Motivationen beim Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel


Seminararbeit, 2002

38 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Einführung 6

Methode 6

Untersuchungsräume 8

Die Städte Wetzlar und Witzenhausen 8

Strukturelle Voraussetzungen 8

Finanzielle Lage 8

Landwirtschaftliche Produktion 9

Versorgung mit biologisch erzeugten Lebensmitteln 9

Die Verkaufsorte 9

Der Naturkostladen in Wetzlar 9

Die FoodCoop in Witzenhausen 10

Der Supermarkt in Witzenhausen 10

Ergebnisse 11

Die Käuferinnengruppen der beiden Städte 11

Soziale Strukturen 11

Finanzielle Verhältnisse 12

Bildung 12

Einkaufverhalten 13

Motivation 15

Verknüpfungen 16

Die Hauptmotive 17

Begegnung mit ökologischer Landwirtschaft in der Praxis 18

Der Anteil biologisch erzeugter Lebensmittel 20

Ethische und personenbezogene Motive 21

Kaufsteigerung 23

Fazit 24

Zusammenfassung 26

Literatur 27

Abkürzungsverzeichnis

BAFÖG

Bundesausbildungsförderungsgesetz

BAG

Bundesarbeitsgemeinschaft

BMVEL

Bundesministerium für Verbraucherschutz,

Ernährung und Landwirtschaft

BSE

Bovine Spongioenzephalitis

CMA

Centrale Marketing Agentur

DM

Deutsche Mark

EW

Einwohner/in

FH

Fachhochschule

FoWIZ

Food Coop Witzenhausen

ha

Hektar

IT

Informationstechnologie

k. A.

keine Angabe

LF

landwirtschaftliche Fläche

Mrd.

Milliarden

NaWZ

Naturkostladen Wetzlar

qkm

Quadratkilometer

s.

siehe

SÖL

Stiftung Ökologie und Landbau

SuWIZ

Supermarkt Witzenhausen

TU

Technische Universität

u.a.

unter anderem

vgl.

vergleiche

WG

Wohnungsgemeinschaft

Witzenh.

Witzenhausen

ZADI

Zentrale Agrardokumentations- und

– informationsstelle

Tab.

Tabelle

Abb.

Abbildung

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1

Altersverteilung

S. 11

Abb. 2

Einkommensklassen

S. 12

Abb. 3

Pro-Kopf-Einkommen

S. 12

Abb. 4

Ausbildung

S. 12

Abb. 5

Anteil Bioprodukte am gesamten

Lebensmittelbedarf

S. 14

Abb. 6

Bedingungen eines erhöhten

Einkaufs biologischer Produkte

S. 14

Abb. 7

Motivationen für den Einkauf

biologischer Lebensmittel

S. 15

Abb. 8

Zeitpunkt des ersten Einkaufs

biologischer Produkte

S. 16

Abb. 9

Motivunterschiede

S. 17

Abb. 10

Auslöser für den Einkauf

biologischer Lebensmittel

S. 17

Abb. 11

Anteil Bioprodukte am gesamten

Lebensmitteleinkauf der praktisch

Tätigen im Vergleich

S. 18

Abb. 12

Motivation der praktisch Tätigen

im Vergleich

S. 19

Abb. 13

Einkommensklassen der

Biokäuferinnen im Vergleich

S. 20

Abb. 14

Motivgruppen der Biokäuferinnen

im Vergleich

S. 20

Tab. 1

Bevölkerung nach Altersgruppen

in %

S. 8

Tab. 2

Angebote biologisch erzeugter

Lebensmittel in den Regionen

Wetzlar und Witzenhausen

S. 9

Tab. 3

Berufe nach Branchen

S. 13

Einführung

Die seit Januar 2001 amtierende Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft - Renate Künast - hat die Erhöhung des Anteils ökologisch erzeugter Lebensmittel in der bundesdeutschen Landwirtschaft auf 20% gefordert. In der hierdurch angeregten Diskussion wird immer wieder das Argument ins Spiel gebracht, dass biologisch erzeugte Nahrungsmittel für weite Kreise in der Bevölkerung zu teuer seien und ein entsprechendes Konzept nicht durchführbar sei.

Die vorliegende Arbeit möchte diese These in Frage stellen. Sie untersucht hingegen die Rolle der Motivation bzw. der Begegnung mit (ökologischer) Landwirtschaft als Hintergrund für den Kaufentscheid. Zu diesem Zweck wurde das Verbraucherinnenverhalten1in zwei hessischen Städten untersucht. Eine dieser beiden Städte ist als Standort eines Studiengangs „Ökologische Landwirtschaft“ bekannt, sodass mit einer deutlich höheren Zahl an Konsumentinnen gerechnet werden kann, die sich theoretisch und praktisch mit dieser Form der Landbewirtschaftung auseinandergesetzt haben.

Kaufverhalten ist nicht zuletzt auch Ausdruck eines gesellschaftlich wünschenswerten Verhaltens (Lantermann/Döring-Seipel 1990). Durch seinen Lebensstil gewinnt der Mensch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und wird in seiner Identität gestärkt. Durch gemeinsam geteilte Werte wird ein soziales System stabilisiert, weil sie Einstellung und Verhalten der Individuen bedingen (Sanders 1998). In der sozialen Subgruppe erfährt er durch seine Art der Lebensgestaltung Anerkennung und Respekt. Daher ist die Frage, ob sich in beiden Städten aufgrund der jeweiligen äußeren Umstände verschiedene Kaufkulturen zeigen.

Mit dieser Untersuchung möchte die Arbeit einen Beitrag zu der Frage leisten, wie ökologische Produkte beworben werden sollten bzw. welche weiteren Massnahmen notwendig sind, um die gewünschte Steigerung des Absatzes entsprechender Lebensmittel zu erreichen.

Als Untersuchungsräume wurden die beiden hessischen Städte Witzenhausen und Wetzlar ausgewählt. In Witzenhausen findet sich eine hohe Anzahl von Studenten und Studentinnen der Ökologischen Landwirtschaft, die sich durch BAFÖG-, Elternunterhalt oder eigenen Zuerwerb finanzieren, also zu eher einkommensschwachen Bevölkerungsschicht gezählt werden müssen. Dem gegenübergestellt ist Wetzlar, eine Stadt mit einem hohen Anteil an verarbeitendem Gewerbe ohne Universität. Im Vordergrund des Vergleichs steht die Frage, ob es in beiden Städten unterschiedliche Motivationen für den Einkauf gibt und inwieweit diese durch praktische Erfahrungen in der Landwirtschaft geprägt sind.

Methode

Zur Untersuchung der Verbraucherinnenmotivation wurde ein standardisierter Fragebogen genutzt, der sich im Anhang findet. Um die Zufälligkeit der Stichprobe zu sichern, wurden in insgesamt drei Geschäften alle Kunden und Kundinnen befragt, die zwischen 10.00 und 13.00 Uhr an einem Samstag vormittag im Juni 2001 zum Einkaufen kamen. Der Zeitraum wurde gewählt, weil einerseits die Kundinnenfrequenz zu dieser Zeit sehr hoch ist und andererseits alle drei Geschäfte zu diesem Zeitpunkt geöffnet haben.

Die Orte, an denen die Kunden und Kundinnen befragt wurden, ergaben sich aus den in der jeweiligen Stadt vorhandenen Möglichkeiten für den Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel. In der Stadt Wetzlar ist dies in erster Linie ein Naturkostladen, der sich aktuell zum Naturkostsupermarkt entwickelt hatte. Weitere Einkaufsmöglichkeiten ergeben sich in Supermärkten, die ein eigenes Biolabel führen. Da dieses Angebot bisher nur sehr marginal ist und es schwierig gewesen wäre, aus der Menge der Kundinnen eines herkömmlichen Supermarktes diejenigen auszuwählen, die biologisch erzeugte Lebensmittel kaufen, wurde die Befragung auf den Naturkostsupermarkt (im folgenden NaWZ abgekürzt) beschränkt. Demgegenüber gibt es in Witzenhausen zwei zentrale Möglichkeiten für den Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel. Zum einen ist hier eine FoodCoop2zu nennen (im folgenden FoWIZ abgekürzt), in der ein Einkauf nur für Mitglieder möglich ist, die jedoch in ihrem Aufbau sehr stark einem Naturkostladen ähnelt und auch eine ähnliche Preisstruktur hat. Zum anderen gibt es einen Supermarkt mit einem Anteil an Bio-Lebensmitteln von etwa 10% (vgl. tegut 2001), der seit längerem offensiv Bio-Lebensmittel bewirbt und mit über 1000 Produkten im Sortiment eine angemessene Auswahl bietet (im folgenden SuWIZ abgekürzt). Die Auswahl der Kundinnen war hier insofern möglich, als es im Obst- und Gemüsebereich separate Stände für Erzeugnisse aus biologischer Landwirtschaft gibt, sodass die Kundinnen an diesen Ständen befragt werden konnten.

