Leseprobe
Inhalt
1 Einstieg
2 Theoretische Grundlagen von Partizipation
2.1 Definition Partizipation
2.2 Relevanz für die frühkindlichen Institutionen
2.3 Voraussetzung für einen gelingenden Partizipationsprozess
2.4 Rechtliche Grundlagen
2.5 Grenzen von Partizipation
2.6 Stufen der Beteiligung
3 Mögliche Methoden zur Umsetzung in der Praxis
3.1 Alltagsdemokratie
3.2 Kinderkonferenz
3.3 Projektarbeit
3.4 Weitere Methoden
4 Schluss
4.1 Zusammenfassung
4.2 Auswertung der Erkenntnisse
4.3 Ausblick
5 Literaturverzeichnis
1. Einstieg
Die Demokratisierung von Kindern und Jugendlichen im Kontext der Sozialen Arbeit hat in den letzten Jahren eine zunehmende Popularität erlangt. Darüber hinaus stellt die aktive Teilhabe dabei auch für den politischen sowie juristischen Kontext eine äußerst hohe Relevanz dar.
Im Hinblick auf den Bereich der Sozialen Arbeit muss festgehalten werden, dass der Prozess einer aktiven Partizipation die Fachkräfte, sowie die Adressaten täglich vor eine große, pädagogische Herausforderung stellen. Im Bereich der frühkindlichen Institutionen geht es bei diesem Prozess darum, die Kinder möglichst aktiv ihre Umwelt mitgestalten zu lassen. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, sich über ihre eigenen Belange Gedanken machen zu können und in Entscheidungen, die ihre Lebenswelt und ihren Alltag betreffen, miteinbezogen zu werden.
Zwischen den pädagogischen Fachkräften wird im Zuge dieser aktiven Teilhabe zunehmend häufig darüber diskutiert, wann Partizipation beginnen soll und wo ihre Grenzen liegen.In wie fern Kinder und Jugendliche miteinbezogen werden können und sollen, in wie weit eine Demokratisierung in sozialen Einrichtung praktisch umsetzbar ist, sowie inwiefern Kinder bereits kompetent genug sind, um aktiv ihre Umwelt mitgestalten zu können, sind häufig gestellte Reflexionsfragen der pädagogischen Fachkräfte in diesem Kontext. Klar ist jedoch, dass Partizipation in jeder sozialen Einrichtung in einer gewissen Art und Weise stattfinden muss, da jeder Mensch, der in der Bundesrepublik Deutschland, in einem sozialen und demokratischen Rechtsstaat lebt, das Recht darauf hat, in Entscheidungen, die die persönliche Lebenswelt betreffen, miteinbezogen zu werden (vgl. Gesetze für die soziale Arbeit, 2019).
Diese wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit der Wirkung der frühkindlichen Institutionen auf die Demokratisierung der Kinder und soll forschend herausfinden, welche Voraussetzungen von Seitens der pädagogischen Fachkräfte sowie der Institutionen gege-ben sein muss, damit eine möglichst aktive Teilhabe der Kinder im Rahmen der sozialen Einrichtung stattfinden kann. Die Forschungsfrage dieser Arbeit lautet: „Wie wirken früh-kindliche Institutionen auf die Demokratisierung der Kinder?“
Von dieser Fragestellung abgeleitet, wird sich diese wissenschaftliche Arbeit in drei Blöcke teilen, wobei sich der erste Teil mit den theoretischen Grundlagen beschäftigt, der zweite Teil mögliche Methoden für eine Demokratisierung in Kindertageseinrichtungen wiedergibt und der dritte Teil den Schluss, sowie die Auswertung der wissenschaftlichen Arbeit erläutern wird.
Theoretisch wird folglich zunächst die Definition von Partizipation erklärt, anschließendwird zu der Relevanz von Partizipation für Kinderübergegangen, sowie die Voraussetzungen für eine aktive Teilhabe dargestellt. Im Weiteren Verlauf werden die rechtlichen Grundlagen erläutert sowie die Grenzen von Partizipation aufgezeigt. Abschießen wird der theoretische Teil mit den unterschiedlichen Stufen der Beteiligung von Partizipation.
