Leseprobe
Gliederung
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Frankreichs Deutschlandpolitik 1947-
2.2 Zur Motivation der Schuman-Erklärung
2.2.1 Die Erklärung im Spiegel des Monnet-Memorandums
2.2.2 Interpretationsansatz einer politischen Wende
2.2.3 Interpretationsansatz einer „doppelten Deutschlandpolitik“
3. Konklusion
3.1 Zusammenfassung, Vergleich
3.2 Schlussbetrachtung und Fazit
4. Abkürzungsverzeichnis
5. Literaturliste
6. Anhang
6.1 – Das Monnet-Memorandum (deutsch)
6.2 – Die Schuman-Erklärung (deutsch)
1. Einleitung
» I am now going to say something that will astonish you. The first step in the re-creation of the European family must be a partnership between France and Germany. «[1]
Bereits am 9.Mai 1950 sollte Churchills Vision eines zusammenwachsenden Europas erste konkrete Konturen annehmen, als der französische Außenminister Robert Schuman in seiner „wegweisenden Regierungserklärung“[2] die Schaffung einer europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ankündigte und damit vor allem zum symbolischen Initiator der deutsch-französischen Aussöhnungspolitik avancieren sollte. Denn „[d]ie Vereinigung der europäischen Nationen“, so Schuman: „erfordert, daß der Jahrhunderte alte Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland ausgelöscht wird. [...]“[3].
Doch wie kam es zu diesem Schritt? Was waren die Motive der französischen Regierung, mit dem erst vor genau fünf Jahren besiegten Kriegsgegner Deutschland derart plötzlich zusammenzuarbeiten?
Die deutsch-französischen Beziehungen, nach 1945 vor allem durch die drei kurz aufeinander erfolgten Angriffskriege Deutschlands[4] noch immer stark belastet, waren in erster Linie durch die Versuche Frankreichs geprägt, Deutschland politisch, wie wirtschaftlich in Europa und der Welt klein zu halten[5]. Insbesondere unter Charles de Gaulle schien Frankreich nach Kriegsende geradezu darum bemüht, seine „Entindustrialisierungs-, Entmilitarisierungs- und Zerstückelungspläne“[6] eilig in die Tat umzusetzen. Dem gegenüber wird in der heutigen Debatte um den europäischen Einigungsprozess allerdings oftmals gerne von der „deutsch-französischen Achse“ oder dem „Motor der Europäischen Union“ gesprochen. Die Beziehungen beider Länder, so darf man konstatieren, haben sich in den letzten 60 Jahren also deutlich verbessert.
Mein persönliches Interesse und natürlich auch Thema dieser Hausarbeit soll es nun sein, die Wurzeln dieses offenbaren Wandels, ergo die Anfänge der „positiven[7] “ Deutschlandpolitik punktuell zu analysieren und den Versuch zu unternehmen, deren Motivation differenziert darzustellen, um letztlich zu konkreten Ansätzen einer Erklärung der europafreundlich erscheinenden französischen Deutschlandpolitik zur Gründung der EGKS zu gelangen.
Denn – so die für diese Thematik zu Grunde liegende Fragestellung - wo lagen die Motive für die am 9. Mai 1950 von Schuman verlesene Erklärung zur Gründung der EGKS und wie ist diese offensichtliche Neudefinition der französischen Deutschlandpolitik, sprich der Wunsch Frankreichs nach einer engeren Kooperation mit der Bundesrepublik, zu deuten?
Artikulieren sich in der Schuman-Erklärung (SE) also erste Anzeichen einer Wende, hin zu einer auf Versöhnung ausgerichteten Politik der Franzosen, oder spiegelt sich in ihr lediglich eine Art „doppelte Deutschlandpolitik“ wider?