Die Direktvermarktung wurde in beiden Orten nicht berücksichtigt. Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass das entsprechende Klientel durch die Befragung in der FoodCoop Witzenhausen erreicht wurde, weil hier insbesondere Gemüse, Fleisch und Brot von umliegenden Höfen kommen. Zum anderen war die direkte Vergleichbarkeit nicht gegeben, da es auf dem Wochenmarkt in Wetzlar keine Anbieterin biologisch erzeugter Lebensmittel gibt. Die Befragung in Hofläden schied wegen der zu erwartenden geringen Kundinnenfrequenz aus.

Untersuchungsräume

Im folgenden werden die beiden hessischen Städte Wetzlar und Witzenhausen hinsichtlich ihrer sozialen und ökonomischen Gegebenheiten sowie im Hinblick auf die Landwirtschaft der jeweiligen Regionen einander vergleichend gegenübergestellt.

Die Städte Wetzlar und Witzenhausen

Beide untersuchten Städte sind Mittelzentren, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Größe. Während Wetzlar knapp 50.000 Einwohner hat, sind es in Witzenhausen nur knapp 20.000, wobei die Stadt selbst nur 10.000 Einwohner hat3. Nur 17 km von der Stadt Wetzlar entfernt befindet sich mit Gießen ein weiteres Mittelzentrum.

Strukturelle Voraussetzungen

Die Stadt Witzenhausen liegt im Regierungsbezirk Nordhessen und gehört zum Landkreis Werra-Meissner. In diesem ländlich geprägten Raum leben durchschnittlich 112 EW/qkm (Stadt Witzenhausen 130 EW/qkm). Die Stadt Wetzlar gehört zum Regierungsbezirk Mittelhessen und liegt im Lahn-Dill-Kreis. Mit durchschnittlich 696 EW/qkm ist sie deutlich stärker besiedelt als Witzenhausen (Lahn-Dill-Kreis 247 EW/qkm). Der Bevölkerungsindex lag 1999 im Werra-Meissner-Kreis bei –12%, während er im Lahn-Dill-Kreis +14% betrug. In direktem Zusammenhang steht der höhere Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung (vgl. Tab. 1).

Tab. 1: Bevölkerung nach Altersgruppen in %

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Lahn-Dill-Kreis ist das verarbeitende Gewerbe – bedingt durch die traditionelle Metallverarbeitung - sehr stark vertreten. 43,7% der Beschäftigten sind hier tätig, während es im Werra-Meissner-Kreis nur 32,2% sind. Durch die mit Beginn der 60er Jahre des lezten Jahrhunderts einsetzende „Gastarbeiterwerbung“ in diesen Branchen ist der relativ hohe Ausländeranteil im Lahn-Dill-Kreis bedingt (9,5% gegenüber 4,0% im Werra-Meissner-Kreis). Die Arbeitslosenquote betrug hier im Juni 2000 8,5%, während es im Werra-Meissner-Kreis 13,1% waren.

Finanzielle Lage

Im Jahr 1999 nahm die Stadt Wetzlar 1559,- DM -Steuern pro Einwohner ein. In Witzenhausen lag der Wert im Vergleichszeitraum bei 1140,- DM. Die Neuverschuldung lag mit 1971,- DM/EW (Wetzlar) bzw. 1841,- DM/EW (Witzenhausen) etwa gleich hoch und unter dem Landesdurchschnitt von 2961,- DM/EW. Beide Städte sind jedoch hoch verschuldet. Der Anteil der Sozialhilfeempfängerinnen an der Gesamtbevölkerung ist im Lahn-Dill-Kreis mit 1,45% deutlich höher als im Werra-Meissner-Kreis (0,88%). Auffällig ist auch, dass im erstgenannten das Durchschnittsalter der Sozialhilfeempfängerinnen bei 38 Jahren liegt, während es im Werra-Meissner-Kreis 45,5 Jahre sind.

Landwirtschaftliche Produktion

Im Lahn-Dill-Kreis wirtschaften 961 Betriebe auf 21.160 ha LF; dies entspricht einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 22 ha. Im Werra-Meissner-Kreis beträgt die landwirtschaftliche Nutzfläche 38.185 ha. 1281 Betriebe arbeiten dabei auf durchschnittlich 29,8 ha. Über die Hälfte der Betriebe in beiden Landkreisen bewirtschaftet jedoch Flächen unter 10 ha, also im Nebenerwerb. Während sich in Wetzlar eine gleichmäßige Verteilung zeigt, gibt es im Werra-Meissner-Kreis noch einmal einen deutlich hohen Anteil von Betrieben mit einer bewirtschafteten Fläche von über 50 ha. Die größere Bedeutung von Landwirtschaft in diesem Gebiet zeigt sich nicht zuletzt auch an dem Anteil der Beschäftigten. Während 2,1 % aller Beschäftigten im Werra-Meissner-Kreis in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, sind es im Lahn-Dill-Kreis nur 0,7%

Versorgung mit biologisch erzeugten Lebensmitteln

Um die Versorgung mit biologisch erzeugten Lebensmitteln vergleichbar zu machen, wurde das Angebot jeweils innerhalb eines Umkreises von 15 km untersucht. Dabei wurde deutlich, dass eine Grundversorgung mit ökologischen Lebensmitteln in beiden Regionen durchführbar ist. In und um Witzenhausen ist es jedoch einfacher, dieses Angebot an zentralen Orten einzukaufen, während in der Umgebung von Wetzlar mehrere Orte angefahren werden müssen, wenn nicht der einzige Naturkostladen in der Stadt besucht wird (vgl. Tab. 2).

Tab. 2: Angebote biologisch erzeugter Lebensmittel in den Regionen Wetzlar und Witzenhausen4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Befragung fand in insgesamt drei zentralen Verkaufsorten der beiden Städte hat. In Wetzlar wurden auf diese Weise 53, in Witzenhausen 60 Kundinnen erreicht.

Der Naturkostladen in Wetzlar

DieNaturkost Schwarz mbHwurde 1984 in der Stadt Solms, 10 km von Wetzlar entfernt, zunächst als erweiterter Hofladen einer ansässigen Bio-Gärtnerei gegründet. 1988 wurde das Geschäft in die Wetzlarer Altstadt verlegt, zunächst in einen kleinen Laden, dem einige Jahre später eine Vergrößerung durch einen erneuten Umzug folgte. Beide Läden waren aufgrund autofreier Zonen in der Wetzlarer Altstadt nur schlecht mit PKW oder über den ÖPNV zu erreichen. Anfang des Jahres 2001 erfolgte die Umgestaltung in einen Supermarkt, verbunden mit einem Umzug. Seitdem liegt der Laden an einer Hauptverkehrsstraße in Wetzlar, an der es zudem zahlreichen Durchgangsverkehr gibt. Der Umsatz des Ladens lag im Jahr 2000 bei 850.000,- DM; durch die Geschäftserweiterung kann für das Jahr 2001 von einer Umsatzsteigerung ausgegangen werden.

Die FoodCoop in Witzenhausen

Die FoodCoopSchachtelhalmist der Verkaufsladen desVereins zur Förderung regionaler Versorgung mit ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln e.V. in Witzenhausen und wurde 1982 gegründet. Mitglieder dieses Vereins können im Laden einkaufen. Ziel des Vereins ist es unter anderem, den Einkaufsvorteil bei Abnahme größerer Gebinde an die Mitglieder weiterzugeben. Auf die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern und Erzeugerinnen wird sehr viel Wert gelegt. Seit 1982 sind über 1.000 Mitglieder dem Verein beigetreten. Unter ihnen befindet sich eine hohe Zahl von Studierenden der ansässigen Universität, sodass hohe Fluktuationen im Mitgliederverzeichnis zu finden sind. Im großen und ganzen kann davon ausgegangen werden, dass etwa die Hälfte der eingetragenen Mitglieder regelmäßig im Laden einkauft.

