Bibelkunde und Einleitungsfragen der Evangelien. Einführung in die neutestamentarischen Schriften


Vorlesungsmitschrift, 2015

37 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

(1) Literaturverzeichnis

(2) Vorwort

(3) Einführung in die neutestamentlichen Schriften, ihre (Entstehungs-) Zeit und den Kanon
3.1 Der Kanon
3.2 Die neutestamentliche Wissenschaft
3.2 Die neutestamentlichen Schriften und ihre Zeit
3.3 Grobgliederung / Kanon des Neuen Testaments

(4) Die Evangelien
4.1 Der zeit- und religionsgeschichtliche Rahmen des Lebens Jesu
4.2 Einführung in die synoptischen Evangelien
4.2.1 Zum Begriff „Synopse“
4.2.2 Aufbau der synoptischen Evangelien
4.3 Die Logienquelle Q und die Zwei-Quellen-Theorie
4.3.1 Stoffe der Logienquelle und deren Anordnung
4.3.2 Ort, Zeit, Adressaten und Verfasserschaft
4.3.3 Merkwürdiges/Besonderheiten zur/der Logienquelle
4.3.4 Vergleich zwischen den Synoptikern und Q
4.4 Synoptiker und Johannes
4.5 Die Gattung Evangelium

(5) Das Markusevangelium
5.1 Entstehungszeit, Abfassungsort, Verfasser und Adressaten
5.2 Gliederung des Markusevangeliums
5.3 Inhalt und Aufbau
5.3.1 Mk 1,1-13
5.3.2 Teil 1: Mk 1,14-3,35
5.3.3 Teil 2: Mk 4,1-6,56
5.3.4 Teil 3: Mk 7,1-16,20

(6) Das Matthäusevangelium
6.1 Entstehungszeit, -ort, Verfasser und Adressaten
6.2 Aufbau
6.3 Anfang und Ende der Evangelien
6.4 Die Bergrede
6.5 Mt Jesusbild und historischer Jesus

(7) Das Lukasevangelium
7.1 Entstehungszeit, -ort, Verfasser und Adressaten
7.2 Aufbau
7.3 Lk Jesusbild und historischer Jesus

(8) Ablaufplan der Evangelien

(9) Fazit

(1) Literaturverzeichnis

Bormann, Lukas, Bibelkunde, Göttingen 52014.

Conzelmann, Hans/Lindemann, Andreas, Arbeitsbuch zum neuen Testament, 14Göttingen.

Kertelge, Karl, Die Wunder Jesu im Markusevangelium, München, 1970.

Müller, Peter/ Büttner, Gerhard/ Heiligenthal, Roman/Thierfelder, Jörg, Die Gleichnisse Jesu. Ein Studien- und Arbeitsbuch für den Unterricht, Stuttgart, 2002.

Theißen, Gerd/Merz, Annette, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen ³2001

Schenk, Wolfgang, Synopse zur Redenquelle der Evangelien. Q-Synopse und Rekonstruktion in deutscher Übersetzung mit kurzen Erläuterungen, 1. Aufl., Düsseldorf, 1981

Pesch, Rudolf, Das Markus-Evangelium, (WdF 411), Darmstadt, 1979.

Thompson, Studienbibel, Neuhausen-Stuttgart, 1986.

Weiß, Wolfgang, Folien zu der Vorlesung: Bibelkunde und Einleitungsfragen in die Evangelien, Oldenburg, 2014/15.

Wetz, Christian, Folien zu dem Seminar: Jesus von Nazareth – Jesus Christus (Gruppe 1), Oldenburg, 2014/15.

Onlinequellen:

Deutsche Bibel Gesellschaft, http://www.die-bibel.de/bibelwissen/entstehung-der-bibel/altes-und-neues-testament/, [Zugriff: Januar 2015].

Bibelüberblick NT - Teil 2, http://www.evangeliumszentrum.at/bs/bibelueberblick/bueb_n02.php [Zugriff: Januar 2015].

