Olivier Messiaen. Leben und Werk


Texto Academico, 2009

24 Páginas, Calificación: 5.93

Sandra Scherrer (Autor)


Extracto


1 Vorwort

2 Olivier Messiaen
2.1 Einleitung
2.2 Biografie
2.2.1 Messiaen - Der Organist
2.2.2 Messiaen - Der Lehrer
2.3 Inspirationen
2.3.1 Glaube
2.3.2 Vogelgesang
2.3.3 Farben
2.3.4 Französische Musik
2.3.5 Fremde Kulturen
2.3.6. Sterne
2.4 Werkauswahl – persönliche Meinung

3 La Nativité du Seigneur (Die Geburt des Herrn)
3.1 Historischer Kontext
3.1.1 Satzgliederung
3.1.2 Theologische Ideen
3.1.3 Instrumentaler Aspekt
3.1.4 Musikalischer Aspekt
3.2 Modi mit begrenzter Transponierbarkeit
3.2.1 Der zweite Modus
3.3 Gregorianik

4 Quatuor pour la fin du temps (Quartett für das Ende der Zeit)
4.1 Historischer Kontext
4.1.1 Instrumentenkonstellation
4.1.2 Satzgliederung
4.2 Valeur ajoutée (Hinzugefügter Wert)
4.3 Rythmes non rétrogradables (Nicht umkehrbare Rhythmen)
4.4 Effet de vitrail (Kirchenfenstereffekt

5 Oiseaux exotiques (Exotische Vögel)
5.1 Historischer Kontext
5.2 Klangfarbe
5.3 Vögel
5.3.1 Vogelbeschreibungen mit Notenbeispielen
5.3.2 Von der ersten Notation zur Partitur
5.4 Rhythmik
5.4.1 Decî-Tâlas
5.4.1 Candrakalâ

6 Schlusswort

7 Quellenverzeichnis

1 Vorwort

Bei der Auswahl der möglichen Aufsatzthemen, welche in der Musikzeitung aufgeführt wurden, fiel mir Olivier Messiaen sofort auf. Ich wusste von meinem Theorieunterricht, dass er sich mit der Natur und vor allem mit dem Vogelgesang intensiv auseinandergesetzt hatte. Auch hatte ich Kenntnis über seine Modi mit begrenzter Transponierbarkeit und seine Kompositionen mit Einbezug exotischer Rhythmen.

Mein Theorielehrer gab einige CD’s von Oliver Messiaen mit nach Hause, welche ich mir anhörte. Ich muss zugeben, dass die fremden Harmonien und der zum Teil ungewohnte Rhythmus für mein Gehör unverständlich waren. Aber gerade deswegen hat mich die Musik fasziniert und weckte mein Interesse sehr.

In den Biografien habe ich gelesen, dass Olivier Messiaen sich mit der Gregorianik auseinandersetzte, was für mich ein weiterer sympathischer Anreiz war, seine Werke zu analysieren. Für mich ist die Gregorianik schon seit langem ein sehr faszinierendes Thema. Je mehr ich darüber weiss, desto interessanter wird das Gebiet dieser grossartigen Musik. Wenn ich die Gesänge der Mönche im Kloster Einsiedeln oder im Kloster Uznach höre, berührt mich dies zutiefst. Diese besinnlichen und meditativen Klänge haben eine ganz besondere Wirkung auf den Hörer.

Als ich meinen Studienkollegen und Bekannten erzählte, dass Olivier Messiaen ein mögliches Aufsatzthema sei, haben die meisten als erstes den Vogelgesang erwähnt. Dies muss also ein sehr markantes Merkmal Messiaens sein. Da ich selber ein grosser Freund der Natur und der Tierwelt bin, interessiert es mich natürlich, wie sich Messiaen mit diesem Aspekt auseinandersetzte. Ich erinnerte mich an meine Kindheit, in der ein Hobby-Ornithologe aus der Nachbarschaft und ich die Vögel stundenlang beobachtet haben. Und wie interessant es war, wenn er aus seinem enormen Wissen die interessantesten Geschichten und Zusammenhänge dazu schildern konnte. Oft erzählte er auch vom Gesang der Vögel und deren Bedeutung, was mich immer sehr in den Bann zog.