Da die Thematik dieser wissenschaftlichen Arbeit sehr praxisrelevant ist, werden im praktischen Teil folglich zunächst mögliche Methoden für einen gelingenden Partizipationsprozess in frühkindlichen Intuitionen aufgezeigt. Dabei wird der Fokus des praktischen Teils auf drei möglichen Methoden liegen.
Der Schluss bietet eine kurze Zusammenfassung der Erkenntnisse, eine Auswertung der Forscherfrage sowie einen Ausblick auf die Zukunft für das Arbeitsfeld der Sozialpädagogen sowie der Sozialpädagoginnen.
Das Ziel dieser Arbeit ist, möglichst praxisorientiert darzustellen, welche Möglichkeiten und Chancen eine gelingende Partizipation in frühkindlichen Institutionen für die soziale und emotionale Entwicklung eines Kindes bieten kann, sowie auf Grundlage wissenschaftlicher Texte darzustellen, welchen Einfluss die Haltung der frühkindlichen Institutionen auf die Teilhabe der Kinder im Rahmen dieser sozialen Institution trägt.
2. Theoretische Grundlagen von Partizipation
2.1 Definition Partizipation
Der Begriff Partizipation stellt einen gängigen Begriff der deutschen Sprache dar und beschreibt den Prozess der Teilhabe an etwas(vgl. Kuhn, 2017. S.4).Seinen Ursprung findet dieser Begriff in dem lateinischen Subjekt „participare“ (vgl. Pluto, 2007, S.16). Pluto stelltnachvollziehbar dar, dass dies so viel bedeutet, wie die Teilhabe, Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitsprache sowie die Einbeziehung(vgl. Pluto, 2007, S.16). Ursprünglich umfasst die Partizipation Verfahren, Strategien und Handlungen, die durch die Bürgerinnen und Bürger, Einfluss auf politische Entscheidungen und Machtausübungen nehmen (vgl. Betz, Gaiser, Pluto, 2011, S.11). Lange Zeit wurde diese Begrifflichkeit lediglich auf die politische Ebene, sowie auf Entscheidungsprozesse bezogen. Dies hat sich in den letzten Jahrzehnten vielfältig auf andere Bereiche ausgeweitet, wie beispielsweise auf die Pädagogik, die Architektur, die Kunst sowie auf die Sozialisation(ebd.). Grundsätzlich umfasst die Partizipation den demokratischen Grundgedanken, sowie die Erziehung und Bildung zur Demokratie(vgl. Pluto, 2008, S.26). Denn wie Pluto feststellte, impliziert die Demokratie die Partizipation (zit. Pluto, 2008, S.26). Partizipation bedeutet jedoch nicht nur eine Beteiligung, die eine Entscheidung oder ein Mitwirken bei Belieben einmal zulassen und mal nicht. Es bedeutet auch nicht, lediglich über einzelne Schritte informiert zu werden (vgl. Regner, Schubert - Suffrian, Saggau, 2009, S.5f). Es geht vielmehr darum, die Bürger und Bürgerinnen mitwirken, mitgestalten sowie mitbestimmen zu lassen(vgl. Hansen et. Al., 2011, S.19). Der Fokus der Partizipation liegt demzufolge bei den Entscheidungen, die die subjektive Lebenswelt eines Individuums betreffen und die ohne äußere Einflüsse selbstständig getroffen werden sollten. Über diesen Entscheidungsspielraum eines Individuen hinaus liegt der Fokus ebenso an der Teilnahme des gesellschaftlichen Lebens durch vielfältige Möglichkeiten der Mitbestimmung.
