von Lernzielen und die dazugehörigen Soll-/Ist-Vergleiche zugerechnet, wie auch die appendanten Modifikationsstrategien, bei einer Abweichung des erwarteten respektive erwünschten Lernerfolges. (vgl. Wernke 2013, S. 26) Sind metakognitive Strategien adaptiv verfüg- und einsetzbar, so gilt dies als entscheidende Variable für erfolgreiches, selbstgesteuertes Lernen. Ihnen kommt damit sowohl eine exekutive, als auch modifikative Funktion zu. (vgl. Baumert 1993, S. 334)

Eine weitere Ausbildung der Stützstrategien8 sind jene des Ressourcenmanagements. Dieses wird noch ausdifferenziert in internes und externes Ressourcenmanagement. Während das Erstgenannte vornehmlich motivationale Aspekte des Selbstmanagementes, wie den Umgang mit Erfolg und Misserfolg oder der Anstrengungsbereitschaft berührt, wird dem externen Ressourcenmanagement die Ausstattung des Umfeldes zugeschrieben. Dazu zählt beispiels- weise die Gestaltung der Lernumgebung und der personalen Ausstattung, wozu auch kooperative Arbeitsformen und Lerngruppen zählen. (vgl. Wernke 2013, S. 28) Da sowohl die gängigen Inventare zur Erfassung von Lernstrategien die eben beschriebene Unterteilung implementiert haben (Wild et al. 1992; Heyn et al. 1994), als auch in der einschlägigen Literatur diese Taxonomie als Standard vorgestellt wird (Mandl und Friedrich 2006; Gläser- Zikuda 2001; Klauer und Leutner 2007), gilt sie als Grundlage für die vorliegende Arbeit.

Bevor den einzelnen Lernstrategien Beispiele in der Anwendung und Umsetzung aufgezeigt und erläutert werden, soll nachstehende Grafik die soeben beschriebene Taxonomie visualisieren, um einen besseren Überblick zu geben.

Kognitive Ebene

Organisation:

Wenngleich die eigentliche Speicherkapazität des Gehirnes schier unerschöpflich scheint, ver- hält es sich mit der Aufnahmekapazität im Arbeitsspeicher anders, da diese mehr oder minder begrenzt und zudem hoch selektiv ist. (vgl. Kahl 2014, S. 18) Daher muss, wie bereits geschrie- ben, die Stofffülle reduziert und organisiert werden, um Informationen leichter aufnehmbar zu machen. Dafür typisch ist die Identifikation und Gruppierung von Fakten zu größeren Sinn- einheiten sowie Argumentationslinien, was beispielsweise über Mind-Maps, Gedankenland- karten oder Diagramme geschehen kann. (vgl. Konrad und Wagner 1999, S. 21–23)

Diese Darstellung von Informationen und Wissen in eine strukturelle Form führt zu einer Repräsentation des inneren (semantischen) Netzwerkes und somit zu einem vertieften Verständnis komplexer Sachverhalte sowie einer damit einhergehenden besseren Behaltensleistung. (vgl. Fürstenau 2011, S. 46) Auch Kurzzusammenfassungen eines jeden Lernabschnittes oder die Unterstreichung besonders relevanter Begriffe innerhalb eines Abschnittes können helfen, Informationen in aufnahmefähige Einheiten zu strukturieren. Besonders empfohlen wird dabei, diese – zunächst ungeordnete - Liste von Wörtern respektive (Fach-)Begriffen weiter zu systematisieren, was wiederum in Mapping-Techniken mündet. Die Wirksamkeit dieser Technik ist in mehreren Studien belegt (vgl. Klauer und Leutner 2007, S. 114–116) Ein Beispiel für eine Mind-Map im Hinblick auf Lernstrategien könnte so aussehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 stark verkürzter Beispiel-Ausschnitt einer Mind Map – eigene Darstellung

Elaboration:

Elaborationsstrategien ermöglichen die Integration neuen Wissens in bereits vorhandene ko- gnitive Strukturen und fördern damit das Verständnis und die Behaltensleistung der neuen Informationen. Dies geschieht – im Gegensatz zur reduktiven Methode der Organisations- strategie – über eine Anreicherung und Assoziation zu Beispielen und bedeutungshaltigem Wissen. (vgl. Konrad und Wagner 1999, S. 21) Vollzogen wird eine solche Informations- anreicherung über eine intensive Befassung mit der jeweiligen Thematik. Bei trivialem Fak- tenwissen, wie Vokabeln oder einfachen Regeln können beispielsweise Gedankenstützen – sogenannte „Eselsbrücken“ helfen, die neue Information abrufbar zu speichern. Möglichkeiten wären hier die „Loci“-Methode, bei der gedanklich Begriffe oder Fakten vertrauten Orten des Lernenden zugeordnet werden. Bei Vokabeln könnte sich der Lernende zum Beispiel vorstellen, dass er das englische Wort für Zwiebel (onion) als Kärtchen in die Küche hängt. Die Vokabel Geschirr (dish) hängt er zum Beispiel im Wohnzimmer auf.

Beim Abrufen der Vokabeln geht der Lernende dann in Gedanken durch seine Wohnung und ruft so die Vokabeln ab.

Eine andere Möglichkeit sind Reime, die nicht zwingend einen Sinn ergeben müssen und dennoch helfen, sich Fakten zu merken. Bekannte Beispiele dafür sind: „Wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich“ oder „Liebe Leut‘ ob groß ob klein, geteilt durch Null, lasst besser sein!“ Ebenfalls ein Mittel der Elaboration ist es, beim Texte Lesen zwischendurch selbst zu versu- chen, dem jeweiligen Abschnitt eigene Überschriften zu geben oder sich Gedanken über den Blickwinkel und Annahmen des Autors zu machen und mit den eigenen abzugleichen sowie Fragen zum Textinhalt zu stellen. (vgl. Metzger 2006, S. 63–64)

Die letztgenannte Variante führte in einer umfangreichen Metaanalyse zu einer deutlichen Erkenntnis derart, dass SuS, welche sich während der Bearbeitung eines Textes regelmäßig selbst Fragen dazu erdachten und sie zu beantworten ersuchten, eine deutlich höhere Ver- ständnisleistung ablieferten, als Jene, die dieser Strategie nicht mächtig waren. Dabei spielte es bemerkenswerter Weise keine Rolle, mit welchen leistungsmäßigen Voraussetzungen die Kinder ausgestattet waren. Der positive Effekt war bei allen Kindern zu verzeichnen. (vgl. Klauer und Leutner 2007, S. 114) Ganz wesentlich ist es auch, sich Notizen über das Gelernte respektive zu Lernende zu machen, da dies zusätzliche Assoziations- oder Interpretations- möglichkeiten zur Thematik bietet und somit stärker mit bereits vorhandenem Vorwissen ver- knüpft werden und gegebenenfalls transformiert werden kann. Folglich ist es möglich, ein tieferes Verständnis zu erlangen und Informationen besser abrufbar und wiedergebbar zu machen. (vgl. Staub 2006, S. 60–61)