Die offiziellen Publikationen der Europäischen Union[8] etwa von Pascal Fontaine[9] zu diesem Thema erscheinen eindeutig: Er bezeichnet den Schuman-Plan (SP) als „richtige Antwort auf die Probleme der Nachkriegszeit“[10] und spricht von einem „Europa im Dienste des Friedens und der Demokratie“[11]. Manch Historiker sieht in der Erklärung gar eine „ebenso genial[e] wie außerordentlich mutig[e]“ Idee[12]. Faktoren wie wirtschaftliche Zwänge oder internationalen Druck werden hingegen in den Hintergrund gedrängt. Welche Motivation den Worten Schumans – bzw. Monnets – nun tatsächlich zu Grunde liegt, wird im Folgenden zumindest in Ansätzen zu klären sein.
Die Relevanz und auch das persönliche Interesse besteht darin, – eine in der heutigen Würdigung des Schuman-Planes kaum noch beachteten These wissenschaftlich aufzuarbeiten, nämlich die, wonach sich das vom Krieg sichtlich geschwächte Frankreich[13] nach den eindeutig gescheiterten Versuchen, den Kriegsgegner Deutschland politisch wie ökonomisch am Boden zu halten[14] doch geradezu zu diesem Schritt der engeren Kooperation zur Einbindung der Bundesrepublik in ein supranational arbeitendes europäisches System gezwungen sah, um nicht vollends in der politischen Bedeutungslosigkeit zu versinken und die kontinental-europäische Vormachtstellung zu verlieren. In wie weit diese These zu verifizieren ist, bleibt zu erörtern, wobei klar sein muss, dass ein einziges Motiv zur Klärung dieses Sachverhaltes sicherlich nicht genügt.
Die Erklärung Schumans beruht vielmehr auf „einem ganzen Bündel von Motiven, allgemeinen und ganz speziellen Zielen, die offen ausgesprochen wurden oder auch verdeckt blieben.“[15] Doch natürlich wird diese Hausarbeit nicht dazu in der Lage sein, all diese Motive in ihrer Fülle zu untersuchen, sie gegeneinander abzuwägen und ein abschließendes unumstößliches Urteil zu fällen. Vielmehr sollen die wesentlichen Beweggründe der französischen Deutschlandpolitik 1950 herausgefiltert werden, um denn die SE unter Berücksichtigung eben dieser gewonnenen Erkenntnisse genauer zu analysieren und letztlich zu einem Fazit zu gelangen.
Es werden in einem ersten Teil also zunächst die grundlegenden Motive der französischen Deutschlandpolitik zwischen 1947 und 1950 erläutern und unter dem Aspekt beginnender Europäisierungstendenzen erörtert. Im Mittelpunkt stehen dabei der sich verstärkende amerikanische Einfluss in Europa, der sich verschärfende Ost-West-Konflikt sowie die immanenten wirtschaftlichen Schwierigkeiten Frankreichs. Vor diesem Hintergrund ließe sich denn auch die Motivation der SE klarer deuten und kritisch hinterfragen, was in einem zweiten Schwerpunkt der Arbeit geschehen soll. Dabei gilt es, die beiden grundlegenden Tendenzen zu dieser Thematik genauer zu untersuchen: den Standpunkt, es habe sich in der Tat um die Ansätze zu einer Wende in der französischen Deutschlandpolitik gehandelt einerseits sowie die These, wonach es sich vielmehr um eine Art Fortführung der alten Deutschlandpolitik auf neuen Wegen gehandelt habe auf der anderen Seite. Dabei gelten vor allem den ökonomischen Aspekten, dem Motiv der Friedenssicherung sowie dem sich erhöhenden internationalen Druck besondere Aufmerksamkeit. Als Grundlage für die nun folgende Erörterung dienen hierzu, neben anderen, vor allem die umfassenden Darstellungen zur französischen Deutschlandpolitik 1945-1950 von Dietmar Hüser[16] sowie die Arbeit Gilbert Zieburas[17] zu den deutsch-französischen Beziehungen. Insbesondere im Kontext dieser beiden Thesen sollen denn auch die Motive der SE interpretiert werden.
