Aspekte des nationalen Konflikts in Bosnien-Herzegowina von 1878 bis 1945


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

38 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


INHALT

A. Einleitung

B. Begriffsbestimmung und nationale Entwicklung der bosnischen Muslime.

C. Bosnien unter österreichisch-ungarischer Verwaltung

D. Bosnien im Ersten Weltkrieg

E. Die Zwischenkriegszeit in Bosnien
E.1 Die "wilde" Zeit 1918-1920
E.2 Nationale Frage und Politik zwischen den beiden Kriegen

F. Bosnien im Zweiten Weltkrieg
F.1 Bosnien im Rahmen des „Unabhängigen Staates Kroatien“
F.2 Der Bürgerkrieg in Bosnien

G. Schlussüberlegungen

Anhang

A. Karten und Tabellen
A.1 Ethnische und konfessionelle Zusammensetzung im 20. Jahrhundert
A.2 Territoriale Einteilung Jugoslawiens 1929-1941
A.3 Einteilung in Provinzen 1922
A.4 Die Aufteilung Jugoslawiens 1941
A.5 Administrative Organisation des NDH
A.6 Kriegsverluste in Jugoslawien und Bosnien-Herzegowina im Zweiten Weltkrieg

B. Bibliographie

A. Einleitung

In der folgenden Arbeit soll es darum gehen, die wichtigsten Aspekte des nationalen/religiösen Konflikts in Bosnien-Herzegowina von 1878 bis 1945 aufzuzeichnen. Dabei werde ich versuchen, der schwierigen Position der bosnischen Muslime zwischen den Serben und Kroaten besondere Beachtung zu schenken. Aus diesem Grunde stelle ich dieser Arbeit eine ausführliche Beschreibung der nationalen Entwicklung der bosnischen Muslime voran, in der Hoffnung, die komplizierten Vorgänge in Bosnien während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verständlicher erscheinen zu lassen. Im Hauptteil befasse ich mich mit den Ereignissen zwischen 1914 und 1945, wobei der Schwerpunkt dabei weniger bei der politischen Entwicklung, als vielmehr bei der Darstellung der mannigfaltigen ethnischen, religiösen und sozialen Spannungen in Bosnien-Herzegowina liegen soll.

Noch während des Ersten Weltkrieges kam es in Bosnien-Herzegowina zu teils schweren Übergriffen in erster Linie seitens bosnischer Muslime innerhalb der österreichisch-ungarischen Armee gegen tatsächlich oder vermeintlich staatsfeindliche bosnische Serben. Aus Angst vor konspirativer Tätigkeiten wurden serbische Familien vertrieben, Verdächtige in Konzentrationslager geschickt und zu Tode verurteilt. Obwohl die Verantwortung dieser Kriegsverbrechen ohne Zweifel bei der österreichisch-ungarischen Verwaltung lag, sind die serbischen Angriffe in den ersten Monaten nach Kriegsende gegen muslimische Bauern u.a. als Rache für die Kollaboration der Muslime mit den von den Serben verhassten Österreicher zu verstehen. Daneben aber dürften handfeste wirtschaftliche, soziale und psychologische Motive ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Die Grundlage für ein konstruktives Zusammenleben im neuen jugoslawischen Staat war während des Ersten Weltkrieges und unmittelbar danach stark beschädigt worden. In der Zwischenkriegszeit gelang es zwar dank der geschickten Politik Mehmed Spahos, der Vorsitzende der "Jugoslawischen Muslimischen Organisation" (JMO), Bosnien bis zur Einführung der Königsdiktatur im Jahre 1929 als territoriale Einheit zu erhalten, die nationalen und religiösen Gegensätze zwischen Serben und Kroaten einerseits und zwischen bosnischen Serben und bosnischen Muslimen andrerseits wurden jedoch zunehmend grösser. Wie verheerend sich der Umstand auswirkte, dass im ersten Jugoslawien die nationale Frage nie gelöst wurde, zeigte sich an den grausamen Bürgerkriegen insbesondere in Bosnien während des Zweiten Weltkrieges. Mit dem Sieg der kommunistischen Partisanen über Deutschland ebenso wie über die anderen jugoslawischen Kriegsparteien (Ustaše, Četnici, muslimische Handžar-SS) entstand das sozialistische Jugoslawien, das zu Beginn der 90er-Jahre wegen der Einparteiherrschaft des Bundes der Kommunisten, wegen unbewältigter Vergangenheit, ideologischer Lügen, wirtschaftlicher Unvernunft und wegen ungelöster nationaler Probleme in bis anhin vier mehr oder weniger schrecklichen Bürgerkriegen auseinanderbrach. Besonders in Bosnien-Herzegowina, wo Muslime, Serben und Kroaten gemeinsam lebten und noch immer leben, hinterliess der ethnisch-religiöse Kampf des 20. Jahrhunderts offene Wunden, die noch lange nicht geheilt sind.

