Konzeption einer Projektfinanzierung bei Biomass to Liquid Projekten


Diplomarbeit, 2007

107 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Projektfinanzierung bei Biomass to Liquid - Projekten
1.2 Auswahl der in die Untersuchung einbezogenen Biokraftstoffe
1.3 Zielsetzung und Untersuchungsaufbau

2 Grundlagen des Risikomanagements bei Projekt- finanzierungen
2.1 Grundlegende Aspekte des Risikomanagements
2.2 Der Risikomanagementprozess
2.2.1. Risikoidentifikation
2.2.2. Risikobewertung
2.2.3. Risikopolitische Maßnahmen
2.2.4. Risikoallokation
2.3 Cashflow-Modell als Instrument zur Risiko- quantifizierung
2.4 Übergeordnete Risikoinstrumente

3 Risikomanagement bei Biomass to Liquid-Projekten
3.1 Fertigstellungsrisiko
3.1.1. Risikoanalyse
3.1.2. Risikomanagement und Risikoträger
3.2 Verfahrenstechnisches Risiko
3.2.1. Risikoanalyse
3.2.2. Risikomanagement und Risikoträger
3.3 Betriebs- und Managementrisiko
3.3.1. Risikoanalyse
3.3.2. Risikomanagement und Risikoträger
3.4 Regulierungsrisiko
3.4.1. Risikoanalyse
3.4.1.1. Regulierungsrisiko bei Biomasse
3.4.1.2. Regulierungsrisiko bei Biokraftstoffen
3.5 Bezugsrisiko von Biomasse
3.5.1. Risikoanalyse
3.5.2. Risikomanagement und Risikoträger
3.6 Markt- und Absatzrisiko
3.6.1. Risikoanalyse
3.6.2. Risikomanagement und Risikoträger
3.7 Zinsänderungsrisiko
3.7.1. Risikoanalyse und Risikomanagement
3.8 Force Majeure Risiken
3.8.1. Risikoanalyse und Risikomanagement

4 Risikoquantifizierung und zusammenfassende Bewertung
4.1 Risikoquantifizierung am Referenzprojekt
„Biodiesel Kiel“
4.2 Zusammenfassende Bewertung

5 Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Internetadressenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Biomass to Liquid – Herstellungsverfahren

Abbildung 2: Darstellung von Risiko und Chance

Abbildung 3: Grundlegendes Cashflow-Model mit best-, base- und worst-case

Abbildung 4: Fremdkapitaleinsatz in den Projektphasen

Abbildung 5: Pool–Of–Funds-Vereinbarung (Reservefonds)

Abbildung 6: Garantievereinbarung

Abbildung 7: Preisentwicklung einzelner Pflanzenöle

Abbildung 8: Langfristige Entwicklung der Kraftstoffpreise

Abbildung 9: Zukünftiger Kraftstoffbedarf

Abbildung 10: Entwicklung der PKW – Verbräuche

Abbildung 11: DSCR-Verlauf

Abbildung 12: Finanzierungsstruktur für Biomass to Liquid – Projekte Anhang:

Abbildung 13: Pflanzenölherstellung

Abbildung 14: Biodieselherstellung

Abbildung 15: Bioethanolherstellung

Abbildung 16: BtL – Herstellung

Abbildung 17: Endogene und exogene Risiken

Abbildung 18: Primärkraftstoffverbrauch In Deutschland 2006

Abbildung 19: DSCR-Verlauf bei steigenden Betriebskosten und Einnahmeerhöhungen

Abbildung 20: Weltweite Produktion von Biokraftstoffen 2005 in %

Abbildung 21: CO2-Emissionen des Straßenverkehrs

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anreiz-Beitrags-Struktur der Projektbeteiligten

Tabelle 2: Besteuerung von Biokraftstoffen ab 1.8.2006

Tabelle 3: Biokraftstoffquoten nach Vorgaben des Biokraftstoffquotengesetzes

Tabelle 4: Vergleich von Regulierungssystemen bei Biomasse

Tabelle 5: Wettbewerbsfähigkeit von Biokraftstoffen in Abhängigkeit vom Ölpreis

Tabelle 6: Zielvorgaben und Mengen für Biodiesel in Deutschland

Tabelle 7: Zielvorgaben und Mengen für Bioethanol in Deutschland

Tabelle 8: Sensitivitätsberechnungen

Tabelle 9: Zusammenfassende Bewertung der Einzelrisiken Anhang:

Tabelle 10: Ölmühlen in Deutschland

Tabelle 11: Biodieselanlagen in Deutschland

Tabelle 12: Bioethanolanlagen in Deutschland

Tabelle 13: Übersicht über die Besteuerung und Beimischung von Biokraftstoffen in ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten

Tabelle 14: Absatz von Kraftstoffen 1990 bis 2005 und Prognose
bis 2020

Tabelle 15: Herstellerfreigaben bei Biodiesel

Tabelle 16: Sensitivitäten bei steigenden Betriebskosten und Einnahmeerhöhungen

1 Einleitung

1.1 Projektfinanzierung bei Biomass to Liquid - Projekten

Die aktuelle Klimadiskussion, die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe, steigende Energiepreise und die Sorge um die Versorgungssicherheit auf Grund von Naturkatastrophen und politischen Konflikten haben Biokraftstoffe verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit gebracht. Unter Biomass to Liquid sind alle Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in Biokraftstoff zu verstehen.[1]

In der aktuell geführten Diskussion um Biokraftstoffe kommt den folgenden Faktoren eine Schlüsselrolle zu:

- Der Verbrauch von fossilen Brennstoffen hat zu einer verstärkten Emission von Treibhausgasen geführt, was zu beträchtlichen Klimaveränderungen führen kann.
- Der größte Teil der Erdölimporte kommt aus politisch instabilen Regionen, so dass eine ausreichende Versorgungssicherheit bei Konflikten gefährdet ist.
- Zu dem hohen Erdölverbrauch durch die Industrienationen gesellt sich ein stetig wachsender Bedarf aus den bevölkerungsreichen Schwellenländern Asiens und Südamerikas. Dies hat zu starken Preiserhöhungen für Erdölprodukte geführt, was regenerative Energieträger zunehmend wettbewerbsfähiger macht.