Doch muss auch darauf hingewiesen werden, dass diese „kleine Hausarbeit“ keinesfalls dazu in der Lage sein wird, das Thema allumfassend darzustellen, keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und sich auch nur auf einzelne Teilaspekte der geschilderten Problematik konzentrieren soll. Sie ist vielmehr ein Versuch, die Schuman-Erklärung vom 9.Mai 1950 wieder ein wenig im historischen Kontext zu betrachten.
2. Hauptteil
2.1 Frankreichs Deutschlandpolitik 1947-1950
» Paris hatte keine wirkliche Alternative. «[18]
1947 sollte zu einem Wendejahr[19] in den deutsch-französischen Beziehungen werden: Die Motivation, Deutschland ein für alle Mal in Schach zu halten, blieb zwar noch immer oberste Prämisse, doch wandelten sich die entscheidenden Rahmenbedingungen grundlegend. Ging es bis dato[20] insbesondere um die Abtrennung der linksrheinischen Gebiete, die Internationalisierung des Ruhrgebietes, die regionale Zerstückelung Deutschlands und nicht zuletzt um den Abschluss von Beistandsabkommen[21], sah die französische Politik in der europäischen Integration ab 1947 eine „besondere Chance, Deutschland mit einem geschlossenen Block westeuropäischer Staaten in Schach zu halten.“[22] Doch wie kam es dazu, dass „die den bitteren Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs entstammte französische Konfrontationspolitik gegenüber dem besiegten Deutschland“ nach 1947 in relativ kurzer Zeit in einen „Prozeß des Bemühens um Annährung [und] des Willens zur Versöhnung“[23] überging?
Zur Beantwortung dieser Frage sollen drei eng miteinander verknüpfte zentrale Erklärungselemente genauer untersucht werden: 1. hätten sich die französischen Deutschlandprämissen nicht mehr gegenüber den USA durchsetzen lassen, 2. habe die Bildung einer neuen sowjetischen Gefahr zu einer erheblichen Modifizierung der französischen Sicherheitspolitik geführt und 3. habe man eine Neuorientierung auch aus eigenem Interesse für notwendig erachtet.[24]
1. Die französische Deutschlandpolitik stützte sich nach 1945 im Wesentlichen auf ein Hautziel: „Sicherheit“[25]. Ein erneutes Erwachsen der deutschen Großmacht in Europa sollte unter allen Umständen verhindern werden. Doch konnte sich das wirtschaftlich schwache Frankreich[26] mit dieser Haltung gegenüber den anglo-amerikanischen Wiederaufbauplänen keinesfalls durchsetzen. Der Mangel speziell an Kohle und Devisen machte eine internationale Kooperation unausweichlich und führte zu einer beträchtlichen ökonomischen Dependenz[27] von den USA und Großbritannien. Dass die noch immer schwache französische Wirtschaft auf die Marshallplan-Mittel der Amerikaner angewiesen war, musste letztlich auch zu einer indirekten Akzeptanz der amerikanischen Deutschlandpolitik[28] und zum Eingeständnis führen, gleichzeitig eben auch die deutsche Wirtschaft wiederaufzubauen.[29] Der Versuch einer Art „Brückenpolitik“ zwischen Ost und West, eine souveräne Europa- und Deutschlandpolitik sowie eine eigenständige Sicherheitspolitik zu betreiben, war offenbar gescheitert[30].
2. Der Zusammenbruch der autonomen französischen Deutschlandpolitik hing zudem stark mit der Verschärfung des Ost-West-Konfliktes 1947 (Trumandoktrin, Moskauer Außenministerkonferenz) und der massiver werdenden Hegemonialpolitik der USA zusammen: Auf französische Sonderinteressen in Sachen Deutschland wurde in zunehmenden Maße keine Rücksicht mehr genommen.[31] Auch das anwachsende Bedrohungspotential der SU drängte die von Deutschland ausgehende Gefahr vor allem nach den Ereignissen in Prag 1948 mehr und mehr in den Hintergrund.[32] Diese „neuartige[n] Bedrohungsvorstellungen“[33] führten selbst bei den Verfechtern einer noch so harten Deutschlandpolitik zu einer veränderten Einschätzung der Gesamtlage und überlagerten schon bald die deutsche Gefahr.[34] Ja selbst die Eventualität einer Wiederbewaffnung Deutschlands zur Verteidigung des Westens wurde unter Berücksichtigung der sowjetischen Bedrohung nicht mehr kategorisch ausgeschlossen.
