Umkämpfte Rechte und die Reform der Moudawana. Die Wirkung internationaler Normen anhand der Frauenrechte in Marokko


Proyecto/Trabajo fin de carrera, 2010

96 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

I. EINLEITUNG
I.I Hintergrund
I.II Fragestellung
I.III Forschungsstand
I.IV Gliederung der Arbeit
I.V Begriffsbestimmungen

II THEORIE: ZUR WIRKUNG INTERNATIONALER NORMEN IN NATIONALER POLITIK
II.I Rationalismus
II.II Konstruktivismus
II.II.1 Phasen der konstruktivistischen Normendiffusionsforschung
II.II.2 Theorie der Normlokalisierung
II.III Methodische Vorgehensweise

III EMPIRISCHER TEIL
III.I Internationale Normen zu Frauenrechten
III.I.1 Entwicklung der Normen
III.I.2 Die CEDAW
III.I.3 Mechanismen zur Überwachung und Umsetzung der CEDAW
III.II Zwischenfazit 1
III.III Frauenrechte und Geschlechtergleichberechtigung in Marokko
III.III.1 Die Moudawana und Diskriminierung der Frau
III.III.2 Der Beitritt Marokkos zur CEDAW und Vorbehalte
III.III.3 Unternommene Maßnahmen zur Implementierung der CEDAW in Marokko
III.III.4 Kritik an der Implementierung der CEDAW und weiterführende Empfehlungen
III.IV Zwischenfazit 2
III.V Lokale Akteure und der Diskurs um Frauenrechte in Marokko

IV ANALYSE – NORMLOKALISIERUNG IN MAROKKO

V FAZIT UND AUSBLICK

VI LITERATURVERZEICHNIS:

„Gesellschaftliche Normen ändern sich nicht automatisch durch die Annahme internationaler Garantien gleicher Rechte von Mädchen; genauso wenig werden sie durch demokratische Entscheidungsprozesse verändert, in denen die Mädchen keine Stimme haben. Das Gesetz kann immer nur den Ausgangspunkt für einen Wandlungsprozess darstellen.1

(Tomaševski 2004: 85)

I. EINLEITUNG

I.I Hintergrund

Frauenrechte in der arabischen Welt stellen ein viel diskutiertes und umstrittenes Thema dar. Oftmals wird die arabische Kultur allzu voreilig auf den Islam reduziert, als frauen- und demokratiefeindlich abgestempelt und dabei über die enorme Vielfalt und Varianz an Religionen, Kulturen, Staats- und Gesellschaftsformen innerhalb der arabischen Staaten hinweg gegangen. Dennoch ist es empirisch erwiesen, dass Frauen in arabischen Staaten im Vergleich zu ihren Geschlechtsgenossinnen in westlichen Staaten in vielen Lebensbereichen benachteiligt sind. Der Arab Human Development Report (AHDR) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) von 2005 mit dem Titel „Towards the Rise of Women in the Arab World“ beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit dem Rückstand arabischer Staaten im Bereich der Gleichstellung der Frau. Der Bericht identifizierte die gravierende Benachteiligung von Frauen in rechtlicher, ökonomischer, politischer und gesellschaftlicher Hinsicht als zentrales Entwicklungshemmnis arabischer Gesellschaften2. Er betont ausdrücklich die Bedeutung, die die Gleichberechtigung der Frau in allen gesellschaftlichen, staatlichen, wirtschaftlichen und privaten Bereichen für die menschliche Entwicklung der gesamten arabischen Welt hat.

Das Königreich Marokko verdient in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit, da es in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte hinsichtlich der rechtlichen Gleichstellung der Frauen gemacht hat. Ein Meilenstein war die zuletzt im Oktober 2003 vom marokkanischen König Mohammed VI. verkündete Reform des Familien- und Personenstandsrechts Moudawana, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes für großes Aufsehen und Lob sorgte. Die Moudawana regelt die Rechte und Pflichten von Männern und Frauen in den Bereichen Eheschließung und -scheidung, Familie, Elternschaft, Abstammung und Erbschaft. Eine Überarbeitung dieser Gesetze wurde seit der Unabhängigkeit Marokkos von der Frauen- und Menschenrechtsbewegung immer wieder gefordert, und löste eine heftige Debatte über Frauenrechte aus, da diese Forderungen stets auf den Widerstand konservativer und religiöser politischer Kräfte stießen. Die durch die Reform kürzlich erzielten Fortschritte entsprechen weitgehend den internationalen Normen zur Gleichstellung der Geschlechter und der Nichtdiskriminierung der Frau, wie sie in der Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (CEDAW) der Vereinten Nationen (UN) festgelegt wurden. Die CEDAW ist ein rechtsverbindliches internationales Übereinkommen zu Prinzipien und Normen zu Frauenrechten und wurde 1979 von der Generalversammlung der UN verabschiedet. Marokko trat der CEDAW im Jahr 1992 bei. Die Verbesserung der rechtlichen Stellung der Frau scheint damit in Zusammenhang zu stehen, denn bereits kurz nach dem Beitritt kam es 1993 zu einer ersten Überarbeitung der Moudawana und seitdem steht das Thema Frauenrechte ununterbrochen auf der öffentlichen und politischen Agenda.

Diese Entwicklungen sind auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden politischen Liberalisierung seit Beginn der 1990er Jahre zu sehen. Der damalige König Hassan II. begann damals die Zügel seiner autoritären Herrschaft, die seiner Regierungszeit auch den Namen „bleierne Jahre“ einbrachte, langsam zu lockern. Dies hatte eine Verbesserung der Menschenrechtslage und den Aufschwung der Zivilgesellschaft zur Folge, was sich in der Gründung zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen manifestierte, darunter auch viele, die sich für die Rechte der Frauen einsetzten3. Sie waren es, die durch ihre Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit mehrmals den Anstoß zu Reformen für mehr Gleichberechtigung gaben und so die Fortschritte Marokkos in diesem Bereich entscheidend beeinflussten.

Die vorliegende Arbeit will die Entwicklungen im Bereich der Frauenrechte in Marokko untersuchen, dabei soll die Rolle der in der CEDAW verankerten internationalen Normen einerseits und die der lokalen Akteure andererseits im Mittelpunkt stehen.

Die Aufnahme und Umsetzung von Normen der Gleichberechtigung der Frau in das nationale Normen- und Rechtssystem ist nicht nur für den weiblichen Teil der Bevölkerung ein wichtiger Schritt hin zu mehr Selbstbestimmung und zur Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Stellung, sondern kann als auch als wichtiger Schritt hin zu mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gewertet werden. Denn die Gewährung gleicher Grundrechte – ungeachtet des Geschlechts – für alle Bürger, ist eine wichtige Grundvoraussetzung eines demokratisch verfassten Rechtsstaats.