So hat die EU durch die Biokraftstoffrichtlinie die Mitgliedsstaaten verpflichtet 2010 einen Marktanteil an Biokraftstoffen in Höhe von 5,75 % zu erreichen.[2] Deutschland möchte dieses Ziel übererfüllen und bis 2010 einen Anteil von 6,75 % erzielen.[3]

Der Vorteil von Biokraftstoffen ist, dass sie Importe von fossilen Energieträgern ersetzen und gleichzeitig Treibhausgasemissionen einsparen können. Im Vergleich zu anderen Optionen wie zum Beispiel Wasserstoff sind Biokraftstoffe schon heute verfügbar. Diese Voraussetzungen bieten den potenziellen Initiatoren von Biomass to Liquid Projekten sehr große Chancen, enthalten aber auch Risiken. Das Regulierungsumfeld gilt als instabil, die Technik ist neu und sowohl der Bezug der Rohstoffe sowie der Absatz des Endproduktes bergen weitere Risiken.

Projektfinanzierungen kommen typischerweise immer da zum Einsatz, wo die Risiken für ein einzelnes Unternehmen zu groß sind oder der Wunsch nach Risikobegrenzung vorhanden ist.[4]

Hier handelt es sich um die Kreditgewährung für ein Investitionsvorhaben (Projekt), welches von einer eigens zu diesem Zweck gegründeten Projektgesellschaft durchgeführt wird. Demnach wird eine sich selbst tragende, wirtschaftliche Einheit finanziert.[5]

Kennzeichnend für Projektfinanzierungen ist, dass das Gesamtrisiko unter den Projektbeteiligten aufgeteilt wird. Diese Aufteilung wird Risk-Sharing genannt. Die Zuweisung der Einzelrisiken auf den jeweiligen Beteiligten mit der geringsten Risikoaversion und der besten Möglichkeit mit dem Risiko umzugehen, wird als Risikoallokation bezeichnet. Hierdurch werden die Risiken verteilt und für den einzelnen Beteiligten begrenzt.[6]

Im Gegensatz zum klassischen Unternehmenskredit spielen Sachsicherheiten bei Projektfinanzierungen eine untergeordnete Rolle. Bei der Vergabe von Projektkrediten orientiert sich die Bank an dem zu erwartenden Cashflow. Durch die Einmaligkeit eines Projektes steht der Cashflow vollständig für die Verzinsung des Eigenkapitals und für den Kapitaldienst der Kredite zur Verfügung. Da der Cashflow hier die wesentliche Sicherheit darstellt, spricht man daher auch von Cashflow-Related-Lending.[7]

Biomass to Liquid - Projekte zeichnen sich durch ein hohes Investitionsvolumen aus. Für den Sponsor, den Initiator des Projektes, kann es aus bilanzpolitischen Gründen interessant sein, dieses Risiko nicht explizit im Jahresabschluss ausweisen zu müssen. Dies kann dem Sponsor im Rahmen einer Projektfinanzierung ermöglicht werden. Dieses Vorgehen ist ein weiteres Merkmal von Projektfinanzierungen und wird als Off-Balance-Sheet-Financing bezeichnet.[8]

Es soll untersucht werden, inwieweit Biomass to Liquid - Projekte in der Lage sind, stabile, ausreichende Cashflows zu erwirtschaften. Des Weiteren muss eine für jeden Beteiligten adäquate Risikoallokation durchgeführt werden. Das Kriterium des Off-Balance-Sheet-Financing wird nicht weiter behandelt, da es sich hier um rein bilanzpolitische Aktionen handelt, die mit dem isoliert betrachteten Projekt in keiner Verbindung stehen.

1.2 Auswahl der in die Untersuchung einbezogenen Biokraftstoffe

Heute bestehen zu den fossilen Diesel- und Ottokraftstoffen verschiedene alternative Kraftstoffoptionen. In der vorliegenden Untersuchung wurden ausschließlich die nach heutiger Einschätzung relevanten Biokraftstoffe aus dem Biomass to Liquid - Bereich betrachtet.[9] Hierzu zählen Pflanzenöl, Biodiesel und Bioethanol, die auch als Biokraftstoffe der ersten Generation bezeichnet werden. Als Kraftstoff der zweiten Generation wird der synthetische BtL-Kraftstoff betrachtet.

Die Biokraftstoffe im Einzelnen:[10]

Pflanzenöl: Pflanzenöl wird in Deutschland überwiegend aus Rapssaaten gewonnen und kann nach Umrüstung der Motoren Dieselkraftstoff ersetzen.

Die derzeitig gültige Norm DIN EN 590 erlaubt keine Zumischung zu Dieselkraftstoff, so dass Pflanzenöl zurzeit nur als Reinkraftstoff vertrieben werden kann. Der Einsatz von Pflanzenöl ist bisher auf den Einsatz im Schwerlastverkehr, in der Landwirtschaft und auf wenige PKW beschränkt.