Auf die Idee, den Vogelgesang nachzuahmen, kamen unsere Urahnen bereits vor über 35'000 Jahren. In der Grotte Hohle Fels, welche im schwäbischen Achtal liegt, fanden Archäologen der Universität Tübingen zwölf Bruchstücke, die sich zu einer rund 22 Zentimeter langen Knochen-Flöte zusammenfügen liessen. Das Forscherteam von Prof. Conard bildete das Instrument originalgetreu nach. Auf dem Replikat lassen sich Tonfolgen erzeugen, wie wir sie vom Vogelgesang kennen.1 Natürlich ist nur die Idee „Vogelgesang nachahmen“ sehr alt. Wie aber Messiaen damit umging, ist absolut einzigartig. Er analysierte wissenschaftlich und arbeitete mit Ornithologen zusammen. Verbunden mit einer beeindruckenden Kreativität und Musikalität entstanden grossartige Kompositionen.

2 Olivier Messiaen

2.1 Einleitung

Olivier Messiaen ist einer der bedeutendsten und führendsten Komponisten des 20. Jahr-hunderts. Sein musikalisches Denken und seine künstlerische Kompositionsästhetik hatten einen starken Einfluss auf die Entwicklung der Musik. Als christlicher Mystiker besitzt er eine Sprache mit einer völlig neuen farbigen Klangphantasie. In seiner Musik versuchte er Theologie, Liebe, Natur, Farbe, ja sogar Kosmisches zu berühren. Messiaen hatte eine grosse Liebe zum Detail und galt als kreativer und emotionaler Komponist, welcher zu Beginn seines Schaffens oft sehr umstritten war. Erst ab den 60er Jahren wandelte sich das Bild und er wurde als grossen Meister erkannt und geehrt.

Bevor drei charakteristische Werke beschrieben und analysiert werden, wird ein kurzer Einblick in Messiaens Leben gegeben. Mit der nachfolgenden Biografie und den kurzen Erläuterungen seiner wichtigsten Inspirationsquellen soll dies ermöglicht werden.

2.2 Biografie

Olivier Messiaen wurde am 10. Dezember 1908 in Avignon geboren. Seine Eltern, die Dichterin Cécile Sauvage und der Englischprofessor Pierre Messiaen, machten ihn schon früh mit Kunst und Literatur vertraut. Ab seinem elften Lebensjahr erhielt er eine vielseitige musikalische Ausbildung am Conservatoire de Paris. Diese musikalische Ausbildungsstätte war eine der berühmtesten der damaligen Zeit. Dort wurde er unter anderem von Paul Dukas in Komposition/Instrumentation und Marcel Dupré in Orgel/Improvisation unterrichtet. Sein Talent im Orgelspiel und seine einzigartigen Improvisationen beeindruckten schon früh seine Lehrer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kompositionsklasse von Paul Dukas am Pariser Conservatoire, 1929/30, Messiaen sitzt rechts aussen (nach Perier, 1979, Messiaen, Seite 20, Solfèges Verlag)

1936 gründete er mit André Jolivet, Yves Baudrier und Jean-Yves Daniel-Lesur La Jeune France. Diese Gruppe distanzierte sich vom Neoklassizismus und verlangte nach mehr Gefühl und Spiritualität. Nach seiner Entlassung aus der deutschen Kriegsgefangenschaft 1940/41 bekam Messiaen eine Stelle als Lehrer am Conservatoire de Paris. Er bildete in dieser Zeit ganze Generationen von wichtigen Komponisten des 20. Jahrhunderts aus. 1944 erschien Messiaens Lehrbuch Technique de mon langue musical, worin er seine wichtigsten harmonischen und rhythmischen Neuerungen darlegte. Ausser zahlreichen Orgelwerken schrieb er Kompositionen für Orchester, Chor, Klavier und eine Oper über Franz von Assisi. 1992 starb Messiaen in Paris.