Thomas Hieke, Logienquelle – Spruchquelle, veröffentlicht Dezember 2010, http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/logienquelle-spruchquelle/ch/8edb3e28be8a246f49525c3c70277d73/#h9 [Zugriff: Januar 2015].

http://digitale-schule-bayern.de/dsdaten/553/17 [Zugriff: Januar 2015].

http://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/neues-testament/pdf [Zugriff: Januar 2015].

(2) Vorwort

Dieses Lern-Tagebuch basiert auf meinen Notizen und Mitschriften zur Vorlesung „Bibelkunde und Einleitungsfragen in die Evangelien“.

(3) Einführung in die neutestamentlichen Schriften, ihre (Entstehungs-) Zeit und den Kanon

3.1 Der Kanon

Die Schriften wurden vorerst einzeln überliefert und aufgeschrieben. „Den Prozess der Auswahl der Schriften, die zu den heiligen Schriften gezählt werden, nennt man Kanonisierung, das Ergebnis dieses Prozesses: den Kanon“1. Kanon bedeutet wörtlich Messstab bzw. Richtschnur. Es ist somit die festgelegte Ordnung der zu einer Sammlung gehörenden Bücher.

Während es vom alttestamentlichen Kanon verschiedene Varianten (der Kanon der Lutherbibel, der Kanon der jüdischen Bibel, der Kanon der katholischen Kirche) gibt, unterscheiden sich die katholische und die lutherische Bibel im neutestamentlichen Kanon nicht. „Nur die Reihenfolge der Schriften stimmt nicht völlig überein. In der Lutherbibel steht der Hebräerbrief nach den drei Johannesbriefen, während viele andere Übersetzungen (Einheitsübersetzung, Züricher), den Hebräerbrief bereits auf den Philemonbrief folgen lassen, um damit seine Nähe zu den Paulusbriefen auszudrücken.“2

27 Schriften, die (auch ursprünglich) in griechischer Sprache verfasst wurden, umfasst der neutestamentliche Kanon. Die Schriften entstanden im Jahr 50-125 nach Christus, wobei es sich bei den frühesten Schriften des neuen Testaments um den Brief des Paulus an die Gemeinde in Thessalonich handelt.

Der Kanon stand im 2. Jahrhundert nach Christus im Wesentlichen fest, dennoch führten die Auseinandersetzungen der Folgezeit dazu, dass die endgültige Festlegung des Kanons erst im 4. Jahrhundert erfolgte3.

Anzumerken wäre noch, dass die Autoren ursprünglich für Menschen ihrer Zeit geschrieben haben, also nicht für die (fernere) Zukunft, Kirche und keinesfalls „für uns“.

3.2 Die neutestamentliche Wissenschaft

In der Zeit um 50-150 nach Christus wurden innerhalb der Urgemeinde viele verschiedene christliche Schriften zwischen den Gemeinden hin und her geschickt. Es kam somit in dieser Zeit zur inneren Entwicklung des frühen Christentums. Nach dem Eintreffen eines Briefes wurde dieser öffentlich vor der Gemeinde vorgelesen. Hierbei konnte es sich um Jesusüberlieferungen oder um Glaubens- und Bekenntnisformeln handeln. Wenn ein Brief (z.B. der Galaterbrief) für die ganze Gegend bestimmt war wurden die Briefe weitergeschickt. Mit der Zeit wurden die Briefe abgeschrieben, um sie so öfter lesen zu können und an ihnen zu lernen.