Brennwert: 0,96 L Diesel = 1 L Rapsöl

Biodiesel: Der Ausgangsstoff für Biodiesel ist in Deutschland überwiegend Rapsöl, aber auch andere Pflanzenöle wie Palmöl sind generell verwertbar. Bei der Herstellung wird Glycerin durch Methanol ersetzt, was zu einer Verringerung der Viskosität führt. Anders als beim Pflanzenöl wird hier der Kraftstoff an den Motor angepasst. Ein Großteil der LKW-Modelle ist für den Einsatz von Biodiesel freigegeben, bei PKW ist nur eine Beimischung erlaubt. Der Brennwert liegt unter dem von fossilem Diesel. Brennwert: 0,91 L Diesel = 1 L Biodiesel

Bioethanol: Bioethanol ist der weltweit am meisten verbreitete Biokraftstoff und wird durch alkoholische Gärung aus Biomasse gewonnen. In Deutschland wird Bioethanol aus Getreide, Kartoffeln und Zucker hergestellt und hat zurzeit einen Marktanteil von 0,6 %. Bioethanol kann in verschiedenen Beimischungen oder als Reinkraftstoff Ottokraftstoffe substituieren. Je nach Fahrzeughersteller ist ab einer bestimmten Beimischungsquote eine Anpassung des Motors erforderlich. Brennwert :0,675 L Ottokraftstoff = 1 L Bioethanol

BtL: BtL steht für ein Herstellungsverfahren zur Gewinnung eines synthetischen Kraftstoffes aus Biomasse. BtL wird durch thermochemische Umwandlung mit anschließender Synthese produziert. Im Gegensatz zu den Biokraftstoffen der ersten Generation kann hier bei der Herstellung die ganze Pflanze genutzt werden, wodurch der Hektarertrag deutlich größer ist. Gegenwärtig existieren nur Pilotanlagen und BtL- Kraftstoff ist am Markt noch nicht verfügbar, so dass noch keine verlässlichen Plandaten vorhanden sind. Daher wurde in dieser Arbeit auf Prognosen und Schätzwerte Bezug genommen. Brennwert: 0,97 L Diesel = 1 L BtL

Folgende Abbildung zeigt die einzelnen Herstellungsverfahren der in die Untersuchung einbezogenen Biokraftstoffe.[11]

Abbildung 1: Biomass to Liquid – Herstellungsverfahren[12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.3 Zielsetzung und Untersuchungsaufbau

Die vorangegangen Ausführungen zeigen, dass eine Projektfinanzierung eine adäquate Finanzierungsform für Biomass to Liquid - Projekte sein kann. Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, Einflussfaktoren für den Erfolg eines Biomass to Liquid - Projektes zu erkennen und die Bedeutung einzelner Risiken für das Gesamtrisiko einer Projektfinanzierung zu analysieren. Darauf aufbauend sollen Empfehlungen für das Risikomanagement und die damit verbundenen risikopolitischen Maßnahmen abgeleitet werden.

Als Ergebnis soll die Frage beantwortet werden, ob eine Projektfinanzierung für Biomass to Liquid - Projekte geeignet ist.

Zu diesem Zweck weist die Untersuchung folgende Struktur auf:

Im 2. Kapitel der Arbeit werden zunächst die theoretischen Grundlagen des Risikomanagements bei Projektfinanzierungen untersucht. Hierbei wird insbesondere auf die einzelnen Schritte des Risikomanagementprozesses, auf Risikoinstrumente und auf das für die Bank maßgebliche Cashflow-Modell eingegangen. Darüber hinaus werden noch übergeordnete Risikoinstrumente betrachtet.

Im 3. Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, wird der Umgang mit Einzelrisiken behandelt.

Im ersten Schritt werden die einzelnen Risiken auf ihre Relevanz und Auswirkung hin analysiert. Hierbei werden die Rahmenbedingungen von Biomass to Liquid - Projekten und somit einzelner Biokraftstoffe im Speziellen berücksichtigt. Im zweiten Schritt werden das Risikomanagement und die Risikoträger analysiert. Der Schwerpunkt liegt hier in der Identifikation risikopolitischer Maßnahmen und potenzieller Risikoträger.

Im 4. Kapitel erfolgt eine zusammenfassende Bewertung der Einzelrisiken hinsichtlich qualitativer und quantitativer Faktoren. Eine Quantifizierung findet anhand eines Referenzprojektes, einer Biodieselanlage, statt.

Mittels dieser zusammenfassenden Bewertung wird die Frage, inwieweit Projektfinanzierungen für Biomass to Liquid - Projekte geeignet sind, beantwortet.

Das 5. Kapitel stellt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung im Biomass to Liquid Bereich dar.

Die Arbeit beschränkt sich auf die Analyse von Biomass to Liquid - Projekten in der Bundesrepublik Deutschland, da eine Berücksichtigung der landestypischen Gegebenheiten weiterer Staaten[13] den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Entsprechend wird auch auf eine eingehende Untersuchung der bei der Herstellung von Biokraftstoffen anfallenden Koppelprodukte in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen.

2 Grundlagen des Risikomanagements bei Projektfinanzierungen

2.1 Grundlegende Aspekte des Risikomanagements

Durch das Risikomanagement soll ein systematischer und erfolgsorientierter Ansatz zum Umgang mit Risiken erreicht werden. Dies gilt insbesondere für Projektfinanzierungen, da die Neuartigkeit und Einzigartigkeit jedes Projektes unbekannten Einflussfaktoren unterliegt, welche zu Risikopositionen führen.[14] Des Weiteren ergeben sich durch die Cashflow-Orientierung und der damit verbundenen Rückgriffsbegrenzung spezielle Anforderungen an das Risikomanagement, da hierdurch regelmäßig unternehmerische Risiken auf die Fremdkapitalgeber übertragen werden.[15]

Aus Sicht der Bank findet hier also eine zukunftsbezogene Analyse statt, da das Projekt schließlich erst noch entstehen muss.[16]

Bei der weiteren Betrachtung soll unter dem Risikobegriff eine negative Abweichung vom erstrebten Ziel verstanden werden.[17]

Abbildung 2: Darstellung von Risiko und Chance[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das angestrebte Ziel ist, dass das Projekt die prognostizierten Cashflows erwirtschaftet. Wesentliche Bestimmungsgrößen für den Cashflow eines Projektes sind die Beschaffungs- und Absatzseite, die Betriebskosten, staatliche Regulierungen und die Finanzierungskonditionen.[19]

Eine weitere Aufgabe des Risikomanagements ist die Reduktion von Informationsasymmetrien. Informationsasymmetrien beschreiben einen Informationsvorsprung einer Partei gegenüber einer anderen. Nutz die Partei, die einen Informationsvorsprung hat, ihren Vorteil aus, wird eine andere Partei unter Umständen benachteiligt.[20] Im Extremfall führen solche heterogenen Informationsstrukturen zum Scheitern des Projektes, weshalb deren Reduktion eine weitere Kernaufgabe des Risikomanagements sein sollte.