Wiederholung:

Diese dritte kognitive Strategie beinhaltet insbesondere auch das Üben und sollte nicht unter- schätzt werden. Gerade im schulischen Kontext, wird dieser wichtige Part häufig in die Haus- aufgabenzeit verlagert, wodurch viele wertvolle Aspekte verloren gehen, da Hausaufgaben9 häufig nur äußerst spärlich und ungenau angefertigt werden. Dabei ist der positive Effekt der Wiederholung in mehreren Studien nachgewiesen worden.(vgl. Klauer&Leutner 2007, S.124 ) Wiederholungen verhindern den in Gedächtnispsychologischen Untersuchungen nachgewie- senen raschen Abbau der Speicherung rezeptierter Informationen. Ohne Wiederholung ist ein Übergang vom sensorischen Gedächtnisspeicher (=Ultrakurzzeitgedächtnis) in das bewusste Langzeitgedächtnis stark reduziert, da Informationen erst durch Wiederholung memoriert werden10. (vgl. Konrad und Wagner 1999, S. 20–21)

„Üben“ ist eine Unterform des Wiederholens, mit der Fertigkeiten gefestigt werden sollen. Beiden immanent ist die Tatsache, dass die Speicherung von deklarativem und prozeduralem Wissen vollzogen werden soll, um den kognitiven Speicher zu entlasten und Automatismen herzustellen. (vgl. Lipowski 2009, S. 92)

Das mehrmalige, dabei auch durchaus laute, Durchlesen eines Textes, Lernkarteikarten, welche auswendiggelernt werden oder das mehrfache, halblaute wiederholen eines Faktes/einer Formel etc. sind solche Wiederholungsstrategien. Im sportlichen wie musischen Bereich gilt allgemein die 10.000 Stunden-Regel, die besagen, dass komplexe Abläufe erst nach einer Übungszeit von 10.000 Stunden automatisiert auf hohem Level beherrschen werden (vgl. Zittlau 2013). Nicht zu unterschätzen ist der Aspekt der Emotion, da in mehreren Studien nachgewiesen wurde, dass Emotionen ganz grundlegend Einfluss auf den Lerngehalt haben und positive Emotionen im besonderen Maße vorteilhaft für die Tiefe und Nachhaltigkeit von Lernen sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass negative Emotionen den Lernprozess behindern können. (vgl. Edlinger und Hascher 2008, S. 58–60)

Metakognitive Ebene

Wer aber etwas weiß, der weiß gleichzeitig, dass er es weiß und er weiß zudem, dass er weiß, was er weiß.

Spinoza

Metakognitive Prozesse tragen erheblich zum Lernerfolg bei, da sie zum einen den Lernpro- zess in das Bewusstsein rücken: „Was weiß ich bereits?“, „Was möchte ich lernen /erreichen?“,“Wie kann ich das erreichen?“ zum anderen aber auch eine Überwachung des eigenen Lernprozesses ermöglichen und somit die Voraussetzungen schaffen, Anpassungen vorzunehmen. Das Wissen über die eigene Person und das Bewusstsein über das adäquate Handeln und Verhalten im Lernprozess sind folglich entscheidende Parameter des erfolg- reichen Lernens. Metakognition kommt also eine Regulationsfunktion zu, indem die bisher eingesetzten Strategien überwacht, hinterfragt und gegebenenfalls den Impuls zur Modifikation gibt. (vgl.Baumert 1993, S. 332–334) Wie bereits erwähnt zählen metakognitive Lernstrategien zu den Kontrollstrategien und flankieren den Lernprozess, ohne direkt Einfluss auf die vorhandene Wissensstruktur zu nehmen.

Vielmehr besteht ihre Funktion darin, lernbegünstigende Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Kontrolle ist gegliedert in: Planungs- ,Überwachungs- und Regulationsprozesse. (vgl. Gläser-Zikuda 2001, S. 82–83)

Zum einen ist die Zielsetzung und –formulierung ein Element der Planung, verbunden mit der Fragestellung wie und in welchem zeitlichen Rahmen dieses Ziel erreicht werden kann. Daher ist auch die Visualisierung und Strukturierung mit Hilfe von Zeitplänen absolut sinnvoll, auch um die Realisierbarkeit von Zielen im Auge behalten zu können. Zudem können Zeitpläne motivierend wirken, da das Lernprojekt gegliedert und damit besser verdaulich erscheint. (vgl. Metzger 2006, S. 22–25)

Zeitpläne können und sollten dabei von der Grobplanung zur Feinplanung übergehen. Ihre Funktion ist es auch, den laufenden Lernprozess überwachen und schließlich die Testvorberei- tungsphase zu planen. Grundsätzlich gehört zur Planung das „bewusst-werden“ über die Lernsituation und –aufgabe und die daraus resultierende Selektion entsprechender kognitiver und ressourcenbezogener Lernstrategien. (vgl. Metzger 2008, S. 142)

Die zweite Komponente der Kontrollstrategien ist die der Überwachung. Der eigene Lernprozess und die ausgewählte Lernstrategie wird analysiert und überwacht – zum Einen hinsichtlich der Art und Intensität des Lernens, zum anderen aber auch bezugnehmend auf den Aspekt der Effektivität. Es findet dabei zunächst eine „wertfreie“ Selbstbeobachtung statt, die den aktuellen Stand des Lernenden eruiert und dann ein „Soll-/Ist“-Abgleich, der zu der Beschäftigung mit der Frage führt, ob die aktuelle Strategie zielführend ist oder modifiziert werden muss. (vgl. Schreblowski und Hasselhorn 2006, S. 154/155) So beschäftigt sich der Lernende beispielsweise mit weiterführenden Fragen, um nachzuvollziehen, ob der Stoff auch verstanden wurde oder ob das Thema vollständig bearbeitet wurde. Im Prüfungsvorberei- tungsprozess sind hier Checklisten, welche Kernfragen des Prüfungsstoffes abbilden, eine typische Umsetzung dieser metakognitiven Strategie. Die Regulationsstrategie kommt nach Abschluss einer Aufgabe zum Tragen und stellt den evaluativen Teil dar - so wird der gesamte Arbeitsprozess vom Lernenden reflektiert und bewertet, weshalb diese Strategie auch Bewertungsstrategie genannt wird.