I.II Fragestellung

Die Veränderungen, die in Marokko im Bereich der Frauenrechte in den letzten Jahren zu verzeichnen waren, sollen in der folgenden Arbeit auf folgende drei Fragen hin untersucht werden:

1. Welche Fortschritte gab es bei der Gleichberechtigung der Frau in Marokko?
2. Wie sind diese Fortschritte zu erklären?
3. Welche Rolle spielten dabei die in der CEDAW verankerten internationalen Normen der Geschlechtergleichberechtigung?

Dabei ist zunächst wichtig zu klären, aus welcher Perspektive man die Wirkung internationaler Normen betrachtet. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Rationalismus und Konstruktivismus, die sehr unterschiedliche Aussagen über die Bedeutung und Wirkungsweise internationaler Normen machen. Diese beiden Forschungsperspektiven sollen im Folgenden einander gegenübergestellt werden.

Für die Beantwortung der gewählten Fragestellung scheint die Theorie der Normlokalisierung von Amitav Acharya am besten geeignet4. Diese Theorie betrachtet die Diffusion internationaler Normen aus der Perspektive der Länder, die diese Normen aufnehmen und beleuchtet dabei die Akteure und Prozesse, die auf der lokalen Ebene zu einer Akzeptanz dieser Normen führen. In Marokko sind es in erster Linie islamische Normen, mit denen die internationalen Normen in Einklang gebracht werden müssen.

Daher ergänze ich die drei oben genannten Forschungsfragen um eine weitere: Inwiefern lassen sich die in Marokko erfolgten Reformen zur Verbesserung der rechtlichen Stellung der Frau auf eine Diffusion der internationalen Normen der CEDAW in einem Prozess der Normlokalisierung zurückzuführen?

I.III Forschungsstand

Zur Diffusion von Normen und ihrer Wirkung in internationaler Politik ist eine sehr umfangreiche und vielseitige Literatur vorhanden, die sich in zwei Stränge unterteilen lässt. Die so genannte „First Wave“ untersucht die Prozesse, die zu Normwandel führen auf der Ebene des internationalen Systems. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle transnationaler Akteure. Hierzu gehören Arbeiten von Finnemore und Sikkink, die Monographie „Activists beyond Borders“ von Keck und Sikkink und „Die Macht der Menschenrechte“ von Risse, Jetschke und Schmitz5. Die „Second Wave“ hingegen konzentriert sich mehr auf die Rolle nationaler politischer Strukturen und Akteure im Prozess der Normdiffusion. Einer der Hauptvertreter ist Checkel, der etwa in „International Norms and Domestic Politics“ die verschiedenen Mechanismen innerstaatlicher Normdiffusion untersucht6. Auch Risse, Ropp und Sikkink, untersuchen in ihrem Sammelband „The Power of Human Rights“ die Wirkung internationaler Normen auf nationaler Ebene anhand verschiedener Länderstudien. Audie Klotzs Monographie zur Rolle von Normen im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika untersucht ebenfalls die Prozesse des Normwandels auf nationaler Ebene.

Die Forschung sowohl der „First Wave“ als auch der „Second Wave“ ist in den meisten Fällen allerdings auf die Diffusion von Menschenrechtsnormen beschränkt7. Keck und Sikkink untersuchen in „Activists beyond Borders“ darüber hinaus zwar auch den Normwandel in den Bereichen Umweltschutz und Gewalt gegen Frauen, allerdings stehen auch hier internationale Netzwerke als zentrale Akteure im Mittelpunkt der Untersuchung.

Einen dritten Ansatz zur Untersuchung von Normdiffusionsprozessen wählt Acharya, der die Wandelungsprozesse aus der Perspektive der Staaten betrachtet, die fremde Normen aufnehmen. Er konzentriert sich dabei auf die Rolle der innerstaatlichen Akteure, die zur Aufnahme einer fremden Norm beitragen und wendet seinen Ansatz auf die Region Südostasien und Normen zur Sicherheitspolitik an8. Zur Diffusion der internationalen Norm der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Rolle innerstaatlicher Akteure gibt es bislang keine Literatur.

Zum Normwandel in der arabischen Welt gibt es bisher hauptsächlich Studien, die die Diffusion von Menschenrechtsnormen untersuchen. Eine vergleichende Untersuchung der Entwicklung der Menschenrechtssituation in Marokko und Tunesien findet sich etwa in „Die Macht der Menschenrechte“ von Risse, Jetschke und Schmitz. Gränzer untersucht in ihrem Beitrag in „The Power of Human Rights“ die Entstehung und Situation transnationaler Advocacy-Netzwerke und den Menschenrechtsdiskurs in Marokko9.

Über Frauenrechte und Frauenbewegungen in der arabischen Welt gibt es ebenfalls umfangreiche wissenschaftliche Literatur. In vielen Fällen handelt es sich dabei jedoch um historisch-deskriptive Darstellungen der Veränderungen. So etwa bei Anna Würth in „Frauenrechte in der arabisch-islamischen Welt: Eine Bestandsaufnahme“ im „Jahrbuch Menschenrechte 2005“. Eines der wichtigsten Werke zu Frauenbewegungen und Feminismus in Nordafrika ist „Féminisme et politique au Maghreb“ verfasst von der marokkanischen Soziologin Zakya Daoud, die die Geschichte der Frauenbewegungen in den drei Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien vergleicht. Der Sammelband „Gender and Citizenship in the Middle East“ von Suad Joseph zeigt die Zusammenhänge zwischen Geschlecht und staatsbürgerlichen Rechten in zahlreichen arabischen Staaten auf. Zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Marokko ist die Studie „Staat, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft in Marokko“ von Sonja Hegasy maßgeblich10. Die politischen Liberalisierungsprozesse in den Maghrebstaaten untersucht Dirk Axtmann in „Reform autoritärer Herrschaft in Nordafrika“. Einen guten Überblick hierzu bietet auch der Sammelband: „North Africa. Politics, Region and the Limits of Transformation“. Die politischen und gesellschaftlichen Wandelungsprozesse in Marokko werden auch von Cohen und Shaidi in „Morocco – Globalization and its Consequences“ sehr gut dargestellt11.

Zur Reform der Moudawana gibt es von wissenschaftlicher Seite eine von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebene Studie marokkanischer Autoren, die die Entwicklungen hin zu mehr Gleichberechtigung in den Jahren 1993 bis 2003 beschreibt. Die Zeitschrift „Chronique Féministe“ widmet der Reform der Moudawana eine Sonderausgabe, zu der vor allem VertreterInnen der marokkanischen Zivilgesellschaft beigetragen haben. Darüber hinaus beschränkt sich die Literatur auf einige wenige Aufsätze in wissenschaftlichen Fachzeitschriften, etwa von Maddy- Weitzman im „Middle East Journal“ und Freeman in „Gender, Place and Culture“, sowie zahlreichen Artikeln in Zeitungen, Onlinemagazinen und Veröffentlichungen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs).