Der Supermarkt in Witzenhausen

Die Firmategut... ist ein seit 1947 bestehender Familienbetrieb mit 331 Filialen (Stand 2001) in Nordhessen. Hauptsitz der Firma ist Fulda. Seit 1973 ist Wolfgang Gutberlet Leiter des Unternehmens. Im Leitbild der Firmategut... nimmt die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln eine exponierte Stellung ein. Bereits 1985 begann die Zusammenarbeit mitalnatura, einem Unternehmen, das Lebensmittel aus biologisch-dynamischer Herstellung vertreibt. Mit der Inbetriebnahme derherzbergerBäckerei im Jahr 1996 setztetegut... weitere Akzente. Diese Bäckerei arbeitet ausschließlich mit biologischem Getreide. Der Jahresumsatz dertegut... Märkte lag im Jahr 2000 bei 1,9 Mrd. DM. Biologische Produkte werden offensiv beworben. Mit etwa 1000 Bioprodukten liegttegut... hinsichtlich des Verkaufs biologisch erzeugter Lebensmittel deutlich vor anderen Supermärkten. Besonders vielfältig ist das Angebot in der Witzenhäuser Filiale, weil hier mit einem erhöhten Interesse seitens der Verbraucherinnen gerechnet wird.

Ergebnisse

Im Hinblick auf die Fragestellung dieser Arbeit werden zunächst die Käuferinnengruppen der beiden Städte charakterisiert. Im Anschluss sollen mit der Untersuchung verschiedener Teilgruppen genauere Aussagen über Gründe für den Einkauf biologischer Produkte getroffen werden. Der Rolle der Motivation wird dabei besonderes Augenmerk geschenkt; insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung, die eine Begegnung mit praktischer Landwirtschaft hierfür gespielt haben könnte. Darüber hinaus sollen die finanziellen Verhältnisse stärkere Betrachtung erfahren.

Die Käuferinnengruppen der beiden Städte

Zur Unterscheidung der Käuferinnengruppen in Wetzlar und Witzenhausen stehen folgende Merkmale im Vordergrund der Betrachtung:

- Soziale Strukturen (Alter, Geschlecht, Familienstand)

- Finanzielle Verhältnisse

- Bildung

- Einkaufverhalten

- Motivation

Soziale Strukturen

Der größte Teil der Einkäuferinnen ist weiblich. In der gesamten Befragung zeigt sich dabei eine Verteilung von 2:1 (Wetzlar 66,0% und 34,0%; Witzenhausen 63,3%und 35,0%). In beiden Städten nimmt der Anteil der Befragten zwischen 31 und 45 Jahren den größten Platz ein (Wetzlar 66,0%; Witzenhausen 55,0%). Insgesamt ist die Verteilung der beiden Lebenshälften (<45 Jahre und >45 Jahre) mit 83,3% zu 16,6% in Wetzlar und 77,3% zu 20,8% in Witzenhausen durchaus vergleichbar. Die durchschnittliche Käuferin in Witzenhausen ist jedoch jünger als diejenige in Wetzlar. 28,3% der Witzenhäuserinnen sind zwischen 20 und 30 Jahren alt; in Wetzlar sind es nur 11,3%. Unter 20 Jahren war keine der Kundinnen. Mit 17,0% gegenüber 8,3% in Witzenhausen ist in Wetzlar das Alter zwischen 46 und 60 Jahren stärker vertreten (vgl. Abb. 1).

Der höhere Anteil der Kundinnen mit Familie7 in Wetzlar (52,8% gegenüber 31,7% in Witzenhausen) ist in Relation zum Alter der Befragten zu sehen, wie auch die Tatsache, dass die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie in Wetzlar höher ist.

Auch der Anteil derjenigen, die angegeben haben, in einer Partnerschaft8zu leben, ist in Wetzlar höher (67,9% gegenüber 56,7% in Witzenhausen). 28,3% der Befragten in Witzenhausen und 15,1% der Kundinnen in Wetzlar leben in einer Partnerschaft ohne Kind. 13,3% der Witzenhäuserinnen kauften für ihre WG ein – diese Lebensform fand sich unter den Befragten in Wetzlar nicht.

Finanzielle Verhältnisse

Auch in der Einkommenssituation spiegelt sich die unterschiedliche Altersverteilung. Das durchschnittliche Einkommen in Witzenhausen liegt deutlich niedriger als in Wetzlar (vgl. Abb. 2). Dies mag in erster Linie dadurch bedingt sein, dass die Anzahl der Studierenden in Witzenhausen deutlich höher ist. Durch die größere Anzahl an Familien in Wetzlar bzw. die Familiengröße ergibt sich jedoch hinsichtlich des Pro-Kopf-Einkommens ein anderes Bild. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass aufgrund mangelhafter Angaben nur für 75,5% der Wetzlarer Kundinnen und 78,3% der Witzenhäuser Kundinnen ein Pro-Kopf-Einkommen berechnet werden konnte. Beide Kurven verlaufen jetzt fast parallel (vgl. Abb. 3). Die Kurven fallen nach rechts sichtbar ab, da nur einzelne Nennungen ein Pro-Kopf-Einkommen von über 3.000 DM angeben. Der Schwerpunkt liegt deutlich bei einem Pro-Kopf-Einkommen zwischen 1.000 und 2.000 DM.

Bildung

Mit 71,7% zu 49,1% in Wetzlar ist in Witzenhausen der Anteil derjenigen Befragten, die ein Studium aufgenommen haben, deutlich höher. Viele dieser Kundinnen sind noch Studentinnen. Wurde auch die Ausbildung des Partners berücksichtigt, ergibt sich ein vergleichbares Bild (s. Anhang).

Hinsichtlich des ausgeübten Berufes wurden in der Auswertung sowohl gelernte als auch praktizierte Berufe berücksichtigt, sodass Mehrfachnennungen vorkommen. Auch bei Kundinnen, die bereits in Pension sind, wurde der zuvor ausgeübte Beruf berücksichtigt. Ein Blick auf Tabelle 3 zeigt, dass pädagogische Berufe vor allem in Wetzlar stark dominieren. Mit jeweils 15,1% sind außerdem Berufe im kaufmännischen und im Gesundheitsbereich vertreten (10,0% bzw. 5,0% in Witzenhausen). Auch die Zahl der Unternehmerinnen ist mit 13,2% in Wetzlar deutlich höher (3,3% in Witzenhausen).

In Witzenhausen hingegen fällt die große Zahl derjenigen auf, die In der praktischen Landwirtschaft tätig waren oder sind (20% gegenüber 0% in Wetzlar). 30% der Befragten in Witzenhausen studieren im Moment, während es in Wetzlar nur 3,8% sind. Einen Abschluss als Diplom-Ingenieurin haben 18,3% der Befragten in Witzenhausen, gegenüber 3,8% in Wetzlar; mit den Partnern zusammen sind es 18,1% in Witzenhausen und 9,0% in Wetzlar. Insgesamt haben 20,0% der Befragten in Witzenhausen einen Beruf im ökologischen Bereich ergriffen; in Wetzlar sind dies nur 1,9%.

Tab. 3:Berufe nach Branchen (Mehrfachnennungen möglich)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einkaufverhalten

Die Antworten auf die Frage nach der Selbsteinschätzung hinsichtlich des Anteils der Produkte aus biologischer Landwirtschaft am Gesamteinkauf müssen generell vorsichtig behandelt werden. Kaum jemand ist in der Lage, seinen Anteil wahrheitsgemäß einzuschätzen. Auch hier ist wieder die Vorstellung des gesellschaftlich Wünschenswerten in der jeweiligen Subgruppe mit ausschlaggebend (Preisendörfer 1998). Über die Hälfte der Witzenhäuser Befragten decken über 60% ihres Einkaufsbedarfs mit Bio-Lebensmitteln (vgl. Abb. 5). Dies mag zum einen das tatsächliche Verhalten widerspiegeln, zeigt aber auch auf, dass in den kulturellen Kreisen, in denen sich diese Befragten bewegen, dem Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel ein hoher Wert zugesprochen wird (Preisendörfer 1998). Die Kurve zeigt hier einen deutlichen Anstieg zur Angabe „60-80%“. In Wetzlar hingegen bleibt mit jeweils knapp 20% die Kurve vom Bereich „10-20%“ bis zum Bereich „60-80%“ auf einer Höhe.

