Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Fragestellung
3 Hypothesen
4 Variablenbeschreibung
4.1 Angst
Angst, Furcht und Phobie – eine Definition
Natürliche Ängste
4.2 Medium Fernsehen
5 Relevante Theorien
5.1 Dynamischer und transaktionaler Ansatz von Medienwirkungen
Abbildung 1: Modell zum transaktionalen Ansatz
5.2 Kognitive Theorien
Voraussetzungen, um den Medieninhalt adäquat verstehen zu können
Vier Entwicklungsstufen nach Piaget
5.3 Emotionstheorien
Emotionale Voraussetzungen für Medienkonsum
Entwicklungspsychologische Aspekte von Emotionen
5.4 Persönlichkeit
Entwicklungspsychologische Perspektive
6 Untersuchung meiner Hypothesen
6.1 Hypothese 1: kognitiver Entwicklungsstand und Medienrezeption
6.2 Hypothese 2: emotionaler Entwicklungsstand und Medienrezeption
6.3 Hypothese 3: Persönlichkeit und Medienrezeption
7 Gesamtergebnis
8 Literaturliste
Weshalb sind Kinder besonders anfällig auf Angst- wirkungen des Mediums Fernsehen?
In der folgenden Arbeit möchte ich auf die kindlichen Voraussetzungen eingehen, welche eine Angstreaktion aufgrund von Medien begünstigen. Ich werde mich auf das Medium Fernsehen konzentrieren, da es in der Schweiz das am meisten genutzte Medium überhaupt ist (vgl. SSR Idée Suisse 2004). Ausserdem eröffnen die Besonderheiten des Fernsehen zusätzliche mögliche Blickwinkel auf die interessierende Thematik. Spezifischer werde ich auf die kognitiven und emotionalen Voraussetzungen eingehen, welche es als Rezipient/Rezipientin braucht, um die mediale Darbietung angemessen aufnehmen und verstehen zu können. Kinder haben aufgrund ihrer Entwicklung, welche noch in vollem Gange ist, nicht die gleichen Möglichkeiten wie Erwachsene um auf die gebotenen Inhalte des Mediums Fernsehen zu reagieren. In den verschiedenen Ergebnisabschnitten und im Gesamtergebnis werde ich auf die daraus folgenden Konsequenzen für die Angstentstehung eingehen.
1 Einführung
Die Mehrheit der Vorschul- und Grundschulkinder hat bereits mit Angst auf Massen- medien reagiert. Die Zahlen variieren je nach Studie zwischen 53 und 90 Prozent. Die Kinder veränderten ihre Verhaltensweisen (nicht mehr baden gehen), hatten die Vorstellung von gefährlichen Tieren/Monstern unter dem Bett, entwickelten eine auf ein bestimmtes Subjekt hin ausgerichtete Angst (weisser Hai) und klagten über Schlafstörungen sowie Alpträume. Dies alles nachdem sie einen, nach eigenen Angaben, angstauslösenden Film gesehen hatten. In einer bei Erwachsenen durchgeführten retrospektiven Studie zur Dauer der Angstreaktion, nach einem subjektiv angstauslösend empfundenem Film, berichteten 40 Prozent, als Kind mindestens einmal mehr als drei Tage an einer Stressreaktion aufgrund des Gesehenen gelitten zu haben. In psychiatrischen Studien zeigten sich Horrorfilme, neben anderen Stressoren, als Mitauslöser für ernste psychische Störungen (vgl. Cantor J. 2001). Diese Zahlen und die zum Teil grosse Intensität der Reaktionen sprechen für die Relevanz des Themas und haben mich dazu bewogen, mich näher mit dem Thema „Angst bei Kindern durch Medien“ auseinanderzusetzen.
2 Fragestellung
Weshalb sind Kinder besonders anfällig auf Angstwirkungen des Mediums Fernsehen?
3 Hypothesen
1) Der kognitive Entwicklungsstand beeinflusst das Kind in seiner Medienrezeption und begünstigt eine durch Medien ausgelöste Angstreaktion.
2) Der emotionale Entwicklungsstand beeinflusst das Kind in seiner Medienrezeption und begünstigt eine durch Medien ausgelöste Angstreaktion.
3) Die Persönlichkeit beeinflusst das Kind in seiner Medienrezeption und kann je nach dem eine durch Medien ausgelöste Angstreaktion begünstigen.
4 Variablenbeschreibung
4.1 Angst
Angst ist eine Emotion mit unterschiedlichen Seiten. Sie ist einerseits natürlich und war zu Urzeiten für uns Menschen überlebenswichtig. Andererseits kann sie in der heutigen Welt als Überreaktion oder als Verknüpfung zwischen harmlosen Begebenheiten und körperlichen Erregungszuständen zur Belastung werden. Im Folgenden möchte ich zuerst auf die grundsätzliche Angstdefinition, dann auf die natürlichen/ entwicklungsbedingten Ängste bei Kindern eingehen.