Im folgenden sollen die historischen Hintergründe des Bürgerkrieges zwischen 1992 und 1995 näher beleuchtet werden. Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegen die Wurzeln der noch immer andauernden Konflikte auf dem Balkan im allgemeinen und in Bosnien im speziellen.

B. Begriffsbestimmung und nationale Entwicklung der bosnischen Muslime

Bei einer Arbeit über[1] nationale Konflikte in Bosnien und der Herzegowina ist es unerlässlich, die im folgenden verwendeten Bezeichnungen zu definieren, um etwaigen Missverständnissen Einhalt zu gebieten. Damit verbunden sei auch gleich ein Überblick über die nationale Entwicklung der bosnischen Muslime bis zum heutigen Tag. Der Einfachheit halber werde ich in dieser Arbeit die heutigen gebräuchlichen Begriffe verwenden, auch wenn diese zum Teil anachronistisch sein sollten.[2]

Als Bosnier(Bosanac ,Plural: Bosanci) wird heute vom staatsrechtlichen Standpunkt her jeder Bürger von Bosnien-Herzegowina bezeichnet, unabhängig davon, in welcher Teilrepublik er wohnt und welche ethnische, religiöse oder konfessionelle Zugehörigkeit er für sich selbst reklamiert. Ebenfalls als historischer Begriff bezeichnet „Bosnier“ in der Regel ein Einwohner Bosniens und wird im folgenden auch in diesem Sinne verwendet, falls die Religion oder ethnische Zugehörigkeit nicht relevant ist.

Als Bosniake (Bošnjak, Plural: Bošnjaci) wird heute explizit ein bosnisch (serbokroatisch) sprechender Bürger von Bosnien-Herzegowina genannt, der sich zum muslimischen Glauben bekennt, im Gegensatz zu einem bosnischen Kroaten oder einem bosnischen Serben, der der katholischen, respektive der serbisch-orthodoxen Konfession angehört. Als Synonym für Bosniake wird allgemein, und in der Literatur auch häufiger, der Begriff «bosnischer Muslime» oder im Kontext nur «Muslime» verwendet, so auch in dieser Arbeit.[3]

Als bosnische Sprache (bosanski jezik[4]) bezeichnet man heute die Sprache der bosnischen Muslime, die die jekavische Variante des Štokavischen zur Grundlage hat und sich besonders durch zahlreiche Turzismen auszeichnet.[5] Bosnische Kroaten und Serben sprechen heutzutage mehr aus politischen, den aus sprachwissenschaftlich nachvollziehbaren Gründen kroatisch resp. serbisch und sind demnach bestrebt, ihre frühere bosnische Sprache der kroatischen bzw. serbischen anzupassen.[6]