Verfahren um der Entstehung solcher Informationsasymmetrien vorzubeugen, sind das Management von Einzelrisiken[21] und eine gut funktionierende Informationsstruktur unter den Beteiligten.

2.2 Der Risikomanagementprozess

Das Vorgehen zur Bewältigung von Risiken ist die Aufgabe des Risikomanagements.

Das Risikomanagement sollte systematisch erfolgen und läuft daher kennzeichnend als Prozess ab. Dieser Prozess weist folgende Schritte auf:[22]

- Risikoidentifikation
- Risikobewertung
- Risikopolitische Maßnahmen
- Risikoallokation

Auf Grund der Zukunftsorientierung von Projektfinanzierungen, können sich anfangs erstellte Prognosen im Zeitablauf als ungenau herausstellen. Deshalb sollte dieser Prozess situativ während der gesamten Projektlaufzeit durchgeführt werden, um auf Risiken, deren Auftreten oder zeitlicher Anfall nicht absehbar ist, schnell und effektiv reagieren zu können.

Die einzelnen Prozessschritte werden nachfolgend vertieft betrachtet.

2.2.1. Risikoidentifikation

Bei der Identifikation der Risiken besteht der Grundsatz, wonach die spezifische Situation des Projektes die Risikostruktur bestimmt. Demzufolge unterscheidet sich die Risikostruktur eines jeden Projektes. Die Phasen einer Projektfinanzierung werden hinsichtlich ihrer Einflussfaktoren untersucht, um einzelne Risiken zu identifizieren.

Die Risiken können nach Inhalt, Ursache und Ausmaß unterschieden werden.[23]

Um eine vollständige und überschneidungsfreie Identifikation zu erlangen, bedient man sich einer Klassifikation oder Systematisierung der Risiken. Für eine solche Systematisierung existiert eine Vielzahl an Kriterien. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird dem Ansatz gefolgt, wonach eindeutig wesensverschiedene Projektrisiken abgegrenzt werden.[24]

Darüber hinaus können diese Einzelrisiken noch in projektendogene und projektexogene Risiken unterteilt werden. Projektendogene Risiken beschreiben Risiken, die von Projektbeteiligten beherrscht werden können und projektexogene, die von Außen auf das Projekt einwirken.[25] Durch diese Einteilung werden die Risiken nach ihrer Beeinflussbarkeit klassifiziert.[26]

Es ist jedoch nicht sinnvoll eine, solche Einteilung im Vorwege vorzunehmen, schließlich ist es im Rahmen der Risikoallokation durchaus möglich, ursprünglich exogene Risiken in endogene Risiken zu überführen.[27] Daher wird am Ende der Untersuchung geprüft, ob eine solche Überführung einzelner Risiken aus Bankensicht möglich ist.

2.2.2. Risikobewertung

Nach der Identifikation der relevanten Risiken sind Information über deren Auswirkung auf das spezielle Projekt und somit auf dessen Cashflow zu untersuchen. Hierbei müssen wiederum die projektspezifischen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Somit kann nur eingeschränkt auf bereits vorhandene Daten und Erfahrungswerte anderer Projekte zurückgegriffen werden, um diese in die Bewertung mit einzubeziehen. Zur Erfassung des Risikopotenzials eignen sich quantitative und qualitative Verfahren.
Durch eine Quantifizierung bestimmter Risiken lassen sich Aussagen über die Belastbarkeit eines Projektes begründen. Hierbei werden einzelne Szenarien untersucht. Das von Kreditinstituten verwendete Instrument zur Risikoquantifizierung ist das Cashflow-Modell und wird aufgrund seiner Bedeutung im Abschnitt 2.3. detailliert dargestellt.

Viele Risiken lassen sich nicht als Zahlenwert ausdrücken. Die Behandlung quantitativ nicht messbarer Risiken, wie die Beurteilungen über die Qualität der Verfahrenstechnik oder des Managements, gestaltet sich hierbei als besonders schwierig. In diesen Fällen muss auf Gutachten, Berater und auf subjektive Beschreibungen von z.B. Wirtschaftsinstituten zurückgegriffen werden.

Qualitative Informationen sind zwar schwer operationalisierbar, jedoch lassen sich grundlegende Erkenntnisse ableiten. Dies kann zum Beispiel die Entscheidung zur Durchführung oder zum Abbruch eines Projektes sein.[28]

2.2.3. Risikopolitische Maßnahmen

Nachdem die Risiken identifiziert und bewertet wurden, gilt es nach entsprechenden Handlungsempfehlungen zu suchen. Das Risikomanagement soll hier risikopolitische Maßnahmen aufzeigen, die Risiken auf ein vertretbares Niveau minimieren.[29]

Der Katalog risikopolitischer Instrumente ist umfangreich und vielschichtig,[30] deren Auswahl und Anwendung komplex und kompliziert ist.[31] Nicht alle theoretisch einsetzbaren Maßnahmen sind für jedes Projekt sinnvoll. Daher sollten immer projektindividuelle Maßnahmen zusammengestellt werden,[32] um eine projektspezifische Lösung zu erfassen.