Etwa um 100 nach Christus wurde der erste Band christlicher Literatur von den verschiedenen Gemeinden allgemein anerkannt. Dieser Band bestand aus 10 Briefen des Apostel Paulus. Kurz danach wurden die vier Evangelien in ähnlicher Weise zusammengebracht. Vor diesem Zeitpunkt hatten die Evangelien hauptsächlich nur für den Kreis Bedeutung, für den sie bestimmt waren:

Matthäus - für die Gemeinde in Antiochien in Syrien

Markus - für die Gemeinde in Rom

Lukas - für die von Paulus gegründeten heidnischen Gemeinden

Johannes - für die Gemeinden in Ephesus und Asien4

Diese zwei Bände dienten der Gemeinde als Grundlage der Offenbarung über Jesus Christus und gewannen langsam die gleiche Autorität wie die heiligen Schriften des AT. Dieser Grundlage folgte bald danach die Apostelgeschichte (der zweite Teil des Gesamtwerkes Lukas-Evangelium/Apostelgeschichte), 1. Petrus- und 1. Johannesbrief und das Buch der Offenbarung.

3.2 Die neutestamentlichen Schriften und ihre Zeit

Die zeitliche Einordnung der neutestamentlichen Schriften erfolgt anhand einer Generationenzuordnung:

Der letzte Stichpunkt einer jeden Generation sagt etwas über die Schriften aus, die der jeweiligen Generation zugeordnet werden können.

3.3 Grobgliederung / Kanon des Neuen Testaments

Man kann die 27 Schriften des Neuen Testaments einer dreiteiligen Gliederung unterziehen, die mit den Evangelien und der Apostelgeschichte beginnt. Darauf folgen 21 Briefe und die Apokalypse.

Die Grobgliederung könnte noch verfeinert werden, indem man die 4 Evangelien, die Darstellungen der irdischen Wirksamkeit Jesu Christi bieten, in die Synoptiker (Markus, Matthäus und Lukas) und Johannes einteilt. Die Apostelgeschichte, die von den ersten Jahrzehnten der Ausbreitung des Christentums in der griechisch-römischen Welt berichtet, wird Lukas ebenfalls zugeschrieben.

Bei den Briefen stehen die 14 dem Apostel Paulus zugeschriebenen Briefe voran, die der Länge nach geordnet sind. Eine Ausnahme bildet der lange Zeit umstrittene Hebräerbrief, der trotz seiner Länge am Ende des Corpus Paulinum steht. Die übrigen 7 Briefe werden unter der Sammelbezeichnung Katholische Briefe überliefert. Martin Luther weicht in seiner Übersetzung des Neuen Testaments von der üblichen Reihenfolge bei den Briefen ab und stellt Hebräer- und Jakobusbrief vor den Judasbrief. Diese drei Briefe und die Offenbarung des Johannes waren für ihn aus theologischen Gründen von niederem Rang.

Zu guter Letzt folgt noch die Offenbarung des Johannes.5

(4) Die Evangelien

4.1 Der zeit- und religionsgeschichtliche Rahmen des Lebens Jesu

4.2 Einführung in die synoptischen Evangelien

4.2.1 Zum Begriff „Synopse“

„Die Begriffe ‚Synoptiker‘, ‚Synopse‘ und ‚synoptisch‘ sind von gr.6 Synorao, zusammenschauen abgeleitet. Die Evangelien Mt, Mk und Lk stimmen in Inhalt, Aufbau und Wortlaut so weitgehend überein, dass sie in Spaltendruck parallel (synoptisch) gedruckt werden können (Evangeliensynopsen). Man kann an sehr vielen Textabschnitten (Perikopen) dann direkt vergleichen, wie ein neutestamentlicher Text in den jeweiligen Evangelien aufgenommen und abgewandelt wurde. Mit ‚synoptischer Tradition‘ bezeichnet man die Stoffe der Jesusüberlieferung die sich in Mt, Mk und Lk finden.“7

4.2.2 Aufbau der synoptischen Evangelien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3 Die Logienquelle Q und die Zwei-Quellen-Theorie

Mk war die erste und wichtigste Quelle für Mt und Lk,8 die beide unabhängig voneinander benutzten. Die gemeinsamen und übereinstimmenden Stücke bei Mt und Lk die sich nicht bei Mk finden, wurden einer zweiten Quelle zugesprochen. Da diese vor allem Einzelsprüche enthält, die schon zu redenartigen Spruchgruppen zusammengestellt waren, als Mt und Lk sie benutzten, spricht man von ihr als „Spruchquelle“ (= Logienquelle) oder als „Redenquelle“. Seit 1899 wird das Abkürzungssymbol „Q“ international verwendet.

