Das jüdische Pessachfest im Religionsunterricht der Grundschule

Eine kurze fachwissenschaftliche Analyse


Hausarbeit, 2019

12 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

FACHWISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND
NAMENSBEDEUTUNG
URSPRUNG UND GESCHICHTE
DIE BEDEUTUNG DES FESTES FÜR DAS GELEBTE JUDENTUM

SCHULBUCHANALYSE
RAHMENBEDINGUNGEN
FACHLICHE INFORMATIONEN ZUM PASSAHFEST

FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

EINLEITUNG

Die verschiedenen Weltreligionen weisen sowohl Vielschichtigkeit und Unterschiede als gleichwohl Gemeinsamkeiten auf. Stark ausgeprägt ist das Feiern religiöser Feste, wobei jede Religion jeweils die Feste zelebriert, die in den von ihnen anerkannten, heiligen Schriften fixiert worden sind. In Bezugnahme auf die Bibel, feiert das Christentum drei große Feste besonders: Ostern, Weihnachten und Pfingsten.1 Die jüdische Tora statuiert doppelt so viele Feiertage. Definitionsgemäß werden, wie der evangelische Kirchenhistoriker Peter Maser2 ausführt, in der Tora sechs Feiertage festgehalten. Hierzu zählen der Sabbat, das Neujahrsfest Rosch ha- Schana, der Jom Kippur, das Passahfest3, das Schawuotfest und das Laubhüttenfest Sukkot. Die drei letztgenannten Feste sind Wallfahrtsfeste, bei denen einst der Tempel in Jerusalem besucht und ein Opfer dargebracht werden musste. Derweil erinnern die übrigen Feste an Ereignisse, die als konstitutiv für die Geschichte des Judentums angesehen werden können und in denen das Judentum Erweise der Bundestreue Gottes erblickt.4

Ausgangspunkt dieser Hausarbeit ist das erste der drei Wallfahrtsfeste. Es ist eines der populärsten, wichtigsten und ältesten Feste des jüdischen Volkes und fehlt in keinem biblischem Festkalender.5 Gemäß gerade genanntem handelt es sich um das Passahfest, das in dieser kurzen Hausarbeit zuerst einer längeren fachwissenschaftlichen Analyse (mit Blick auf die Forschung rund um die Deutung und den Ursprung des Festes) unterzogen wird. Darauffolgend werden mögliche Elementarisierungen des Festes auf Grundschulniveau verglichen. Dieser Vergleich erfolgt anhand des Lehrwerkes „die Reli-Reise“6, wobei hier die Auflage für den 3./4.- Jahrgang relevant ist und anhand des Schulbuches „fragen – suchen – entdecken. Religion in der Grundschule“7 für den 3. Schuljahrgang.

Hausarbeit habe ich standardmäßig die ausgeführte Schreibweise festgelegt.

FACHWISSENSCHAFTLICHER

HINTERGRUND

Derweil gibt es verschiedene Theorien und Deutungen über den Ursprung und die Geschichte des Passahs.

Namensbedeutung

Ursprünglich stammte die Namensdeutung des Passahfestes von der hebräischen Wurzel חספ pæsach 8 ab. Aus diesem Grund wird das Passahfest auch als Pesachfest bezeichnet.9 Bereits die Bedeutung des Wortes pæsach ist umstritten. Innerhalb des Alten Testaments kann die hebräische Wurzel p -s-ch in der Bedeutung „hinken“ oder auch „springen“ verwendet werden10. In 1Kön 18,26 wird von dem Hinken der Baalspriester um ihren Altar berichtet. Daraus könnte sich die Annahme ableiten lassen, dass das „Springen“ oder „Tanzen“ in einem vorisraelitischen religiösen Fest beheimatet war.11 Allerdings wäre es auch möglich die Wurzel p-s-ch mit „abprallen, zurück-, oder gegenstoßen“ zu übersetzen. Bezogen auf Ex12 könnte es so verstanden werden, dass die unheilbringende Macht von dem Blut auf den Türpfosten zurückgestoßen wird.12 Infolgedessen kann der Wortteil p-s-ch, wenn das Wort pæ sach in Zusammenhang mit der letzten Plage Ägyptens gesehen wird, auch mit dem deutschen Wort „vorübergehen“ übersetzt werden.13