Im folgenden sei kurz auf die nationale Entwicklung der bosnischen Muslime eingegangen, die vergleichsweise spät erst Ende des 19. Jahrhunderts, resp. Anfang des 20. Jahrhunderts einsetzte und ihren Höhepunkt 1993 mit der Erklärung der Bosniaken zur staatstragenden Nation erreichte.[7] Obwohl Ursprünge einer bosnisch-muslimischen Ethnizität bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden können, als sich zumindest einige bosnische Muslime als Slawen betrachteten[8], entwickelte sich erst um 1900 eine bosniakische, d.h. eine slawisch-muslimische Identität, die Teile der muslimischen Bevölkerung in Bosnien erfasste. Im Vergleich mit dem kroatischen und serbischen Nationalismus zu dieser Zeit blieben die Ansätze einer eigenen slawisch-muslimischen Nationalideologie bestenfalls rudimentär.[9] Die Mehrheit der Muslime in Bosnien betrachteten sich bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts als Teil des übernationalen, osmanischen Reichvolkes. In einem Buch eines in Bosnien tätigen kroatischen Schullehrers vom Anfang des 20. Jahrhunderts heisst es, dass die bosnischen "Moslems bis in die neuste Zeit, bis zur Okkupation keine Kenntnis davon [hatten], welcher Nationalität sie angehören."[10] Ähnlich beschreibt der bosnische Literat Osman Nuri Hadžić die nationale Indifferenz der bosnischen Muslime um die Jahrhundertwende: "Dem Glauben nach waren sie ´Türken´, sprechen taten sie wie die ´unsrigen´ oder ´bosnisch´ (naški ili bosanski)."[11] Die Bestrebungen des österreichisch-ungarischen Staatsmannes Benjamin Kállay, dem von 1882 bis 1903 als Finanzminister auch die Verwaltung Bosniens oblag, ein gesamtbosnisches Bewusstsein oder einen bosnischen Landespatriotismus (Bosniakentum bzw. "bošnjaštvo") zu schaffen, waren nicht von Erfolg gekrönt, da sie zu einer Zeit einsetzten, als der serbische und kroatische Nationalismus weit über die damaligen Landesgrenzen hinausstrahlte und die bosnisch-muslimische Elite ihr nationales Bekenntnis als Zeichen einer tiefen Verunsicherung häufig wechselte. Hinzu kommt, dass das Misstrauen der bosnisch-muslimischen und der serbischen Bevölkerung den Wiener Behörden gegenüber zu gross war, um sich von ihnen ideologisch und politisch leiten zu lassen. Die muslimische Intelligenz sah sich Ende des 19. Jahrhundert, aber auch in der Zwischenkriegszeit stets mit dem Problem konfrontiert, sich entweder zum Serben- oder Kroatentum bekennen zu müssen. Eine dritte Möglichkeit - sieht man von der in der Zwischenkriegszeit möglichen Option des Jugoslawentums ab - wurde ihnen nicht zugestanden. Unter dem Druck von Belgrad und Zagreb wurde die Entwicklung einer bosniakischen Identität behindert und verzögert. In der Zwischenkriegszeit und insbesondere während des Zweiten Weltkrieges reklamierten Serben und Kroaten, gleich welcher politischer Richtung, die nationale Zugehörigkeit der Muslime jeweils für sich. Die muslimische Intelligenz stand bis zum Zweiten Weltkrieg in der Frage ihrer Nation in der Tendenz eher den Kroaten nahe. Dies verdeutlicht die Tatsache, dass im jugoslawischen Parlament 1924 sich alle muslimischen Abgeordneten aus Bosnien als Kroaten bezeichneten, mit Ausnahme von Mehmed Spaho, dem Führer der "Jugoslawischen Muslimischen Organisation", der sich lieber Jugoslawe nannte.[12]

Selbst in den Anfangsjahren der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien bis ungefähr 1960 erwarteten die führenden politischen Kräfte von den bosnischen Muslimen, sich entweder als Serben oder Kroaten zu identifizieren, obwohl die kommunistische Führung sich darüber im klaren war, dass die bosnischen Muslime mindestens eine national noch unbestimmte Gruppe darstellte.[13] Bei der Volkszählung 1948 erklärten sich 170'000[14] als Muslim/Serbe bzw. Muslim/Kroate[15], gegenüber 778'000, die sich als Muslime/nationale unbestimmt deklarierten. Erst zu Beginn der 1960 Jahre zeichnete sich eine zunächst vorsichtige Kursänderung ab, als sich der BdKJ von der Konzeption des "jugoslovenstvo" allmählich zu distanzieren begann. Bei der Volkszählung 1961 eröffnete sich den Muslimen erstmals die Möglichkeit, sich als "Muslime im ethnischen Sinne" zu deklarieren. Zwei Jahre später standen die bosnischen Muslime gleichberechtigt neben Serben und Kroaten in der Präambel der Verfassung Bosnien-Herzegowinas. Anlässlich eines Kongresses des bosnischen Zentralkomitees im Jahre 1968 wurde festgehalten, dass die Muslime eine eigene Nation seien.[16] Trotz heftiger Widerstände vor allem seitens serbischer nationalistischer Kommunisten wie Dobrica Ćosić, wurde diese Linie von der Zentralregierung akzeptiert und kam erstmals bei der nächsten Volkszählung 1971 zum Tragen, als sich die Muslime "im Sinne einer Nation" deklarieren konnten.[17] Die Zahl der Muslime erhöhte sich auf 1,7 Millionen Bürger, die damit zur relativen Mehrheitsnation der Republik Bosnien-Herzegowina wurden. Bei der Volkszählung 1981 gab es einen weiteren Anstieg der Muslime von 1,7 Millionen auf rund 2 Millionen Menschen zu verzeichnen. Verbunden mit der Aufwertung der bosnischen Muslime zu einer Nation war eine Veränderung der nationalen Struktur der politischen Institutionen zu Gunsten der Bosniaken.