Grundsätzlich lassen sich risikopolitische Maßnahmen in fünf Kategorien unterteilen:[33]

- Risikovermeidung: Ein Risiko kann vermieden werden, indem von nicht abgesicherten Handlungen abgesehen wird. Daher ist diese defensive Risikopolitik für nicht abgesicherte und schwerwiegende Risiken relevant.
- Risikominderung: Ein Risiko kann mit Hilfe von vorbeugenden Maßnahmen vermindert werden, weshalb sie auch als offensive Risikopolitik zu verstehen ist.
- Risikokompensation: Ein Risiko wird durch ein konträres Risiko ausgeglichen (Hedging). Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn beim Roulette gleichzeitig auf Rot und Schwarz gesetzt wird. Eine Kompensation kann auch durch eine Portfoliobildung unternehmensintern erfolgen.
- Risikoüberwälzung: Das Risiko wird vertraglich oder faktisch auf einen Vertragspartner oder auf Dritte, wie z.B. Versicherungen, übertragen.
- Risikoübernahme: Das Risiko wird akzeptiert und im Eintrittsfall durch eigene Ressourcen aufgefangen. Diese Risikopolitik empfiehlt sich nur bei nicht Existenz gefährdenden Risiken, deren Absicherung unmöglich oder zu kostspielig wäre.

Welche Maßnahme konkret eingesetzt wird, ist von mehreren Faktoren abhängig.[34] Hierzu zählen Verfügbarkeit der einzelnen Maßnahme, der Zeitpunkt des Einsatzes, Kosten der Maßnahme, verbundene Nebenwirkungen, die Zuverlässigkeit und die Laufzeit der jeweiligen Maßnahme. Da einzelne Instrumente im 3.Kapitel detailliert betrachtet werden, wird auf diese Faktoren an dieser Stelle nicht weiter eingegangen.

2.2.4. Risikoallokation

Die Aufteilung der Risiken auf mehrere Beteiligte ist auf Grund der besonderen Risikointensität der Projekte, welche aus der Komplexität, der Langfristigkeit und der Größenordnung resultiert, notwendig.[35] Diese Aufteilung wird als Risk Sharing bezeichnet und ist kennzeichnend für Projektfinanzierungen.

Im Vorwege müssen die Risiken jedoch den einzelnen Beteiligten zugeordnet werden, was als Risikoallokation bezeichnet wird.

Ob und in welchem Maße ein Projektbeteiligter Risiken übernehmen wird, hängt in erster Linie von zwei Grundsätzen ab:[36]

- Nach dem Grundsatz der Risikotragfähigkeit ist bei der Verteilung der Risiken darauf zu achten, dass jeder Beteiligte, trotz der Übernahme gewisser Risiken, insgesamt noch eine höhere Chance in Form einer Rendite oder einer Vergütung hat.
- Der Grundsatz der Kontrollfähigkeit besagt, dass der Beteiligte das Risiko übernimmt, der es auf Grund seiner Kernkompetenz am besten kontrollieren und im Vorfelde beurteilen kann. Eine solche Beurteilung wird bei neuartigen Projekten erschwert, da hier nicht auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.

Ziel der Risikoallokation ist es also, die Einzelrisiken auf den jeweiligen Beteiligten mit der geringsten Risikoaversion und der höchsten Kompetenz mit dem Risiko umzugehen, zuzuweisen.

2.3 Cashflow-Modell als Instrument zur Risikoquantifizierung

Die maßgebliche Voraussetzung für die Analyse eines Projektes, bezüglich des Kreditrisikos sind möglichst genaue Prognosen der zukünftigen Zahlungsüberschüsse und des zu erbringenden Kapitaldienstes. Die Entscheidungsbasis über die Finanzierung eines Projektes stellen in der Praxis Cashflow-Modelle dar.[37]

Ein Modell hat die Aufgabe, ein reales System vereinfacht abzubilden, so dass zunächst die Variablen des realen Systems identifiziert und im Modell abgebildet werden müssen. Hierbei ist die Existenz von Interdependenzen zwischen den Variablen zu berücksichtigen.

Wesentliches Ziel dieser Modellrechnung ist es, eine möglichst genaue Prognose zukünftiger Zahlungsströme und damit verbunden Annahmen über die Schuldendienstdeckungsfähigkeit bzw. Debt Service Cover Ratio (DSCR) des Projektes über die Kreditlaufzeit zu erhalten. Diese Kennzahl gilt als Indikator für die Zahlungsfähigkeit des Projektes.[38]

Die Kennzahl DSCR wird im weiteren Verlauf der Untersuchung wie folgt definiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Schuldendienstreserve (SDR), die während der Betriebsphase aufgebaut wird, dient der Erhöhung der Belastbarkeit des Projektes.

Ein DSCR größer als 1,0 bedeutet, dass der Schuldendienst gedeckt ist.

Am periodisch ermittelten DSCR lässt sich eine ständige und laufende Zahlungsfähigkeit des Projektes ablesen. Ein Graph, in dem die DSCR der einzelnen Perioden abgebildet werden, kann bei der Erkennung kritischer Projektphasen helfen.
Der durchschnittliche DSCR zeigt eine grundsätzliche Tilgungsfähigkeit des Projektes aus dem erwarteten Cashflow an.[39]

Abbildung 3: Grundlegendes Cashflow-Model mit best-, base- und worst-case[40]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für den Fall negativer Planabweichungen kann vereinbart werden, dass bei der Unterschreitung eines bestimmten DSCR eine beschleunigte Rückführung der Projektkredite vorzunehmen ist (Cash-Sweep).[41]

Zur Erstellung von Cashflow-Modellen werden in der Regel Tabellenkalkulationsprogramme wie zum Beispiel Excel verwendet. Damit lassen sich einzelne Teilmodelle erstellen, die verknüpft das Cashflow-Modell darstellen. Durch solche Teilmodelle lassen sich u.a. einzelne Perioden separat betrachten oder die Projekterlöse in einzelnen Teilmodellen ermitteln.