90% der Witzenhäuser Befragten kaufen Bio-Lebensmittel im Supermarkt ein. Hier wird die Vorreiterrolle, welche das Unternehmentegut...einnimmt sehr deutlich. Die Möglichkeiten, die zum Einkauf im Supermarkt geschaffen wurden, werden reichhaltig genutzt. In Wetzlar,

wo das Angebot in Supermärkten deutlich niedriger ist, kaufen nur knapp 40% ihre Bio-Lebensmittel auch im Supermarkt ein. Angebote auf dem Bauernmarkt werden in beiden Städten von einem Fünftel der Befragten genutzt. Ab Hof kauft ein Viertel der Witzenhäuser Befragten, während es in Wetzlar 11,3% sind. Auch hier wird erneut die Bedeutung des Angebots deutlich, das rund um Witzenhausen größer ist.

Den wichtigsten Posten beim Einkauf nimmt in beiden Städten das Obst- und Gemüsesortiment ein; dicht gefolgt von Milchprodukten und Käse. Brot und Backwaren sowie Fleisch und Wurst werden in Witzenhausen wesentlich stärker nachgefragt als in Wetzlar. Bei letzterem scheint dabei das vorhandene Angebot entscheidend zu sein, da in Wetzlar häufig ein verbessertes Fleisch- und Wurstangebot verlangt wird (s. Anhang). Fast ein Viertel der Befragten in Witzenhausen gibt an, alle benötigten Lebensmittel in biologischer Qualität einzukaufen, während es in Wetzlar nur 7,5% sind.

Trotz der erhöhten Möglichkeiten zum Einkauf biologischer Produkte, sind nur ein Viertel der Befragten in Witzenhausen mit dem Angebot zufrieden; in Wetzlar sind es 32,1%. Insbesondere im Hygiene- und Kosmetikbereich wird in Witzenhausen ein größeres Sortiment gewünscht. In Wetzlar hingegen wird vor allem das Angebot an Wurst- und Fleischwaren als nicht ausreichend angesehen.

Wie vermutet, scheint der Preis für biologische Lebensmittel der begrenzende Faktor zu sein. 45,3% der Befragten in Wetzlar und 30,0% der Kundinnen in Witzenhau-sen könnten sich bei entsprechend günstigeren Preisen vorstellen, mehr biologische Lebensmittel einzukaufen (vgl. Abb. 6). Interessant ist hierbei, dass 16,7% der Witzenhäuser Kundinnen nicht niedrigere Preise, sondern eine Erhöhung des eigenen Einkommens wünschen, um ihren Einkauf finanzierbar zu machen. Damit machen sie deutlich, dass sie die dargebotenen Preise als korrekt akzeptieren (Wetzlar 3,8%).

Eine bessere Infrastruktur durch ein flächendeckendes Angebot bzw kürzere Wege zur Einkaufsstätte würde 22,6% der Kundinnen in Wetzlar und 10,0% der Kundinnen in Witzenhausen dazu verhelfen, mehr biologische Waren einzukaufen. Mehr Auswahl wünschen sich dabei 7,6% der Wetzlarerinnen und 16,7% der Witzenhäuserinnen. Fragen bezüglich der Sicherheit bzw. Qualität werden in Wetzlar misstrauischer behandelt als in Witzenhausen, was wiederum auf die stärkere Auseinandersetzung in letztgenannter Stadt mit Ökologischer Landwirtschaft insgesamt schließen läßt.

Motivation

Die eigene Gesundheit steht als Motor des Kaufentscheids deutlich im Vordergrund; in Wetzlar mit 66,0% wesentlich höher als in Witzenhausen mit 45,0% (vgl. Abb. 7). Die Unterstützung der ökologischen Landwirt-schaft spielt für 16,7% der Befragten in Witzenhau-sen eine Rolle, aber nur für 5,7% der Wetzlarer Kundinnen. Hier wird wiederum mit 7,5% mehr Wert auf den Tierschutz bzw. die artgerechte Tierhaltung gelegt (Witzenhausen 3,3%).

Werden die genannten Motive in personen- bzw. familienbezogene20und ethische21unterteilt, wird deutlich, dass die personenbezogenen Motive in Wetzlar mit 45,3% zu 31,7% in Witzenhausen einen größeren Stellenwert einnehmen

Prägende Ereignisse

In beiden Städten spielten beim erstmaligen Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel ökologische Gründe eine besondere Rolle. Während in Wetzlar dieses Thema mehr allgemein gehalten wird, wollten die Witzenhäuser Kundinnen von Anfang an stärker biologisch arbeitende Betriebe unterstützen. Die eigene Gesundheit, bei immerhin einem Fünftel der Wetzlarerinnen von Bedeutung, spielte in Witzenhausen eine wesentlich kleinere Rolle. Hier hatte zwangsläufig das Studium des ökologischen Landbaus große Bedeutung; Interessanterweise sprechen aber auch knapp 7% vom erzieherischen Einfluß, den ihre Eltern hinsichtlich ihres Konsumverhaltens auf sie hatten (Wetzlar 1,9%). Die Geburt eigener Kinder war für 7,6% der Wetzlarer Kundinnen ausschlaggebend und für 3,3% der Witzenhäuser.

Unter den Gründen, die noch zur Steigerung der Motivation biologisch einzukaufen führten, sind in erster Linie die Lebensmittelskandale der letzten Jahre zu nennen, führend unter ihnen die Schlagzeilen um die Krankheit BSE, die von 8,3% der Witzenhäuser und 9,4% der Wetzlarer Kundinnen genannt wurde.

Zusätzlich hat in Witzenhausen die Arbeit auf einem Biohof bei 6,7% bzw. die Aufnahme des Studiums Ökologischer Landbau bei 9,4% zu einer erhöhten Motivation geführt.

Zeitpunkt des ersten Einkaufs

In der Abb. 8 ist deutlich zu beobachten, dass der Entschluss zum Einkauf biologischer Lebensmittel von Zeitströmungen bzw. von gesellschaftlichen Prägungen beeinflusst ist. Während nur einige wenige Kundinnen bereits vor 1980 erstmals biologische Lebensmittel eingekauft haben, wächst diese Gruppe in den 80er Jahren an und hat ihren Kulminationspunkt Anfang der 90er. Trotz der Aufregung um die BSE-Krise Ende der 90er Jahre war diese Zeit nur bei wenigen ausschlaggebend für den Einkauf biologischer Lebensmittel.Diese Daten decken sich mit bundesweiten Vergleichsdaten verschiedener Forschungseinrichtungen22.

Verknüpfungen

Im Hinblick auf die Fragestellung dieser Arbeit sollen folgende Aspekte des Kaufverhaltens in beiden Städten noch einmal genauer untersucht werden:

1. Welche Rolle spielt die Motivation?

Zu diesem Zweck sollen alle Fragen, welche die Motivation betreffen (also Fragen Nr. 8, 10 und 11) einander gegenübergestellt werden, um darauf schließen zu können, welcher Aspekt hauptentscheidend ist.

2. Welche Rolle spielt die praktische Tätigkeit in der ökologischen Landwirtschaft?

Alle Kundinnen, die in der praktischen Landwirtschaft tätig waren oder sind, werden hier als besondere Gruppe hinsichtlich ihres Kaufverhaltens genauer betrachtet. Zu ihnen zählen u.a. alle Studentinnen des Ökologischen Landbaus in Witzenhausen, da das Studium berufspraktische Studien voraussetzt, sowie Kundinnen, die als Beruf Agraringenieurin angegeben haben.

3. Was charakterisiert Menschen mit einem sehr hohen Anteil biologischer Lebensmittel am Gesamteinkauf?

Alle, die angeben, über 80% Bio einzukaufen, für die dies also ein entsprechendes gesellschaftlich wünschenswertes Verhalten darstellt, werden im Hinblick auf ihre Motivation, ihre finanzielle Situation, ihre Ausbildung, ihr Alter und ihre Familienstrukturen betrachtet.

4. Welche Käuferinnengruppen haben eher ethisch, welche mehr personenbezogene Motive?

Die angegebenen Motive der gesamten Gruppe werden in ethische und personenbezogene23unterteilt und in Relation zu Ausbildung, Einkaufsstätte, Alter, Familienstruktur und Pro-Kopf-Einkommen gesetzt.

5. Was charakterisiert die Gruppe der Menschen, die von sich behauptet, nichts könnte ihren Einkauf biologischer Lebensmittel noch steigern?

Alle Befragten, die von sich sagen, ihr Anteil biologischer Lebensmittel am Gesamtbedarf könne durch nichts mehr gesteigert werden, sollen im Hinblick auf diesen Anteil, ihre Motive und ihre Sozialisation als Biokäuferinnen überprüft werden.