2.2.1 Messiaen - Der Organist

Messiaen war sowohl ein beachtlicher Komponist als auch ein bemerkenswerter Organist. 1931 begann er seine Laufbahn als Organist mit einer Stelle an der Kirche Sainte Trinité in Paris, die er 55 Jahre lang inne hatte und die für ihn stets von besonderer Bedeutung war. Er war nicht nur Organist, sondern hatte auch das Amt eines Komponisten und Dirigenten zu erfüllen. So besteht denn auch der Hauptteil seines Werkes aus Orgelliteratur, welche also sehr praxisorientiert ist. Heute gehören sie zum Repertoire eines jeden Organisten. Am Conservatoire de Paris erhielt Messiaen auch Lehraufträge für Orgel und Klavier.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Messiaen an der Orgel in der Sainte Trinité in Paris, 23.11.1967 (nach Hill & Simeone, 2007, Messiaen, Seite 291, Schott Verlag)

2.2.2 Messiaen - Der Lehrer

Neben Arnold Schönberg ist Olivier Messiean einer der beeindruckendsten Lehrer des 20. Jahr- hunderts. Am Conservatoire de Paris unterrichtete er nicht nur Komposition, sondern auch Harmonielehre und Analyse. Er versuchte in seinen Unterrichtsstunden nie zu einer Technik zu überzeugen, sondern zeigte, wie er die Musik der anderen verstand und wie er selbst arbeitete. Er verhalf jedem Schüler durch Analysieren der Werke aus verschiedenen Epochen zum Finden des eigenen Weges. Gerade deshalb war er ein einfühlsamer und genialer Lehrer. Aber auch seine Neugierde und Offenheit, die er gegenüber seinen Schülern zeigte, waren vorbildlich und inspirierend. Der bekannten Classe messiaen gehörten unter anderem Schüler wie Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis an. Auch Yvonne Loriod, seine spätere zweite Frau, war in seiner Kompositionsklasse. Sie ist eine der wichtigsten Interpretinnen seiner Musik und Verwalterin seines Nachlasses.

2.3 Inspirationen

2.3.1 Glaube

Obwohl Messiaen in einer Familie aufwuchs, die dem Glauben fernstand, war er ein überzeugter Katholik. Sein stark liturgisches Denken strahlt auf sein gesamtes Schaffen aus. Die erste wichtigste Idee, die er ausdrücken möchte, ist die Existenz der Wahrheiten des katholischen Glaubens. Dies ist der Hauptaspekt seiner Werke. Als Katholik interessierte sich Messiaen für die Gregorianik und lässt sich von dieser beeinflussen und inspirieren. Er fand, dass dem gregorianischen Choral viel zu wenig Beachtung geschenkt und zudem oft falsch interpretiert wird.

2.3.2 Vogelgesang

Messiaen war ein leidenschaftlicher Ornithologe. Die enorme Vielfalt der Vogelstimmen in melodischer, rhythmischer und klangfarblicher Hinsicht inspirierte ihn sehr. Er reiste um die ganze Welt, um Vogelrufe aufzuschreiben und er war in der Lage, über 700 Vogelrufe zu unterscheiden. Seine Vogelgesang-Transkriptionen und deren Einbau in seine Werke waren einzigartig. Er versuchte, die Gesänge möglichst genau zu notieren und entwickelte dazu eine eigene Notenschrift. Natürlich musste er die Transkriptionen den menschlichen Fähigkeiten anpassen. In seinen Studien stellte er fest, dass es auch bei den Vögeln dialektal gefärbte Gesänge gibt. In seinem Nachlass sind rund 200 Skizzenbücher von Vogelstimmen erhalten geblieben. Aus religiöser Sicht war für Messiaen die ganze Natur mit ihren Vögeln das grösste Vorbild in der Schöpfung Gottes.

Die Vögel, eigentlich Vermittler zwischen Himmel und Erde, waren für den französischen Komponisten eine symbolische Darstellung für Engel. Ein weiterer Grund für dieses Symbol könnte auch der geradezu schwerelose Klang des Vogelgesangs gewesen sein. Auf jeden Fall ging sein Schaffen mit solchen Klängen weit über die realen Vogelstimmen hinaus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Olivier Messiaen, den Gesang einer Mönchsgrasmücke notierend, in Sologne, Frühjahr 1991 (nach Schlee & Kämper, 1998, Olivier Messiaen, Seite 154, Wienand Verlag)

2.3.3 Farben

Eine erstaunliche Fähigkeit Messiaens besteht darin, dass er beim Hören eines Tonkomplexes gleichzeitig im Innern Farben sieht. Er spricht immer wieder von der Farbe der Zeit und von der Farbe der Inspiration, welche grossen symbolischen Charakter haben. Farbige Visionen und Halluzinationen hatte er erstmals im deutschen Gefangenenlager des zweiten Weltkrieges. Während er in eisiger Kälte an Hunger litt, entdeckte er die Begeisterung für Farben in Zusammenhang mit Musik. Als Organist an der Notre-Dame in Paris mit ihren farbenfrohen Kirchenfenstern, interessierte er sich für die symbolische Bedeutung der Farben aus der Epoche der ars antiqua. Seine Fähigkeit hatte er ausführlich untersucht und systematisch in seinen Werken eingesetzt. Somit hat Messiaens Musikschaffen auch eine Art musiktherapeutische Wirkung.