[...]


[1] Die Begriffsbestimmung zu diesem Thema gestaltet sich einigermassen schwierig, dies aus verschiedenen Gründen: Was grundsätzlich für alle Namen gilt, die sich über Jahrhunderte zu halten vermochten, trifft insbesondere für die Bezeichnungen "Bosnier" und "Bosniake" zu: Seine Bedeutung veränderte sich im Laufe der Zeit, da keine objektiven Kriterien festgelegt wurden, die auf diese Bezeichnung genau zutreffen müssen. Die Gefahr besteht nur allzuoft, dass man sich bei einer "genaueren" Bestimmung eines Namens, als in der Quelle angegeben, in Anachronismen verliert. Zudem stösst man selbst bei einem den Rahmen dieser Arbeit sprengenden Quellenstudium auf zahlreiche Übersetzungsschwierigkeiten. So gibt es für das deutsche Wort "Bosnier" mehrere südslawische Varianten (z.b.: Bošnjan, Bosnak, Bosnav, Bosanac), die dann zwangsläufig ungenau übersetzt werden. Umgekehrt gibt es für das serbokroatische Wort "Bošnjak" bzw. seine adjektivische Form "bošnjački" eine deutsche Entsprechung (Bosniake bzw. bosniakisch), die aber oft mit Bosnier bzw. bosnisch nicht genau übersetzt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass ungefähr ab dem 17. Jh. der Begriffsinhalt und die Bezeichnung "Bosnier" oder "Bosniake" zunehmend nur auf den muslimischen Bevölkerungsteil Bosniens eingeengt wurde und man im nachhinein nicht immer eindeutig festlegen kann, ob nun alle Bewohner Bosniens oder nur die muslimische Bevölkerung damit gemeint ist.

[2] So gibt es z.B. für die Bezeichnung "Bošnjak" vom 15. Jh. an Belege und man kann davon ausgehen, dass damals nicht explizit die schon in geringer Zahl vorhandene muslimische Bevölkerung Bosniens gemeint war, sondern vielmehr alle Einwohner Bosniens. Vgl. Hadžijahić, Muhamed, Die Anfänge der nationalen Entwicklung in Bosnien und der Herzegowina, in: Südost-Forschungen, Bd. XXI, München 1962, S. 178.

[3] Zur komplizierten Geschichte der verschiedenen historischen Bezeichnungen für die Bewohner Bosniens sei empfohlen: ebd. S. 168-193. Ebenfalls eine kurze Einführung zu dieser Problematik findet sich in: Imamović, Mustafa, Historija Bošnjaka (Geschichte der Bosniaken), Sarajevo 1998, S. 11-17.

[4] Neben dem Begriff der "bosanski jezik" gibt es auch die Bezeichnung "bošniački jezik", die als von den bosnischen Serben und Kroaten verwendete Fremdbezeichnung für die Sprache der bosnischen Muslime (bosanski jezik) verwendet wird. Vgl. Neweklowsky, Gerhard, mündlicher Kommentar anlässlich eines Vortrages von Miloš Okuka, gehalten am 16.5.2001 in Wien.

[5] Eine "bosnische Sprache" gab es bereits offiziell von 1890 bis 1907, nachdem das höchste Organ des Landes, das bosnische Parlament, diese Bezeichnung anstelle der "serbokroatischen Sprache" setzte. Vgl. Okuka, Miloš, Eine Sprache viele Erben, Sprachpolitik als Nationalisierungsinstrument in Ex-Jugoslawien, Klagenfurt 1998, S. 95. Zudem wurde während der fünfhundertjährigen Herrschaft der Osmanen die in Bosnien gesprochene Sprache als "bosnakca, d.h. bosnisch, bezeichnet. Vgl. Balić, Smail, Bosniakentum als nationales Bekenntnis, in: Österreichische Osthefte, Jahrgang 33, 1991, Wien 1991, S. 155.

[6] Näheres zur Sprachentwicklung und Sprachenproblematik findet man in: Okuka, Miloš, Eine Sprache viele Erben, Sprachpolitik als Nationalisierungsinstrument. Einen Überblick über die Sprachentwicklung der 1990er Jahre bieten: Bugarski, Ranko, Jezik od mira do rata [Die Sprache vom Frieden zum Krieg], Beograd 1997. Neweklowsky, Gerhard, Die bosnisch-herzegowinischen Muslime. Geschichte, Bräuche, Alltagskultur, Klagenfurt/Salzburg 1996, S.26.

