Globalisierung und Städte

Die neue Geographie globaler Städte und ihre Auswirkungen auf Staat und Menschen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Globalisierung und Städte – die Theorie

3. Auswirkungen und Bedeutung für Global Cities
3.1 „The New Geography“
3.2 Humankapital und Immigration
3.3 Die Informationsstadt – Informationstechnologie und Global Cities

4. Kritik am Konzept der Global Cities

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Begriff „Globalisierung“ ist seit einigen Dekaden allgegenwärtig und wird vielfach verwendet. Mittlerweile unbestritten ist, dass ein wichtiger Antrieb der Globalisierung die wirtschaftliche Vernetzung und weltweiter Handel sind. Der Begriff und was dahinter steht ist nicht nur vielfach umstritten, es ist auch schwer sich auf eine Definition zu einigen. Diese existiert nicht. Wann Globalisierung einsetzt möchte ich an dieser Stelle nicht diskutieren. Auch auf ein Fixdatum möchte und kann ich mich nicht festlegen, sehe aber eine zunehmende Globalisierung vor allem seit dem Anfang der neunziger Jahre mit dem Ende des Blockdenkens und dem Beginn des digitalen Zeitalters. Informationstechnologie spielt auch im Zusammenhang mit der hier zugrunde liegenden Thematik eine wichtige Rolle, denn erst eine digital vernetzte Wirtschaft hat es möglich gemacht von überall auf der Welt zu handeln und neue Strukturen aufzubauen die im Konzept der Globalisierung eingebettet sind.

Die Bedeutung der Städte und vor allem der „Global Cities“ ist von zunehmender Relevanz. Gerade vor dem Hintergrund der noch immer anhaltend zunehmenden Konzentrierung des Lebens auf Städte ist die Frage nach den Auswirkungen von beidem, Globalisierung und Städte relevant und wird dies auch zunehmend sein.

2007 leben erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land und dieser Trend wird anhalten. Was bedeutet es, in einer Millionenstadt zu leben? Was sind die Merkmale dieser Städte und wie kann man sie miteinander vergleichen und einordnen? Diese Fragen möchte ich versuchen zu beantworten und eine Einordnung und Abgrenzung so genannter Global Cities vornehmen.

Zusammenhänge zwischen Städten und Globalisierung werde ich untersuchen und Merkmale dieser Entwicklungen aufzeigen.

Was sind Global Cities und was ist das „neue“ an ihnen?

Ich möchte zeigen, welche Rolle Global Cities im Geflecht der Globalisierung spielen und die Bedeutung dessen versuchen zu fassen.

Zugrunde legen möchte ich eine Einordnung der „Globalization and World Cities – Study Group & Network“ (GaWC), welche sich in Großbritannien an der Universität Loughborough formiert hat. Dieses Netzwerk zählt 55 Städte weltweit zu den Global und World Cities. Auf die Arbeiten dieses Think Tanks werde ich im Folgenden eingehen um mich dem Konzept der Global Cities zu nähern, bevor ich auf die entscheidenden Zusammenhänge zwischen Globalisierung und Städten eingehe.

Außerdem untersuche ich politische Gründe und Motivationen bzw. die Rolle der Politik. Kann diese hier überhaupt noch steuernd vorgehen?

Im Prozess der Globalisierung spielt Informationstechnologie eine wichtige Rolle, doch was bewirken neuere Entwicklungen für Städte?

In seinem Aufsatz „Are Cities Dying?“ argumentiert Edward L. Glaeser, dass IT Neuerungen den face-to-face Kontakt obsolet machen können, schließlich könne man schnell, günstig und von überall auf der Welt digital kommunizieren. Beeinflusst dies die Verstädterung?

Nicht zu verachten ist zuletzt die Rolle von Humankapital in den Städten. Was leisten gut ausgebildete Menschen und welche Rolle kommt Zuwanderern und klassischen Arbeitern zu Teil?

2. Globalisierung und Städte – die Theorie

Um die Rolle von Global Cities im Kontext von Globalisierung herauszufinden und gegeneinander abzugrenzen ist es zunächst einmal wichtig Untersuchungsmechanismen und Daten zu sortieren und darzustellen. Bisher ist dieses Thema noch relativ jung in der Forschung der Politikwissenschaft, findet jedoch zunehmend Beachtung da globale Städte als Dreh- und Angelpunkt von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen gelten.

Die „Globalization and World Cities Study Group and Network“ (kurz GaWC) hat sich hier einen Namen gemacht und mit ihrem Sitz an der Loughborough University veröffentlicht die Gruppe um namhafte Vertreter wie Manuel Castells, Sir Peter Hall, Saskia Sassen, Peter Taylor und Jon Beaverstock ständig neue Ergebnisse ihrer Forschungen. Veröffentlicht wurden bisher mehr als 250 Forschungsberichte.