Die Hauptmotive

Wenn alle Fragen, die die Motivation betreffen, gemeinsam betrachtet werden, so zeigt sich, dass der Blick auf die eigene Gesundheit den größten Stellenwert einnimmt (vgl. Abb. 9). Die qualitätsbewusste Entscheidung für Waren aus biologischer Landwirtschaft treffen etwa ein Drittel der Befragten, gefolgt von jenen, die mit ihrem Kaufentscheid den Umweltschutz unterstützen möchten. Skandale wie BSE, Antibiotika im Schweinefleisch u.ä. brachten 25% dazu, biologische Waren einzukaufen bzw. in einem solchen Einkauf bestätigt zu werden. Es zeigen sich einige relevante Unterschiede zwischen den Käuferinnengruppen in Wetzlar und Witzenhausen, die im folgenden näher beleuchtet werden sollen.

Die Motive der Witzenhäuserinnen haben im Durchschnitt einen mehr gesellschaftspolitischen Hintergrund als diejenigen in Wetzlar. Die Unterstützung des Ökologischen Landbaus sowie direkt politische Motive sind für 31,7% der Beteiligten entscheidend (Wetzlar 11,3%). In Wetzlar hingegen wird mehr generell das Motiv des Umweltschutzes betont (34,0% gegenüber 23,3% in Witzenhausen). Auch Aspekte des Tierschutzes bzw. der Unterstützung artgerechter Tierhaltung kommen hier mehr zum Tragen (17,0% gegenüber 6,7% in Witzenhausen).

Auch die Auslöser zum Einkauf biologischer Produkte zeigen teilweise signifikante Unterschiede (vgl. Abb. 10). Die Lebensmittelskandale der letzten Jahre wie z.B. die BSE-Krise haben für 30,2% der Wetzlarerinnen Einfluß auf ihr Kaufverhalten gehabt (21,7% in Witzenhausen). Die Geburt eigener Kinder hat hier einen größeren Einfluß, bedingt natürlich durch die Tatsache, dass mehr Kundinnen als in Witzenhausen Kinder haben. Die praktische Tätigkeit in der ökologischen Landwirtschaft bzw. das Studium derselben hatten Einfluß auf das Kaufverhalten von einem Viertel der Befragten in Witzenhausen. Da die Studentinnen in Witzenhausen zur Aufnahme des Studiums einen Wohnortwechsel vornahmen, zeigen sich in ihrem Kaufverhalten auch die Auswirkungen eines Wechsels des persönlichen Umfeldes bzw. die Eröffnung einer Möglichkeit, überhaupt biologische Waren einzukaufen, die ja nicht bundesweit gegeben ist. Durch die langjährige Geschichte von Naturkost Schwarz in Wetzlar hat es hier an Einkaufsmöglichkeiten in den beiden letzten Jahrzehnten nicht gemangelt.

Begegnung mit ökologischer Landwirtschaft in der Praxis

31 der 113 Befragten haben bereits einmal in der praktischen Landwirtschaft gearbeitet. Der signifikanteste Unterschied der Vergleichsgruppe der praktisch Tätigen24 gegenüber der Gesamtheit zeigt sich in dem angegebenen Anteil biologisch erzeugter Produkte am gesamten Lebensmitteleinkauf. Wie bereits näher erläutert wird mit dieser Frage auch die Vorstellung des „gesellschaftlich Wünschenswerten“ geprüft, die sich – wie aus der Abb. 11 ersehbar – deutlich von der Werteinstellung der gesamt befragten Gruppe unterscheidet. Nicht überraschend angesichts des Untersuchungsortes Witzenhausen wird in der Untersuchung der Berufe deutlich, dass 58,1% der praktisch Tätigen Ökologische Landwirtschaft studieren (17,7% aller Befragten) und 38,7% eine Lehre in der Landwirtschaft gemacht haben bzw. weiterhin als Landwirtinnen oder Gärtnerinnen tätig sind (10,6% aller Befragten). Der hohe Anteil an Diplom-Ingenieurinnen der Agrarwirtschaft zeigt sich nicht zuletzt darin, dass 29,0% der praktisch Tätigen einen Beruf im Handlungsfeld Ökologie25 ergriffen haben (11,5% aller Befragten). Im Vergleich zur gesamt befragten Gruppe zeigt sich jedoch, dass sich das Geschlechterverhältnis innerhalb der Subgruppe verschoben hat. Waren zwei Drittel der gesamt Befragten Frauen, ist es bei den praktisch Tätigen nur gut die Hälfte. Dies lässt sich jedoch nicht einfach in der Richtung interpretieren, dass die praktische Landwirtschaft eine Männerdomäne ist. Vielmehr kommen hier die sozialen Strukturen und das Alter der Beteiligten zum Vorschein. 51,6% gegenüber 20,4% aller Befragten befinden sich in der Altersgruppe 20 bis 30 Jahre und haben daher zu einem großen Teil (noch) keine Familie gegründet, sodass eine klassische Rollenverteilung, in der Frauen den Lebensmittelbedarf für die gesamte Familie einkaufen, (noch) nicht gegeben ist.

Als Motivation für den Einkauf wird auch in dieser Gruppe zuerst die Gesundheit genannt, jedoch mit einem deutlich geringeren Anteil als in der Gesamtheit (vgl. Abb. 12). Der signifikanteste Unterschied zeigt sich in dem Wunsch, die Ökologische Landwirtschaft durch den eigenen Konsum zu unterstützen. Ein idealistischer Hintergrund lässt sich zudem in dem Argument „Überzeugung“ finden, das sich aber auch aus dem Qualitätsanspruch speisen könnte.

Auch als Motiv für den ersten Einkauf biologischer Lebensmittel spielt der Aspekt „Unterstützung Ökologische Landwirtschaft“ eine deutlich größere Rolle als in der gesamten Gruppe (16,1% gegenüber 5,3%). Wiederum wird der Gesundheitsaspekt deutlich geringer bewertet (3,2% gegenüber 14,2%). Die praktische Tätigkeit gab für 12,9% den Anstoss, in Zukunft biologische Produkte einzukaufen (3,5% gesamt). Ein überraschender Aspekt ergibt sich dadurch, dass 12,9% der praktisch Tätigen angeben, dass ihre eigene Erziehung die ausschlaggebende Rolle spielte (4,4% gesamt).

Für 12,9% war die Arbeit auf einem Biohof der Grund, ihren Einkauf biologischer Produkte noch zu verstärken (3,5% gesamt). Auch allgemeine Informationen über Ökologische Landwirtschaft im Studium oder über Medien hatten in dieser Gruppe stärkere Auswirkungen (19,4% gegenüber 5,3% gesamt)

Deutlich wird jedoch, dass personenbezogene Motive eine geringe Rolle spielen als in der gesmt befragten Gruppe (22,6% gegenüber 38,1%). Die rein ethischen Motive sind mit 9,7% bzw. 8,0% etwa gleich stark vertreten, gemischte Motive zeigen hingegen 45,2% der Subgruppe (31,0% gesamt).

Signifikante Unterschiede bezüglich der Frage nach Veränderungen, die eine Steigerung des Einkaufs auslösen würden, zeigen sich in der Einschätzung der Preise. Während 37,2% aller Befragten sich günstigere Preise wünschen, sind es in der hier dargestellten Subgruppe nur 25,8%. Ein knappes Drittel von ihnen wünscht sich jedoch ein höheres Einkommen, um mehr Bioprodukte einkaufen zu können (29,0% gegenüber 10,6% aller Befragten). Damit wird deutlich, dass innerhalb der praktisch Tätigen die Preise für ökologische Produkte als korrekt bzw. nicht unterbietbar angesehen werden. 25,8% gegenüber 14,2% in der gesamt befragten Gruppe meinen, dass nichts ihren Konsum noch steigern könnte.