[7] Einen ausgezeichneten Überblick zur nationalen Entwicklung der bosnischen Muslime findet sich in: Höpken Wolfgang, Konfession, Territoriale Identität und nationales Bewusstsein: Die Muslime in Bosnien zwischen österreichisch-ungarischer Herrschaft und zweitem Weltkrieg (1878-1941), in: Schmidt-Hartmann, Eva (ed.), Formen des nationalen Bewusstseins im Lichte zeitgenössischer Nationalismustheorien, München 1994, S. 233-253.

[8] Vgl. Ramet, Pedro, Die Muslime Bosniens als Nation, in: Kappeler/Simon/Brunner (eds.), Die Muslime in der Sowjetunion und in Jugoslawien, Köln 1989, S. 107.

[9] Vgl. Höpken, Wolfgang, Die jugoslawischen Kommunisten und die bosnischen Muslime, in: Kappeler/Simon/Brunner (eds.), Die Muslime in der Sowjetunion und in Jugoslawien, Köln 1989, S. 183.

[10] Vgl. ebd., S. 184.

[11] Zitiert nach: ebd., S. 238.

[12] Der muslimische Politiker Firdus äusserte sich 1925 zur Identität der bosnischen Muslime: „Die ... Muslime nahmen an der Krönung Tomislavs und Stjepan Dušans teil, dann verloren sie aber – des Glaubens wegen – ihr Nationalgefühl ... Sie sind sich dessen bewusst, dass ihre Basis slawisch ist, dass sie ein Teil des serbisch-kroatischen Körpers sind, der der Religion wegen anational geworden ist ... Es ist nicht möglich, zugleich Muslime zu sein und national zu fühlen, der Islam hat den Vorrang vor der Nation.“ Zitiert aus Ivanišević, Integration und Desintegration, S. 87.

[13] Vgl. Höpken, Die jugoslawischen Kommunisten, S. 194.

[14] Die Zahlen im Text wurden übernommen aus: ebd. S. 195. Davon abweichende Zahlen bei MALCOLM: 72'000 erklärten sich zu "Muslim/Serbe", 25'000 zu "Muslim/Kroate". Vgl. Malcolm, Noel, Geschichte Bosniens, Frankfurt a.M. 1996, S. 230.

[15] 1948 konnte man sich entweder als "Muslim/national unbestimmt", "Muslim/Serbe", "Muslim/Kroate", oder als "Muslim/Mazedone" definieren, wobei der Begriff "Muslim" ausschliesslich als religiöses Bekenntnis zu verstehen war. Bei der Volkszählung 1953 existierte im Zuge des Konzepts des "jugoslovenstvo" nur mehr die Kategorie "Jugoslawen/national unbestimmt, zu der sich in Bosnien 891'800 Menschen bekannten". Vgl. Höpken, Die jugoslawischen Kommunisten S. 195.

[16] Im Serbokroatischen bedeutete nun das grossgeschriebene Wort "Musliman" die nationale Zugehörigkeit und meinte damit explizit die bosnischen Muslime, während sich "musliman" generell auf das Glaubensbekenntnis bezog.

[17] Nicht nur serbische Nationalisten, sondern auch führende makedonische Politiker protestierten aus ihrer Sicht verständlichen Gründen gegen eine Erhebung der Muslime zur Nation: Da die Makedonier selbst erst 1945 als Nation anerkannt worden waren, konnte ihr nationales Bewusstsein 25 Jahre später kaum als gefestigt gelten. Die Tatsache, dass sich nun die slawisch-muslimische Minderheit in Makedonien ("Torbeši") als Muslime im Sinne einer Nation deklarieren konnten, liess bei der makedonischen politischen Führung Befürchtungen aufkommen, die slawisch-muslimische Volksgruppe könnte sich von der makedonischen lossagen.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Aspekte des nationalen Konflikts in Bosnien-Herzegowina von 1878 bis 1945
Hochschule
Universität Wien
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
38
Katalognummer
V49721
ISBN (eBook)
9783638460965
ISBN (Buch)
9783638660501
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aspekte, Konflikts, Bosnien-Herzegowina
Arbeit zitieren
Dr. phil. Michael Portmann (Autor:in), 2001, Aspekte des nationalen Konflikts in Bosnien-Herzegowina von 1878 bis 1945, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49721

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