Kommt der Lernende zu dem Schluss, dass die eingesetzten Strategien und Methoden nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben, erfolgt im optimalen Fall eine adäquate Modifikation bei der nächsten Lernbewältigungsaufgabe. (vgl. Leutner und Leopold 2006, S. 162)

Die drei metakognitiven Strategiearten Planung, Überwachung und Kontrolle ergeben für sich einen Regelkreis, welcher selbstgesteuertes Lernen ermöglicht und die – im traditionellen Unterricht häufig vorkommende lehrerzentrierte Kontrolle – obsolet oder zumindest sekundär werden lässt. (vgl. Kahl 2014, S. 23)

Ressourcenmanagement

Die Gestaltung einer opportunen Lernumgebung fällt in den Bereich des Ressourcenmanage- ments. Es wird dabei in der Literatur zwischen Internem und Externem unterscheiden, wobei der Fokus auf der internen Komponente liegt, weshalb das Ressourcenmanagement auch als affektive Strategie bezeichnet wird. (vgl. Weinstein und Mayer 1986, S. 316–318) Wie bereits in Abbildung drei zu entnehmen ist, gibt es fünf Hauptsäulen des Ressourcenmanagements11, wobei die drei Komponenten Anstrengungsbereitschaft, Aufmerksamkeit und das Zeitmanagement dem internen und die verbleibenden beiden Komponenten Lernumgebung und Gruppenzusammensetzung dem externen Ressourcenmanagement zuzuordnen sind und nachstehend kurz beschrieben werden.

Im Idealfall lernt ein motivierter Lernender um seiner selbst Willen (vgl. Schiefele 2009, S. 164f.), wobei dabei eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung sowohl motivations- als auch lei- stungssteigernd wirkt. Um an diesen Komponenten arbeiten zu können, ist der Einsatz von Strategien der Selbstmotivation angezeigt. Dabei aktivieren sie als volitionale Strategien Ziele, Interessen und das eigene Kompetenzerleben und können motivationsförderlich wirken. Da- her wird das Setzen von Zielen, unterteilt nach Fristigkeit, empfohlen, da es Ergebnisse ge- danklich vorweg nimmt und somit positive Anreize setzen kann. (vgl. Deimann&Weber 2009, S.57) Auch die Steigerung des Interesses am Lerngegenstand selbst, wirkt positiv auf die Lern- motivation. Dazu muss die persönliche Bedeutsamkeit des Lerngegenstandes erhöht werden, was wiederum erreicht wird, indem der emotionale Gehalt des Lerngegenstandes erhöht wird, dem Lernenden die subjektive Bedeutsamkeit des Lerngegenstandes vermittelt wird und praktische Anwendungsbereiche vermittelt werden.(vgl. Schiefele&Streblow 2006,S. 241f.) Indem der Lernende Erfolgserlebnisse hat, wird er zum Weiterarbeiten motiviert, weshalb die Setzung realistischer Ziele und das Attribuieren des Erfolges auf die eigene Leistung und Anstrengung wichtige Strategien sind, Lernen zu fördern. (vgl. Metzger 2006, S. 14)

Um intensives und aufmerksamkeitsgerichtetes Arbeiten zu ermöglichen, muss der Lernende die Fähigkeit besitzen, Störungen von innen und außen abzuwehren und sich „konzentrieren“ zu können, da das Arbeitsgedächtnis nur eine begrenzte Kapazität besitzt. Aus diesem Grunde ist es unabdingbar, Störungen zu selektieren und sie – zumindest temporär – zu eliminieren. Dazu stehen an erster Stelle die Identifikation von Störfaktoren und der bewusste Umgang damit. Äußeren Störeinflüssen zu begegnen ist dabei in der Regel leichter, da man sie bewusst umgehen kann, indem ein ruhiger, störungsfreier Arbeitsplatz gewählt wird. Innere Störungen gelten gemeinhin als die „problematischeren“, da sie sich nicht einfach verdrängen lassen. Auch hier ist der bewusste Umgang damit unabdingbar und der Einsatz von Techniken wie Konzentrations- und Entspannungstraining sinnvoll. (vgl. Metzger 2006, S. 36–39) Es handelt sich bei diesen Maßnahmen um Strategien zur Aufrechterhaltung der Konzentration. (vgl. Kahl 2014, S. 20)

Beide vorgestellte Strategiearten gehören, wie auch der Umgang mit Stress und Angst zu den affektiven Strategien, welchen die emotionalen Komponenten inhärent sind. Da Affekte zu den am stärksten wirkenden Antriebsfaktoren des Menschen zählen, ist die positive Besetzung damit, ein Merkmal erfolgreichen Lernens. (vgl. Gläser-Zikuda 2010, S. 112) Folglich gilt, dass im Umgang mit Stress und Prüfungsangst Strategien entwickelt werden müssen, diesen Faktoren adäquat zu begegnen. Eine Möglichkeit dazu wäre, sich frühzeitig über Anforderungen der Lern- und Prüfungssituation zu informieren und Selbst- einschätzungen, hinsichtlich eigenem Lernverhalten vorzunehmen. Auch diesbezüglich können Check- und Analyselisten hilfreich sein. (vgl. Metzger 2006, S. 48–51)

Verbleibt als letzter Aspekt interner Ressourcen der des Zeitmanagements, welchem eine hohe Bedeutung zukommt, da die begrenzt vorhandene Zeit zur Systematisierung und Struk- turierung von Lernvorgängen zwingt12. Wie bereits im Abschnitt über Metakognition beschrie- ben, sind Zeitpläne unabdingbar für erfolgreiches (Prüfungs-) Lernen und können auch der Prokrastination entgegenwirken. Es gibt unterschiedliche Instrumente, welche zeitplanerisch in Frage kommen: Zunächst muss das Zeitbudget ermittelt und dann verteilt werden. Daraus resultierende Mehrwochenpläne geben mittelfristig einen guten Überblick, um die Feinplanung zu ermöglichen. Dazu gehören in der kurzfristigen/detaillierten Planung beispielsweise Agenden und Hausaufgabenhefte. (vgl. ebd., S. 22 ff.)