Ursprung und Geschichte

Anfänglich soll das Passahfest ein Naturfest14 und ein Ritus von Hirten gewesen sein, bei dem ein junges Tier anlässlich des Aufbruchs zur Frühlingsweide geopfert wurde, damit die Fruchtbarkeit und Sicherheit der Herde gesichert werden konnte. Dies war ein Opfer von Nomanden oder Halbnomanden. Ferner wurde das Opfertier mit bitteren Kräutern verzehrt.

Allerdings wird in der Bibel in Ex1215 das Passahfest in Verbindung zur Plagenerzählung dargestellt, denn das Fest wird hier als Erinnerung an die Nacht der zehnten Plage gefeiert, die den Auszug aus Ägyptern ermöglicht hat.16 Da die Bestimmungen in Ex12 der Priesterschrift angehören, war das Passahfest infolgedessen ursprünglich kein Ritus einer Nomandensippe (wie auch durch die Erwähnung von Häusern nahegelegt wird17 ), sondern eher, ein Ritus von Kulturlandbewohnern zur Abwehr gefährlicher Dämonen. Hierauf weist auch Ex12,23 mit dem Wort mašchît, das Verderber bedeutet, hin. Laut Forschern18 ist Ex12, 21-23 der älteste Beleg des Passahfestes. Nennenswert hierbei ist, dass in diesem Text weder die Rede von einem Opfer noch die Rede von einem Mahl ist. Allein das Bestreichen der Eingänge mit Blut ist relevant. 19 Daraus resultierend, dass der mašchît in dieser Nacht durch die Lager der Israeliten und Ägyptern gezogen20 ist, um jene Erstgeburt zu töten, ist das Passahfest am Abend des 14. des ersten Monats im Familienkreis zu feiern. Lediglich die Häuser, deren Türpfosten mit Lammblut bestrichen waren, blieben vom mašchît verschont.

Die Bedeutung des Festes für das gelebte Judentum

Der Beginn des Passahfestes ist datierbar auf den Sederabend am 14. Nisan21, das heißt, dass das Fest bei Sonnenuntergang des Tages mit einem häuslichen Ritus beginnt22. Das Fest dauert acht Tage bis zum Abend des 21. (beziehungsweise in der Diaspora bis zum 22.) Nisan.23 Bei der feierlichen Mahlzeit erinnert man sich an den Auszug aus Ägypten und liest die Passah- Haggadah 24.25 Häufig hat jedes Familienmitglied ein Exemplar der Erzählung vor sich liegen, um dem Text mit den wichtigen Ereignissen folgen zu können26. Dieses Ritual vollzieht sich in Form eines regelrechten Dialogs zwischen den Generationen. Der Jüngste beginnt mit einer Frage an den Ältesten: „Warum ist der Abend anders als die anderen?“ und so wird nach und nach die ganze Geschichte nacherzählt.27

