Extrait
1. zu Leben und Werk
- Geb. am 4.Februar 1914 in München, Vater: Kaufmann und Versicherungsvertreter
- 1920-1928 Besuch der Volksschule und des Gymnasiums in München bis zur Untertertia; Lehre als Buchhändler
- 1931-1933 beginnende politische Arbeit im Kommunistischen Jugendverband; seit 1932 Organisationsleiter für Südbayern
-1933 Verhaftungen; Aufenthalt im KZ Dachau; danach, unter Gestapo-Aufsicht gestellt, gibt er seine politische Tätigkeit auf
- 1933-1940 Arbeit als kaufmännischer Angestellter im Verlag und in der Industrie 1941 Soldat
- 1944/45 er desertiert an der italienischen Front zu den Amerikanern; Kriegsgefangenschaft in den USA ab 1945 journalistische und herausgeberische Tätigkeiten bei der ,,Neuen Zeitung", dem ,,Ruf" (1947 von den Amerikaner verboten), der literarischen Zeitschrift ,,Texte und Zeichen", bei Sendern in Hamburg und Frankfurt am Main (Feature-Redaktion) und dem Süddeutschen Rundfunk (,,Radio-Essay")
- 1947 Mitglied der ,,Gruppe 47"
- 1958 er lässt sich als freier Schriftsteller in Berzona (Schweiz) nieder
- 1972 Schweizer Staatsbürgerschaft
- 1980 Tod am 21.Februar in Berzona an Nierenversagen nach dreijähriger Krankheit
Ausgewählte Werke:
Romane und Erzählungen:
-Die Kirschen der Freiheit. Ein Bericht (1952)
-Sansibar oder der letzte Grund (1957), Deutscher Kritikerpreis
-Die Rote (1960)
-Efraim (1967)
-Winterspelt (1974)
-Der Vater eines Mörders. Eine Schulgeschichte (1980)
Außerdem:
Hörspiele
(Fahrerflucht 1958, Fahnenflucht);
Essays; Reisebilder
2. Figuren
Der Junge:
1. 16-jähriger Einzelgänger, Idol: Huckleberry Finn
-arbeitet auf dem Kutter des Fischers Knudsen
-lebt mit seiner ständig nörgelnden Mutter in Rerik; mutmaßlich alkoholkranker Vater starb früh
-möchte aus drei Gründen weg aus Rerik: 1. ,,in Rerik war nichts los"
2. ,,ich hasse sie alle"(Rerik und Einwohner sind schuld am Tod des Vaters)
3. ,,Sansibar oder der letzte Grund"
( exotische Insel symbolisiert sein Fernweh)
-verändert sich
Gregor: - junger Mann von unauffälligem Äußeren
-durchdenkt seine Handlungen genau
-Instrukteur der Kommunistischen Partei,
-beging ,,Verrat" an der Partei begangen, da er die kommunistische Überzeugung verloren hat
-und jetzt ,,desertieren", sich in Ausland absetzen möchte
-zentrale Person, Motor der Handlung, weil er Kontakt zu allen anderen aufnimmt
-verändert sich
-autobiographische Züge (siehe 6.)
Helander: - evangelischer Pfarrer Reriks
-hat Glauben verloren, da Gott die ,,Anderen" zugelassen hat
-möchte den ,,Klosterschüler" vor der Zerstörung durch die Nazis retten
-steht durch das Aufbrechen einer alten Kriegsverletzung kurz vor dem Tod (,,Verdun-Bein")
-verändert sich
Knudsen: - Fischer aus Rerik
-früher überzeugter Kommunist
-hat aber den Glauben an die KP verloren, da sie die ,,Anderen" nicht verhindern konnte
-möchte prinzipiell weg aus Rerik
-bleibt jedoch aus Verantwortungsbewußtsein gegenüber seiner leicht geisteskranken Frau
Judith: - junge, gebildete Frau aus einer reichen Hamburger Familie
-Jüdin
-ihre gelähmte Mutter wählt den Freitod, um sie nicht von der Flucht zurückzuhalten
-ihre Mutter empfiehlt Rerik als Fluchtort (sie war dort während der Hochzeitsreise
-weltferne Romantik des Bildungsbürgertums angesichts der braunen Bedrohung)
-Rerik wird zur Falle, findet keine Fluchtmöglichkeit
Der ,,Lesende Klosterschüler": - Skulptur in der Kirche zu Rerik
-soll als ,,entartete Kunst" beschlagnahmt werden
-Symbol für individuelle, kritische geistige Freiheit
-mehr als nur Objekt , da er Einfluss auf Denken, Fühlen und Handeln der Personen nimmt
3. Inhalt
Gregor trifft den Kontaktmann der KPD in Rerik, Fischer Knudsen, in der Reriker Kirche. Dort sieht er den lesenden Klosterschüler und erkennt, dass der Mensch ohne fremden Auftrag leben kann und soll. Für ihn bedeutet diese Erkenntnis die endgültige Lösung von der Partei. Seinen Auftrag, das Fünfergruppensystem einzuführen verfolgt er nicht weiter. Als er merkt, dass Knudsen ihm nicht bei seiner Flucht ins Ausland helfen wird, stellt er seine eigenen Interessen zurück. Er hat Judith in der Stadt bei ihrer hoffnungslosen Suche nach einer Fluchtmöglichkeit beobachtet. Helander hatte Knudsen schon vergeblich gebeten, den ,,Lesenden Klosterschüler" mitzunehmen. Gregor überzeugt Knudsen, das Mädchen und die Plastik nach Schweden zu fahren und damit zu retten.