Die Ursachen für die Diffusion der Norm der Gleichberechtigung der Frau und die Rolle der innerstaatlichen Akteure in diesem Prozess wurden bislang allerdings nicht aus einer theoretischen Perspektive untersucht. Zur Schließung dieser Forschungslücke möchte mit meiner Arbeit im Folgenden beitragen.

I.IV Gliederung der Arbeit

In Kapitel II.I und II.II werde ich zunächst eine Gegenüberstellung der beiden Forschungsperspektiven Rationalismus und Konstruktivismus vornehmen, die von sehr unterschiedlichen Annahmen über die Wirkung von internationalen Normen und ihrer Diffusion ausgehen. Für meine Arbeit wähle ich anschließend eine Theorie konstruktivistischer Prägung aus, nämlich die Theorie der Normlokalisierung des Politikwissenschaftlers Amitav Acharya. Diese Theorie wird der sogenannten „Third Wave“ der konstruktivistischen Normendiffusionsforschung zugeordnet. Kapitel II.II.1 erläutert die ersten beiden Phasen der Normendiffusionsforschung („First und Second Wave“), denen dann in Kapitel II.II.2 die Theorie der Normlokalisierung von Acharya gegenübergestellt wird. Die Erklärungskraft dieser Theorie soll im Laufe dieser Arbeit am Beispiel Marokkos überprüft werden. In Kapitel II.III folgt eine Darstellung der methodologischen Vorgehensweise.

Die internationalen Normen zu Frauenrechten und zur Gleichberechtigung der Geschlechter sind in der CEDAW kodifiziert, die das wichtigste rechtsverbindliche frauenspezifische Instrument auf internationaler Ebene darstellt. Die Entwicklung dieser Normen im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) und ihre konkrete Gestaltung in der CEDAW, sowie die Mechanismen zu Umsetzung und Monitoring werden in Kapitel III.I dargestellt. Ab Kapitel III.III wende ich mich dann dem Fallbeispiel Marokko zu. Zunächst untersuche ich das Gesetzbuch, welches die Normen zur Stellung der Frau in Ehe und Familie enthält – die Moudawana. In diesem Familien- und Personenstandsrecht wurden im Jahr 1957 – also kurz nach der Unabhängigkeit Marokkos – die Rechte und Pflichten von Mann und Frau im privaten Bereich kodifiziert. Viele hierin enthaltene Bestimmungen diskriminierten Frauen in familiären Angelegenheiten wie Eheschließung, Scheidung oder Sorgerecht in hohem Maße. Daran anschließend erläutere ich kurz den Beitritt Marokkos zur CEDAW im Jahr 1993, welcher die Normen der Moudawana in Konflikt mit den in der CEDAW enthaltenen Normen der Gleichberechtigung der Geschlechter brachte. So sind auch die Vorbehalte zu erklären, die Marokko der CEDAW gegenüber einlegte und die ebenfalls in Kapitel III.III.2 kurz dargestellt werden.

Die Fortschritte, die Marokko bei der Implementierung der CEDAW auf nationaler Ebene gemacht hat und die Maßnahmen, die hierzu ergriffen wurden, sind in den Staatenberichten dokumentiert, die in regelmäßigen Abständen an den CEDAW- Ausschuss übermittelt werden müssen. Kapitel III.III.4 erläutert die wichtigsten Entwicklungen, die bei der Umsetzung der internationalen Normen der CEDAW auf nationaler Ebene stattgefunden haben. Kapitel III.III.5 stellt diesen Fortschritten die Kritik und weitergehende Forderungen sowohl von Seiten des CEDAW-Ausschusses als auch von VertreterInnen der marokkanischen Zivilgesellschaft gegenüber.

Der gesellschaftliche Diskurs innerhalb Marokkos über die Normen der Geschlechtergleichberechtigung und die damit verbundenen Reformen des marokkanischen Familien- und Personenstandsrechts wird in Kapitel III.V untersucht. Hier stehen die Fragen im Vordergrund, welche lokalen Akteure sich am Diskurs um diese Normen beteiligen, welche Positionen sie vertreten und inwiefern sie die internationalen Normen mit lokalen Normen verbinden.

In der Analyse in Kapitel IV werde ich schließlich versuchen zu klären, inwiefern sich die erzielten Fortschritte bei der Implementierung der internationalen Normen zur Gleichberechtigung der Frau in Marokko mit der Theorie der Normlokalisierung erklären lassen. Kapitel V fasst letztlich die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit noch einmal zusammen und gibt einen Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen bei der Gleichstellung der Frau in Marokko und auf weitere Forschungsdesiderate.

I.V Begriffsbestimmungen

Im Mittelpunkt der folgenden Arbeit stehen Normen sowohl auf lokaler, als auch auf internationaler Ebene. Daher möchte ich zunächst kurz definieren, was darunter zu verstehen ist: Laut der klassischen Definition von Stephen Krasner sind Normen „standards of behavior defined in terms of rights and obligations“12. Jeffrey Checkel bezeichnet Normen als „shared expectations about appropriate behavior held by a collectivity of actors“13.Diese Definitionen greifen meiner Einschätzung nach jedoch etwas zu kurz, daher möchte ich sie durch eine weitere Definition von Peter J. Katzenstein ergänzen, demzufolge der Begriff „Normen“ benutzt wird, „to describe collective expectations for the proper behavior of actors with a given identity. In some situations norms operate like rules that define the identity of an actor, thus having „constitutive effects“ that specify what actions will cause relevant others to recognize a particular identity.14 “ Auch in der folgenden Arbeit verwende ich den Begriff „Normen“ in diesem doppelten Sinne: Normen sind einerseits Verhaltensstandards, bzw. Verhaltenserwartungen an bestimmte Akteure, sie sind gleichzeitig aber auch konstitutiv für die Identität von Akteuren.

Die internationalen Normen, die in dieser Arbeit von Bedeutung sind, formulieren Verhaltenserwartungen für die Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Genauer gesagt, legen sie die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Nicht- Diskriminierung auf Grund des Geschlechts als grundlegende Prinzipien für staatliches und individuelles Handeln fest. Mit der Anerkennung dieser Normen bekennen sich Akteure zu einer bestimmten Identität.

Bei der Verwendung des Begriffs „Diskriminierung“ beziehe ich mich auf die Definition aus Artikel 1 der CEDAW, die diese definiert als „jede mit dem Geschlecht begründete Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung, die zur Folge oder zum Ziel hat, dass die auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau gegründete Anerkennung, Inanspruchnahme oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die Frau – ungeachtet ihres Familienstands – im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, staatsbürgerlichen oder jedem sonstigen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird15.“

Die Implementierung der CEDAW Normen in Marokko steht im Mittelpunkt von Kapitel III.III.2. Börzel und Risse definieren Implementierung als die Umsetzung einer Regel oder Norm in die Praxis und unterscheiden diese in Anlehnung an David Easton in eine output-, outcome- und impact-Phase16. In der folgenden Arbeit wird im Zusammenhang mit der CEDAW lediglich die output-Phase – also die gesetzlichen und administrativen Maßnahmen, die die praktische Anwendung einer Norm oder Regel ermöglichen – untersucht und der Begriff daher auch nur in diesem Sinne verwendet.

