Die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben im Jugendalter


Seminararbeit, 1999

44 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1 Einleitung

2 Jugendphase und Entwicklungsaufgaben
2.1 Jugend als eigenständige Lebensphase
2.2. Entwicklungsaufgaben im Jugendalter

3 Problembelastungen in der Adoleszenzphase
3.1. Soziale Probleme in der Jugendphase
3.2. Verhaltensprobleme und Problembelastungen

4 Problemverarbeitung: Coping in der Adoleszenzphase
4.1. Das Konzept des Coping und seine Bedeutung für die Bearbeitung von Entwicklungsaufgaben
4.2. Coping als Prozeß: Der Aufbau von Bewältigungsstrategien
4.2.1 Der Aufbau von Bewältigungskapazitäten
4.2.2 Ein Beispiel: Strategien zur Lebensbewältigung bei Lehrlingen
4.2.3 Stellenwert des Selbstkonzepts und der Selbstwirksamkeitsüberzeugung
4.2.4 Selbstwirksamkeitsüberzeugungen als Entwicklungsziel für den Aufbau von Copingstrategien:
4.2.5 Beispiel für ein Interventionsprogramm:
4.3. Formen der Problembewältigung bei besonders belasteten Jugendlichen

5 Zusammenfassung

6 Literaturangaben

1 Einleitung

Das Jugendalter wird von Entwicklungspsychologen und anderen Sozialwissenschaftlern oft als Übergangsphase oder auch als Entwicklungsabschnitt der Konflikte und Krisen bezeichnet.

Jugend ist eine Phase im Lebenslauf, in der sich die meisten Vorgänge in einer Person in Veränderung befinden, und zwar in einem Übergang von typisch kindlichem zu dem, was als typisch erwachsen angesehen wird. Der Jugendliche befindet sich an der Schwelle zur autonomen Partizipation am gesellschaftlichen Leben. Veränderungen auf biologischer Ebene gehen mit interpersonellen Beziehungs- und sozialen Statusveränderungen einher. Aus dem fortschreitenden Übertritt in das Erwachsenenalter ergeben sich neuartige Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten, damit aber auch neue Gefahren scheiternder Entwicklung.

In meiner Arbeit gehe ich auf Einzelheiten dieser Entwicklungsaufgaben näher ein und beschäftige mich mit der Art und Weise und den Voraussetzungen, die zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben nötig sind.

Das Konzept der Entwicklungsaufgaben, wie es Havighurst (1953) entwickelt hat, bietet einen Rahmen, der 'Entwicklung' und das Hineinwachsen in ein gesellschaftliches Gefüge betrachtet. Das Kennzeichen von Entwicklungsaufgaben ist es, daß sie "zwischen individuellen Bedürfnissen und objektiven gesellschaftlichen Forderungen" stehen (Ewert, 1983).

Einige Autoren wenden ein, daß sich die Entwicklungsübergänge des Jugendalters angesichts der doch einschneidenden körperlichen, psychischen und sozialen Veränderungen oft überraschend ruhig und undramatisch vollzögen, so daß weniger daß Auftreten als vielmehr das im ganzen eher geringe in Erscheinung treten solcher Probleme erklärungsbedürftig sei ( z.B. Coleman, 1980; Joselsson 1980). Aufgrund meiner eigenen Alltagserfahrung aus der Tätigkeit in einem Kinder- und Jugendheim schätze ich solche empirischen Befunde als nur bedingt valent ein; die jeweiligen Urteilsmaßstäbe und methodischen Vorgehensweisen müssen hier genauer betrachtet werden. Die Jugendlichen, mit denen ich täglich in Kontakt komme, zeigen teilweise massiv problematisches Verhalten und haben teilweise sehr problematische Entwicklungsphasen hinter sich, seien es nun depressive, suizidale Tendenzen, deliquentes Verhalten oder aggressive, teilweise selbstzerstörerische Verhaltensweisen. Einschränkend sei jedoch erwähnt, daß ich solch massive Verhaltens- und Entwicklungsprobleme aus meiner eigenen Jugend und der meiner damaligen Freunde und Bekannten weniger kenne.

Im letzten Teil meiner Arbeit biete ich einige Erklärungsansätze aus der Copingforschung, die dieses Verhalten näher untersuchen.

In Anbetracht individuell sehr unterschiedlicher Entwicklungsmöglichkeiten stellt sich für mich die Frage, wie Jugendliche die neu auftretenden veränderungsintensiven Anforderungen und Angebote bewältigen, warum es manchmal zu problematischen Verhaltensweisen kommen kann, welche Strategien sie verwenden können, um besser mit den anstehenden Entwicklungsaufgaben und Problemen zurecht zu kommen und wie diese Strategien (wenn nötig durch Interventionsprogramme) aufgebaut werden können.