Dies mündetet konsequenterweise in der Schlussfolgerung, dass „das Auftauchen einer sowjetischen Bedrohung [...] auch den französischen Außenpolitikern [...] eine Annährung an Deutschland und dessen gleichberechtigte Eingliederung in den Kreis der westlichen Demokratien“[35] unter nationalen Gesichtspunkten geboten erschienen ließ. Der französische Botschafter in London, René Massigli, sprach sich daher auch vehement für eine Angliederung der FBZ an die anglo-amerikanische Bi-Zone aus.[36]
Die offensichtlichste Auswirkung des Kalten Krieges war zudem – neben der finanziellen Unterstützung der USA zur ökonomischen Stabilisierung Frankreichs – ein unausweichlich erscheinendes militärisches Engagement der Amerikaner in Deutschland und Europa gewesen.[37] Zwar strebte die im Mai/Juni 1948 auf der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz getroffene anglo-amerikanische Entscheidung, „alle deutschlandpolitischen Fragen den Erfordernissen einer [...] Auseinandersetzung mit der Sowjetunion unterzuordnen“[38], den Forderungen Frankreichs[39] unverkennbar entgegen; und dennoch kam man in der französischen Administration letztlich zu dem Schluss, seine Deutschlandpolitik grundsätzlich revidieren zu müssen und die Londoner Empfehlungen mitzutragen, da die Einbindung Deutschlands in ein internationales Mächte- und Sicherheitssystem eher im Interesse der Franzosen gewesen ist, als ein wirtschaftlich schwaches Deutschland.[40] Fazit: „Im Zeichen des sich anbahnenden Ost-West-Gegensatzes ging Frankreich, halb gezwungen, halb überzeugt, seinen Weg zur Verständigung mit Deutschland in einem sich zusammenschließenden Europa.“[41]
3. Dass dieser „Wandel der französischen Deutschlandpolitik“ auch innenpolitisch vertreten werden konnte, hing höchstwahrscheinlich ebenfalls mit der wirtschaftlichen Situation des Landes zusammen[42], was auch Robert Schuman bereits 1948 feststellte.[43] Wirtschaftspolitische Probleme, wie die allgemeine Preissteigerung, führten in der öffentlichen Meinung zu einer Mischung aus „Apathie und Aversion gegenüber Deutschland“[44]. Und selbst in den Reihen der Résistence gab es laute Stimmen, Deutschland für seine Taten nicht ausschließlich zu bestrafen, sondern eben auch eine gemeinsame Perspektive in Europa aufzuzeigen. Claude Bourdet, Mitglied der „revolutionären Humanisten“ und späterer linkssozialistischer Politiker schrieb etwa, „daß der revolutionäre Geist der Résistance sich einmütig dem Europa der Zukunft zuwendet – und daß dieses Europa nicht ohne Deutschland aufzubauen ist.“[45]
Mit welcher Konfusion das Problem Deutschland in Folge der veränderten politischen Rahmenbedingungen angegangen wurde, zeigt unter anderem auch eine Entscheidung der französischen NV vom 17.Juni 1948, wonach einerseits auf die Schaffung einer wirtschaftlichen und politischen europäischen Organisation gedrängt wird, andererseits aber nicht von den alten Forderungen abgewichen werden sollte[46]. Die Festlegung auf eines dieser sich geradezu diametral entgegenstehenden Ziele war nur eine Frage der Zeit[47]. Andere Historiker fanden etwa im Zusammenhang mit der Blockade Berlins 1948 noch wesentlich deutlichere Worte: „ [Es] zwang ein schwaches Frankreich [...] seine Nachkriegsziele aufzugeben und seine Deutschland- und Europapolitik neu zu orientieren. [...]“[48].