Die Logienquelle (Q) ist somit die Rekonstruktion einer schriftlichen oder mündlich überlieferten Quelle, die nicht vorliegt, sondern rein konstruiert wurde. Ihr Umfang wird dadurch definiert, dass er in den Evangelien Mt und Lk gemeinsam vorkommt.

Mt und Lk hatten somit Mk und Q zur Vorlage, aber sie bedienten sich darüber hinaus auch noch eigener Quellen. Das heißt in Q können auch Stoffe enthalten sein, die dem matthäischen oder lukanischen Sondergut (Smt oder Slk) zugewiesen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3.1 Stoffe der Logienquelle und deren Anordnung

„Der Aufbau von Q läßt sich aus Lk mit einiger Gewißheit rekonstruieren, weshalb in der Q-Forschung die Texte meist nach der Texterzählung bei Lk zitiert werden. Offenbar gab es einen sinnvollen Spannungsbogen,“9 der mit der Gerichtsankündigung durch Johannes den Täufer beginnt und damit endet, dass das Gericht eintritt. Das erste Thema, von diesen sieben Themengebieten ist, wie eben schon erwähnt, die Täufer Predigt von Johannes dem Täufer, die sich wiederum in die Gerichtspredigt und die Ankündigung des Kommenden („Sohn Gottes“), sowie der Bewährung („dem Herrn dienen!“) aufteilt. Darauf folgt die Feldrede. Bei dieser handelt es sich um eine Zusammenfassung der ethischen Verkündigung Jesu an die Jünger. Die folgenden Themen beziehen sich auch auf die Jünger Jesu. Der Glaube als Annahme und Ablehnung Jesu und die Nachfolge und das Jüngersein. Der fünfte Themenpunkt ist die Auseinandersetzung mit Gegnern . Um Rechtes Verhalten vor dem androhenden Gericht geht es im sechsten Teilabschnitt. Das letzte und siebte Thema ist die Parusie bei der es sich um die Wiederkunft Christi beim Jüngsten Gericht handelt.

Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen: „Q enthält fast nur Worte Jesu, z.B. Weisheitsworte, prophetische und apokalyptische Worte, Gesetzesworte und Gemeinderegeln sowie Gleichnisse. Sie gehen teilweise sicher auf aramäische Logien und damit auf die Anfänge der Überlieferung zurück. Eine Passionsgeschichte und sonstige Erzählüberlieferungen fehlen, Ausnahmen sind lediglich die Perikopen von der Versuchung Jesu (Mt 4,1-11/Lk 4,1-13) und vom Hauptmann von Kapernaum (Mt 8,5-13/Lk 7,1-10), in denen aber das Gewicht auch auf den Worten liegt.“10

4.3.2 Ort, Zeit, Adressaten und Verfasserschaft

„Entstehungsort und -zeit von Q sind unbekannt. Allerdings gibt es gewisse Indizien: Da als Orte dies Wirkens Jesu Chorazin, Bethsaida und Kapernaum genannt waren, könnte Galiläa, insbesondere das Gebiet im Norden des Sees Genezareth, der geographische Ursprungsort von Q sein.“11 Q entstand zwischen der Israel- und Heiden-Orientierung frühchristlicher Gemeinden. Die Erwartung, dass Jesus in nächster Zeit wiederkomme und das Reich Gottes anbräche, gab es nicht (Q 12,45).

