Das Überhangmandat


Seminararbeit, 2002

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Proporzprinzip und Übergangmandat
2.1 Proporzprinzip
2.2 Überhangmandat
2.3 Zusammenspiel von Proporzprinzip und Überhangmandaten

3. Das Auftreten von Überhangmandate
3.1 In den Bundestagswahlen 1949 bis 1987
3.2 In den Bundestagswahlen 1990 bis 1998

4. Analyse Proporzprinzip und aufgetretene Überhangmandate

5. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

In den Bundestagswahlen von 1949 bis 1990 traten nur relativ vereinzelt Überhangmandate auf. Den Überhangmandaten wurde erst nach der Bundestagswahl 1994 vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, da sich die Verteilung, sowie die Anzahl der Überhangmandate plötzlich schlagartig gehäuft hatten.

Bei der Wahl zum 14. Bundestag kam es ebenfalls zu überdurchschnittlich vielen Überhangmandaten. In diesem Zusammenhang traten Bedenken hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bewertung der Überhangmandate auf. Zweifel entstanden insbesondere über die Vereinbarkeit von Überhangmandaten und Grundmandatsklausel mit dem Proporzgedanken im Bundestagswahlrecht. Das Bundesverfassungsgericht konnte diesen Zweifel nicht vollends beseitigen, es traf zwar 1997 eine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit von Überhangmandaten, aber diese Entscheidung fiel nur äußerst knapp aus. Das Thema ist auch jetzt wieder aktuell, da den Überhangmandaten in der Bundestagswahl 2002 eine entscheidende Rolle zukommen könnte.

Diese Hausarbeit beschränkt sich auf die Untersuchung des Verhältnisses von Überhangmandaten zum Proporzprinzip, dabei beziehen sich alle Untersuchungen nur auf die Wahl zum Bundestag und nicht auf die Wahlen auf Landesebene.

Der Vergleich von Theorie und Empirie bildet den methodischen Rahmen dieser Arbeit. Mit Hilfe der in der Literaturrecherche ermittelten Informationen werden zunächst die Grundlagen von Überhangmandate und Proporzprinzip dargelegt. Besondere Aufmerksamkeit wird dann auf das Zusammenspiel von Überhangmandat und Proporzprinzip gelegt. Zu klären ist, wann Überhangmandate und Proporzprinzip in der Theorie vereinbar sind, bzw. wann sie nicht vereinbar sind.

Mit Hilfe dieser Überlegungen wird dann die Realität überprüft. Ausgewählte Wahlergebnisse aus den Jahren 1949 bis 1987 und 1990 bis 1998 werden hinsichtlich der Überhangmandate und ihrer Auswirkung auf das Proporzprinzip untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung und die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts in relevanten Entscheidungen sollen begründen, warum die Überhangmandate mit dem Proporzprinzip vereinbar bzw. unvereinbar sind.

Im Schluss werden noch ein Mal die wichtigsten Argumente kurz zusammengefasst.

2. Proporzprinzip und Übergangmandate

2.1 Proporzprinzip

Das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland ist ein personalisiertes Verhältniswahlrecht in welchen jeder Wähler zwei Stimmen besitzt. In diesem Wahlsystem sind sowohl Mehrheits- als auch Verhältniswahlrecht vertreten.

Das Prinzip der relativen Mehrheitswahl ist bei der Wahl eines Abgeordneten in einem Wahlkreis gegeben. Die im Wahlkreis errungenen Mandate bezeichnet man als Direktmandat. Der Abgeordnete persönlich wird mit der Erststimme gewählt.

Das Prinzip der Verhältniswahl ist bei der Verteilung der Mandate auf die Parteien gegeben. „Für die Berechnung der Mandate der einzelnen Parteien ist ausschließlich ihr Zweitstimmenanteil auf Bundesebene maßgebend“.[1]

Das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland ist aber keineswegs ein Mischwahlrecht, sondern ein Verhältniswahlrecht. Die Anzahl der an die einzelnen Parteien zu vergebenden Mandate ist ausschließlich von der Zweitstimme abhängig. Die im Wahlkreis gewonnen Mandate hingegen werden von der jeweiligen Landesliste abgezogen und bestimmen so nur die personelle Besetzung.[2]

Das Proporzprinzip ist im Wahlsystem auf Bundesebene in so fern vertreten, als dass die Mandate proportional nach erhaltenen Zweitstimmen verteilt werden. Wird der exakte Proporz zum Maßstab einer Wahl erhoben, so sind Zweitstimmenanteil und Mandatsanteil einer Partei genau im proportionalen Verhältnis. Jede Partei benötigt also exakt gleich viele Zweitstimmen um ein Mandat zu erhalten. Ein Maßstab für die Abweichung der Mandatsverteilung vom Stimmenproporz bieten die Proportionalitätsindices. Die einzelnen Werte liegen zwischen Hundert und Null. Hundert stellt den idealen Proporz da und Null den maximalen Disproporz.