Anhand des Modells ist es möglich, einzelne Sensitivitäten zu analysieren und somit Rückschlüsse über die Belastbarkeit des Projektes zu erhalten. Dieses Verfahren, also die Analyse einzelner Sensitivitäten auf Basis eines Modells, wird auch als Simulation bezeichnet. Cashflow-Modelle gehören in die Gruppe der so genannten zeitgesteuerten Simulationsmodelle. In solchen Modellen sind zum einen Bewegungsgrößen, wie Absatzmengen, und zum anderen Bestandsgrößen, wie der Kreditsaldo, enthalten.[42]

Bei der Bewertung einer Projektfinanzierung anhand einer solchen Simulation sind die unterschiedlichen Erwartungen hinsichtlich Chance und Risiko von Fremd- und Eigenkapitalgebern zu berücksichtigen. Die Eigenkapitalgeber haben ein Interesse an einer dem Risiko entsprechenden Eigenkapitalrendite. Zu diesem Zweck werden sie ein base-case-Szenario heranziehen, welche den wahrscheinlichsten Projektverlauf abbilden soll. Die Fremdkapitalgeber hingegen könnten sich in ihren Analysen darauf beschränken, ob das Projekt auch in einem worst-case-Szenario den Kapitaldienst bedienen kann. Demnach sollte der geringste DSCR des Projektes in einer Periode (Min. DSCR) auch in diesem Falle niemals kleiner 1,0 sein.[43]

Dass diese einseitige Betrachtungsweise jedoch nicht empfehlenswert ist, liegt am sinkenden Interesse der Eigenkapitalgeber an der Fortführung des Projektes, sollte deren Eigenkapitalrendite drastisch sinken. Schlimmstenfalls müssten die Kreditgeber eine mehrjährige Restrukturierung des Projektes durchführen, was wiederum Ressourcen bindet.[44]

Daher müssen die Fremdkapitalgeber auch die Interessenlagen der anderen Projektbeteiligten bei ihren Analysen berücksichtigen, so dass alle eine für sie angemessene Chance/Risiko–Position einnehmen. Daher sollte der durchschnittliche DSCR eines Projektes nicht kleiner als 1,3 sein.[45]

2.4 Übergeordnete Risikoinstrumente

Mit Hilfe des Risikomanagementprozesses ist es möglich, den Großteil der Risiken den einzelnen Projektbeteiligten zuzuweisen. Dennoch verbleibt regelmäßig ein Restrisiko bei der Bank, welches aus den nicht verteilten Risiken resultiert. Daher sollten übergeordnete Maßnahmen ergriffen werden, welche das verbleibende Restrisiko reduzieren.[46]

Zu diesen übergeordneten Instrumenten gehören insbesondere eine effiziente Finanzierungs- und Informationsstruktur sowie wirksame Anreizsysteme.[47]

Ein wichtiger Gestaltungsparameter der Finanzierungsstruktur ist die Höhe der Eigenkapitalquote. Aus Bankensicht ist deren Erhöhung die effizienteste Maßnahme zur Risikoreduzierung, da nicht nur der Zinsaufwand des Projektes sinkt, sondern auch auf Grund der Haftungsfunktion eine Verlustbegrenzung besteht. Üblich sind Eigenkapitalquoten von 15 %-40 %, wobei pauschale Werte auf Grund der Einzigartigkeit eines jeden Projektes nicht fixiert werden sollten. Als Eigenkapitalgeber kommen neben dem Sponsor auch Projektkunden in Frage, wie z.B. Lieferanten und Abnehmer.[48]

Des Weiteren sollte eine Schuldendienstreserve aufgebaut werden. Der Aufbau einer solchen Liquiditätsreserve ist ein weiterer risikopolitischer Parameter, da sie die Zahlungsfähigkeit auch in kritischen Phasen aufrechterhalten kann.[49]

Die Darlehenslaufzeit sollte sich an der Nutzungsdauer des Projektes orientieren und einen Risikopuffer enthalten.

Durch eine funktionierende Informationsstruktur wird die Bank regelmäßig von der Projektleitung über den Zustand des Projektes in Kenntnis gesetzt. Der Abgleich von Planzahlen und übermittelten Kennzahlen hat die Funktion eines Frühwarnsystems.[50] Somit wird die Bank frühzeitig über Planabweichungen informiert und kann entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Vorraussetzung hierfür sind wahrheitsgemäße Auskünfte der Projektbeteiligten.

Eine solche Informationsstruktur macht das Handeln eines jeden Beteiligten nachvollziehbar und transparent, wodurch Informationsasymmetrien abgebaut werden können. Der Abbau dieser Asymmetrien ist eine wesentliche Voraussetzung für das Abschließen anreizverträglicher Verträge.[51]

Mit Hilfe eines Anreizsystems können Projektbeteiligte dauerhaft an das Projekt gebunden werden. Damit einhergehend soll durch positive Anreiz-Beitrags-Salden die Stabilität des Projektes gestärkt werden, so dass die Beteiligten ein wirtschaftliches Interesse an der Fortführung des Projektes haben.[52]

Tabelle 1: Anreiz-Beitrags-Struktur der Projektbeteiligten[53]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grundlage der Anreiz-Beitrags-Theorie ist die individuelle Kosten-Nutzen-Analyse eines jeden Beteiligten unter Berücksichtigung des Opportunitätsprinzips.[54]

3 Risikomanagement bei Biomass to Liquid-Projekten

3.1 Fertigstellungsrisiko

3.1.1. Risikoanalyse

Das Fertigstellungsrisiko bezieht sich auf die Erstellung der Produktionsanlagen und lä[55] sst sich in vier Ausprägungen unterscheiden[56]:

1. Risiko einer Nicht-Fertigstellung

Die Projektanlage wird nicht fertig gestellt und generiert somit auch keinen Cashflow. Eine Rendite für die Investoren wird nicht erwirtschaftet und der Kapitaldienst kann nicht bedient werden.

Ein Grund für eine Nicht-Fertigstellung könnte sein, dass während der Errichtungsarbeiten erkannt wird, dass eine Realisierung des Projektes technisch nicht möglich ist.

Es könnte sich auch während der Fertigstellungsphase herausstellen, dass das Verhältnis der erwarteten Erlöse zu den Kosten einer Fertigstellung unvorteilhaft ist. Eine der Fertigstellung erscheint dann nicht sinnvoll.