2.2 Relevanz für die frühkindlichen Institutionen
Unter Partizipation in frühkindlichen sozialen Einrichtungen wird konkret verstanden, dass die Kinder im Rahmen ihrer Bildung und Erziehung in möglichst viele Entscheidungsprozesse, die ihre subjektive Lebenswelt betreffen, einbezogen werden und sie an vielem, was das alltägliche Zusammenleben betrifft, beteiligt werden. Im Vergleich zu der Partizipation im Jugendalter, bei welcher der Fokus eher auf der Vermittlung von politischem Wissen und der Entwicklung einer politischen Persönlichkeit liegt, basiert das Konzept der Partizipation in Kindertageseinrichtungen auf dem Kerngedanken, die Persönlichkeitsentwicklung und Eigenständigkeit des Kindes durch alltägliche Partizipationsmöglichkeiten zu fördern (vgl. Kühn, 2017, S.5). Durch die gezielte Beteiligung an einer für ihre Lebenswelt relevanten Entscheidungen, kann das Kind erfahren, dass es mit seinem Handeln etwas erreichen kann und lernt dabei, sich für seine eigenen Belange zuständig zu fühlen und Verantwortung für seine eigenen Entscheidungen zu nehmen. Beispiele für diese alltägliche Partizipationsmöglichkeiten sind, die Kinder an Diskussionen über aktuelle Themen zu beteiligen, gemeinsam Lösungen für vorliegende Konflikte zu suchen und Entscheidungen zu treffen (vgl. Regner, Schubert - Suffrian, Saggau, 2009, S.9). Richard Schröder der ehemalige Leiter des erster Kinderbüros der Republik proKids definiert die Partizipation im Hinblick auf die Pädagogik mit folgenden Worten: „Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden“ (Schröder aus Regner, Schubert - Suffrian, Saggau, 2009, S.5). Hansen stellte fest, dass die wirksame Bildung von Kindern primär durch Selbstbildungsprozesse erreicht werden kann(vgl. Hansen, et. al., 2011, S.11). Das bedeutet, dass der Lerneffekt dann am größten ist, wenn die Kinder sich ihr neues Wissen selbst aneignen. Um den Kindern diesen Lerneffekt ermöglichen zu können, muss ein großer Spielraum vorhanden sein, in dem die Kinder aktiv ihre Bildungsprozesse gestalten können (vgl. Hansen, et. al., 2011, S.11). „Bildung verlangt Partizipation und Partizipation bildet“ (Hansen, et. al., 2011, S.11).
Darüber hinaus kann eine gelingenden Demokratisierung in Kindertageseinrichtungen zugleich als ein Ziel aber auch als eine Methode angesehen werden, da die aktive Umsetzung der Demokratisierung in Kindertageseinrichtungen ein dringender Prozess ist, um Demokratie zu verstehen und zu lernen, sich an demokratischen Verfahren zu beteiligen und mitzuwirken.
Hansen stellte fest, dass es ein Ziel für alle Kindertageseinrichtungen darstellt, dass die Kinder einen Umgang mit Partizipation erlernen. Partizipation ist auch eine Methode um Demokratie zu erlernen(vgl. Hansen et. al., 2011, S.114). „Demokratie entsteht nicht von allein, sondern muss gelernt werden“ (Hansen et. al., 2011, S.114). Durch die Partizipation in frühkindlichen Einrichtungen, verstehen Kinder, wie eine Kindertageseinrichtung aufgebaut ist und nutzen in diesem Rahmen ihre Möglichkeiten zur Mitgestaltung, Mitsprache und Teilhabe. Dieses demokratisch erlangte Wissen können die Kinder anschließend auf weitere demokratische Prozesse anwenden (vgl. Textor, 1997, S.24).
Durch einen fairen und gerechten Umgang mit allem Beteiligen, das Verbot von Gewalt und die Anerkennung der Interessen der Kinder wird die Demokratie als eine Lebensform in der Kindertageseinrichtung umgesetzt (vgl. Hansen et. al., 2011, S.122).
Die partizipative Arbeit in frühkindlichen Institutionen schult jedoch nicht nur die demokratischen Bildungsprozesse der Kinder, sondern auch allgemeine Bildungsentwicklungen. Durch Partizipation erlangen die Kinder die Kompetenz, sich konstruktiv streiten zu können, das bedeutet, ihre eigenen Interessen zu vertreten, sich in andere hineinversetzen zu können und es aushalten zu können, wenn man sich in einer Gemeinschaft nicht durchsetzen kann. Durch die Partizipation werden die Bedürfnisse der Kinder ernst genommen und sie bekommen dadurch neue Erfahrungswege bereitgestellt, ohne dass die Verantwortung einer pädagogischen Fachkraft verleugnet wird (vgl. Regner, Schubert - Suffrian, Saggau, 2009, S.4f).