Es waren gerade die intellektuellen Kreise der früheren Résistance[49], die sich für eine Versöhnung mit dem ehemaligen Kriegsgegner aussprachen und die negative Deutschlandpolitik kritisierten.[50] Dieser Sinneswandel zumindest in Kreisen der französischen Bevölkerung sowie das Eingeständnis des Präsidenten de Gaulle unmittelbar nach Gründung der BRD am 25.September 1949, dass die Vernunft eine „enge direkte praktische Entente zwischen dem deutschen und dem französischen Volk“[51] fordere, waren Anzeichen einer neuen Etappe der französischen Deutschlandpolitik.
Zusammenfassend lässt sich die offizielle französische Deutschlandpolitik 1947-1950 wohl im der Tat als eine Art Umorientierungsphase bezeichnen, die sich aus einer ganzen Reihe veränderter Rahmenbedingungen ergab. Zwar spielten die zunehmende Abhängigkeit von den USA, der sich verschärfende Ost-West-Konflikt sowie die immanenten ökonomischen Probleme eine wesentliche Rolle zur Erklärung dieses Phänomens, doch bilden auch sie sicherlich nur Teilaspekte dieser komplexen Thematik der neuen europäisierten Etappe in den deutsch-französischen Beziehungen.
Es lässt sich also die Vermutung aufstellen, Frankreich habe seine Deutschlandprämissen binnen kürzester Zeit schlagartig geändert (bzw. ändern müssen) und die These unterstützen, wonach es sich um eine „Wende“ in der französischen Deutschlandpolitik handelte. Das diese Perspektive in Bezug auf den von Schuman verkündeten Plan zur Gründung der EGKS eine sehr einseitige und letztlich unvollständige ist, soll im Folgenden herausgearbeitet und näher erläutert werden, nachdem zunächst die offen ausgesprochenen Motive von Schuman und Monet kurz rekapituliert und zusammengefasst wurden.
[...]
[1] Winston Churchill am 19.9.1946 zu Studenten in Zürich. (Aus seiner berühmten Züricher Rede, zitiert nach: Stirk/Weigall: „The Origins and Development of European Integration” Pinter, London/New York: 1999; S.41)
[2] Gasteyger, Curt: „Europa von der Spaltung zur Einigung. Darstellung und Dokumentation 1945-2000” Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn: 2001, S.65
[3] Schuman-Erklärung vom 9.Mai 1950, zitiert nach: http://europa.eu.int/abc/symbols/9-may/decl_de.htm
[4] 1870/71: Deutsch-französischer Krieg, 1914-1918: Erster Weltkrieg, 1939-1945: Zweiter Weltkrieg
[5] Deutschland sollte unter die langfristige Aufsicht der Siegermächte gestellt, das Ruhrgebiet abgetreten und Großkonzerne zerschlagen werden. (vgl. Gerhard Brunn; „Die Europäische Einigung von 1945 bis heute“, Bonn 2004)
[6] Knipping, Franz / Weisenfeld, Ernst (Hrsg.) „Eine ungewöhnliche Geschichte. Deutschland – Frankreich seit 1870“, Europa Union Verlag, Bonn 1988; S.142
[7] Gerhard Brunn benutzt in seinem Werk in Bezug auf die Versuche Frankreichs zur Kleinhaltung Deutschlands das Wort der „Negativpolitik“ (vgl. Brunn 2004, S. 73)
[8] Vgl. vor allem: ‚Pascal Fontaine: „Ein neues Konzept für Europa. Die Erklärung von Robert Schuman. 1950-2000.“ (2.Ausgabe), Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 2000
[9] Pascal Fontaine - ehemaliger Assistent von Jean Monnet und Professor am Institut d’études politiques, Paris - gilt als EU-Experte und verfasst bürgernahe, leicht verständliche Broschüren (z.B. „Europa in 12 Lektionen“) für die Europäische Union.