Die Werte berechnen sich jeweils durch folgendes Verfahren: Hundert subtrahiert mit der halbierten Summe der Differenzbeträgen von Stimm- und Mandatsanteilen der einzelnen Parteien.[3]

Das Proporzprinzip gilt allerdings im Wahlsystem zum Deutschen Bundestag erst nach der Anwendung der Grundmandatsklausel. Die Grundmandatsklausel bestimmt, dass nur Parteien in den Bundestag einziehen dürfen, welche mindestens 5% aller gültigen Zweitstimmen oder drei Direktmandate erhalten haben. Diese Regelung soll die Zersplitterung des Bundestags in viele kleine Parteien verhindern und so seine Funktionsfähigkeit erhalten.

Die Grundmandatsklausel schränkt also das Proporzprinzip ein, da sie eine Abweichung vom reinen Proporzprinzip zulässt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung als Verfassungskonform anerkannt und beharrt damit nicht auf dem Maßstab des reinen Proporzprinzips, sondern berücksichtigt auch die Funktionalität des parlamentarischen Systems.[4]

2.2 Überhangmandat

Die Gesamtanzahl der Mandate einer Partei richtet sich im Normalfall nach ihrem Zweitstimmenanteil. Erhält eine Partei mit der Erststimme mehr Direktmandate, als es ihrem Zweitstimmenanteil vorgibt, so entstehen Mandate, welche über die normalen Direktmandate hinaus von der Landeslist abgezogen werden. Diese „überhängenden“ Mandate werden Überhangmandate genannt.

Gesetzlich geregelt ist das Auftreten von Überhangmandaten im § 6 des Bundeswahlgesetzes.[5] Das Auftreten von Überhangmandaten ist eine Besonderheit der personalisierten Verhältniswahl. Zustande kommen diese Mandate durch die spezifische Verbindung von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht im Wahlrecht der Bundesrepublik Deutschland.[6] Die so gewonnenen Mandate werden weder gestrichen, noch parteiintern verrechnet oder interparteilich ausgeglichen. Dem Gesetzgeber steht es allerdings nach geltendem Wahlrecht offen, die Zuteilung von Überhangmandaten zu vermeiden, indem er anordnet, dass die zusätzlich entstandenen Mandate mit denen für die verbundenen Landeslisten der jeweiligen Partei angefallen Mandate zu verrechnen.[7] Nach bestehendem Recht erhöht sich die Gesamtzahl der Mandate im Bundestag um die Überhangmandate.

Die Ursachen für das Auftreten von Überhangmandaten lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe besteht aus Ursachen, die innerhalb der Ebene der Bundesländer liegen, und die zweite Gruppe umfasst die Ursachen auf Ebene der parteipolitischen Mandatsverteilung. Beiden Typen von Ursachen lassen sich wiederum mehrer Erklärungsfaktoren zuordnen.

Eine Ursache die innerhalb der Ebene der parteipolitischen Mandatsverteilung liegt, ist das Stimmensplitting[8]. Stimmensplitting bedeutet, dass ein Wähler mit seiner Erst- und Zweitstimme nicht die gleiche Partei wählt. Ob er dies aus wahltaktischen Gründen oder aus Unkenntnis des Wahlsystems tut, ist für den Untersuchungsgegenstand ohne Bedeutung.

[...]


[1] Roth, Dieter 1998: Empirische Wahlforschung. Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden. Opladen: Verlag Leske + Budrich, S. 215 (Unterstreichung im Original).

[2] Vgl. Jesse, Eckard 1997: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. 8., aktualisierte und erw. Aufl., Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, S.128.

[3] Vgl. Grotz, Florian 2000: Die personalisierte Verhältniswahl unter Bedingungen des gesamtdeutschen Parteiensystems. Eine Analyse der Entstehungsursachen von Überhangmandaten seit der Wiedervereinigung. In: PVS, 41. Jg. Heft 4, S. 709.

[4] Vgl. Roth, Dieter 1998: Empirische Wahlforschung. Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden. Opladen: Verlag Leske + Budrich, S. 216.

[5] Vgl. <http://www.bundeswahlleiter.de/wahlen/rechtsgr/d/bwg1.htm#6>, 05.08.2002.

[6] Vgl. Nohlen , Dieter 2000: Wahlrecht und Parteiensystem. 3., völlig überarbeitete Aufl., Opladen: Verlag Leske + Budrich, S. 322.

[7] Vgl. <http://www.uni-wuerzburg.de/dfr/bv095335.html>, 29.07.2002, Absatz 233.

[8] Vgl. Roth, Dieter 1998: Empirische Wahlforschung. Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden. Opladen: Verlag Leske + Budrich, S. 219.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Überhangmandat
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Politikwissenschaft Mainz)
Veranstaltung
Das politische System der Bundesrepublik Deutschland
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V9405
ISBN (eBook)
9783638161206
ISBN (Buch)
9783640614172
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Überhangmandat
Arbeit zitieren
Florian Reuther (Autor:in), 2002, Das Überhangmandat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9405

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