Der Anteil biologisch erzeugter Lebensmittel

21 der 113 Befragten (18,6%) gaben an, über 80% ihres Lebensmittelsbedarfs mit biologischen Produkten zu decken. Genau ein Drittel von ihnen stammt aus Wetzlar. Es zeigt sich deutlich, dass diese Gruppe26 eher zur einkommensstarken Schicht gerechnet werden muss. Knapp ein Viertel dieser Gruppe verfügt über ein Pro-Kopf-Einkommen zwischen 2.000 und 3.000 DM. In direkter Relation zeigt sich das Alter der Befragten, das im Durchschnitt etwas höher liegt als bei der Gesamtgruppe. Knapp ein Fünftel der Biokäuferinnen ist über 60 Jahre alt (19,0% gegenüber 6,2% gesamt). 61,9 % leben in einer Partnerschaft (62,0%), aber nur ein Drittel gibt an, für eine Familie einzukaufen (41,6% gesamt), was wiederum mit dem etwas höheren Durchschnittsalter zu tun haben mag. Bezüglich der Berufswahl dieser Gruppe zeigen sich leichte Verschiebungen in der Hinsicht, dass 19,0% Diplom-Ingenieurinnen sind (11,5% gesamt), 14,3% sich bereits in Rente befinden (5,3% gesamt) und 23,8% einen Beruf im ökologischen Bereich ergriffen haben (11,5% gesamt). Auffallend ist jedoch, dass knapp ein Fünftel der Biokäuferinnen in einem politischen oder öffentlichkeitswirksamen Bereich tätig ist (19,0% gegenüber 4,4% gesamt). Keinerlei Unterschiede zeigen sich jedoch im Bildungsstand, der dem Durchschnitt der befragten Gruppe entspricht.

Die Motive unterscheiden sich insgesamt dahingehend etwas, dass ethische Gründe wie die Unterstützung des Umweltschutzes oder der Ökologischen Landwirtschaft etwas häufiger genannt werden (vgl. Abb. 14).

Ein knappes Viertel der Biokäuferinnen hat in der ersten Hälfte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts erstmals biologisch eingekauft (23,8% gegenüber 15,9% gesamt). Eine gleich hohe Zahl hat dies bereits vor den 80er Jahren getan (7,1% gesamt). Motive des Umweltschutzes waren damals hauptausschlaggebend und trugen auch dazu bei, den Konsum kontinuierlich zu erhöhen. Dreiviertel der Gruppe macht keine Angabe zu der Fage, was ihren Konsum noch steigern könnte, bzw. sagt, dass nichts dazu nötig ist. Bedingungen wie günstigere Preise oder ein höheres Einkommen werden so gut wie gar nicht genannt.

Ethische und personenbezogene Motive

Bereits bei der Auswertung der Teilgruppen „praktisch Tätige“ und Biokäuferinnen zeigten sich unterschiedlich starke Verteilungen auf die Motivgruppen „ethisch“ und „personenbezogen. Um das Zustandekommen solcher Motive deutlicher zu machen, sollen sie innerhalb dieses Kapitals eine differenzierte Betrachtung erfahren.

Wie bereits zuvor erwähnt, sind unter personenbezogenen Motiven jene zu verstehen, die sich in erster Linie auf die eigene Person bzw. die eigene Familie richten. Unter den genannten Motiven kamen folgende in Frage: Gesundheit, Geschmack, Qualität, Ernährung, Sicherheit, Kinder

Als ethische Motive werden hingegen jene gekennzeichnet, die in ihrer positiven Wirkung über die eigene Person hinausgehen. Zu ihnen gehören die Aspekte Ethik, Umweltschutz, Unterstützung ökologischer Landbau, Regionalität, Tierhaltung.

Nicht alle genannten Motive waren innerhalb dieser zwei Gruppen aufteilbar, sodass nur eine Teilmenge von insgesamt 87 Befragten für die nachfolgenden Differenzierungen auswertbar war.

1. Differenzierung nach Ausbildungsgrad

Dabei lässt sich erkennen, dass die Menschen mit einer Hochschulausbildung öfer ethische Motive erkennen lassen als diejenigen mit einer Lehre. Diese Aussage muss jedoch dahingehend bereinigt werden, dass hier die große Zahl der befragten Studentinnen in Witzenhausen eine nicht unerhebliche Rolle spielt, die sich durch die Wahl ihres Studienfaches „Ökologische Landwirtschaft“ wahrscheinlich öfter als der Gesamtdurchschnitt mit ethischen Aspekten auseinandergesetzt haben. Allerdings findet sich die gleiche Tendenz auch dann, wenn nur die in Wetzlar befragte Kundinnengruppe herangezogen wird. Unter allen Personen, die Motive genannt haben, die sich einer der beiden Gruppen zuordnen lassen, nannte keine Person mit einem nicht-akademischen Abschluss rein ethische Motive (mit akademischen Abschluss 8,3%; gesamt 10,3%). Personenbezogene Gründe wurden von dieser Gruppe mit 66,7% genannt (mit akademischen Abschluss 41,7%; gesamt 49,4%), sowohl ethische als auch personenbezogene Aspekte mit 33,3% (mit akademischen Abschluss 50,0%, gesamt 40,2%). Es lässt sich also eine Aussage in der Richtung treffen, dass die Nennung ethischer Motive und auch die Auseinandersetzung mit solchen eher auf akademischer Ebene erfolgt.

2. Differenzierung nach Einkaufsstätte

Im Ökologischen Landbau wird oft beklagt, dass Vermarktungsstrukturen über Supermärkte die ursprünglichen Ziele dieser Form der Landbewirtschaftung konterkarieren. Die Vermutung liegt daher nahe, dass Kundinnen mit mehr ethischen Motiven den Naturkostladen mit seinem oft eher regionalen Bezug bevorzugen. Zu diesem Zweck wurden die Käuferinnen der FoodCoop Witzenhausen und des Naturkostladens in Wetzlar auf der einen Seite sowie die Kundinnen vontegut...Witzenhausen auf der anderen Seite hinsichtlich ihrer Motivgruppen verglichen. Es ergaben sich keinerlei signifikante Unterschiede.

3. Differenzierung nach Alter

Da Idealismus meist mit jugendlichem Alter verbunden wird, liegt die Vermutung nahe, dass in der Altersgruppe der unter 30-jährigen die ethischen Motive stärker vertreten sind. Diese These kann mit den vorliegenden Zahlen bestätigt werden (vgl. Abb. 15), wobei jedoch dahingehend differenziert werden muss, dass die Grupper im Alter von 30-45 Jahren zahlenmäßig am stärksten vertreten war. Dies geht konform mit Vergleichsdaten aus der gesamten Ökologiebewegung in Deutschland, die ihre Wurzeln zum großen Teil in den 80er Jahren hat.

4. Differenzierung nach Familienstruktur

Die bestmögliche Ernährung der eigenen Kinder ist ein starkes Motiv für den Einkauf biologischer Produkte. Daher wurde die Gruppe derjenigen befragten, die Kinder haben, denjenigen ohne Kinder gegenübergestellt. Da nicht alle Befragten Angaben zu ihrer Familienstruktur gemacht haben, konnte hier nur eine Teilmenge von n=75 untersucht werden. Mit knapp 11% werden in beiden Gruppen rein ethische Motive genannt; dies entspricht dem Gesamtergebnis von 10,7%. In der weiteren Betrachtung zeigt sich jedoch eine leichte Verschiebung hin zu personenbezogenen Gründen bei Menschen mit Kindern. 52,6% von ihnen nannten rein personen- bzw. familienbezogene Motive für ihren Einkauf (ohne Kinder 37,8%; gesamt 45,3%). Gemischte Motive wurden häufiger von Menschen ohne Kinder genannt (51,4%; mit Kinder 36,8%; gesamt 44,0%)

5. Differenzierung nach Pro-Kopf-Einkommen

In unserer Gesellschaft herrscht oft das Denken vor, dass bestimmte Wertvorstellungen nur mit einem gefüllten Portemonnaie eingehalten werden können. Es stellte sich daher die Frage, ob die ethischen Motive eher in der Personengruppe mit einem höheren Pro-Kopf-Einkommen zu finden sind. Diese Frage kann eindeutig verneint werden. Die Wahl ethischer oder personenbezogener Motive kann als unabhängig vom Einkommen betrachtet werden.

Kaufsteigerung

Hinsichtlich der Folgerungen, die für die Werbung von Bioprodukten wie auch die Schaffung öffentlichen Bewußtseins zu schliessen sind, wird hier die Gruppe derjenigen Befragten in Augenschein genommen, die von sich sagt, nichts könne ihren Anteil von Bioprodukten am Lebensmittelbedarf noch steigern; insgesamt sind dies 16 Personen. In Bezug auf ihre Motivauswahl, dem Zeitpunkt ihres ersten Einkaufs sowie den damaligen Auslöser können keine signifikanten Unterschiede zur gesamt befragten Gruppe festgestellt werden. Jedoch muss festgestellt werden, dass etwa die Hälfte dieser Gruppe einen Anteil von Bioprodukten am Gesamtlebensmittelbedarf von über 80% hat, mit anderen Worten sich vollständig von biologischen Produkten ernährt, sodass keine Steigerung mehr möglich ist (vgl. Abb. 16).