Im empirischen Teil der Arbeit wird von „islamistischen“ Bewegungen oder Parteien die Rede sein. Unter dem Begriff „Islamismus“, der häufig auch gleichbedeutend mit „islamischem Fundamentalismus“ verwendet wird, wird in der Politik- und Islamwissenschaft im Allgemeinen eine politische Ideologie verstanden, die sich auf den Islam stützt und den Anspruch erhebt, dass dieser als ganzheitliche Religion die einzige Quelle für ein politisches System einschließlich all seiner sozialen, rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Dimensionen sein dürfe17. Freeman, definiert den Begriff wie folgend: „[.] the term Islamist is generally used to define those who support a political-religious project aiming to transform the entire governing system and laws in accordance with Islam18.“ Eine sehr treffende Definition des Begriffes „Islamismus“, auf die ich mich in der folgenden Arbeit beziehen werde, liefert der französische Politikwissenschaftler Olivier Roy:

„Was ich „Islamismus“ nenne, ist das Markenzeichen des heutigen islamischen, politischen Fundamentalismus, dessen Vertreter für sich in Anspruch nehmen, eine wahre islamische Gesellschaft wieder zu erschaffen – nicht einfach durch die Einführung der Scharia, sondern indem sie zunächst auf politischem Weg einen islamischen Staat gründen. Islamisten betrachten den Islam nicht nur als eine Religion, sondern als eine politische Ideologie, die sämtliche Aspekte der Gesellschaft neu prägen muss (Politik, Recht, Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Außenpolitik und so weiter). Die traditionelle Vorstellung vom Islam als einer alles umfassenden Religion wird auf die Komplexitat der modemen Gesellschaft abertragen und im Sinne der modemen Gesellschaftswissenschaften neu besetzt19.".

II THEORIE: ZUR WIRKUNG INTERNATIONALER NORMEN IN NATIONALER POLITIK

Dass Normen Einfluss auf internationale Politik haben, ist in der politikwissenschaftlichen Disziplin der Internationalen Beziehungen inzwischen allgemein anerkannt. Oder wie Jeffrey Checkel es formulierte: „the once controversial statement that norms matter is accepted by all except the most diehard neorealists.20 “ Umstritten ist jedoch das „Wie?“ und „Warum?“ der Wirkung von Normen auf Akteure der nationalen und internationalen Politik.

Lange Zeit spaltete sich die Diskussion über dieses Thema entlang der Grenze zwischen Rationalismus und Konstruktivismus. Sowohl Rationalismus als auch Konstruktivismus werden nicht als substanzielle, d.h. inhaltlich angereicherte Theorien der IB gesehen, sondern eher als „analytical tools“21 oder „approach to social inquiry“22, sprich verschiedene kognitive Modelle mit unterschiedlicher Ontologie und methodologischer Ausrichtung, die sich hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen an Phänomene des sozialen Lebens unterscheiden. Inzwischen setzt sich jedoch zunehmend die Ansicht durch, Rationalismus und Konstruktivismus nicht länger als konträr sondern als komplementär zu betrachten und zu versuchen, die Gemeinsamkeiten zu betonen und die beiden Ansätze zu verbinden23. Es folgt eine kurze Erläuterung und Gegenüberstellung der zentralen Grundannahmen von Rationalismus und Konstruktivismus.

II.I Rationalismus

Der Rationalismus hat seine Wurzeln in den Wirtschaftswissenschaften, denn er wendet die ursprünglich aus der Ökonomie stammende rational-choice-theory auf die Internationalen Beziehungen an24. Er kann als Methode bezeichnet werden, mit der versucht wird, strategische Handlungen in einem Multi-Akteurs-Kontext zu erklären. Betrachtet werden folglich die Handlung, die erklärt werden soll, sowie die relevanten Akteure, die die Handlung ausführen bzw. beeinflussen können. Rationalistische Ansätze haben gemeinsam, dass sie von der Annahme ausgehen, Staaten und Individuen seien rationale Akteure, die an ihren eigenen Präferenzen und Interessen orientiert handeln und Kosten und Nutzen verschiedener Handlungsoptionen gegeneinander abwägen. Demnach handeln Akteure zweckrational. Die Analyse von Phänomenen der IB basiert dabei auf dem methodologischen Individualismus. Das heißt, es wird von der Annahme ausgegangen, sämtliche sozialen Phänomene könnten mithilfe von Argumenten erklärt werden, die nur individuelle Akteure und deren Ziele und Handlungen einschließen25. Die Handlungen von Akteuren werden durch deren Überzeugungen und Präferenzen geleitet, welche aus rationalistischer Perspektive als a priori und exogen gegeben betrachtet werden. Normen und Ideen verändern von diesem Standpunkt aus die Restriktionen und Anreize für die gesellschaftlichen und staatlichen Akteure und schränken sie so in ihren Handlungsmöglichkeiten ein.

Vorherrschende Handlungslogik ist hier eine „logic of consequences“: was bedeutet, dass Akteurshandeln strategisch ist und durch rationales Abwägen der Handlungsmöglichkeiten zum Zweck der Nutzenmaximierung bestimmt wird. Die Einhaltung von Normen findet demzufolge nur dann statt, wenn es im Interesse der Akteure liegt und der daraus gewonnene Nutzen größer ist, als die durch Normeinhaltung verursachten Kosten26. Es existieren verschiedene rationalistische Sichtweisen auf die Gründe für Normeinhaltung. Aus neorealistischer Perspektive etwa befolgen Akteure Normen nur, weil sie dazu gezwungen werden. Internationale Verträge und Institutionen existieren demzufolge nur dann, wenn ein Hegemon oder wenige mächtige Staaten sich davon Vorteile versprechen und diese anderen Staaten gegenüber durchsetzen27. Der neoliberale Institutionalismus hingegen spricht internationalen Institutionen und Normen durchaus eine eigenständige Bedeutung zu. Akteure befolgen Normen jedoch nur, wenn dies in ihrem Interesse liegt28. Internationale Regeln und Normen werden befolgt, wenn sich Staaten langfristig gesehen durch die Einhaltung Vorteile versprechen, die sie ohne diese nicht erlangen könnten. Kosten und Nutzen der Einhaltung werden gegeneinander abgewogen und Normen eingehalten, wenn die erwarteten Kosten der Nichteinhaltung – materieller Art durch direkte Sanktionen oder ideeller Art durch Reputationsverlust – höher sind als der Nutzen, den sie aus der Nichteinhaltung ziehen würden29. Normeinhaltung wird hier also als Strategie von Staaten verstanden, um eigene Interessen zu verfolgen und langfristig eigene Vorteile zu maximieren.