2. Risiko einer mangelnden Leistungsfähigkeit

Die Projektanlage kann nicht mit den geplanten Leistungsmerkmalen fertig gestellt werden und erreicht daher nicht die erwartete Kapazität bzw. die Qualität der Endprodukte ist unzureichend.

Wird nur ein Teil der prognostizierten Mengen hergestellt, wird auch nur ein Teil des Cashflows erwirtschaftet. Bei unzureichender Qualität könnten Schwierigkeiten bei dem Absatz der Produktion auftreten. Beide Fälle haben geringere Erlöse und somit einen geringeren Cashflow als Folge.

3. Risiko einer Verzögerung

Die Projektanlage erreicht die geplante Kapazität erst zu einem späteren Zeitpunkt und generiert somit auch erst verzögert die vorgesehenen Einzahlungen. Dies kann zur Folge haben, dass der Zins- und Tilgungsplan nicht eingehalten werden kann. Der Finanzierungsbedarf steigt durch einen längeren Finanzierungszeitraum und weiterer Fixkosten in der Errichtungsphase. Dies können Löhne und Gehälter für planmäßig eingestelltes Personal sein.

Verzögerungen können auf Fehlplanungen, schlechte Ausführung, mangelnde Expertise oder fehlende Erfahrung des Anlagenbauers, auch Contractor genannt, zurückzuführen sein.

4. Risiko höherer Kosten

Die Projektanlage wird zwar mit den vorgesehenen Leistungsmerkmalen errichtet, die geplanten Kosten werden jedoch überschritten. Eine Kostenüberschreitung kann die Folge von Verzögerungen, aber auch von notwenigen Modifikationen bei der Technik sein.

Höhere Kosten haben einen erhöhten Kapitalbedarf zur Folge, der entweder durch Inanspruchnahme neuer Kredite oder durch Zuführung weiteren Eigenkapitals getragen werden muss. Als Folge besteht das Risiko, dass die Mehraufwendungen nicht durch den Cashflow zurückgeführt werden können und das Projekt somit gefährdet ist.

Erkennbar ist, dass das Fertigstellungsrisiko entweder zu geringeren Einnahmen oder zu steigenden Ausgaben führen kann. Beide Fälle mindern die zukünftigen Cashflows und verringern somit als Folge die Rentabilität des gesamten Projektes.[57] Im worst-case, dem Falle der Nicht-Fertigstellung,[58] droht ein Totalverlust des bis zu dem Zeitpunkt eingesetzten Kapitals.

Die Zeit bis zur Fertigstellung gilt als besonders kritisch, da hier kein Cashflow erwirtschaftet wird und der größte Kapitaleinsatz besteht (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Fremdkapitaleinsatz in den Projektphasen[59]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Demzufolge hat die planmäßige Fertigstellung des Projektes höchste Priorität bei den Fremdkapitalgebern.[60]

Das Fertigstellungsrisiko stellt eines der bedeutendsten Risiken einer Projektfinanzierung dar.

3.1.2. Risikomanagement und Risikoträger

Es gilt zu untersuchen, in welchem Umfang das Fertigstellungsrisiko wem zugewiesen werden kann. Hierbei muss zwischen den Fertigungsanlagen der einzelnen Biokraftstoffe unterschieden werden.

Auf dem Gebiet von Biodiesel- und Bioethanolanlagen sowie bei Ölmühlen sind in der Vergangenheit zahlreiche Projekte realisiert worden. Für diese Biokraftstoffprojekte wird es kein Problem darstellen geeignete Contractor zu beauftragen, die einen großen Erfahrungsschatz vorweisen, so dass eine Umsetzung dieser Projekte problemlos möglich ist. Diese können die notwendige Expertise durch zahlreiche Referenzprojekte belegen.

Dennoch wird gerade während der Planungs- und Errichtungsphase das Risiko für die Fremdkapitalgeber so hoch eingeschätzt, dass entsprechende Garantieverträge verlangt werden müssen, um Risiken aus Termin- und Kostenüberschreitungen auszuschließen.[61] Schließlich erwirtschaftet das Projekt noch keine Einnahmen und die halbfertige Anlage kann nicht als Sicherheit für die Kredite dienen, da sie wahrscheinlich einen geringeren Wiederverkaufswert aufweist.

Eine Möglichkeit der Risikoabwälzung bei Kostenüberschreitungen ist die Vereinbarung von betragsmäßig begrenzten Nachfinanzierungspflichten mit dem Sponsor. Wird diese Nachfinanzierungspflicht durch eine Kreditlinie der Bank mit Rückgriffsrechten auf den Sponsor kombiniert, spricht man von dem Konzept des „Pool-of-Funds“. Durch einen solchen gemeinschaftlichen Reservefonds (siehe Abbildung 5) kann bereits im Vorfeld Vorsorge für einen zusätzlich auftretenden Finanzierungsbedarf getroffen werden.[62]

Abbildung 5: Pool–Of–Funds-Vereinbarung (Reservefonds)[63]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei Biomass to Liquid - Projekten handelt es sich um eine vergleichsweise junge Technologie, so dass es nicht zweckmäßig ist die Nachfinanzierungspflichten des Sponsors auf einen bestimmten Betrag zu begrenzen.

Vielmehr sollte die vollständige Rückzahlung und damit auch der Kapitaldienst abgesichert werden.

Daher sollte der Sponsor eine Fertigstellungsgarantie abgeben, die diesen gegenüber den Fremdkapitalgebern verpflichtet bei einer Verzögerung für den Kapitaldienst bis Fertigstellung einzustehen. Bei Nichtfertigstellung haftet der Sponsor in Höhe der Garantie, welche die vollständige Rückzahlung der Kredite decken sollte.[64] Dadurch verfügen die Kreditgeber auch bei einer Nichtfertigstellung über Rückgriffsrechte gegenüber dem Sponsor. Sind mehrere Sponsoren in das Projekt eingebunden, so sollten sie gesamtschuldnerisch verpflichtet werden.