Fazit

Mit der Befragung der Konsumentinnen biologischer Lebensmittel in den beiden hessischen Städten Wetzlar und Witzenhausen sollten Rückschlüsse auf ihre Motivation gezogen. Zusätzlich wird die Frage nach der Relevanz der gegenüber konventionellen Lebensmittel höheren Preise in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Die beiden Städte unterscheiden sich dabei insbesondere dadurch, dass in Witzenhausen ein Studienfach Ökologische Landwirtschaft belegt werden kann.

Die Lebensmittelpreise im biologischen Sektor sind für viele Kundinnen der begrenzende Faktor. Unterschiede lassen sich dabei in beiden Städten dahingehend erkennen, dass in Witzenhausen die dargebotenen Preise stärker akzeptiert werden. Auch die Angebotssituation ist in dieser Stadt günstiger und führt zu einem erhöhten Einkauf.

Als Fazit der Untersuchung kann gelten, dass die Einkommenssituation nicht bestimmend für die Nachfrage nach biologischen Produkten ist. Vielmehr besteht eine Relation zum Bildungsstand der Beteiligten, der allerdings mit der Einkommenssituation gekoppelt ist. Überdurchschnittlich viele Kundinnen haben eine akademische Ausbildung. Generell haben die beteiligten Personen einen differenzierten Blick entwickelt und finden mehrere Motive für ihren Einkauf. Als Hauptmotiv gilt in beiden Städten die eigene Gesundheit; sie wird jedoch in Wetzlar stärker betont. Während in dieser Stadt zusätzlich mehr generelle Aspekte des Natur- und Umweltschutzes genannt werden, ist die Unterstützung der ökologischen Betriebe in Witzenhausen ein wichtiges Argument, das im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit dieser Form der Bewirtschaftung auf theoretische und praktische Weise gesehen werden kann. Allgemein werden biologische Produkte als qualitativ hochwertiger angesehen.

Die Werbung über Gesundheits- und Fitnessthemen, wie sie inzwischen weitläufig praktiziert wird, spricht Kundinnen mit Sicherheit direkt an. Fraglich ist jedoch, inwieweit dadurch neue Absatzmärkte stabilisiert werden können, da personenbezogene Motive durch Skandale – wie bspw. den Nitrofen-Skandal im Juni 2002 – leicht gekippt werden können. Insgesamt scheinen ethische Motive einer eher stabilisierende Wirkung zu haben, sind andererseits aber auch schwerer zu vermitteln.

Es ist daher unumgänglich, die Synergieeffekte ökologischer Landwirtschaft – Artenvielfalt, Erholungslandschaften, Umweltschutz etc. - bewusst zu machen. Informationen über gängige Medien sind dabei ein Schritt. Effektiver scheint es jedoch zu sein, praktische Begegnungen zu ermöglichen. Zuallererst kann dies natürlich über die Schulen geschehen; ein Gedanke, der auch imBundesprogramm Ökologischer Landbau(vgl. Bundesprogramm Ökologischer Landbau 2002) stark betont wird. Aber auch und gerade Erwachsene sollten immer wieder mit Ökologischer Landwirtschaft konfrontiert sein, um seine Bedeutung realisitisch einschätzen zu können. Gläserne Prozesse auf Biobetrieben nehmen dabei eine Vorrangstellung ein, indem durch Hoffeste, Tage des offenen Betriebes etc immer wieder dazu eingeladen wird, sich vor Ort zu informieren. Auch der Schritt vom Land in die Stadt sollte in Zukunft mehr Aufmerksamkeit erfahren. Nicht jeder pontentielle Kunde und jede potentielle Kundin wird zu bewegen sein, einen Betrieb zu besichtigen. Aktionen in der Stadt, welche die Vorteile Ökologischer Landwirtschaft in vielerlei Hinsicht erlebbar machen, sind eine sinnvolle Ergänzung. Dabei ist der Aspekt der Kontinuität von besonderer Wichtigkeit. Nur die wiederholte Auseinandersetzung mit dem Thema Ökologische Landwirtschaft führt zu stabilen Werten. Allerdings bleibt auch dabei wichtig, sie nicht mit erhobenem Zeigefinger und strafendem Blick als zwingend darzustellen. Ein positives Image ist wichtig, das dem Kunden und der Kundin klarmacht, dass es für sie selbst und ihre Umwelt eine Bereicherung darstellt, biologische Produkte zu konsumieren. Die Tendenzen der letzten Jahre, in denen biologische Produkte zunehmend mit Qualität gleichgesetzt werden, gilt es zu verstärken.

Über die Preispolitik ist der Absatz der Lebensmittel dabei mit Sicherheit noch zu steigern. Fraglich ist jedoch, ob mit allein mit niedrigeren Preisen neue Kundenschichten gewonnen werden können bzw. inwieweit dies von Dauer ist. In jedem Fall wichtig ist ein flächendeckendes und vielfältiges Angebot, das lange Weg zum nächsten Naturkostladen vermeidet. Die Anstrengungen verschiedener Supermarktketten, ihr Biosortiment zu vergrößern, sollten auf jeden Fall unterstützt werden. Andererseits ist es auch hierbei wichtig, Entstehung und Preisgestaltung von Bioprodukten offenzulegen, um negative Auswirkungen dieser konventionellen Absatzschiene auf biologische Betriebe möglichst gering zu halten.

Der regionale Aspekt der Ökologischen Landwirtschaft, d. h. der direkte Zusammenhang mit der Landwirtschaft vor Ort und dem umgebenden Kulturraum wird bisher nur sehr schwach betont. Auch der Wunsch nach einer größeren Anzahl regionaler Produkte tauchte selten auf. Hier liegt mit Sicherheit noch ein großes Potenzial, in dem alle oben genannten Aspekte verbraucherorientierter Werbung genutzt werden können. Eine enstprechende Zusammenarbeit von Lebensmittelhändlern und –händlerinnen sowie der Leiter und Leiterinnen biologischer Betriebe wäre in jedem Fall wünschenswert.

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit werden Motive der Konsumenten und Konsumentinnen biologischer Lebensmittel untersucht. Zu diesem Zweck wird eine Befragung in Lebensmittelläden mit biologischen Produkten in zwei hessischen Städten, die sich hinsichtlich der gesellschaftlichen Relevanz des Ökologischen Landbaus unterscheiden, ausgewertet.

Dabei wird deutlich, dass nicht dem Einkommens-, sondern vielmehr dem Bildungsfaktor eine relevante Bedeutung zukommt. Die Käufer und Käuferinnen biologischer Produkte sind überdurchschnittlich gut ausgebildet. Viele von ihnen sind innerhalb der Ökologiebewegung der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts sozialisiert worden.

Als Hauptmotiv für den Einkauf werden gesundheitliche Aspekte genannt, die aber vor allem durch ökologische Aspekte ergänzt werden. Dabei wird deutlich, dass eine praktische Tätigkeit in der Ökologischen Landwirtschaft zu einer differenzierten Betrachtungsweise führt. Die Kontinuität der Auseinandersetzung mit diesem Thema hat großen Einfluss auf das Kaufverhalten.

Eine stabilisierende Wirkung auf dieses Verhalten haben in erster Linie ethische Motive. In diesem Sinne werden Vorschläge unterbreitet, die positiven Aspekte Ökologischer Landwirtschaft noch deutlicher zu kommunizieren.

Literatur

- BAG der Lebensmittelkooperativen (2001);

in http://www.oekoop.de/www.foodcoops.de; vom 31.05.2001

- Bioland (2001); in http://www.bioland.de; vom 31.05.2001

- Bundesprogramm Ökologischer Landbau (2002); in http://www.bundesprogramm-oekolandbau.de; vom 01.06.2002

- Busch, C. (1999): Das Leitbild der Landwirtschaft im schulischen Unterricht. Diplomarbeit an der Universität Kassel; unveröffentlicht

- de Haan, G.; Kuckartz, U. (Hrsg.) (1998): Umweltbildung und Umweltbewusstsein. Opladen

- Heid, H. (1992): Ökologie als Bildungsfrage? In:Zeitschrift für Pädagogik(38/1), S. 113-138

- HSL (Hessisches Statistisches Landesamt) 2000: Hessische Kreiszahlen. Ausgewählte neue Daten für Landkreise und kreisfreie Städte. Wiesbaden; Ausgabe II/2000

- Lantermann, E.-D.; Döring-Seipel, E. (1990): Umwelt und Werte, S. 632. In: Kruse, L.; Graumann, C.-F.; Lantermann, E. (Hrsg.): Ökologische Psychologie. München 1990. S. 623-639; zit. n. BOLSCHO/SEYBOLD 1996, S. 30

- Ökotest (2001); in http://www.carechannel.de/cgi/bp/bpg.cgi; vom 31.05.2001

- Preisendörfer, Prof. Dr. P. (1998): Soziologie und Ökologie I – Grundlagen und Problemstellungen der Umweltsoziologie. Skript zum weiterbildenden Fernstudium Umwelt & Bildung an der Universität Rostock.