Doch welchem Konzept folgt die Gruppe? Im allgemeinen Verständnis gehören Städte wie London, New York, Paris, Tokyo sicher zu den uneingeschränkten Weltstädten, die sich hauptsächlich durch ihre Größe und wirtschaftliche Bedeutsamkeit diesen Ruf erschaffen haben. Um aber ein festes Konstrukt zu bekommen und eine klare Grenze zu ziehen zwischen Global Cities und anderen großen Städten, ist es wichtig mit einem Kriterienkatalog eine feste Anzahl von Global Cities herauszukristallisieren. Diese Einordnung die Beaverstock, Smith und Taylor vornehmen (Beaverstock/Smith/Taylor, 1999, 445-458) bedeutet nicht, dass hier verschiedene Arten von Städten identifiziert werden. Calcutta ist zum Beispiel eine Mega-City nicht aber World City, wohingegen Zürich eine World City nicht aber eine Mega-City ist. Der Versuch solche Raster zu schaffen ist nie einfach, denn eine Mega-City kann aufgrund der Einwohnerzahl definiert werden, um World Cities zu definieren bedarf es allerdings anderer, komplexerer Raster, welche nicht immer unproblematisch und unangreifbar bleiben. Wenn zum Beispiel der Fokus nicht auf der wirtschaftlichen Bedeutung einer Stadt liegt. In meinem Verständnis dieses Themas spielt aber genau die wirtschaftliche Dimension von Städten vor allem auch im Rahmen der Globalisierung eine entscheidende Rolle, weshalb ich mich im Folgenden an dem Raster der Autoren orientieren werde.

Beaverstock/Smith/Taylor hinterfragen die „global capacity of cities in terms of selected services they provide“ (Beaverstock/Smith/Taylor, 1999, 445) und untersuchen Firmen die global agieren und ihre Präsenz in zahlreichen Städten der Welt haben. „global capacity“ wird empirisch definiert „in terms of aggregate scores and interpreted theoretically as concentrations of expertise and knowledge“ (Beaverstock/Smith/Taylor, 1999, 445-446). Der Fokus hierbei liegt in Buchhaltung, Werbung, Bankenwesen und Recht. Als Ergebnis der Einordnung ließen sich 55 World Cities (im weiteren Verlauf auch Global Cities) und 68 weitere Städte mit World City Formation festhalten.

Die Gruppe der 55 wurde noch mal unterteilt in zehn „Alpha“ World Cities, zehn „Beta“ World Cities und in 35 „Gamma“ World Cities (Beaverstock/Taylor/Smith, 1999, 446).

Auf die genaueren Punkte und Kriterien der Untersuchung möchte ich hier verzichten, kurz aber auf die Bedeutung der Arbeit eingehen.

Nicht neu und überraschend ist, welche Städte sich in der ersten Gruppe der „Alpha Cities“ finden lassen. Hier gibt es einige Überschneidungen mit der Einordnung anderer Autoren. Interessant ist jedoch die Einordnung der anderen Städte und aus welchen Regionen sie kommen. Hier lässt sich die These einer ungleichen Globalisierung erkennen, nach der manche Regionen mehr als andere profitieren. Die Formation von Weltstädten in hauptsächlich drei Weltregionen, nämlich Nordamerika, Westeuropa und Pazifik Asien zeigt die bedeutendsten Globalisierungsregionen. Alle zehn „Alpha Cities“ liegen hier (Verteilung gleichmäßig 3,4,3) und sieben von zehn „Beta Cities“ (2,3,2). Zwei der drei anderen „Beta Cities“ liegen in Lateinamerika, eine in Osteuropa (Beaverstock/Taylor/Smith, 1999, 450-451).

Nach Punktevergabe und Einordnung durch die verschiedenen Kriterien in den oben genannten Bereichen lassen sich als „Alpha Cities“ folgende Städte nennen: London, Paris, New York, Tokyo gefolgt von Chicago, Frankfurt, Hong Kong, Los Angeles, Mailand und Singapore. In die Gruppe der „Beta Cities“ kamen San Francisco, Sydney, Toronto, Zürich, Brüssel, Madrid, Mexico City, Sao Paulo, Moskau und Seoul.

Düsseldorf, Berlin und Hamburg sind in der Gruppe der „Gamma Cities“ zu finden, wobei hier beachtlich ist, dass Düsseldorf unter den deutschen Städten nach Frankfurt die zweite Position einnimmt (Beaverstock/Taylor/Smith, 1999, 455-458).