Wenngleich die beschriebenen internen Ressourcen auch in der Literatur als die vorrangig maßgeblichen Faktoren betrachtet werden, spielen auch die externen Ressourcen eine nicht zu unterschätzende Rolle in Bezug auf den Lernerfolg. Damit sind einerseits „physikalische“ Ressourcen gemeint, wie die Lehrmittelausstattung, Zugriffsmöglichkeiten auf externe Wissensressourcen oder die Gestaltung des Arbeitsplatzes, zum anderen aber auch gerade “nicht-physische“ Elemente, wie Reaktionen der Umwelt, das Verhalten der Peer-Group respektive der anderen Lernenden und der Umgang mit sowie das Angebot von Hilfestellungen. (vgl. Severing 1996, S. 103)

2.1.3 Lehr-Lernperspektiven

Von Schulpädagogen nicht selten als die vermutlich größte Innovation schulischen Unterrichts in den vergangenen Jahrzehnten gefeiert, stellt die neue „Kompetenzorientierung“ des Unter- richts mitnichten einen Paradigmenwechsel im Bildungssystem dar, welchem die Ausrichtung der Planung, Ausgestaltung, Analyse und Evaluation an schülerzentrierten Kompetenzen, welche am Ende eines Bildungsprozesses stehen, inhärent sind. (vgl. Faulstich-Christ et al. 2010, S. 8) Dahinter steht der Gedanke, dass ein langfristiger Wissens- und Kompetenzzuwachs erfolgen soll, welcher eine Permanenz der betreffenden Fähigkeit erreichen soll. Ausgelöst wurde dieser Kurswechsel vor allem durch die aufschreckenden Ergebnisse der TIMSS-Studie, welche vorrangig in Fachkreisen wahrgenommen wurde, und der Veröffentlichung der ersten PISA-Studie im Jahr 2000, welche von der breiten Bevölkerung wahrgenommen und in den Medien als „PISA-Schock“ und „PISA-Trauma“ hinreichend ausgeweidet wurde. Schließlich legten gerade die „PISA“-Ergebnisse den Finger in die Bildungswunde: Die Varianz zwischen den Schülerleistungen der einzelnen Bundesländer war enorm und offenbarte zudem, dass die herkunftsbedingten sozialen Disparitäten im Schulsystem fortgeführt wurden. Besonders problematisch war auch, dass zum Einen ein eklatant hoher Anteil von SuS über kaum gesicherte Grundkenntnisse verfügen und zum Anderen der Anteil derer, die auf maximal elementarem Niveau rechnen und lesen können mit ca. 23% erschreckend hoch ist. (vgl. Drieschner 2009, S. 22)

Die KMK13 reagierte und erarbeitete in ihrer Plenarsitzung im Dezember 2001 erste Konsequenzen. So beschloss sie sieben Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität schulischer Bildung in Deutschland – bspw. unter anderem den Ausbau schulischer Ganztags- angebote, aber vor allem die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität von Schule und Unterricht auf Basis verbindlicher Standards. (vgl. Kultusministerkonferenz 06.12.2001) Kritiker merken zuweilen zynisch an, dass die KMK mit der restriktiven Setzung solcher Standards ein ganz eigenes Verständnis von Demokratie entwickelt und ausgelebt habe und dass es bis heute problematisch sei, die Lehrerinnen und Lehrer als Exekutive flächendeckend für diese tatsächliche Umsetzung der Reform zu gewinnen. (vgl. Arnold 2013, S. 174; vgl. Priebe und Schreder 2012, S. 4–6) Des Weiteren stellt sich die Frage, ob es früher nicht bereits Standards und Normen gab, da einem Unterricht ohne Ziele die Basis für die Wahl und Gestaltung adäquater Unterrichtsmaterialien und Inhalten fehle und zudem eine Feststellung, ob das Ziel erreicht wurde , also ob tatsächlich gelernt wurde, was gelernt werden sollte, nicht möglich. (vgl. Mager 1994, S. 5) Eine Bildung ohne vorab definierte Normen und ein Unterricht ohne Lernziele sei vollkommen grund- und richtungslos und verkomme damit unangemes- sener Weise zu einem reinen Selbstzweck. (vgl. Retzmann 2011, S. 3) Dennoch soll nach- stehend der Kurswechsel in seiner Gänze erläutert werden, weil er nachhaltige Spuren im Bildungssystem hinterlässt.

Vor der Reform und vor allem als Ergebnis der Curricularen Didaktik-Diskussion der 70er- Jahre, war der Unterricht „lernziel-orientiert“. Damit sind verbal formulierte Vorstellungen über das gewünschte Endverhalten des Lernenden, bezogen auf einen Lerngegenstand zu verstehen. (vgl. Jongebloed 1983, S. 268) Lernziele sind präskriptiv und bestehen aus einer Verhaltens- und Inhaltskomponente und können in verschiedenen Dimensionen unterschieden werden. So können sie einerseits in kognitive, affektive und psychomotorische Aspekte14 eingeteilt werden und nach ihren Zielen (Richt-, Grob und Feinziele) abgeleitet werden. (vgl. Peterßen 1996, S. 183&192) Daraus ergibt sich für jede Domäne eine fachspezifische Matrix, welche im Anhang unter C.1 dargestellt wird und die auch in der heutigen Kompetenzorientierung ihre Gültigkeit hat.

Zudem müssen Lernziele operationalisierbar sein, um die Dispositionsziele messbar zu machen. Dazu greift wiederum Lernzieltaxonomie nach Bloom, welche ab den 40er-Jahren entwickelt wurden, um Lernleistungen zu überprüfen und hierarchisch aufgebaut ist.

Schematisch kann sie wie folgt dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Taxonomie-Schema nach Bloom - eigene Darstellung in Anlehnung an Wilbers S.195

Die KMK gab als Nachwehe der ersten, unerwartet schlecht ausgefallenen, PISA-Ergebnisse 2003 im Rahmen einer Fachtagung, welches gemeinsam vom DIPF, dem BMBF und der KMK durchgeführt wurde ein Gutachten in Auftrag, welches sich mit möglichen Alternativen zur bisherigen Beschulung auseinandersetzen sollte. Diese knapp 200-seitige – als “Klieme- Expertise“ bekannte Ausarbeitung „Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards“ befasst sich vornehmlich mit dem Kompetenzbegriff und dazugehörigen Bildungsstandards. Dabei wird die Blickrichtung – weg von den Lernzielen, hin zu Kompetenzen – gewechselt, da Lernziele vornehmlich Lehrerzentriert sein und lediglich Aussagen darüber machen, was gelehrt werden soll. Kompetenzen hingegen seien schülerzentriert und legen fest, welche Entwicklungsstufen vom Schüler tatsächlich erreicht werden soll, wobei die tatsächliche Neuerung dieser Didaktik in der Literatur durchaus kontrovers diskutiert wird. Die Autoren selbst heben mit der Einführung der Bildungsstandards den Wechsel von der Input- zur Outputsteuerung vor, bei der weniger darauf geschaut wird, was gelernt werden SOLL, sondern WAS TATSÄCHLICH GELERNT wurde. (vgl. Klieme 2003, S. 19–23) Auch hier sind Gegenstimmen zu hören, welche eher von einem Outcome als Bildungsanspruch ausgehen, bei dem der Output nur den direkten Lernerfolg, der Outcome jedoch den langfristigen Wissens- und Kompetenzzuwachs darstellt. (vgl. Herzog und Brenner 2013, S. 48–50) Dennoch sind Kompetenzen und die dazugehörigen Kompetenzstufen derzeit das Non-Plus-Ultra, weshalb sie nachfolgend erläutert werden.