- Sanders, J. (1998): Hausarbeit überGesellschaftliche Werte – Strukturen, Stabilität und Funktionvon GIESELA MAAG, Opladen 1991; Universität-Gesamthochschule Kassel, FB Politikwissenschaft; unveröffentlicht

- tegut (2001); in http://www.tegut.de/start.htm; vom 31.05.2001

I. Der Fragebogen

Bitte beantworten Sie die Fragen so ehrlich, wie es Ihnen möglich ist. Beachten Sie, dass die Abkürzung "Bio-Lebensmittel" für Nahrungsmittel steht, die nach den Richtlinien der ökologischen Landwirtschaft erzeugt worden sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1Da das Geschlecht von etwa 2/3 der im Laufe der Untersuchung befragten Verbraucherinnen und Verbraucher weiblich ist, wird für eine bessere Lesbarkeit des Textes teilweise auf die männliche Bezeichnung verzichtet. Männer und Frauen sind jedoch, soweit nicht anders erwähnt, gleichermaßen angesprochen.

2Eine FoodCoop, auch Lebensmittelkooperative oder Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft genannt, organisiert den direkten Einkauf beim Großhandel oder bei umliegenden Bio-Bauern und –Bäuerinnen. Die hierdurch entstehenden Preisvorteile werden direkt an die Mitglieder weitergegeben. In den letzten Jahren haben sich manche FoodCoops sehr stark entwickelt, sodass inzwischen auch teilweise Lager-, Miet- und Personalkosten entstanden sind, die auf die Preise der Waren umgelegt werden (vgl. auch BAg der Lebensmittelkooperativen 2001).

3Alle statistischen Daten nach HSL 2000

4Zahlen nach Ökotest 2001 und Bioland 2001

5Die Witzenhäuser FoodCoopSchachtelhalmwird in diesem Fall als Naturkostladen bezeichnet, da sie ähnliche Strukturen wie ein solcher Laden aufweist.

6Als Supermarkt mit Komplettangebot wird hier die Firmategut...bezeichnet, da sie ein großes Sortiment an Bioprodukten aufweist. Andere Supermarktketten haben meist ein eher marginales Angebot und sind daher in dieser Aufzählung nicht mit aufgeführt.

7Als „Familie“ werden in dieser Studie alle Lebensformen bezeichnet, zu denen mindestens ein Kind gehört

8Als „Partnerschaft“ werden in dieser Studie alle Lebensgemeinschaften von zwei Erwachsenen - mit oder ohne Kinder - bezeichnet.

9= Bäuerin, Gärtnerin, Imkerin, Saatgutbäuerin

10= Journalistin, Pressesprecherin, Geschäftsführerin Verein, Gewerkschaftssekretärin, Frauenbeauftragte, Tätigkeit in der Regionalentwicklung

11= Industriekauffrau, kaufm. Angestellte, Fakturistin, Versicherungskauffrau, Verkäuferin, Bankkauffrau, Bürokauffrau, Tätigkeit im Vertrieb;

Buchhändlerin, Verlagskauffrau

12= Tätigkeit in der Pflege, Physiotherapeutin, Masseurin, Ärztin, Psychologin, Lebensberaterin

13= Erzieherin, Sozialarbeiterin, Sozialpädagogin, Pädagogin, Lehrerin, Berufsschullehrerin, Pädagogin für Gartenbau

14= Tätigkeit in der Verwaltung, Sachbearbeiterin, Beamte, Tätigkeit im öffentl. Dienst, Sekretärin, Büroangestellte

15= Bereiche Technik, Feinwerktechnik, Maschinenbau, Agrarwirtschaft und ohne nähere Angabe

16= Natur-Baustoffhandel, Naturkosthandel und ohne nähere Angabe

17= Försterin, landschaftsökologische Gutachterin, Dipl. Ing. für Agrarwirtschaft

18= Köchin, Bäckerin, Tätigkeit in oder Inhaberin einer Gastwirtschaft, Tätigkeit in einem oder Inhaberin eines Hotels

19= Kfz-Mechanikerin, Landmaschinenmechanikerin, Mechanikerin, Dachdeckerin, Elektrikerin, Elektronikerin, Bäckerin, Köchin, Maurerin,

Zahntechnikerin, Werkzeugmacherin

20Gesundheit, Geschmack, Qualität, Ernährung, Sicherheit, Kinder

21Ethik, Umweltschutz, Unterstützung ökologischer Landbau, Regionalität, Tierhaltung

22s. verschiedene Publikationen von: BMVEL (Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft), SÖL (Stiftung Ökologie und Landbau), ZADI (Zentrale Agrardokumentations- und –informationsstelle), CMA (Centrale Marketing Agentur), sowie verschiedene agrarwirtschaftliche Fakultäten (Universität Hohenheim, Kassel, TU München-Weihenstephan, FH Berlin)

23das Wort „egozentrisch“ wird hier mit Absicht vermieden, da es oft negative Verhaltensweisen asoziiert (vgl. dazu auch Heid 1992)

24als „praktisch Tätige“ wird die Gruppe bezeichnet, die bereits Erfahrungen in der praktischen Landwirtschaft gesammelt hat.

25vgl. Erläuterung zu Tab. 3

26Im folgenden wird diese Gruppe als „Biokäuferinnen“ bezcichnet.

27hier: mit einem Kind

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Motivationen beim Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel
Hochschule
Universität Kassel
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
38
Katalognummer
V107533
ISBN (eBook)
9783640057924
Dateigröße
684 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Motivation von Verbrauchern ökologisch erzeugter Lebensmittel wird auf ihre Entstehung untersucht, insbesondere im Hinblick auf Herkunftsort, Bildungsstand, prakt. Erfahrungen in der Landwirtschaft, Familienstand. Die Arbeit ist sehr übersichtlich und gut strukturiert.
Schlagworte
Motivationen, Einkauf, Lebensmittel
Arbeit zitieren
Claudia Busch (Autor:in), 2002, Motivationen beim Einkauf biologisch erzeugter Lebensmittel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107533

Kommentare

  • Gast am 20.2.2003

    Kriterienstrukturierung.

    Interessant wäre es gewesen, zu erfahren, welchen Wert die Kunden auf individuelle Kenntnis und individuelle slektiv wirksame Beurteilung des Hintergrundes hinter dem Öko-Label gelegt haben, was in letzter Konsequenz die Notwendigkeit des Labels in Frage stellen könnte. Denn es ist kaum anzunehmen, daß jeder Kunde, der biologisch dynamisch erzeugte Ware kauft, die esotherischen Hintergründe des Rudolf Steiner kennt. Gleichermaßen haben gelabelte Öko-Betriebe kein Monopol auf artgerechte Tierhaltung. Ebenso kann ja nicht behauptet werden, daß Betriebe ohne Öko-Label nicht gleichermaßen betriebsorganisch und standortkonform produzieren können und es teilweise auch nach individueller Philosophie tun (so wie es bei jeder anderen Öko-Landbau-Methode anfangs auch war), sich aber gerade deshalb der Diktatur der Dachverbände bzw. deutschen Anerkennungsunwesen im Interese betrieblicher Individualität nicht unterwerfen wollen.

    Inwieweit läge also die Praktikabilität einer Auswahlpalette für die o.g. Kunden im widerstreitenden Interesse zum ökologischen Anspruch an agrarmethodische Vielfalt als Pendant zur Biodiversität der Kulturlandschaft? Hierbei besteht allerdings Konsens, daß es sich in beiden Fällen (Methoden, Arten-/ Okosystemausstattung) nicht um ein quantitatives Maximierungsziel, sondern um ein funktional bedingtes Limit handelt.

    TK

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