Der Junge möchte eigentlich in Schweden bleiben. Er sieht dort alle Voraussetzungen seines Traumes von einem freien Leben erfüllt. Doch als er sieht, dass Knudsen auf ihn wartet, obwohl ihn das in Gefahr bringt, kehrt er mit nach Rerik zurück. Damit hat er sich von seinen egoistischen Abenteuergedanken gelöst.
Helander soll zum Verhör abgeholt werden. Er beschließt im Kampf gegen die ,, Anderen" unterzugehen und schießt auf die Männer. Der Pfarrer stirbt im Kugelhagel. Er findet aber zu Gott zurück, weil er glaubt, dass dieser ihn als Werkzeug schießen lässt; Gott nimmt die ,,Anderen" also nicht hin. Gregor geht alleine aus Rerik wieder fort.
4. Erzähltechnische Aspekte, Struktur, Sprache im Vergleich zu ,,Horns Ende" von Christoph Hein
-37 Abschnitte - 7 Kapitel, 38 Abschnitte
-jeder Abschnitt dreht sich um eine Person oder das - 1 Abschnitt, 1 Person
Zusammentreffen von zwei oder drei Personen (Multiperspektivität)
-Handlungsstränge beginnen parallel (Isolation der Personen)
-später werden die Handlungsstränge verwoben - Personen treten nicht in Kontakt (Höhepunkt: Schicksalsgemeinschaft auf dem Kutter)
-auktoriale Erzählhaltung (E. kennt Gefühle und Gedanken)
-personales Erzählverhalten (Ich-Erzähler)
-aber: keine olympische Position in Bezug auf die
Handlung als Ganzes, diese wird nur durch die Personen bewertet und kommentiert (personale Perspektivierung)
-Wechsel der Zeitebenen, Rückblenden
-Wechsel von Gedachtem und Gesprochenen, wobei direkte Rede nie in Anführungszeichen gesetzt ist
-Wechsel von direkter Rede mit Inquit-Formeln (z.B. er sagte), erlebte Rede und innerer Monolog bei der Wiedergabe des Gedankenstroms
-,,Kaleidoskopcharakter" des Romans
-versch. Sprachebenen charakterisieren Herkunft und Situation der Personen (Bsp. Judith: gehobene Sprache des Bildungsbürgertums _ Backfisch-Sprache, als sie mit der Situation in Rerik nicht zurechtkommt)
5. Autobiographische Hintergründe
Parallelen Gregor-Andersch:
-das Desertieren
-die Organisatorische Arbeit im kommunistische Jugendverband
-der Abfall von der Partei
Anderschs Beziehung zu seinem Vater:
-Vater: kleinbürgerlich, nationalistisch
-nach dessen Tod Eintritt in den kommunistischen Jugendbund (Befreiungsschlag)
6. Zeit- und geistesgeschichtliche Hintergründe
Situation der Kommunisten in Deutschland (1932-1937)
-1933 radikale Einschränkung der politischen Freiheit (Versammlungsfreiheit)
-KPD hilflos gegenüber der Machtübernahme Hitlers; unvorbereitet für Widerstand oder Untergrundarbeit
-27.2. 1933 Reichstagsbrand_ Schuld wurde Kommunisten in die Schule geschoben
Aufhebung der Grundrechte, Todesstrafe für Aktionen gegen die Nazis
-1933 Reichstagswahlen: KPD hat 81 Mandate, Abgeordnete werden verhaftet,
Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes war die KPD nicht mehr vertreten
-14.6.1933 Gesetz gegen die Neugründung von Parteien
-Taktik des Trojanischen Pferdes ( Bildung von getrennten Zellen zum Schutz vor Überwachung
Fünfergruppensystem im Roman)
Situation der evangelischen Kirche in Deutschland bis 1937
Die evangelische Kirche war in zwei Lager gespalten:
-die Deutschen Christen:
Kirchenbewegung Lehre: - Hitler = von Gott gesandter Retter des dt. Volkes
-neben der Bibel müssen auch die neuen Taten Gottes in der nat.-soz. Revolution verkündet werden
-936 vom Reichskirchenausschuss und der NSDAP abgelehnt
Glaubensbewegung Lehre: - bejahender artgemäßer Christenglauben soll am nat.-soz. Befreiungskampf teilnehmen
-Rasse, Volkstum und Nation als ,,gottgeschenkte Lebensordnung"