Q entstand sicher „vor dem jüdischen Krieg und der Tempelzerstörung […], da das Kommen des Menschensohns im tiefsten Frieden erwartet wird und die Drohung begegnet, Gott werde den Tempel verlassen. Die Versuchungsgeschichte läßt deutliche Anklänge an die überwundene Caligula-Krise erkennen (39/40 n.Chr.). Das Bild der Pharisäer als Verfolger der Christen ist historisch in den 40er und frühen 50er Jahren zu verorten, gleiches gilt von der an Israel orientierten Predigt und Mission, die in Q vorausgesetzt wird.“12 „Lk 12,45/Mt 24,48 läßt erkennen, daß im Umfeld von Q offenbar die Frage einer ‚Verzögerung‘ der Parusie des Herrn zur Diskussion steht; da gleichzeitig davon gesprochen wird, ‚das seit Anbeginn der Welt vergossene Blut der Propheten‘ werde von ‚diesem Geschlecht‘, also offenbar von der gegenwärtigen Generation, gefordert werden (Lk 11,50f./Mt 23,35 f.), ist es denkbar, daß Q kurz vor der Zerstörung Jerusalems 70 n.Chr. verfaßt wurde (vgl. Lk 13,34f./Mt 23,37-39).“13 Die Entstehungszeit von Q liegt ca. zwischen 60-70 n.Chr.

Bei den Trägerkreisen handelt es sich wohl ursprünglich um Wanderpropheten (9,57-60) galiläischen Ursprungs. „Die frühchristlichen Wanderprediger richteten ihre Botschaft vornehmlich an Israel, genauer an Juden in Galiläa (s. die polemischen Worte gegen die galiläischen Städte Chorazin und Betsaida in Q 10,13-15).“14

Die Logienquelle durchlief verschiedene (mind. zwei) Wachstums- bzw. Redaktionsprozesse: Die Redenkomposition und die Endredaktion.

4.3.3 Merkwürdiges/Besonderheiten zur/der Logienquelle

Zu bedenken ist, dass Q zwar die früheste Quelle der Jesusüberlieferung darstellt, dies aber nicht zwangsläufig für eine erhöhte Echtheit der Stoffe spricht.

Jesus wird in der Logienquelle Menschensohn genannt und die Basis ist die Erwartung des "Kommenden" zugleich als des "Menschensohnes".

Merkwürdig ist, dass die Spruchquelle Q keine Passionsgeschichte und keine Erscheinungserzählungen enthält. Eine mögliche Lösung wäre, dass hier nicht Kreuz und Auferstehung entscheidend sind, sondern Gericht und Parusie.

4.3.4 Vergleich zwischen den Synoptikern und Q

Ursprungstext von Mk (Mk 4,30-32):

„30 Jesus fuhr fort: Womit soll en wir die Vollendung der Gottesherrschaft vergleichen? Oder wie können wir noch eine andere Verständnishilfe vorlegen? 31So ist es: Das nur stecknadelkopfgroße Senfkorn ist zwar, wenn es in die Erde gesät ist, kleiner als alle anderen Samenkörner, die wir überhaupt kennen. 32Doch wenn es gesät ist, wächst es in die Höhe und wird größer als alle anderen Gartenbüsche und hat große Zweige, so daß sogar ‚die Vögel im Schutze seines Schattens nisten‘ können.“15

Q: „Womit soll ich die Vollendung der Gottesherrschaft vergleichen?

Sie gleicht dem nur stecknadelkopfgroßen Senfkorn, das ein Mensch nahm und in seinen Gartenboden steckte. Da wuchs es auf und wurde zu einem richtigen großen Baum.“16 17 18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die verschiedenen Schriften bzw. Aufzeichnungen haben folgende Bedeutung19:

Normalschrift: Gemeinsamer Bestand von Mt und Lk, der mit größter Sicherheit als gemeinsamer Bestand von Q angenommen werden kann.

Normalschrift und Unterstreichung: Formulierungen, die nur bei Mt und Lk vorliegen.

Kursivschrift mit/ohne Unterstreichung: nur bei einem Evangelisten bezeugter Text.

Man sieht an diesem Beispiel vom wachsenden Senfkorn, dass Mt und Lk dieses Gleichnis einmal aus Mk und einmal aus der Logienquelle vorlag.