Dazu ist zunächst eine Begriffsklärung nötig, was Kompetenzen überhaupt sind und inwiefern diese „skaliert“ werden können. Wie auch schon beim Lernzielbegriff wird der Kompetenz- begriff „schwammig“ und uneinheitlich verwandt. Während beispielsweise LERSCH Kompetenz als die additive Verknüpfung von Wissen und Können betrachtet, sieht ARNOLD dies als direkte Unsinnigkeit an. (Arnold 2013, 2013) Allerdings ist als grobe Schnittmenge zu extrahieren, dass Kompetenzen aus vorhandenem Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten bestehen und das adäquate beobachtbare Verhalten dazu, das heißt, dass der Lernende gewillt und befähigt ist, diese Komponenten dann auch anzuwenden und zu zeigen. Folglich spielen auch motivationale und volitionale Aspekte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Gerade die Definition von Weinert, auf welche in der Fachliteratur häufig verwiesen wird, beherbergt diese Leitbegriffe. Für ihn ist Kompetenz die Fertigkeit und Fähigkeit, welche bei einem Individuum entweder im Vorfeld verfügbar oder durch Kognition erlernbar ist, in Ver- bindung mit motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Einstellungen, um in verschiedenen Situationen Problemstellungen qualifiziert bewältigen zu können. (vgl. Weinert 2001, S. 27–28) KLIEME sieht noch zusätzlich überfachliche Schlüsselqualifikationen wie Lernfähigkeit und Arbeitsorganisation sowie die Unterkategorie Handlungskompetenz implementiert. (vgl. Klieme 2003, S. 72–74) Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Einschluss motivationaler und volitionaler Aspekte nicht unumstritten ist und von gerade psychometrisch ausgerichteten Forschern zurückgenommen wurde. (vgl. Arnold 2013, S. 177) Zudem ist es fragwürdig, inwiefern motivationale Aspekte und Einstellungen bewertungsrelevant für Kompetenzen sein sollten. (vgl. Arnold 2013, S. 184) Allerdings ist es nicht Gegenstand dieser Arbeit, dezidiert auf Begriffsdiskussionen einzugehen, weshalb einer weitere Beleuchtung diesbezüglich nicht erfolgt und sich an die von der KMK favorisierte Definition Kliemes in Anlehnung an Weinerts Definition gehalten wird.

Das Herzstück der Neuorientierung ist die Klassifizierung der Kompetenzen in verschiedene Kompetenzstufen, mit Hilfe derer Bildungsstandards gesetzt werden sollen. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass es auch hier Kontroversen über die Umsetzbarkeit gibt, da die Systematisierung und Konzipierung der Stufen nicht unproblematisch ist.

Zum einen gestaltet sich die Zuordnung zuweilen schwierig, da unklar ist, ob die jeweilige Kompetenz dem Leistungstyp oder dem mesotischen Typ15 zuzuordnen ist, zum anderen liegen Uneinigkeiten in der Messbarkeit und dem validen Nachweis der Kompetenzen vor. (vgl. Merki 2004, S. 539–540; vgl. Arnold 2013, S. 177)

Ein, für berufsschulische Angelegenheiten, viel größeres Problem könnte jedoch die avisierte Domänenspezifik der zu setzenden Standards sein, welche in der Expertise ausdrücklich gefor- dert ist. (vgl. Klieme 2003, S. 24) Die KMK selbst jedoch, stellt die Herausarbeitung und Behan- dlung betrieblicher Prozesse als handlungssystematische Strukturen über fachsystematische Gesichtspunkte, was folglich konträr zur Klieme-Expertise steht. (vgl. Hinterkeuser 2011, S. 17 und 32) Aus der Prozessorientierung ergibt sich als weitere Problematik, dass sie dem in der Wirtschaftspädagogik üblichem Handlungskompetenzmodell folgt, welches im Klieme- Gutachten explizit abgelehnt wird. (vgl. Seeber 2006, S. 35; vgl. Klieme 2003, S. 22 Fn.3) Nichtsdestotrotz sollen auch im beruflichen Schulwesen Kompetenzstufen verankert werden, was nicht zuletzt auch im Sinne der Umsetzung des Bologna-Prozesses16 zu betrachten ist, denn Kompetenzstufen, aufbauend auf Lernergebnissen, ermöglichen eine Vergleichbarkeit der Lernstände und Bildungsabschlüsse, welche ein klares Ziel der EU ist. Diesbezüglich wurde auch der europäische – und als Pendant für Deutschland – der Deutsche Qualifikationsrahmen entwickelt, welcher zu Kompetenzen zusammengefasste Lernergebnisse als Qualifikation zu determinierten Niveaustufen ermöglicht. Damit soll wie erwähnt die Vergleichbarkeit, aber auch die Transparenz der Institutionen und die Mobilität der Arbeitnehmer binneneuropäisch erhöht werden. Dies tangiert auch Berufsschulen – deren Abschlüsse, je nach Bildungsgang, den Niveaustufen 1 bis 3 zugeordnet sind. (vgl. Krause 2012, S. 2)

Kompetenzstufen erhalten ihre Legitimation und Bedeutsamkeit vor allem durch die dadurch implizierte Kompetenzentwicklung, welche im schulischen Kontext auf ein kumulatives Lernen über mehrere Jahrgänge hinweg angelegt ist. Daraus ergeben sich kompetenzorientierte Stan- dards, die als klar formulierte Maßstäbe Lernergebnisse festlegen können und sollen.

Dazu ist es allerdings notwendig, valide Messinstrumente bereitzustellen, was ebenfalls derzeit in ein breites Diskussionsspektrum bietet, dies aber zu vertiefen hier fehl am Platze wäre. (vgl. Retzmann 2011, S. 10; vgl. Merki 2004, S. 544f.; vgl. Drieschner 2009, S. 37–38; vgl. Herzog und Brenner 2013, S. 37–38; vgl. Roick und Henschel 2015, S. 11)

Bleibt festzustellen, dass sich auch in Berufsschulen die Blickrichtung mehr zum Schüler und zum Lernergebnis und weg vom lehrerzentriertem Lernziel, gewandelt hat. Dies hat nicht zuletzt auch Folgen für die Lernergebnissicherung, da es auch im Zuge der Dokumentations- funktion und Rechenschaftslegung des Lernerfolges noch mehr darauf ankommt, möglichst alle SuS zu erreichen. Dies ist auch ein ganz klar formuliertes Ziel der Bildungsexpertise, welches über sogenannte Basis- respektive Mindeststandards sichergestellt werden soll, um auch gerade die Leistungsschwächeren nicht zurückzulassen. (vgl. Klieme 2003, S. 27)