Staaten folgen also, der rationalistischen Sichtweise zufolge, derjenigen Strategie, die ihnen bei exogen gegebenen Interessen den größten Nutzen verspricht. Wenn Staaten durch die Nichteinhaltung einer Norm einen größeren Nutzen erwarten, als durch ihre Einhaltung, und außerdem die erwarteten Kosten der Entdeckung niedriger sind, als der erwartete Nutzen der Nichteinhaltung, gibt es für Staaten folglich einen Anreiz, diese Norm nicht einzuhalten. Für die Durchsetzung der Einhaltung einer Norm ist es daher dem sogenannten „Erzwingungsansatz“ zufolge notwendig, die erwarteten Kosten im Falle der Entdeckung der Nichteinhaltung so weit zu erhöhen, dass der erwartete Nettonutzen geringer ist, als im Falle der Einhaltung der Norm30. Dazu ist es zum einen notwendig, eine wirksame Überwachung der Einhaltung zu etablieren, um die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung entscheidend zu erhöhen. Zum anderen müssen durch Sanktionen Kosten bei entdeckter Nichteinhaltung entstehen. „Together, monitoring and sanctions carry the capacity of deterring defections and compelling compliance”31. Die Kosten der Nichteinhaltung können dabei sowohl durch direkte materielle Sanktionen erhöht werden, aber auch durch Strategien, die auf eine Erhöhung der ideellen Kosten zielen, wie das naming and shaming, das heißt, öffentliches Anprangern, welches einen Reputationsverlust mit sich bringt32.

II.II Konstruktivismus

Der Konstruktivismus war von Anfang an durch die Abgrenzung vom Rationalismus geprägt. Er kritisiert neorealistische und neoliberale Ansätze der IB und stellt deren Materialismus und methodologischen Individualismus in Frage33. Grundannahme des Konstruktivismus ist, dass sich „Wirklichkeit“ dem Menschen nicht unmittelbar erschließt, sondern sozial konstruiert wird34. Wirklichkeit, ebenso wie das Wissen über sie, ist das Ergebnis von Prozessen sozialer Konstruktion. Wirklichkeit erschließt sich uns erst, wenn sie sprachlich und symbolisch über diskursive Praktiken vermittelt wird. Jedes Phänomen der Realität erhält seinen Bedeutungsgehalt erst durch die intersubjektive Zuschreibung von Bedeutung in einem bestimmten sozialen Kontext: „material structures (.) are given meaning only by the social context through which they are interpreted.35 “ Der Konstruktivismus konzentriert sich folglich auf die Analyse der Rolle nicht-materieller Faktoren wie Ideen, Werte und Normen bei der Konstruktion von Wirklichkeit und Bedeutung. Von besonderem Interesse ist dabei, wie diese entstehen, sich durchsetzen und wirken oder sich wandeln36. Im Gegensatz zum Rationalismus ist der Konstruktivismus einem „methodologischen Holismus“ verpflichtet37.

Die zweite Grundannahme des Konstruktivismus ist die gegenseitige Konstituierung von Strukturen und Akteuren der Internationalen Beziehungen. Einerseits sind die Strukturen des internationalen Systems konstitutiv für Akteure und ihre Interessen, denn sie ermöglichen und beschränken das Handeln der Akteure. Andererseits reproduzieren Akteure diese Strukturen auch durch ihr Handeln, halten sie aufrecht oder verändern sie38. Ein weiterer zentraler Unterschied zu rationalistischen Ansätzen ist die Auffassung, dass Identitäten und Interessen nicht exogen gegeben sind, sondern sich in einem endogenen Prozess herausbilden, der „maßgeblich von der Selbstreflexion der beteiligten Akteure und der stets notwendigen Re-Interpretation der zugrunde liegenden Normen und Ideen geprägt ist“39. Identitäten bestimmen aus konstruktivistischer Sichtweise die Interessen der Akteure. Ideen und Normen spielen dabei für das Verständnis von Akteurshandeln und dessen Wandel die zentrale Rolle. Normen sind dem konstruktivistischem Verständnis nach „collective understandings that make behavioral claims on actors. (.) they constitute actor identities and interests and do not simply regulate behavior.40

Akteurshandeln ist nach konstruktivistischem Verständnis immer regelgeleitet, es wird bestimmt durch Normen und Ideen. Normen werden aber nicht als handlungseinschränkend verstanden, sondern sind konstitutiv für Akteure41. Die vorherrschende Handlungslogik ist hier die „logic of appropriateness“. Dieser Logik zufolge fragen sich Akteure, welches Verhalten in einer bestimmten Situation angemessen sei42. Identitäten, Ideen und Normen stellen dabei eine Art Handlungsrahmen dar und geben ein bestimmtes Repertoire an Handlungsmöglichkeiten vor, an dem sich die Akteure orientieren. Eine Verhaltensänderung von Akteuren ist demzufolge immer geknüpft an einen Wandel von kognitiven Faktoren wie Normen und Identitäten. Aus konstruktivistischer Perspektive erfolgt die Anerkennung und Einhaltung von neuen Normen nicht durch Zwang oder eine Kosten-Nutzen-Abwägung, sondern durch einen Prozess des Lernens und der Norminternalisierung. Normen werden eingehalten, weil sie als legitim angesehen werden43. Das Überzeugen relevanter Akteure – besonders der nationalen Eliten – gilt als vorherrschender Modus der Normdurchsetzung. In solchen Überzeugungsprozessen, die zur Durchsetzung internationaler Normen auf nationaler Ebene beitragen, können sowohl internationale Organisationen und Staaten als auch transnationale Netzwerke und gesellschaftliche Akteure auf lokaler Ebene eine Rolle spielen44. Sprache ist das zentrale Medium bei der Konstruktion, Vermittlung und Deutung von sozialer Wirklichkeit. Somit betonen konstruktivistische Ansätze die Bedeutung von Argumentationsprozessen und Diskursen in politischen Prozessen45.

Zur Untersuchung der Diffusion der Norm der Gleichberechtigung der Geschlechter in Marokko wähle ich einen konstruktivistischen Ansatz. Ein solcher ist in diesem Fall rationalistischen Erklärungsansätzen vorzuziehen, da diese im Zusammenhang mit Menschenrechten – zu denen auch die Frauenrechte gehören – Schwierigkeiten haben, das Bekenntnis zu internationalen Normen und deren Einhaltung zu erklären, da dies Staaten keine direkten materiellen Vorteile verschafft46. Die Kosten für die Errichtung und Einhaltung von Menschenrechtsnormen sind materiell gesehen meist höher als der Nutzen aus ihrer Einhaltung. Gleichzeitig sind die materiellen Kosten der Nichteinhaltung relativ gering. Es gibt im Falle der CEDAW, die die für diese Arbeit relevanten Normen zur Gleichberechtigung der Geschlechter beinhaltet, keine Vollzugsmittel auf internationaler Ebene, für den Fall, dass Staaten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen47. Der Gewinn von internationalem Ansehen bzw. die Angst vor Reputationsverlust wäre aus rationalistischer Sicht im Bereich Frauenrechte einer der wichtigsten Gründe für die Anerkennung und Einhaltung unbequemer Normen48.

Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der rechtlichen Gleichstellung bzw. Nichtdiskriminierung von Frauen, den internationalen Normen, die dazu existieren, sowie dem Wandel, der im Falle Marokkos in diesem Bereich stattgefunden hat. Von Bedeutung sind dabei auch die Auffassungen von Geschlechterrollen, die diesen Normen zugrunde liegen. Geschlechterrollen sind konstruktivistischem Verständnis nach stets gesellschaftlich konstruiert und unterliegen diskursiven Prozessen. Auch Widerstand gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter begründet sich in erster Linie aus normativen Einstellungen hinsichtlich von Geschlechterrollen. Will man also einen Wandel im Verhalten der beteiligten Akteure erklären, ist es notwendig, ideelle Faktoren wie kulturelle Traditionen, Werte und Normen in die Überlegungen mit einzubeziehen. Der Modus des Zwangs ist folglich nicht dafür geeignet, die Diffusion der Norm der Gleichberechtigung der Frau zu erklären, denn es handelt sich in diesem Fall vielmehr um kognitive und diskursive Prozesse, in denen der Modus der Überzeugung und des argumentativen Handeln49 greift.

II.II.1 Phasen der konstruktivistischen Normendiffusionsforschung

Wie und warum verbreiten sich internationale Normen und wer sind die entscheidenden Akteure in diesen Diffusionsprozessen? Die konstruktivistische Normendiffusionsforschung hat darauf verschiedene Antworten gefunden und lässt sich in drei verschiedene Phasen gliedern, die jeweils einen unterschiedlichen Fokus besitzen. Die sogenannte „First Wave“ konzentriert sich auf die Untersuchung der Ebene des internationalen Systems und der Prozesse, welche die Verbreitung von Normen auf dieser Ebene prägen. Es wird vor allem die Rolle von transnationalen Akteuren – seien es individuelle „moral entrepreneurs“ oder soziale Bewegungen – im Prozess der Normdiffusion untersucht. Amitav Acharya spricht von einem „moral cosmopolitanism“, da die verbreiteten Normen globale bzw. universelle Normen sind, wie etwa der Schutz der Menschenrechte, die Kampagne gegen Landminen, Walfang oder der Kampf gegen Rassismus50. Kritisiert werden an dieser Perspektive besonders zwei Punkte: zum einen konzentriere sich die Literatur der „First Wave“ hauptsächlich auf „moralische Bekehrung“ von staatlichen Akteuren und stelle „good global norms“ den „bad local norms“ gegenüber51. Widerspruch gegen diese „good global norms“ werde als illegitim und unmoralisch angesehen. Außerdem sähen Vertreter der „First Wave“ Normdiffusion als Prozess des „teaching“ durch transnationale Akteure, und vernachlässigten dabei die aktive Rolle der lokalen Akteure in diesem Prozess. Vertreterinnen der „First Wave“ sind unter anderem Martha Finnemore, Kathryn Sikkink, und Margaret E. Keck.

Die Vertreter der „Second Wave“ nahmen sich einige dieser Kritikpunkte zu Herzen und legten den Fokus auf die Untersuchung der Ebene der Nationalstaaten. Sie fragen danach, wie innerstaatliche politische Strukturen und Akteure den Prozess der Normdiffusion bestimmen. Diese Perspektive betont die Rolle innerstaatlicher politischer, organisatorischer und kultureller Faktoren bei der Übernahme neuer globaler Normen. Die Bedeutung von lokalen Normen im Diffusionsprozess wird erkannt und die Übereinstimmung, bzw. Anpassungsfähigkeit von globaler Norm und lokaler Norm als begünstigend für den Prozess der Normdiffusion gesehen. Die Kritik an dieser Perspektive lautet, dass sie zwar lokale Akteure und Strukturen in die Analyse mit einbeziehe, jedoch lediglich beschreibe, inwiefern lokale Normen den globalen Normen entgegenstehen und ihre Diffusion begünstigen oder erschweren. Acharya kritisiert, diese Perspektive sei zu statisch, da sie nur die bestehende Kompatibilität von verschiedenen Normen beschreibe, aber nicht den dynamischen Prozess des „matchmaking“52 also der gegenseitigen Annäherung von lokalen und globalen Normen. Zu den Vertretern der „Second Wave“ gehört unter anderem Jeffrey Checkel.

II.II.2 Theorie der Normlokalisierung

Amitav Acharya stellt diesen beiden Forschungsperspektiven eine dritte gegenüber, die der Normlokalisierung. Der Verdienst dieses Ansatzes liegt darin, dass er die Normendiffusionsforschung um die Perspektive der Länder ergänzt, die fremde Normen übernehmen. Acharyas Theorie der Lokalisierung von Normen wirft die Frage auf, wie internationale Ideen und Normen in einem Land bzw. einer Region Veränderungen von Wertesystemen und Institutionen auslösen können. Zentral für den Normdiffusionsprozess ist das Verhältnis zwischen der neu auftauchenden internationalen Norm und der vorher vorhandenen normativen und sozialen Ordnung der Region. Acharya beschreibt die Übersetzung fremder Normen auf die lokale Ebene als „dynamic congruence-building process“53 und definiert Lokalisierung als „the active construction (through discourse, framing, grafting, and cultural selection) of foreign ideas by local actors, which results in the former developing significant congruence with local beliefs and practices.54

Framing und grafting meint in diesem Zusammenhang die veränderte Interpretation und Darstellung von bestehenden Normen. Unter framing versteht man die Deutung und Darstellung von internationalen Normen auf eine Weise, die Verbindungen zu vorher vorhandenen Normen herstellt. Grafting ist eine Taktik, mit der eine neue Norm institutionalisiert wird, indem sie mit einer vorher vorhandenen Norm in einem ähnlichen Themenbereich assoziiert wird, die ein ähnliches Verbot oder Vorschrift enthält55. Cultural selection bedeutet, dass nur die Ideen und Normen übernommen werden, die mit lokalen Normen vereinbart werden können und die das Prestige der norm-takers erhöhen können.