„Während es das Spruchbuch als Wachstumsparabel erzählt, also als einmaligen Vorgang in der Vergangenheitsform, ist der Kern der markinischen Darstellung ein Kontrastgleichnis, das einen regelmäßigen Vorgang in der Gegenwartsform beschreibt. So hat Markus es in seiner vormarkinischen Gleichnissammlung, aus der er auch die in Mk 4 voranstehenden Stücke übernahm, gelesen. Auch er muss daneben schon die Q-Fassung gekannt haben, denn seine Zusätze ändern die Erzählung in Richtung Wachstumsparabel ab. Daß die Gestaltung als Wachstumsparabel in Q sekundär ist, zeigt vor allem die Erwähnung des ‚Gartens‘, denn in Palästina war Senf als Gartenpflanze ausdrücklich verboten. Das abschließende Bild von der vollen Machtausdehnung eines Reiches, ein Baum, in dem Vögel nisten […], dürfte wohl erst Markus als Stoff eingebracht haben, da nur er Gleichnisse mit alttestamentlichen Anspielungen deutend beendet.“20

4.4 Synoptiker und Johannes

„Die synoptischen Stoffe sind teilweise im Johannesevangelium aufgenommen. Aufs Ganze muss man jedoch feststellen, dass das Joh im Wortlaut und im Aufbau deutlich von den synoptischen Evangelien abweicht. Es ist zwar wahrscheinlich, dass der Verfasser des Joh die Synoptiker, zumindest Mk und Lk, kannte, dennoch hat er von ihren Texten nicht als Quelle Gebrauch gemacht. Selbst in den gemeinsamen Stoffen (Tempelaustreibung, Speisung, Sturmstillung, Passion, Auferstehung) sind die Unterschiede so stark, dass man von einer eigenständigen Tradition sprechen muss.“21

4.5 Die Gattung Evangelium

Der Begriff Evangelium kommt vom griechischen Wort euaggelion und das bedeutet nichts anderes als „gute Botschaft“.22 Das Substantiv wird in der Propaganda der römischen Kaiser seit Octavian eingesetzt und bildet für die Welt den Anfang der ihm geltenden Freudenbotschaften. Ein Evangelium ist folglich eine öffentliche Bekanntmachung, bei der ein Herold herumgeht und das verkündet, was der Herrscher zu verkünden hat. Im theologischen Sinne ist ein Evangelium die Basis der Glaubensüberzeugung. Ein Beispiel dafür findet sich in der Basis des Evangeliums bzw. der vasalen Glaubensbotschaft im 1Kor 15,1-5 : „Ich erinnere euch […] an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr‘s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe […]. Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Daß Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und daß er begraben worden ist; und daß er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und daß er gesehen worden ist […].“

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Formen der Überlieferung der Evangelienstoffe zunächst mündlich weitergegeben wurden. Sichere Hinweise hat man hier aber nicht, da die Belege naturgemäß fehlen. Aus der Art und Weise der schriftlichen Überlieferung lässt sich aber folgern, dass bestimmte Stoffe ursprünglich losgelöst von ihrer Stellung in den Evangelien verbreitet waren.“ Ein Beispiel hierzu fände man im 1Kor 7,10 vgl. 7,12.25; 9,14. Paulus überliefert Jesusworte, ohne dass der situative Kontext bei ihm eine besondere Rolle spielen würde. Das belegt, dass Jesusworte unabhängig von der Evangelienüberlieferung verbreitet waren.23

Prägend für die Literaturgattung (im Rahmen antiker Gattungen) ist der Gegenstand Jesus Christus. Inhaltlich geht es um „den“ Sohn Gottes.

Aus den genannten Stoffen hat wohl als erster der Verfasser des Markusevangeliums einen Text zusammengestellt.

Markus hat die Literaturgattung unbewusst geprägt, da es das Evangelium als Literaturgattung nirgendwo in der antiken Welt gibt.