Die vier Fragen, die der Jüngste der Tischgesellschaft stellt, sind die Einleitung und Aufforderung die Geschichte des Auszugs aus Ägypten zu schildern.28 Nachdem das Familienoberhaupt der Familie den seder 29, das festliche Abendessen im Familienkreis, mit dem Segensspruch über dem Kelch eröffnet hat, steht die Sederplatte mit ihren zahlreichen Speisen und Symbolen im Mittelpunkt. Während des Dialogs wird nach und nach erläutert welche Symbolik die Speisen aufweisen. Die jüdische-italienische Schriftstellerin, Journalistin, Herausgeberin und Übersetzerin aus dem Hebräischen Elena Loewenthal30 fasst zusammen welche Bedeutung die jeweiligen Speisen haben: An die Zeit des herben Lebens bzw., wie die evangelischen Religionswissenschaftler Kirste, Schultze und Tworuschka31 ergänzen, an die Zeit des Leidens und der Entbehrungen unter ägyptischer Herrschaft, erinnern die bitteren Kräuter, das Lamm und die Mazzen, die ungesäuerten Brote. Das gekochte Ei dient zum einen dazu die Trauer über die Zerstörung des Jerusalemer Tempels auszudrücken als zum anderen auch als Darstellung des zyklischen Lebensablaufs. Darüber hinaus symbolisiert das Fruchtmus (charosset), das aus einer Mischung von Äpfeln, Trockenfrüchten und Datteln besteht, an den Mörtel aus dem die israelitischen Sklaven in Ägypten die Ziegel für den Bau der Pyramiden brannten. Petersilie und Sellerie stehen für die Hoffnung, die sie dennoch nicht verließ. Ein gebratener Knochen stellt das Passahopfer im Tempel dar und Salzwasser deutet die Tränen des Volkes in der Sklaverei an. Die Mazzen sind, neben dem Lamm, das als Symbol des vorübergehenden wahrlich! wir, unsere Kinder und Kindes-Kinder wären noch Sklaven des Pharao. Darum müssen wir, auch wenn wir weise, verständig, erfahren und gelehrt waren, vom Auszuge aus Ägypten erzählen und wer am meisten davon erzählt, ist lobenswert.“ – aus der Haggadah. Siehe dazu auch: Chajm Guski, Die Haggadah, in: Talmud.de, 07.04.19. URL: https://www.talmud.de/tlmd/die-online-haggadah/ [Zugriff: 06.06.19].

Gottes dient, das wichtigste Element des Festes. Die ungesäuerten Brote dürfen nur aus Mehl und Wasser gebacken werden. Auf keinen Fall darf Hefe angerührt werden. Dies geht auf Ex12 zurück.32 Darüber hinaus verlangt das jüdische Gesetz, dass jedes gesäuerte oder gegorene Lebensmittel/Getränk aus dem Haus entfernt werden muss. Dadurch werde die Seele gewissermaßen von jeder Überheblichkeit befreit und es wird sich bewusst auf das Fest eingestimmt. Während der seder -Zeremonie wird meist mit maßvoller Freude gesungen, denn erstens hat das historische Ereignis für andere Menschen zur Tragödie geführt und zweitens war das Passahfest jahrhunderte- und jahrtausendelang ein Fest, das hinter Ghettomauern gefeiert werden musste, was wie Loewenthal33 festhält, eines der vielen Paradoxe der jüdischen Geschichte sei. Dieser seder -Ritus findet in Israel nur am ersten Abend der acht Passah-Tage statt, während der Ritus in der Diaspora an zwei Abenden stattfindet.34 Letzter Tag des Passahfestes ist der 1. Omer, der erste in einer Reihe von 49/50 Trauertagen.35

[...]


1 Vgl. Reinhard Kirste, Herbert Schultze u.a., Die Feste der Religionen. Ein interreligiöser Kalender mit einer synoptischen Übersicht, Gütersloh 1995, S. 34.

2 Vgl. Peter Maser, Jüdischer Alltag. Jüdische Feste, Dortmund 19893, S. 77.

3 Aktuell sind in der Literatur verschiedene Schreibweisen des Wortes „Passahfest“ vorzufinden. In dieser

4 Vgl. Maser, Jüdischer Alltag, S. 77.

5 Vgl. Susanne Galley, Das jüdische Jahr, Feste, Gedenk- und Feiertage, München 2003, S. 129.

6 Vgl. Christian Gauer/Sabine Grünschläger-Brenneke u.a., Die Reli-Reise 3/4, Stuttgart 2013, S. 58 – 117.

7 Vgl. Dr. Barbara Ort/ Ludwig Rendle, fragen – suchen – entdecken. Religion in der Grundschule 3, Donauwörth 2004, S. 25 – 40.