[10] ebd. S.10
[11] ebd. S.5
[12] Albert H. V. Kraus in seinem Artikel „Keimzelle Europas. Schuman schlägt Gründung der Montanunion vor“ auf: http://www.ifdt.de/0005/Artikel/Kraus.htm, aufgerufen am 6.1.2006 (Kraus ist Historiker und Journalist und lehrt im höheren Schuldienst des Saarlandes)
[13] Hierzu in: Ziebura: „Die deutsch-französischen Beziehungen seit 1945. Mythen und Realitäten“ Verlag Günther Neske, Pfullingen, 1970; S.39: „Jedermann sah, daß Frankreich als ein ökonomisch und moralisch zerrüttetes Land aus dem Krieg hervorging Der Lebensstandard war niedrig, und die sofort einsetzende Inflation erwies sich als so zählebig, daß sie erst Anfang der 50er Jahre einigermaßen gestoppt werden konnte und damit den ökonomischen Aufschwung um Jahre hinauszögerte.“
[14] Vgl. hierzu die Rede de Gaulles vom 5.10.1945 in der FBZ (zitiert nach: Franz Knipping: „Que faire de l’Allemagne?“ in Knipping/Weisenfeld, 1988, S.142): „[...] Frankreich hier etablieren, das bedeutet zuerst, Frankreich die Verfügung über das Territorium zu verschaffen, das der Natur nach mit ihm verbunden ist. Dies betrifft die linksrheinischen Gebiete der Pfalz, Hessen, das rheinische Preußen und das Saarland. [...] Das Ruhrgebiet ist ein Pfand und ein Hilfsmittel zugleich. Ein Pfand, weil ohne das Ruhrgebiet Deutschland sich nicht wieder erheben und uns erneut bedrohen, angreifen, niederwerfen kann. Ein Hilfsmittel [...], das Frankreich helfen soll, eine große Industriemacht zu werden. [...]“
[15] Brunn, 2004: S.71f.
[16] vgl. Hüser, Dietmar: „Frankreichs 'doppelte Deutschlandpolitik'. [...] 1944 – 1950“, Verlag Duncker & Humblot, Berlin 1996
[17] vgl. Ziebura, 1970
[18] Cyril Buffets Analyse zur französischen Deutschlandpolitik 1947-1950 in: Guido Müller: „Deutschland und der Westen. Internationale Beziehungen im 20. Jahrhundert“ Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998: S.176
[19] Dieses Jahr wird in der einschlägigen Literatur immer wieder genannt (vgl. etwa Knipping 1988, Ziebura 1970 oder Auerbach in Herbst, Ludolf u.a. (Hrsg.):„Vom Marshallplan zur EWG...“, München 1990). Ausschlaggebend für die französische Kurskorrektur seien demnach insbesondere das Scheitern der Moskauer Außenministerkonferenz im März/April 1947 sowie der Anfang Juni verkündete Marshall-Plan gewesen.
Joseph Rovan hierzu in Knipping, 1988: S.159 „Die große Wende in der französischen [...] Deutschlandpolitik kam im Frühjahr 1947, als auf der Konferenz der Großen Vier in Moskau klar wurde, dass die Sowjetunion die Ziele [Ausgliederung der Ruhr-Region, starke Dezentralisierung], die Frankreich in Deutschland erreichen wollte, nicht zu unterstützen bereit war. “
[20] vgl. zu den Motiven unmittelbar nach 1945 etwa Knipping in: ders. 1988, S.141ff.
[21] Der im März 1947 mit GB abgeschlossene Bündnisvertrag sowie der bereits 1944 mit der SU geschlossene Beistandspakt sicherten Frankreich wechselseitige Hilfe im Falle einer erneuten Aggression Deutschlands zu.
[22] Brunn, 2004: S.73
[23] Knipping in: ders. S.146
[24] Diese Gliederung ist im Wesentlichen an Knipping in: ders. 1988: S.146ff. angelehnt
[25] Cyril Buffet in: Müller, 1998: S.174. Er fährt fort: „Das größte französische Ziel bestand darin, Deutschland nicht wieder zu einer Großmacht in Europa werden zu lassen, was seine Zerstückelung […] voraussetzte.“
[26] Zur Verdeutlichung zwei Indexzahlen aus: Knipping 1988: S.147: Die Industrieproduktion lag 1944 bei 35% des Wertes von 1938/die landwirtschaftlichen Erträge gingen 1945 auf unter 60% des Vorkriegsniveaus zurück.