2.1.4 Implementierung von Kompetenzen im Rahmenlehrplan

Wie im Vorkapitel bereits erwähnt, gehört das Schlagwort „Kompetenzen“ derzeit zu einem stark disputiertem Begriff hinsichtlich Konzipierung und Steuerung von Bildung – dies gilt auch gerade für berufliche Schulen. Die KMK hat bereits vor über 15 Jahren mit der Einführung von Lernfeldern in der Berufsbildung ein kompetenzorientiertes Bildungsmodell eingeführt und Handlungskompetenz zu dem zentralen Bildungsauftrag für Lernorte des Dualen Systems erkoren. Dies geschah einerseits als Reaktion auf die sich wandelnden Qualifikationsanforderungen des Beschäftigungsmarktes und andererseits zur Umsetzung eines der Leitziele der UN: „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ anzubieten. (vgl. Kettschau 2012, S. 25–26) Unter Handlungskompetenz ist nach der KMK die Bereitschaft und die Qualifikation des Individuums zu verstehen, sich sowohl in beruflichen, als auch in gesellschaftlichen und privaten Situationen adäquat und sozial verantwortlich zu verhalten. (vgl. Hinterkeuser 2011, S. 31) Aus dieser Formulierung wird die große Verantwortung der Lehrenden ersichtlich, denn Kompetenz ist folglich mehr, als der bloße Lernerfolg der SuS, sondern das eigenverantwortliche und reflexive Handeln des Individuums sowohl in betrieblichen, als auch in gesellschaftlichen Situationen. Um den Prozess der Entwicklung und Entfaltung der Kompetenzen sowie die Dimensionen von Kompetenzen und deren Systema- tisierung zu visualisieren und zu taxonomisieren, wird auf Kompetenzstrukturmodelle zurückgegriffen. (vgl. Kettschau 2012, S. 28)

In der Literatur finden sich mehrere solcher Modelle (beispielsweise von LERSCH oder ZIENER) Für diese Arbeit wird jedoch das der KMK verwandt, da sie ohnehin den Standard für die beruflich Bildung bildet und nachstehend kurz vorgestellt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 Kompetenzstrukturmodell - KMK - eigene Darstellung

Wie der Abbildung zu entnehmen ist, umfasst die Handlungskompetenz die drei Kompetenzunterarten Fach-,Selbst17 - und Sozialkompetenz, welchen wiederum die drei Teilkompetenzen Methoden-,Lern- und die kommunikative Kompetenz inhärent sind. Die Inhalte der Kompetenzarten sind:

Fachkompetenz:

Die Fähigkeit und Bereitschaft auf Basis des fachlichen Wissens und Könnens Problemstellungen zielorientiert, adäquat und methodengeleitet in selbständiger Arbeit zu lösen. Der Lernende soll in der Lage sein, eine Beurteilung des Ergebnisses abgeben zu können

Selbstkompetenz:

Umfasst Charakteristika wie Selbstständig- und Kritikfähigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein sowie Selbstvertrauen und Zuverlässigkeit.

Dazu gehört die Fähigkeit und Bereitschaft sich den Anforderungen und Einschränkungen im familiären, beruflichen und öffentlichen Kontext zu stellen sowie Entwicklungschancen zu erkennen und zu nutzen.

Sozialkompetenz:

Beinhaltet die Gestaltung und das Leben in sozialen Beziehungen, die Erfassung und das Verständnis von Spannungen und Zuwendungen sowie die Auseinandersetzung mit anderen Individuen in sozialer Verantwortung und Solidarität.

In diesen Kompetenzarten sind, wie oben bereits beschrieben, weitere Kompetenzarten immanenter Bestandteil:

Methodenkompetenz:

Dazu gehört das zielgerichtete und methodengeleitete Vorgehen bei der Explikation von Konflikten und Schwierigkeiten.

Kommunikative Kompetenz:

Das Wahrnehmen und Erkennen von Intentionen und Bestrebungen des Individuums selbst und der Umwelt gehört in diesen Kompetenzbereich.

Lernkompetenz:

Die Bereitschaft und Fähigkeit, Informationen über Konstellationen, Gegenstände und Thematiken zu sammeln, zu verstehen und einzuordnen, bildet die Basis für diese Kompetenzart. Eminent sind dabei vor allem die Selbständigkeit und der Einsatz von Lerntechniken und Lernstrategien, welche im Rahmen des lebenslangen Lernens eingesetzt werden sollen. (vgl. Hinterkeuser 2011, S. 15 und 16)

Orientiert man sich einschlägiger Literatur wird man schnell feststellen, dass es auch bezugnehmend auf diese Thematik wieder sehr unterschiedliche Einordnungen gibt. Laut CZERWANSKI, SOLZBACHER, VOLLSTÄDT umfasst Lernkompetenz als unterstrukturelles Geflecht die Dimensionen Sach- und Methodenkompetenz, soziale Kompetenz sowie Selbst- kompetenz, was im Konglomerat mit den Ausführungen der KMK zu einem Zirkelbezug führen würde. In jedem Falle wird jedoch offenbar, dass der heute ganzheitlich angesetzte Kompetenzbegriff die vorangestellten Dimensionen untrennbar additiv und komplementär vereint und sich dabei an den sich wandelnden Modalitäten der inter- und intrapersonellen Entwicklung orientiert. (vgl. Czerwanski et al. 2002, S. 29–30)

Das lebenslange und nachhaltige Lernen ist wesentlicher Bestandteil des heutigen Bildungs- auftrages, da Risiko und Unsicherheit auf den Arbeitsmärkten zunehmen werden und sich die Lebensbedingungen rapide ändern können. Auch daher ist es substantiell für das Individuum über flexible Strategien und Basiskompetenzen zu verfügen, lebens- und handlungsfähig zu bleiben. Wenngleich die Nomenklatur different ist und einerseits von Kompetenzen, anderer- seits von Schlüsselqualifikationen gesprochen wird, ist zu konstatieren, dass in der Qualifikationsforschung über 500 verschiedene Schlüsselqualifikationen/ Kompetenzen18 eruiert wurden – was die Komplexität und den Anspruch an die Lehrenden und Lernenden verdeutlicht. (vgl. Lenzen 2003, S. 85–86)