Was ist es das Evangelium für eine Gattung?

Ist es ein Roman?

Bei Markus würde es gut passen, da sein Evangelium mit Johannes dem Täufer beginnt und mit dem Tod endet.

Es gibt Gleichnisse, Wundererzählungen, Worte des Protagonisten, eine Anhängerschaft, dramatische/burlesque Geschichten (z.B. der Tod des Täufers) und so weiter. Es existieren folglich Elemente eines antiken Romans, aber es werden keine breiten Reden, die typisch für einen antiken Roman sind und ähnliches geboten (Jesus geht zwar in die Synagoge und lehrt, aber kein Mensch weiß was er lehrt. Charakterzüge Jesu werden kaum beachtet und weitergegeben).

Ist es eine Biografie (Vitae)?

Zu der Literaturgattung Biografie gehören eine Vorgeschichte, die wundersame Zeugung des Protagonisten und zu guter Letzt die Hinwegname des Menschen zu Gott.

Da Markus mit Johannes dem Täufer beginnt, passt auch diese Literaturgattung nicht zu ihm.

Aber sie passt zum Lukas- und Matthäusevangelium.

Dort gibt es eine Vorgeschichte, die wundersame Geburt und Erscheinungserzählungen.

Lukas und Matthäus haben das biografische Defizit des Markusevangeliums offengelegt und beseitigt.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Literaturgattung Evangelium unvergleichbar ist und Markus etwas Besonderes erschaffen hat. Matthäus und Lukas haben das Romanhafte der Literatur angeglichen.

[...]


1 Vgl. Lukas Bormann, Bibelkunde, Göttingen 52014, 26.

2 Vgl. ebd, 27.

3 Deutsche Bibel Gesellschaft, http://www.die-bibel.de/bibelwissen/entstehung-der-bibel/altes-und-neues-testament/, [Zugriff: Januar 2015].

4 http://www.evangeliumszentrum.at/bs/bibelueberblick/bueb_n02.php [Zugriff: Januar 2015].

5 http://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/neues-testament/pdf [Zugriff: Januar 2015].

6 Aus dem Seminar von Herrn Wetz, abgeleitet aus Gerd Theißen/Annette Merz, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen ³2001, S.125-146.

7 Bormann, Bibelkunde, 176.

8 Vgl. ebd.

9 Hans Conzelmann/Andreas Lindemann, Arbeitsbuch zum Neuen Testament, 14Göttingen, 81.

10 Theißen/Merz, Der historische Jesus, 44.

11 Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch, 82.

12 Theißen/Merz, Der historische Jesus, 45.

13 Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch, 82 ff.

14 Thomas Hieke, Logienquelle – Spruchquelle, veröffentlicht Dezember 2010, http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/logienquelle-spruchquelle/ch/8edb3e28be8a246f49525c3c70277d73/#h9 [Zugriff: Januar 2015].

15 Wolfgang Schenk, Synopse zur Redenquelle der Evangelien. Q-Synopse und Rekonstruktion in deutscher Übersetzung mit kurzen Erläuterungen, 1. Aufl., Düsseldorf, 1981, 99.

16 Vgl. ebd.

17 Vgl. ebd.

18 Vgl. ebd., 99

19 Vgl. ebd., 13 f..

20 Vgl. ebd., 99 f..

21 Bormann, Bibelkunde, 178.

22 Vgl. Bormann, Bibelkunde, 181.

23 Vgl. Bormann, Bibelkunde, 181.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Bibelkunde und Einleitungsfragen der Evangelien. Einführung in die neutestamentarischen Schriften
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,3
Jahr
2015
Seiten
37
Katalognummer
V542537
ISBN (eBook)
9783346179937
ISBN (Buch)
9783346179944
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bibelkunde, einführung, einleitungsfragen, evangelien, schriften
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Bibelkunde und Einleitungsfragen der Evangelien. Einführung in die neutestamentarischen Schriften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542537

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