2 Jugendphase und Entwicklungsaufgaben

2.1 Jugend als eigenständige Lebensphase

Anfangs läßt sich feststellen, daß es kaum einheitliche Aussagen und Definitionen von Soziologen, Pädagogen und Psychologen über Jugend gibt. Sicherlich gibt es Kriterien ihres Endes und ihres Beginns und Unterteilungen in verschiedene Phasen, aber darin sind immer Hoffnungen oder Ressentiments gegenüber der Jugend enthalten. Jugend wird in ihrer Funktion für die Gesellschaft gesehen, als Generation, die den sozialen Wandel beschleunigt. Sie gilt als Entwicklungsphase mit spezifischen Problemen, als ein Lebensalter, das krisenhaft verläuft, für die Jugendlichen als auch für die Erwachsenen.

Jugend ist eine Phase im Lebenslauf, in der sich die meisten Vorgänge (z.B. biologische, psychologische und soziale) in einer Person in Veränderung befinden, und zwar in einem Übergang von typisch kindlichem zu dem, was als typisch erwachsen angesehen wird. Verschiedene Definitionen von Adoleszenz tragen verschiedenes zum Verständnis dieser Phase bei. So ermöglichen Definitionen über das Alter die Anzahl von Jugendlichen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte festzustellen und erlauben damit die Einschätzung der Wichtigkeit eines Problems, das einen Teil der jugendlichen Bevölkerung beeinflußt (Kohorteneffekte"). Physische oder psychische Definitionen ordnen Episoden, die mit der Pubertät in Beziehung stehen, in die Jugendphase ein. Es gibt jedoch große individuelle Unterschiede im Zeitpunkt des Auftretens solcher Veränderungen, deshalb sind Kriterien zur Festlegung des Anfangs und Endes der Adoleszenzphase auf diese Weise sehr fragwürdig. Allerdings ermöglicht die Betrachtung des durchschnittlichen Auftretens solcher Ereignisse wie der Menstruation eine Einschätzung über die Wechselbeziehung zwischen biologischen, soziokulturellen und historischen Veränderungen.

Psychologische Veränderungen sind die am meisten untersuchten Aspekte der Adoleszenz. Bereiche wie Persönlichkeit, Intelligenz und moralisches Urteilen wurden umfassend untersucht. Gleichwohl wurde bisher die Rolle von soziokulturellen und historischen Einflüssen auf psychologische Veränderungen während der Jugendphase noch kaum untersucht.

Insgesamt kann jedoch gesagt werden, daß die Jugendphase zur Erwachsenenphase durch den Abschluß der für das Jugendalter typischen Spannungszustände (Adoleszenzkrise"), die erfolgte Bewältigung der Entwicklungsaufgaben sowie den Vollzug der sozialen Statusübergänge abgegrenzt werden kann. Aus soziologischer Sicht kann die Jugend als Lebensphase eigener Form und eigener selbsterlebbarer Qualität und zugleich als ein gesellschaftliches und kulturelles Produkt konzipiert werden, das durch seinen charakteristischen Stellenwert im menschlichen Lebenslauf und seine spezifische Bedeutung für die Reproduktion der Gesellschaft bestimmt werden kann.

Friebel (1983, S.20) drückt diesen Sachverhalt zutreffend aus, wenn er Jugend als eine durch gesellschaftliche Maßnahmen ermöglichte, eine durch gesellschaftliche Strukturprobleme notwendige Lebensphase zur persönlichen Entwicklung und sozialen Plazierung" bezeichnet. (zitiert nach Hurrelmann, Rosewitz, & Wolf, 1985).

Die Bestimmung der Jugendphase als Individuations- und zugleich als Integrationsphase weist auf den für das Jugendalter konstitutiven Zusammenhang von Persönlichkeits- und Gesellschaftsentwicklung hin. Unzweifelhaft werden die grundlegenden Strukturen der Persönlichkeit in der Kindheit ausgebildet, doch kommt es durch die charakteristische Umbruchsituation der Jugendphase zu einer Neukonstitution, die vorhergehende Strukturen erheblich verändert, da sie in ein qualitativ andersartiges Gesamtgefüge eingefügt werden. Ebenso ist das Jugendalter dadurch charakterisiert, daß die Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben werden müssen, die für den anschließenden Erwachsenenstatus typisch und selbstverständlich sind, doch es kommt wegen der jugendspezifischen Aneignungs- und Auseinandersetzungsprozesse zu keiner mechanischen Reproduktion von Sozial-charakteren von einer Generation zur nächsten.

Diese adaptiven Anforderungen, denen sich Jugendliche für gewöhnlich gegenüber sehen, sind jedoch nicht so explizit und klar bestimmt, wie sie zu sein scheinen. Im Angesicht dieser Entwicklungsaufgaben sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen ähnelt eher dem, was Dörner, Kreuzig, Reither & Stäudel (1983) Handeln in Unbestimmtheit und Komplexität" genannt haben.