Eine präzise Definition des Fertigstellungszeitpunktes ist erforderlich, um die Fertigstellungsgarantie in Anspruch nehmen zu können.[65]

Bei Biomass to Liquid – Projekten sollte die Fertigstellung durch einen Leistungstest belegt und von einem Gutachter festgestellt werden, so dass die Betriebsbereitschaft nachgewiesen ist. So kann sichergestellt werden, dass zu den geplanten Kosten die vorgesehene Produktionsmenge erreicht wird.[66]

[...]


[1] Diese Definition ist notwendig, da Biomass to Liquid auch für einen speziellen synthetischen

Kraftstoff aus Biomasse steht. Dieser Kraftstoff wird im weiteren Verlauf der Arbeit unter der

Abkürzung BtL genannt.

[2] Vgl. Europäisches Parlament (2003a).

[3] Vgl. Biokraftstoffquotengesetz (2006).

[4] Vgl. Reuter/Wecker (1999), S. 2.

[5] Vgl. Höpfner (1995), S. 8.

[6] Vgl. Schulte-Althoff (1992), S. 38f.

[7] Vgl. Uekermann (1993), S. 3.

[8] Vgl. Schmidt (1989), S. 23.

[9] Vgl. FNR (2006), S. 11.

[10] Vgl. Hartmann (2002a), S. 113ff.; FNR (2006), S. 36ff.; Sachverständigenrat (2007), S. 8ff.

[11] Für eine detaillierte Darstellung der jeweiligen Herstellungsverfahren siehe Anhang Abbildun-

gen 13-16.

[12] Eigene Darstellung.

[13] Dies gilt besonders für das Regulierungsumfeld.

[14] Vgl. Hupe (1995), S. 3f.

[15] Vgl. Höpfner (1995), S. 166ff.

[16] Vgl. Schmidt (1989), S. 21.

[17] Weitere Ausführungen zum Risikobegriff Hupe (1995), S. 43ff.

[18] Eigene Darstellung nach ICV (2005), S. 7.

[19] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 33.

[20] Vgl. Backhaus et. al. (1990), S. 45.

[21] Eine Vertiefung findet in Kapitel 3 statt.

[22] Abgeändert nach Finke (2005), S. 2ff.

[23] Vgl. Tytko (1999), S. 144.

[24] Vgl. Schmidt (1989), S. 132.; Uekermann (1993), S. 29f.

[25] Eine Ausführlich Analyse der identifizierten Risiken findet im 3. Gliederungspunkt. statt.

[26] Für eine Übersicht über die klassische Unterteilung der Risiken siehe Anhang Abbildung 17.

[27] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 46.

[28] Vgl. Hupe (1995), S. 59ff.

[29] Vgl. Buljevich/Park (1999), S. 143.

[30] Vgl. Schulte-Althoff (1992), S. 207.

[31] Vgl. Schmidt (1989) S. 207.

[32] Vgl. Hupe (1995), S. 65.

[33] Vgl. Hupe (1995), S. 66f.; Finke (2005), S. 26.

[34] Vgl. Hupe (1995), S. 68.

[35] Vgl. Schulte-Althoff (1992), S. 130.

[36] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 33f.

[37] Vgl. Werthschulte (2005), S. 54.

[38] Vgl. Schmidt (1989), S. 71.

[39] Vgl. Schmidt (1989), S. 163.

[40] Eigene Darstellung nach Nevitt/Fabozzi (2000), S. 12.

[41] Vgl. Höpfner (1995), S. 209.

[42] Vgl. Werthschulte (2005), S. 54ff.

[43] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 105f.

[44] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 38.

[45] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 104.

[46] Vgl. Höpfner (1995), S. 207.

[47] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 99f.

[48] Vgl. Schmidt (1989), S. 81; Gröhl (1990), S. 20.

[49] Vgl. Höpfner (1995), S. 207.

[50] Vgl. Gröhl (1990), S. 74ff.

[51] Vgl. Böttcher/Blattner (2006), S. 100.

[52] Vgl. Schulte-Althoff (1992), S. 4f.

[53] Eigene Darstellung nach Höpfner (1995), S. 30; Schulte-Althoff (1992), S. 8.

[54] Für eine ausführliche Behandlung der Anreiz-Beitrags-Theorie wird auf die Arbeiten von

Barnard (1970) und March/Simon (1958) verwiesen.

[55]

[56] Vgl. Uekermann (1993), S. 35-38; Gröhl (1990), S. 82f.

[57] Vgl. Höpfner (1995), S. 194.

[58] Vgl. Reuter/Wecker (1999), S. 62.

[59] Eigene Darstellung nach Tytko (1999), S. 40.

[60] Vgl. Schmidt (1989), S. 138.

[61] Vgl. Tytko (1999), S. 56.

[62] Vgl. Reuter/Wecker (1999), S. 63.

[63] Eigene Darstellung.

[64] Vgl. Schulte-Althoff (1992), S. 122f.

[65] Vgl. Höpfner (1995), S. 195.

[66] Vgl. Schmidt (1989), S. 142f.

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Konzeption einer Projektfinanzierung bei Biomass to Liquid Projekten
Hochschule
Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
107
Katalognummer
V93860
ISBN (eBook)
9783638068956
ISBN (Buch)
9783638957175
Dateigröße
951 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgezeichnet mit dem 3. Platz beim DZ Bank Karrierepreis 2008
Schlagworte
Konzeption, Projektfinanzierung, Projekten, Erneuerbare Energien, Strukturierte Finanzierungen, Biodiesel, Biomasse, Corporate Finance, biogene Kraftstoffe, Biofuels, BtL, Pflanzenöl
Arbeit zitieren
Kristof Krull (Autor:in), 2007, Konzeption einer Projektfinanzierung bei Biomass to Liquid Projekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93860

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