Darüber hinaus erleben die Kinder ein Gefühl von Verständnis und Empathie seitens der Erzieher und Erzieherinnen, wenn die Kinder in Entscheidungen einbezogen werden, die ihre subjektive Lebenswelt betreffen. Sie fühlen sich ernst genommen. Durch diese Komponenten wird das Selbstbewusstsein der Kinder, sowie deren Selbstwirksamkeit nachhaltig gestärkt und verbessert.
Sie entwickeln die Fähigkeit, ihre individuellen Ideen einzubringen und diese umzusetzen, Regeln einzuhalten, ihre Frustrationstoleranz und Konzentrationsfähigkeit zu schulen, demokratische Prozesse zu praktizieren und nachahmen zu können(vgl. Hansen, et. al., 2011, S. 34ff). Die Kinder erkennenbestenfalls dadurch, dass ihre Meinung wichtig ist und dass sie etwas bewirken können und lernen, ihre eigenen Interessen zu vertreten (vgl. Wyrobnik / Krause, 2012, S.123). Des Weiteren machen die Kinder im Rahmen dieser Alltagsdemokratie zahlreiche Erfahrungen in Kommunikationsbereichen. Auf Grund dessen, dass die Kinder in Anbetracht dieser Partizipationsmethoden die Gelegenheit bekommen, ihre Meinung vertreten und äußern zu können, erweitern die Kinder ihre sozialen sowie verbalen Kompetenzen erheblich, in dem sie lernen zu argumentieren, sowie konstruktiv zu diskutieren. Des Weiteren erfahren die Kinder, wie es sich anfühlt ihre Gefühle, Bedürfnisse und Worte zu verbalisieren, anderen zuzuhören und auf Kompromisse einzugehen. Diese Kompetenzen sind zum einen Fähigkeiten, die sie auf die Zukunft vorbereiten, die aber auch in der Gegenwart eine hohe Relevanz darstellen (vgl. Wyrobnik / Krause, 2012, S.122).
Wie andere Bildungsinhalte auch, können diese Kompetenzen nicht direkt ermittelt werden, sondern lediglich handelnd erworben werden (ebd.). Wyrobnik und Krause stellten fest, dass die Beteiligung einen positiven Einfluss auf die Förderung der kindlichen Kompetenzbereiche hat und somit die Bildungsprozesse beschleunigen kann (vgl. Wyrobnik / Krause, 2012, S. 126).
Hansen, Knauer und Sturzenhecker stellten fest, dass die alltäglichen Partizipationsmöglichkeiten der Kinder durch diese Haltungen und Kompetenzen für die Zukunft demokratische Gesellschaft, für das einzelne Kind und für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen an Bedeutung gewinnen (vgl. Hansen, Knauer, Sturzenhecker, 2009, S.46).
2.3 Voraussetzung für einen gelingenden Partizipationsprozess
Ein gelingender Partizipationsprozess in frühkindlichen Institutionen kann nicht von heute auf morgen stattfinden und bringt daher individuelle, institutionelle und politisch - rechtliche Voraussetzungen mit sich (vgl. Straßburger, 2014, S.52).
Auf der individuellen Ebene geht es um die Haltung und die Fachkompetenz der pädagogischen Fachkräfte als Grundlage für einen gelingenden Partizipationsprozess (vgl. Rieger, 2014, S.56).
Um gemeinsam mit den Kindern partizipieren zu können, ist es unabdingbar, dass die pädagogischen Fachkräfte den Kindern diesen Prozess täglich ermöglichen und gestalten. Auf dieser Ebene ist es zudem sehr relevant, dass die Erzieher und Erzieherinnen sich regelmäßig mit dem Kontext der Partizipation auseinandersetzen (vgl. Rieger, 2014, S.56). Auf der einen Seite ist zu beachten, dass die pädagogischen Fachkräfte in diesem Prozess eine professionelle Haltung einnehmen müssen.
[...]
- Arbeit zitieren
- Annika Senn (Autor:in), 2019, Demokratisierung in frühkindlichen Institutionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/503019
Kostenlos Autor werden
Kommentare