Des Weiteren schätzte er auch die spezielle Klangfarbe der Ondes Martenot, welche er in mehreren Werken einsetzte. Dieses elektronische, homophone Tasteninstrument wurde 1928 von Maurice Martenot in Paris erfunden. Die Klangfarbe ist bei einem äußerst großen Ambitus stark veränderbar und ist nahe einer menschlichen Stimme.

2.3.4 Französische Musik

In dieser Hinsicht war auch Messiaen ein Nationalist. Debussys Oper Peléas et Mélisande war von grösster Bedeutung für seine Entwicklung in seinen jungen Jahren. In Debussys Werk ist die Harmonik funktionslos geworden, jedoch noch mit traditionellen Mitteln aufgebaut. So war auch Messiaen fasziniert von exotischer Harmonik und der Harmonik als Klangfarbe. Die französischen Impressionisten waren für Messiaen wohl die relevantesten Vorbilder aller Komponisten.

2.3.5 Fremde Kulturen

Vor allem Musik aus Asien (Indien, Bali) und Neuseeland hatte Messiaen fasziniert. Als grossen Forscher im Bereich des Rhythmus orientierte er sich an deren Musikkultur und unternahm zahlreiche Reisen nach Asien. Diese Kulturen haben schon die Impressionisten beeinflusst. Aber auch die griechische Metrik, die indischen Decî-Tâlas (siehe Punkt 5.4.1) und die Hindu-Rhythmen begeisterten Messiaen und er flechtete diese in seine Werke ein.

2.3.6. Sterne

Messiaen versuchte die Unendlichkeit des Sternenhimmels musikalisch einzufangen. Die Sterne sind in seinem Schaffen ein vielfältig abgewandeltes Leitmotiv. Er betrieb über Jahrzehnte hindurch ein Studium astronomischer Schriften, was also durchaus auf wissenschaftlicher Erkenntniserweiterung basiert. Der Gesang der Sterne bezeichnet in der Musik des Komponisten das Verhältnis von Mensch und Firmament und weist somit über die eigene Begrenzung hinaus.2

2.4 Werkauswahl – persönliche Meinung

Die drei folgenden Werke sind für Messiaen besonders kennzeichnend. Sie waren auch für seine Persönlichkeit und sein kompositorisches Schaffen besonders charakteristisch.

- La Nativité du Seigneur (Die Geburt des Herrn)
- Quatuor pour la fin du temps (Quartett für das Ende der Zeiten)
- Oiseaux exotiques (Exotische Vögel)

Aus diesen Werken sind jeweils aus verschiedenen Sätzen geeignete Stellen ersichtlich, welche durch interessante Analysen erläutert werden. Dabei sind viele unterschiedliche Inspirationsquellen und Techniken von Messiaen beschrieben, damit seine Vielfältigkeit, seine Genialität, aber auch Messiaen als Mensch erkennbar wird.

[...]


1 vgl. Zeitschrift Schweizer Familie, Ausgabe 09/28, Seite 23

2 vgl. Schlee, Thomas Daniel / Kämper, Dietrich (Hrsg.) (1998): Olivier Messiaen, Seite 66, Wienand Verlag

Final del extracto de 24 páginas

Detalles

Título
Olivier Messiaen. Leben und Werk
Calificación
5.93
Autor
Año
2009
Páginas
24
No. de catálogo
V516697
ISBN (Ebook)
9783346118349
ISBN (Libro)
9783346118356
Idioma
Alemán
Notas
Note gemäss schweizer Bewertungssystem, mit Auszeichnung
Palabras clave
Olivier Messiaen, La Nativité du Seigneur, Quatuor pour la fin du temps, Oiseaux exotiques
Citar trabajo
Sandra Scherrer (Autor), 2009, Olivier Messiaen. Leben und Werk, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/516697

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