-Gegen Marxismus, Pazifismus, Internationalismus
Die Bekennende Kirche: - abgelehnt wird die Ausrichtung der Kirche an politischen Interessen
-ab 1933 mit Keimzelle des christlichen Widerstandes
-Pfarrer traten auch gegen Judenverfolgung, Tötung von psychisch Kranken, Konzentrationslager ein und wurden deshalb verfolgt
Situation der Juden in Deutschland bis 1937
-1933 Boykott jüdischer Geschäfte, Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst
-1935 Nürnberger Gesetze
-9. auf 10. Dezember 1938 Reichskristallnacht: Zerst örung jüdischer Geschäfte und Synagogen;
-Deportationen in Konzentrationslager; Juden dürfen keine kulturellen Veranstaltungen mehr besuchen; Pässe werden mit ,,J" gestempelt
-> 1937 ist es für Juden aber noch möglich, Deutschland zu verlassen
Erschwerung: Reichsfluchtsteuern; Schwierigkeit, Asyl zu finden
Existenzialismus Sartres
Begriff der Freiheit:
-der Mensch ist absolut frei und unabhängig
-die absolute Freiheit ist eine Art Alptraum in einer zufälligen Welt (Mensch ist in die Welt ,,geworfen" und zur Freiheit ,,verurteilt")
-der Mensch ist also niemandem Rechenschaft schuldig (auch keinem Gott)
-deshalb muss er sich nicht an moralische Vorschriften halten
-trotzdem soll er sich für engangieren, um die absolute Freiheit zu erhalten
-die Freiheit des Einzelnen wird von den anderen freien Individuen bedroht (,, Die Hölle, das sind die anderen."- Parallele zu den ,,Anderen" im Roman)
-da es keinen verbindlichen Sinn des Lebens gibt, muss sich der Mensch seine Ziele selbst stecken
-der Mensch ist für alles verantwortlich, was um ihn her geschieht, da er mit Engagement etwas dagegen tun könnte
7. Der Expressionist Ernst Barlach und sein ,,Lesender Klosterschüler"(1930)
-geteilte Beurteilung des ,,nordischen" Expressionismus in der NSDAP: erst als angemessener Ausdruck der nationalsozialistischen Revolution angesehen, setzte sich später ,, Hitlers Mißtrauen gegen einen zumindest latenten Intellekutalismus norddeutscher, vor allem preußischer Malerei (...)" durch, das ,,(...) einen penetranten ´süddeutschen´ Provinzialismus (...) begünstigte".
-ab 1936 keine freie künstlerische Betätigung für Expressionisten mehr möglich
-Barlach wurde aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen und erhielt Ausstellungsverbot (1937)
Literaturverzeichnis:
Andersch, Alfred: Sansibar oder der letzte Grund. Zürich. Diogenes. 1970
Müller, Fred: Alfred Andersch, Sansibar oder der letzte Grund: Interpretation/von Fred Müller. München. Oldenbourg. 1998²
- Citation du texte
- Katrin Purschke (Auteur), 2000, Andersch, Alfred - Sansibar oder der letzte Grund, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95683
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Commentaires
Alfred Andersch Sansibar.
Merci vielmls,hast mir echt geholfen,wir schreiben morgen nämlich ne Arbeit dadrüber.Ciao Missi
danke danke.
hi hi!! hast mir wirklich weitergeholfen mit deinem referat.müsste das buch zu letzter woche gelesen haben und habe noch keine einzige seite gelesen.deine zusammenfassung hat mir sehr weitergeholfen!!vielen dank!
meiner meinung nach sehr überschaubar und leicht zu verstehen
Beurteilung.
Das Referat an sich ist detailliert und vom Inhalt her gut. Dennoch vermisse ich Interpretationen, die den Inhalt genauer erläutern. Da ich den Roman gerade im Deutschunterricht lese, weiß ich ,dass das Buch sehr gut geschrieben ist.Aber das ist ja schließlich Ansichtssache.Trotzdem ein gutes Referat!