Angst, Furcht und Phobie – eine Definition
Cecilia A. Essau (2003:17) definiert Angst folgendermassen: „Es ist ein Gefühlszustand der gekennzeichnet ist durch negative Emotionen und körperliche Symptome von Anspannung.“ Meist handelt es sich dabei um zukunftsgerichtete Befürchtungen, eine Situation nicht bewältigen zu können. Angst ist nicht gezwungenermassen pathologisch. Normale Angst ist ein Warnzeichen für den Organismus und bereitet den Körper auf allfällige Flucht- oder Kampfreaktionen vor. Angst ist als eher diffuses und unspezifisches Gefühl von den Begriffen Furcht und Phobie abzugrenzen. Furcht ist eine unmittelbare emotionale Reaktion auf eine Gefahr. Sie ist meist kurzlebiger Natur. Phobie zeichnet sich durch einen intensiven Vermeidungswunsch der gefürchteten Situation aus und ruft bei Konfrontation mit der Situation grosse Angst hervor. Eine phobische Reaktion wirkt auf Aussenstehende völlig unangemessen und ist für den Betroffenen willentlich nicht kontrollierbar.
Natürliche Ängste
Im Entwicklungsverlauf eines Kindes sind gewisse Ängste normal. Die Angstinhalte ändern sich mit den kindlichen Kompetenzen und Befürchtungen. Im frühen Säuglingsalter dominieren sensorische Fertigkeiten die Weiterentwicklung des Säug-lings. In diesem Entwicklungstadium ängstigt sich ein Kind vor allem vor starken sensorischen Stimuli. Später, im Alter bis zu 12 Monaten, steht vor allem die Trennungsangst und die Angst vor Fremden im Vordergrund. Drei bis Achtjährige Kinder fürchten dann Tiere, Dunkelheit, übernatürlichen Wesen (Geister, Monster, Hexen) und alles was komisch aussieht und sich unerwartet bewegt. In dieser Altersphase können sich Kinder bereits Dinge vorstellen, sind aber noch unfähig zwischen Phantasie und Realität zu unterscheiden. Im Einschulalter (5-7 Jahre) fürchten sich Kinder mit ihrer neuen Fähigkeit des konkreten und logischen Denkens vor allem vor natürlichen Katastrophen und Verletzungen bei sich selbst und Angehörigen. In der mittleren Kindheit, von 8 bis 11 Jahren, dominiert die Angst vor schlechten/geringen akademischen und sportlichen Leistungen. Der Selbstwert wird in diesem Alter vor allem aus diesen Leistungskomponenten aufgebaut. Auch in der Adoleszenz beziehen sich die Angstinhalte vor allem auf die selbstwertrelevante Zurückweisung durch Peers (vgl. Cantor J./Nathanson A. 1996).
4.2 Medium Fernsehen
Das Fernsehen ist das häufigste, in ungeteilter Aufmerksamkeit, genutzte Medium der Schweiz (vgl. SSR Idée Suisse 2004). Im Alltag werden Sinneseindrücke primär mit den Augen und Ohren gesammelt. Demzufolge ist das Fernsehen ein vertrauter und gewohnheitsmässiger Weg der Wahrnehmung und Aufnahme von Informationen. Aufgrund seines Live-Charakters kann das Fernsehen Menschen und Handlungen real abbilden (vgl. Schramm H./Hasebrink U. 2004). Neben Gewohnheits- und Live Charakter, zeichnet sich das Fernsehen auch durch eine mögliche Verstärkung affektiver Reaktionen aus. Fernsehdarstellungen geben dem Rezipienten/der Rezipientin wenig Möglichkeit seine/ihre Emotionen direkt zu durchleben und somit abzuführen. Die Erzählelemente werden derart verdichtet dargeboten, dass sich die emotionale Reaktion nicht auf ein einzelnes Element entfalten kann. Die affektiven Erregungs-reaktionen überdauern so das betreffende Element und fliessen weiter in nachfolgende Darbietungen. So kann es bei nachfolgenden Sequenzen zu einer künstlich verstärkten affektiven Reaktion kommen, welche den Zeitpunkt des Medienkonsum auch noch überdauern kann (vgl. Zillmann D. 2004).
5 Relevante Theorien
5.1 Dynamischer und transaktionaler Ansatz von Medienwirkungen
Den dynamischen und transaktionalen Ansatz von Medienwirkungen möchte ich hier einführen, weil dieser Ansatz eine Betrachtungsweise der Medienwirkung zeigt, welche auch von mir in dieser Arbeit verwendet wird. Die Medienwirkung wird vor allem aus den Komponenten Kognition und Affekte des Rezipienten/der Rezipientin erklärt. Es ist weniger relevant was die Intentionen des Kommunikators sind, sondern vielmehr wie der Rezipient/die Rezipientin diese interpretiert. Die Interpretation ist abhängig von den kognitiven Fähigkeiten eines Rezipienten/einer Rezipientin und seiner/ihrer Affektlage. Die Transaktionen zwischen dem Rezipienten/der Rezipientin und Kommunikator finden in diesem Modell oft unbewusst und im affektiven Bereich statt. Die Bedeutung der massenmedialen Stimuli werden also zugunsten der intrapersonalen Prozesse des Rezipienten/der Rezipientin relativiert. Die Auswahl des Fernsehprogramms ist ein weiterer Faktor welcher in diesem Modell ebenfalls Berücksichtigung findet (vgl. Groeben 2004). Ich gehe davon aus, dass sich ein Kind die Komponenten Selektionsfähigkeit und Orientierungskompetenz, als Teilaspekte der Medienkompetenz, erst aneignen muss und werde deshalb im Folgenden nur vereinzelt auf die Programmauswahl eingehen.
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