8 Vgl. Karl William Weyde, Art. Passa (AT), in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), 2008 [Zugriff: 04.05.2019], unter: 2. Name und Ursprung.

9 Vgl. Martin Rösel, Art.: Pesach, in: TRE, (2004), S. 231-240.

10 Vgl. dazu 2. Sam 4,4 und 1. Kön 18,21.26.

11 Vgl. Weyde, Passa, 2. Name und Ursprung.

12 Vgl. Rösel, Pesach, TRE.

13 Vgl. Weyde, Passah, 2. Name und Ursprung.

14 Vgl. Kirste, Feste der Religionen, S. 23.

15 „Begeht das Fest der ungesäuerten Brote! Denn gerade an diesem Tag habe ich eure Scharen aus Ägypten herausgeführt. Begeht diesen Tag in allen kommenden Generationen; das sei für euch eine feste Regel.“ – Ex12,17.

16 Vgl. Rösel, Pesach, TRE.

17 „[…] Bis zum Morgen darf niemand von euch das Haus verlassen.“ - Ex12,22.

18 Vgl. Rösel, Pesach, TRE.

19 „Dann nehmt einen Ysopzweig, taucht ihn in die Schüssel mit Blut und streicht etwas von dem Blut in der Schüssel auf den Türsturz und auf die beiden Türpfosten! Bis zum Morgen darf niemand von euch das Haus verlassen. Der Herr geht umher, um die Ägypter mit Unheil zu schlagen. Wenn er das Blut am Türsturz und an den beiden Türpfosten sieht, wird er an der Tür vorübergehen und dem Vernichter nicht erlaube n, in eure Häuser einzudringen und euch zu schlagen.“ Ex12,22-23.

20 Vgl. Ex12, 6 ff.

21 Vgl. dazu auch Ex12,6.

22 Vgl. Kirste, Feste der Religionen, S. 23.

23 Monika und Udo Tworuschka, Die Welt der Religionen. Judentum, München 2008, S. 39 ff.

24 Haggadah bedeutet übersetzt Erzählung (Vgl. Kirste, Feste der Religionen, S.23).

25 „Einst waren wie Sklaven des Pharao in Ägypten, da führte uns HaSchem, unser Gott, von dort heraus mit starker Hand und ausgestrecktem Arme. Hätte der Heilige, gelobt sei Er, unsere Ahnen aus Ägypten nicht herausgeführt,

26 Vgl. Peter Delius (Hg.), Weltreligionen. Hinduismus, Buddhismus, Religionen Chinas und Japan, Judentum, Christentum, Islam, Köln 1997, S.63.

27 Vgl. Elena Loewenthal, Judentum, übers. v. Linde Birk, Paris 1997, S. 114 f.

28 Vgl. ebd.

29 Hebräisch und bedeutet im eigentlichen Sinne „Ordnung“ und folglich „Ritual“ (29 Vgl. Elena Loewenthal, Judentum, übers. v. Linde Birk, Paris 1997, S. 115).

30 Vgl. Loewenthal, Judentum, S. 115.

31 Vgl. Kirste, Feste der Religionen, S. 23 f.

32 Vgl. Kirste, Feste der Religionen, S. 23 f.

33 Vgl. Loewenthal, Judentum, S. 115.

34 Vgl. ebd.

35 Vgl. Tworuschka, Welt der Religionen, S. 39 ff.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das jüdische Pessachfest im Religionsunterricht der Grundschule
Untertitel
Eine kurze fachwissenschaftliche Analyse
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
the359
Note
2,0
Jahr
2019
Seiten
12
Katalognummer
V540143
ISBN (eBook)
9783346184559
ISBN (Buch)
9783346184566
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Elementarisierung, Passafest
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Anonym, 2019, Das jüdische Pessachfest im Religionsunterricht der Grundschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/540143

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