Die zentrale Rolle im Lokalisierungsprozess übernehmen nach Acharya die sogenannten norm-takers, also die lokalen Akteure, die die fremden Normen aufnehmen und versuchen, Übereinstimmung mit lokalen Werten und Einstellungen herzustellen. Sie sind es, die die Initiative zu einem Normwandel ergreifen. Acharyas Ansatz ist folglich stark akteurszentriert. Die bereits existierende regionale und lokale normative Ordnung, kulturelle Traditionen und Praktiken spielen Acharya zufolge eine sehr wichtige Rolle im Prozess der Normdiffusion. Er lehnt die strikte Dichotomie zwischen Annahme („acceptance“) und Ablehnung („rejection“) neuer Normen ab, und geht von der Annahme aus, dass die Formen der Normendiffusion in der Realität meist irgendwo dazwischen liegen. Er beschreibt Lokalisierung als dynamischen Prozess, bei dem es nicht darum geht, lokale Normen vollständig durch neue, fremde Normen zu ersetzen, sondern die fremden Normen so anzupassen, dass sie an bestehende lokale Normen anknüpfen und diese erweitern und ergänzen können.

„Congruence building thus becomes key to acceptance.56 “ Die insgesamte Normhierarchie bleibt also intakt, während aber einzelne lokale Normen durch den Einfluss neuer, fremder Normen modifiziert werden. Acharya nennt vier mögliche Gründe dafür, dass überhaupt ein Bedarf an neuen Normen entsteht und es zur Lokalisierung dieser Normen kommt57. Dazu gehört erstens eine größere Sicherheits- oder Wirtschaftskrise, wie etwa ein Krieg oder eine starke wirtschaftliche Rezession, die die existierenden „Spielregeln“ in Frage stellen und die Notwendigkeit von neuen Normen vor Augen führen können. Zweitens kann auch ein Systemwechsel, der eine Verschiebung der Mächteverhältnisse und der Interessen und Interaktionen zwischen Großmächten zur Folge hat, zum Aufkommen von neuen Normen führen. Das Ende des Kalten Krieges, durch das verstärkt europäische Normen in den Vordergrund rückten, ist ein Beispiel dafür. Ein dritter Grund können innenpolitische Veränderungen in einem norm-taker sein. Wenn ein Staat etwa erst vor kurzem den Übergang zu einem demokratischen Regime vollzogen hat, wird er bemüht sein, Menschenrechtsnormen in sein Werte- und Normensystem aufzunehmen, um seine Autorität und die neue demokratische Identität zu legitimieren. Schließlich können auch internationale oder regionale Vorzeigeeffekte zum Aufgreifen neuer Normen führen. Wird eine lokale Norm als legitim, jedoch als unzureichend angesehen, um neuen Herausforderungen zu begegnen, so ist es ebenfalls wahrscheinlich, dass ein Lokalisierungsprozess stattfindet, und die existierende Norm durch neue Ideen ergänzt, erweitert und gestärkt wird, anstatt sie komplett zu ersetzen.

Der Erfolg von Normendiffusionsprozessen und -strategien hängt laut Acharya von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört etwa in welchem Maß diese Prozesse Möglichkeiten für die Lokalisierung der fremden Normen eröffnen, sprich inwiefern internationale Normen an lokale Normen anknüpfen und mit diesen in Einklang gebracht werden können58. Internationale Normen werden ihm zufolge von lokalen Akteuren aufgegriffen und so re-interpretiert, re-definiert und modifiziert, dass sie mit bereits existierenden Normen vereinbart werden können. Gleichzeitig werden aber auch lokale Normen und Praktiken so verändert, dass sie Anknüpfungspunkte für die externe Norm bieten. Entscheidend für eine erfolgreiche Lokalisierung ist also unter anderem, ob bereits eine lokale Norm mit ähnlichem Inhalt existiert, an die angeknüpft werden kann.

Wichtig ist auch Stärke und Stabilität der bereits bestehenden Normen und der kulturellen Traditionen der lokalen Bevölkerung59. Je stärker die lokale Norm und je wichtiger für die lokale Identität, desto eher wird die neue internationale Norm sich an diese anpassen müssen und lokalisiert werden.

Der Erfolg der Normlokalisierung ist auch davon abhängig, ob glaubwürdige „insider proponents“, das heißt, lokale Verfechter der fremden Norm vorhanden sind, die über ausreichenden Einfluss auf lokale Diskurse verfügen. Solche lokalen Akteure können Einzelpersonen sein, regionale „epistemic communities“ oder Nichtregierungsorganisationen, die sich für eine neue Norm einsetzen und versuchen, diese zu legitimieren und in Einklang mit lokalen Normen- und Werteordnungen zu bringen. Diese lokalen Akteure sind glaubwürdiger, wenn sie nicht als „Marionetten“ externer Mächte angesehen werden, sondern als Träger lokaler Werte und nationaler Identität60. Je größer das lokale Prestige der „insider proponents“, desto wahrscheinlicher wird ein Erfolg des Lokalisierungsprozesses.

Erwartete positive Auswirkungen der fremden Norm auf Legitimität und Autorität zentraler lokaler Akteure und Institutionen können ebenfalls begünstigend auf den Lokalisierungsprozess wirken. Wenn zentrale insider proponents sich von der neuen Norm eine Stärkung ihrer Legitimität und Autorität erwarten, ohne dass diese jedoch ihre soziale Identität grundlegend verändert, so ist es wahrscheinlich, dass sie diese Norm in die existierende normative Ordnung integrieren werden61. Durch Lokalisierung ausgelösten Wandel bezeichnet Acharya als nachhaltiger und dauerhafter, da er von innen kommt und freiwillig erfolgt. Auf lange Sicht kann Lokalisierung laut Acharya auch zu grundlegendem Wandel des Normensystems führen. Nachdem lokale Akteure mit einigen neuen Ideen, Normen und Instrumenten vertraut geworden sind, kann der Widerstand gegen neue Normen schwächer werden und die Tür für grundlegende Veränderungen an der Normhierarchie öffnen.

[...]


1 Tomaševski, Katarina: Geschlechtergerechtigkeit durch Bildungsrechte. In: Jahrbuch Menschenrechte 2005, Deutsches Institut für Menschenrechte, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 85.

2 The Arab Human Development Report 2005. Towards the Rise of Women in the Arab World, UNDP, Regional Bureau for Arab States, New York 2006.

3 Vgl. Gränzer, Sieglinde: Changing discourse: transnational advocacy networks in Tunisia and Morocco. In: Risse, Thomas/Ropp, Stephen C./Sikkink, Kathryn: The Power of Human Rights. International Norms and Domestic Change, Cambridge University Press, Cambridge 2007, S. 109.

4 Acharya, Amitav: How Ideas Spread: Whose Norms Matter? Norm Localization and Institutional Change in Asian Regionalism. In: International Organization, Vol. 58, Nr. 2, 2004, S. 239-275.

5 Siehe : Finnemore, Martha/Sikkink, Kathryn (1998); Keck, Margaret/Sikkink, Kathryn (1998); Risse, Thomas/Jetschke, Anja/Schmitz, Hans Peter (2002).

6 Checkel, Jeffrey (1997); Risse, Thomas/Ropp, Stephen C./Sikkink, Kathryn (2007).

7 Siehe dazu auch: Hathaway, Oona: Do Human Rights Treaties Make a Difference? In: The Yale Law Journal, Vol. 111, Nr. 8, Juni 2004, S. 1935-2042.