Somit kommt dem kompetenzfördernden Unterricht eine besondere Stellung zu. Im Zuge der Neuausrichtung von Lehrplänen und -zielen, sind in allen Rahmenlehrplänen allgemeinbildender und berufsbildender Schulen, Kompetenzziele determiniert worden und bilden die Basis für unterrichtliche Aspekte. Dazu wird insbesondere auf das eigenverant- wortliche, handlungsorientierte Lernen abgestellt. (vgl. Hinterkeuser 2011, S. 11) Da nach Maßgabe der KMK der bildungspolitische Auftrag der Berufsschulen die Förderung von (Handlungs-)Kompetenz ist, findet sich die oben beschriebene Strukturierung des Kompetenzgeflechtes auch in den Berliner Rahmenlehrplänen und somit auch explizit in dem Rahmenlehrplan für den Wirtschafts- und Sozialkundeunterricht wieder. (vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Berlin 2012) Die Unterrichtsvorgaben gehen dabei von folgenden Handlungsfeldern aus:

- Gesellschaft
- Wirtschaft
- Politik

In diesen Bereichen sollen sich die SuS eigen- und sozialverantwortlich, individuell und fachkundig bewegen können und Handlungskompetenzen erwerben. Die Handlungsfelder beherbergen dazu passende Module, welche wiederum in Pflicht-, Wahl-, und Wahlpflichtbereiche gegliedert sind, um den differenten Ausbildungszeiträumen der verschiedenen Ausbildungsarten und –berufe Rechnung zu tragen. Eine Übersicht dazu, findet sich auf der nächsten Seite.

Pflichtbereich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wahlpflichtbereich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wahlbereich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 Modulübersicht - (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Berlin 2012, S. 9) Dunkelblaue Markierung: Das behandelte Beispielthema Hellblaue Markierung: Die zu dem Handlungsfeld „Wirtschaft“ noch dazu gehörenden Module

Das in Kapitel 3 vorgestellte Stationstraining zur Sicherung von Lernergebnissen wird am Beispiel des Modul IV „Tarifrecht“ näher vorgestellt. In der Modulbeschreibung werden neben dem fachlichen Inhalt auch Handlungsanstöße und methodische Vorschlage gegeben, auf deren expliziten Inhalt in Kapitel 3.2 näher eingegangen wird. Formal betrachtet werden hinsichtlich der Kompetenzen anhand der Taxonomie von MOON Operatoren benannt, welchen den SuS in Aufgabenstellungen vorgegeben werden sollen, um verschiedene Kompetenzstufen zu sichern. (vgl. Moon 2002, S. 50ff.)

Danach ergeben sich drei Anforderungsbereiche:

Im Anforderungsbereich I geht es vor allem um Reproduktionsleistungen bei denen fach- spezifische Sachverhalte unter Beachtung der Fachterminologie wiedergegeben und beschrieben werden sollen. Arbeitstechniken und Methoden sollen benannt und angewendet werden. Operatoren hierfür sind beispielsweise:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Anforderungsbereich II sind auch Reorganisations- und Transferleistungen gefordert. Dies beinhaltet das selbständige Erklären, Bearbeiten und Ordnen bereits bekannter fachspezifi- scher Inhalte und die adäquate Anwendung gelernter Methoden und Situationen auf andere Sachverhalte. Dabei sollen jene sinnvoll miteinander verknüpft und eingeordnet wer-den so- wie Sach- und Werturteile gefällt werden. Operatoren auf dieser Kompetenzstufe können sein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Anforderungsbereich III stellt die größte Herausforderung an die SuS, da er den reflexiven Umgang mit neuen Problemstellungen erfordert und mit multiperspektiven Fragestellungen das selbständige Erörtern differenter Sachverhalte einfordert.

Dabei sollen erlernte Methoden und gewonnene Einsichten zu selbständigen Folgerungen, Beurteilungen und Handlungsoptionen führen. Um Aufgaben auf diesem Anforderungsniveau zu stellen, können beispielsweise folgende Operatoren eingesetzt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Modulbeschreibung „Tarifrecht“ werden Kompetenzen auf allen drei Niveaustufen eingefordert, wie nachfolgender Auszug aus der Modulbeschreibung verdeutlicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2 Auszug aus der Modulbeschreibung Modul IV RLP Berlin WiSo

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der oben gezeigte Auszug bezieht sich dabei auf die Fachkompetenz. Über die Erarbeitung des Unterrichtsstoffes in verschiedenen Sozialformen und mit unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen, wird zudem die Sozial- und Methodenkompetenz berücksichtigt.

Die Lern- und Arbeitsaufgaben sollten immer so gestaltet sein, dass sie eine Bedeutsamkeit für den expliziten Lernbereich vorweisen können und die SuS bei der Erlangung der nächsten Kompetenzstufe unterstützen können. Dabei wird auf ein Kompetenzentwicklungsmodell zurückgegriffen, welches entwicklungslogisch aufgebaut ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 Kompetenzentwicklungsmodell adaptierte eigene Darstellung in Anlehnung an Dreyfus&Dreyfus 1986 (vgl. Becker et al. 2007, S. 19)

Um Lernergebnisse einer Nachhaltigkeit zu unterwerfen und damit Gelerntes so zu sichern, dass auch in späteren Lernperioden darauf zurückgegriffen werden kann, bietet sich die Orientierung an solchen Kompetenzentwicklungsmodellen an, damit der (eventuell fehlende) Fortschritt vor Augen geführt werden kann. Zu den Grundprinzipien heutiger beruflicher Bildung zählt, wie bereits dargestellt, die Förderung von Handlungskompetenz, deren Kernkompetenzen unter anderem im systemisch-vernetztem Denken, dem Umgang mit komplexen Problemstel+lungen und dem sensitiven, interkulturellem, Handeln liegen. (vgl. Kettschau 2012, S. 39–40) Die Sicherung der Lernergebnisse sollte auch auf diese Faktoren Bezug nehmen. Dazu kann sich an die formulierten nachhaltigorientierten Kompetenz- bereiche von TIEMEYER gehalten werden, welche da sind (vgl. Tiemeyer 2009, S. 15):

- Erkennen/Kommunizieren
- Analysieren
- Planen/Modellieren/Entwickeln
- Strukturieren/Darstellen
- Interpretieren/Bewerten/Reflektieren
- Transferieren

Jede Aufgabenstellung und jede Übungsform, sollte dieser Bereiche inhärent sein.