[27] vgl. Knipping, 1988: S.147 (Amerikanische, britische und kanadische Geldgeber unterstützten den Wiederaufbau der französischen Wirtschaft zwischen 1945 und 1950 mit über 5 Milliarden US$)
[28] Ziebura, 1970: S.43f.
[29] vgl. Knipping, 1988: S.148 (1947 „bekannte sich die französische Regierung ausdrücklich zum gleichzeitigen Wiederaufbau aller europäischen Länder [...].”)
[30] Bidault konstatiert am 9.6.1948 ernüchtert: „Nous sommes au bord de l’abîme!“; in Herbst, Ludolf u.a., 1990: S.587 (ursprünglich aus: L’Année politique, 1948: S.334f.)
[31] vgl. hierzu Ziebura, 1970: S.43
[32] Hierzu Cyril Buffet in: Müller, 1998: S.176: „Unter dem Eindruck des Prager Coups vollzog Frankreich eine einschneidende [...] Wendung, denn die neue sowjetische Gefahr ließ die Bedrohung durch Deutschland langsam in den Hintergrund treten.“
[33] Knipping, 1988: S.149
[34] vgl. etwa Knipping, 1988: S.149 (darin ein Zitat de Gaulles vom 27.7.1947: „Möge sich niemand täuschen über das Ausmaß der Gefahr, das ein solcher [sowjetischer] Machtblock unter einem solchen System schon morgen für unser Land bedeuten kann.“)
[35] Knipping, 1988: S.150
[36] „Die Fusion der Zonen liege im französischen Interesse [...]. Jetzt habe man noch die Möglichkeit, in dem politischen System, das die Anglo-Amerikaner in Deutschland aufbauen, bis zu einem gewissen Grade auch die eigenen Vorstellungen geltend zu machen.“, Massigli zitiert nach Auerbach in: Herbst, 1990: S.580
[37] vgl. Hüser, 1996: S.294
[38] Knipping, 1988: S.150
[39] Dezentralisierung des Nachkriegsdeutschlands, Internationalisierung des Ruhrgebietes etc.
[40] vgl. hierzu Knipping, 1988: S.151 („Ein in ein kollektives Sicherheitssystem eingebundenen und sich ansonsten frei entfaltendes Deutschland entspreche unter diesen Umständen dem französischen Interesse mehr, als ein politisch und wirtschaftlich niedergehaltenes Deutschland, das sich früher oder später doch nur wieder zu radikalisieren drohe.“)
[41] Knipping, 1988: S.155
[42] Ziebura, 1970: S.44ff.
[43] Schuman am 13.10.1948: „il y a une interdépendance certaine, je dirais automatique, entre la force de notre situation intérieure, la cohésion de notre politique intérieure et le prestige de la France au-dehors.“ in Hüser, 1996: S.288
[44] A. Korff S.228f.
[45] Claude Bourdet im Untergrundmagazin „Combat“ (Nr. 55, März 1944); zitiert nach: Ziebura 1970: S.29
[46] vgl. Ziebura, 1970: S.47
[47] Buffet fasst dieses Dilemma so zusammen: „Die Berliner Blockade warf ein Licht auf die unaufhebbaren Widersprüche der französischen Deutschlandpolitik und zwang die Franzosen, ihre Deutschlandpolitik zu ändern, obwohl sie sich aus ideologischen Überzeugungen dagegen wehrten.“ (in: Müller, 1998: S.174)
[48] Cyril Buffet in: Müller, 1998: S.174
[49] Joseph Rovan (in: Knipping, 1988: S.156ff.) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es gerade unter den vielen Deportierten der Résistance ein eindeutiges Bewusstsein von der Existenz eines deutschen Widerstandes gegen die Nationalsozialisten gegeben habe
[50] vgl. Ziebura, 1970: S.48f.
[51] de Gaulle in: Ziebura, 1970: S.49