8 Acharya, Amitav (2004)

9 Gränzer, Sieglinde (2007)

10 Daoud, Zakya (1993); Joseph, Suad (2000); Hegasy, Sonja (1997).

11 Axtmann, Dirk (2007); Zoubir, Yahia/Amirah-Fernández, Haizam (Hrsg.) (2008); Cohen, Shana/Jaidi, Larabi (2006)

12 Krasner, Stephen D.: Structural Causes and Regime Consequences: Regimes as Intervening Variables; In: International Organization, Vol. 36, Nr. 2, 1982, S. 186.

13 Checkel, Jeffrey T.: Norms, Institutions, and National Identity in Contemporary Europe. In: International Studies Quarterly, Vol. 43, Nr. 1, 1999, S. 84.

14 Katzenstein, Peter J.: The Culture of National Security: Norms and Identities in World Politics, New York 1966, Columbia University Press, S. 5.

15 CEDAW, Art. 1.

16 Börzel, Tanja/Risse, Thomas: Die Wirkung internationaler Institutionen: Von der Normanerkennung zur Normeinhaltung; In: Jachtenfuchs, Markus/Knodt, Michèle (Hrsg.): Regieren in Internationalen Institutionen, Opladen 2002, S. 143.

17 http://www.bpb.de/themen/SXR79M,0,Islamismus_und_Fundamentalismus.html

18 Freeman, Amy: Re-locating Moroccan Women´s Identities in a Transnational World: the `woman question` in question; in: Gender, Place and Culture, Vol.11, Nr. 1, March 2004, S. 18.

19 Roy, Olivier Der islamische Weg nach Westen, Bundeszentrale fur politische Bildung, Bonn 2006, S. 71.

20 Checkel, Jeffrey T.: International Norms and Domestic Politics: Bridging the Rationalist-Constructivist Divide. In: European Journal of International Relations, Vol.3, Nr. 4, 1997, S. 473.

21 Fearon, James/Wendt, Alexander: Rationalism vs. Constructivism. In: Carlsnaes, Walter/Risse, Thomas/Simmons, Beth A. (Hrsg.): Handbook of International Relations, London 2002, S. 52.

22 Vgl.: Ulbert, Cornelia (2006): S. 411 und Checkel, Jeffrey T. (1998): S. 324.

23 Vgl.: Checkel 1997, Klotz 1995, Fearon/Wendt (2002): S. 52.

24 Fearon/Wendt (2002): S. 52.

25 Checkel, Jeffrey T.: The Constructivist Turn in International Relations Theory. In: World Politics, Vol.50, Nr.2, 1998, S. 326.

26 March, James G./Olsen, Johan P.: The Institutional Dynamics of International Political Orders, In: International Organization, Vol. 52, Nr. 4, 1998, S. 949.

27 Hathaway, Oona A.: Do Human Rights Treaties Make a Difference? In: The Yale Law Journal, Vol. 111, Nr. 8, Juni 2004, S. 1944.

28 Ulbert, Cornelia (2006): S. 421.

29 Hathaway, Oona A.(2004): S. 1951.

30 Tallberg, Jonas: Paths to Compliance. Enforcement, Management, and the European Union, In: International Organization Vol.56, Nr. 3, S. 612.

31 Tallberg, Jonas (2002): S. 612.

32 Tallberg, Jonas (2002): S. 617.

33 Checkel, Jeffrey T. (1998): S. 326.

34 Ulbert, Cornelia: Sozialkonstruktivismus. In: Schieder, Siegfried/Spindler, Manuela: Theorien der Internationalen Beziehungen, Verlag Barbara Budrich, 2. Auflage, Opladen/Farmington Hills 2006, S. 409.

35 Checkel, Jeffrey T. (1998): S. 326.

36 Ulbert, Cornelia: Konstruktivistische Analysen der internationalen Politik. Theoretische Ansätze und methodische Herangehensweisen. In: Ulbert, Cornelia/Weller, Christoph (Hrsg.): Konstruktivistische Analysen der internationalen Politik, Wiesbaden 2005, S. 11.

37 Fearon/Wendt (2002): S. 57.

38 Ulbert, Cornelia (2005): S. 17.

39 Ulbert, Cornelia (2005): S. 18.

40 Checkel, Jeffrey T. (1998): S. 327.

41 Ulbert, Cornelia (2006): S. 428.

42 March/Olsen (1998): S. 951.

43 Ulbert, Cornelia (2006): S. 421.

44 Vgl. Risse, Thomas et al. (2002): S. 26ff.

45 Ulbert, Cornelia (2005): S. 12f.

46 Hathaway, Oona (2004): S. 1951.

47 Hathaway, Oona A.: (2007): S. 592.

48 Hathaway, Oona A.(2004): S. 1938 und 1952.

49 Beim argumentativen Handeln werden empirische und normative Behauptungen mit dem Anspruch auf Gültigkeit bzw. Wahrhaftigkeit erhoben. Diese können sowohl Kognitionen über Präferenzen, als auch Wertesysteme der beteiligten Akteure verändern. Vgl. Zangl, Bernhard/Zürn, Michael: Argumentatives Handeln bei internationalen Verhandlungen; In: ZIB, 2. Jg., Heft 2 1996, S. 341-366.

50 Acharya, Amitav: How Ideas Spread: Whose Norms Matter? Norm Localization and Institutional Change in Asian Regionalism. In: International Organization, Vol. 58, Nr. 2, 2004, S. 242.

51 Ebd.

52 Acharya, Amitav (2004): S. 243.

53 Acharya, Amitav (2004): S. 240.

54 Ebd. S. 245.

55 Ebd. S. 243.

56 Amitav, Acharya (2004): S. 239.

57 Vgl. Amitav, Acharya (2004): S. 247.

58 Ebd.: S. 241.

59 Ebd.: S. 269.

60 Ebd. S. 263.

61 Ebd. S. 248.

Final del extracto de 96 páginas

Detalles

Título
Umkämpfte Rechte und die Reform der Moudawana. Die Wirkung internationaler Normen anhand der Frauenrechte in Marokko
Universidad
University of Freiburg  (Seminar für Wissenschaftliche Politik)
Calificación
1,0
Autor
Año
2010
Páginas
96
No. de catálogo
V505331
ISBN (Ebook)
9783346056672
ISBN (Libro)
9783346056689
Idioma
Alemán
Palabras clave
Frauenrechte, Normendiffusion, Marokko, Reform, Moudawana, Normlokalisierung, CEDAW, Konstruktivismus, Islam, Gleichberechtigung, Geschlechter
Citar trabajo
Lena Lechner-Assouik (Autor), 2010, Umkämpfte Rechte und die Reform der Moudawana. Die Wirkung internationaler Normen anhand der Frauenrechte in Marokko, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/505331

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