2.2 Didaktisch-Methodische Überlegungen zur Lernergebnissicherung

2.2.1 Individualisierung und Differenzierung

2.2.1.1 Erfordernis von Differenzierung

Gleichen Schritt und Tritt zu verlangen beachtet nicht die unterschiedliche Anstrengung für kleine und große Beine. Auch im Intellektuellen und Geistigen bedeuten Gleichschritt und Gleichtakt die Schwächung der Schwächeren und die Behinderung der Stärkeren Ruth Cohn19

Die gelebte Individualität ist ein Merkmal der heutigen Gesellschaft. Dieser Prozess der Individualisierung ist so wünschenswert, da Einzigartigkeit und Selbstbestimmung Komponenten der Individualität sind und diese folglich protegiert werden. (vgl. Schimank 2000, S. 107) Ohnehin ist Homogenität eine Utopie, da Charakteristika, die dem Menschen zugehörig sind, sowohl nach inneren, als auch äußeren Merkmalen einer großen Varianz unterliegen. (vgl. Saalfrank 2008, S. 67) Zudem ist fraglich, inwiefern ein Lernen im Gleich- schritt als Erfolg zu werten ist, da Lernen ein eben individueller Prozess ist, der somit auch in seinem Ausmaß höchst unterschiedlich sein muss. Konformität im Lernerfolg hätte zur Konse- quenz, dass so manche leistungsstarke SuS nicht ihr Leistungsmaximum abgerufen hätten und andere, leistungsschwächere SuS unter Umständen entmutigt würden. (vgl. Scholz 2008, S. 9)

Bereits vor über 40 Jahren merkte WEINERT an, dass die verfassungsmäßige Gleichheit aller Menschen, bei synchroner faktischer Ungleichheit in physischer, wie auch intellektueller und sozialer Hinsicht ein zentrales Problem sei, was de facto einer Aporie gleichkommt. (vgl. Weinert 1975, S. 35) Wenngleich den meisten Pädagogen die breite Streuung unterschied- licher Lernausgangslagen bewusst ist, findet zumeist eine Orientierung am „fiktiven“ Mittelmaß statt, woraus ein Unterricht in der „7-G-Form“ resultiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 Übersicht konformer 7-G-Unterricht – eigene Darstellung

[...]


1 In den letzten Jahren ist dieses Wort auf Grund der überpräsenten Nutzung mehrfach zum „Unwort des Jahres“ vorgeschlagen worden (vgl. Nerz Sebastian 2016)

2 Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Zitat - weniger pessimistisch - genau umgedreht verwandt: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“, was jedoch nicht der eigentlichen Aussagenabsicht Senecas entspricht

3 Nachfolgend SuS abgekürzt

4 Auf „Kompetenzen“ und ihre Abstufungen wird im Kapitel 2.1.4 Bezug genommen

5 Allerdings ist zu betonen, dass das Vorwissen und der Lernstrategieeinsatz in einem „kompensatorischem“ Verhältnis zu einander stehen – je weniger Vorwissen vorhanden ist, desto stärker ist der Einsatz an Lernstrategien nötig und umgekehrt (vgl.Gläser-Zikuda 2001, S. 84)

6 Bei Taxonomien handelt es sich um Ordnungstheorien, abgeleitet aus dem lat.: Taxis=Ordnung und Nomos=Gesetz

7 Dansereau D.F. 1985

8 In diesem Fall handelt es sich um die affektive Komponente

9 In einer Metaanalyse von Marzano et al. (2000) wurde in einer Kreuzanalyse zwischen Übung und Hausaufgaben eine Korrelation/Effektstärke von d=.77 gemessen, was ein relativ hoher Wert ist, der nicht auf Zufall basieren kann

10 Freilich gilt dies nicht für alle Informationen – Zum Beispiel reichen für Traumatisierungen, die gegebenenfalls ein Leben lang anhalten und gespeichert werden können, einmalige Erlebensprozesse aus. Dies hängt mit weiteren Faktoren, insbesondere den tiefgreifenden Emotionen zusammen. Ein echtes Lernen ist über diesen Weg jedoch nicht möglich.

11 selbstverständlich ist es möglich, die Liste des Ressourcenmanagements beliebig, dezidiert fortzusetzen, in der vorliegenden Arbeit werden jedoch nur die fünf Hauptstrategien betrachtet

12 wie vorstehend gezeigt, gehört das Zeitmanagement auch in den metakognitiven Bereich und lässt sich nicht isoliert abgrenzen, da es Bewusstseins-Aspekte mit einschließt

13 KMK = Kultusministerkonferenz als Ständige Vertretung der Kultusminister der Länder eingerichtet und u.a. für das Schulsystem in den einzelnen Bundesländern verantwortlich

14 Die jeweiligen Aspekte beleuchten die Verhaltensänderungen des Lernenden in den zugeordneten Bereichen. Mit den kognitiven sind alle Veränderungen von Wissen und intellektuellen Fähigkeiten, mit den affektive alle Veränderungen im Bereich von Einstellungen, Überzeugungen und Wertvorstellungen und mit den psychomotorischen alle Veränderungen im motorischen Bereich gemeint.

15 Beim Leistungstyp gilt: Je näher das gezeigte Verhalten am Maximum liegt, desto höher die Kompetenz (Bsp.: Kennen und Wiedergeben aller Flüsse in Dtschl.) Beim mesotischen Typ liegt das Optimum nicht im Maximum, dies ist gerade bei sozialen Kompetenzen der Fall (Bsp.: Höflichkeit: Wer ein Verhalten überdeutlich und häufig zeigt, beherbergt nicht zwingend das Maximum an Kompetenz)

16 Die unter dem Namen „Bologna-Prozess“ bekannte Vereinbarung zur Schaffung eines vergleichbaren, kompatiblen und kohärenten Hochschulraumes wurde im Juni 1999 von 30 europäischen Staaten in Bologna unterzeichnet. (siehe https://www.kmk.org/themen/ hoch schulen/internationale- hochschulangelegenheiten.html entnommen 15.03.2016 17:02Uhr)

17 Der Begriff Selbstkompetenz ersetzt den bisher verwendeten Begriff Humankompetenz, um sich stärker an der Systematisierung des DQR zu orientieren.

18 Das Repertoire reicht dabei von A wie Ambiguitätstoleranz über Stressresistenz bis Z wie Zielstrebigkeit – dies erschöpfend aufzuzählen wäre hier nicht zielführend, wichtig ist jedoch zu wissen, dass sich diese Komponenten teilweise überlagern oder auch gegenseitig bedingen und damit ein äußerst beziehungsreiches, schwer fassbares Gefüge darstellt

19 1993

Ende der Leseprobe aus 154 Seiten

Details

Titel
Zur Sicherung von Lernergebnissen im Berufsschulunterricht
Untertitel
Unter besonderer Berücksichtigung von Differenzierung
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
154
Katalognummer
V465711
ISBN (eBook)
9783668993136
ISBN (Buch)
9783668993143
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inklusion, Differenzierung, Berufsschule, Begabung, Binnendifferenzierung, Hochbegabung, Wirtschaftspädagogik, Lernergebnissicherung, Lernstrategien, Stationstraining, Tarifrecht, SOL, Selbstorganisiertes Lernen, Lernen an Stationen
Arbeit zitieren
Ulrike Schönfelder (Autor:in), 2015, Zur Sicherung von Lernergebnissen im Berufsschulunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/465711

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