Christoph Parnreiter fragt nach dem Zusammenhang zwischen Globalisierung und Verstädterung und nennt dabei drei entscheidende Punkte. Das erste Merkmal zeigt sich darin, dass sich in weltweit nur wenig Städten Produktionsdienste wie Finanz-, Rechts-, Immobilien-, Versicherungsdienste aber auch Unternehmensberatungen und Marketingfirmen ansammeln und konzentrieren. In diesen Städten wird Globalisierung geführt und sie dienen als wichtige Knotenpunkte an denen alle Güter vorbeimüssen. Vereinfacht wurde diese Entwicklung sicher auch durch eine breite und gut aufgestellte Infrastruktur, denn neben digitalem Verkehr spielt auch der räumliche eine wichtige Rolle. Der zweite Zusammenhang den Parnreiter nennt, ist die Beschleunigung der Verstädterung in Entwicklungsländern welche durch die Neustrukturierung der Weltwirtschaft herbeigeführt wurde. In diesem Zusammenhang lässt sich eine in den letzten Jahrzehnten hervorgerufene transnationale Verstädterung ausmachen, bei der Immigrantinnen und Immigranten über Ländergrenzen hinweg in Ballungsgebiete ziehen wo eine hohe Nachfrage an Arbeitskräften herrscht.

Der dritte Zusammenhang zwischen Globalisierung und Verstädterung zeigt sich in den Städten selbst. Durch die Verlagerung von Wirtschaftsformen - in westlichen Ländern gekennzeichnet durch neue Motoren im Finanz- und Dienstlistungssektor - bilden sich neue sozialpolitische Gefüge. Die Folge ist, dass in diesen Städten auf der einen Seite Bedarf an vielen sehr gut ausgebildeten und bezahlten Fachkräften herrscht, auf der anderen Seite der Verfall der traditionellen Mittelschicht zu beobachten ist. Dies führt zur zunehmenden Polarisierung zwischen armen Arbeitern und einer gut verdienenden und wohlhabenden Oberschicht (Parnreiter, 2007, 1-5).

Bedeutsam in der Literatur der Global Cities waren die Arbeiten von Friedmann der von der „world city hypothesis“ (1986) schrieb und Sassen, die von der Triade der Global Cities schrieb.

In seiner Hypothese argumentiert Friedmann, „that the new international division of labour is organized through world cities“ (Beaverstock u.a., 2000, 45). Diese Gruppe von Städten agiert als Kontrollzentrum für die Vermehrung des Weltkapitals und hat Vorteile durch spezifische ökonomische und soziale Strukturen. Die Hierarchie welche Friedmann unter diesen Städten herausstellte wurde aufgrund einer schwachen empirischen Datenbasis kritisiert. Auch über die Beziehungen zwischen einzelnen Städten bleibt Friedmann aufgrund seiner Daten der Attributsammlung hinter späteren Autoren zurück.

Saskia Sassen, die sich in den letzten Jahren ebenfalls einen Namen in der Soziologie, Politikwissenschaft und in der Wissenschaft der Städteplanung gemacht hat, argumentierte schon früh, dass Weltstädte mehr als nur Finanzzentren sind, vielmehr stehen sie in Verbindung miteinander. Für Sassen ist das Finanzwesen nur ein Punkt von mehreren um Städte als Global Cities zu definieren und zwar als „post-industrial production sites“ (Beaverstock u.a., 2000, 45). Kritisiert wurde auch an ihrer Arbeit, dass sie nur wenig über die Korrelation einzelner Städte schrieb. Jedoch unterscheidet sie sich von Friedmann insofern, dass Global Cities nicht nur als Schaltzentralen gesehen werden, sondern auch die Orte, an denen Kapital gehäuft und maximiert wird. Betrachtet man mögliche soziologische Faktoren, die bei der Definition von Global Cities eine Rolle spielen, lässt sich unter anderem die von Manuel Castells formulierte Aussage, dass Migration eine große Rolle spielt bei der Formierung dieser Metropolen heranziehen.

Bereits in vergangen Jahrhunderten und heute immer noch waren Städte die Zentren der jeweiligen Staaten, wo sich viel Leben abspielte und Menschen ihr Glück zu finden suchten. Heute sind es vielerorts Verlierer der Globalisierung, Menschen, die schlecht ausgebildet sind. Aber auch Eliten und gut ausgebildete Menschen zieht es in Städte.

Ist Migration nun wirklich ein neues Phänomen, oder hat sich die Entwicklung der Städte nicht schon über mehrere Dekaden herausgebildet? Was ist der Unterschied zwischen Global Cities zu anderen Millionenmetropolen, die wirtschaftlich schlechter dastehen? Auf das Thema des Humankapitals möchte ich im späteren Verlauf dieser Arbeit eingehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Globalisierung und Städte
Untertitel
Die neue Geographie globaler Städte und ihre Auswirkungen auf Staat und Menschen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V91725
ISBN (eBook)
9783638058056
ISBN (Buch)
9783638957649
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Globalisierung, Städte
Arbeit zitieren
Matthias Becher (Autor:in), 2008, Globalisierung und Städte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91725

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