Einige Beispiele mögen dies illustrieren:

a) Trotz der Unbestimmtheit vieler Ziele in bezug auf das Erwachsenwerden sind schnelle und spontane Entscheidungen gefragt, die aufkommende Gelegenheiten betreffen.
b) Darüber hinaus gibt es für gewöhnlich eine Vielzahl von gegenseitig abhängigen und manchmal gegensätzlichen Zielen. Selbständigkeit ist hierfür ein gutes Beispiel: Selbständig zu sein ist ein allgemein anerkanntes Entwicklungsziel, Jugendliche versuchen dies aber im Elternhaus zu erreichen.
c) Die Jugendlichen leiden unter der Andersartigkeit der neuen Realität, in der sie operieren müssen.
d) Die Bedingungen, die tatsächlich für die eigene Entwicklung relevant sind, sind hochgradig komplex strukturiert. Selbst unter optimalen Bedingungen kann niemand volle Einsicht in einem angemessenen Zeitraum gewinnen.
e) Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Undurchsichtigkeit des Entwicklungsfortschrittes selbst. Es gibt keine Indikatoren, die unzweifelhaft über den Fortschritt der Entwicklung Auskunft geben.
f) Änderungen in einer Determinanten korrelieren mit allen anderen Determinanten. So erleichtern z.B. perr-group - Aktivitäten die Bewältigung von interpersonalen Problemen, erhöhen aber das Risiko, mit Drogen in Kontakt zu kommen.
g) Nicht zuletzt ist nur ein Teil der sich immer verändernden Einflüsse durch die Person und ihre Interventionen kontrollierbar.
(Silbereisen, Eyferth, & Rudinger, 1986)

Handeln in der Adoleszenz bedeutet also, schlecht definierte, hochkomplexe Probleme zu lösen. Der Übergang in die Jugendphase umfaßt das Verstehen und Lösen von Fortsetzungsromanen - lange Unternehmungen, in denen Individuen in Übereinstimmung mit langfristig angelegten Handlungsplänen agieren." (Little, 1983, S. 275)

2.2. Entwicklungsaufgaben im Jugendalter

Unter einer Entwicklungsaufgabe werden in der psychologischen Diskussion die kulturell und gesellschaftlich vorgegebenen Erwartungen und Anforderungen verstanden, die an Personen einer bestimmten Altersgruppe gestellt werden. Sie definieren für jedes Individuum in bestimmtem situativen Lebenslagen objektiv vorgegebene Handlungsprobleme, denen es sich stellen muß. Sie fungieren als Bezugssysteme, innerhalb derer die personelle und soziale Identität konstruiert werden muß" (Havighurst 1972, zitiert nach Hurrelmann, Rosewitz & Wolf, 1985, S.12 ).

Das Konzept der Entwicklungsaufgaben wurde von Havighurst (1948) definiert und beschreibt den Lebenslauf als eine Folge von Problemen, denen sich das Individuum gegenüber sieht und die es bewältigen muß. Havighurst geht davon aus, daß die verschiedenen Anforderungen, die in einem bestimmtem Lebensabschnitt erfüllt werden müssen, durch eine besondere Kombination von inner-biologischen (z.B. physische Reifung), sozio-kulturellen (z.B. kulturelle Erwartungen) und psychologischen (z.B. individuelle Bestrebungen) Einflüssen erwachsen (Dreher & Oerter, 1986).

Die verschiedene Entwicklungsaufgaben, die Personen im Laufe ihres Lebens meistern müssen, entstehen also als Anforderungen durch besondere Konstellationen in der physischen Reife, soziokulturellen Einflüssen, und individuellen Fähigkeiten und Bestrebungen. Die Festlegung einer Aufgabe, die die Gesellschaft an den Einzelnen stellt, ist normativ, die Altersgrenzen für Entwicklungsaufgaben sind jedoch eher als deskriptives, variables Element dieses Konzeptes zu verstehen. Ebenso variiert der Grad der normativen Verpflichtung; einige Entwicklungsaufgaben sind als Angebote mit Empfehlungscharakter zu verstehen, andere sind durch Sanktionen gestützte Forderungen . Nicht alle Aufgaben sind jedoch vorgegeben, ein weiterer Teil setzt sich aus persönlichen Zielen und Projekten (z.B. Gestaltung einer Partnerschaft) zusammen. Entwicklungsaufgaben gliedern also den Lebenslauf und geben Sozialisationsziele vor (Oerter & Montada 1995).

Beispiele für Entwicklungsaufgaben in der Jugendphase sind: seinen Körper zu akzeptieren, eine männliche oder weibliche soziale Rolle zu lernen, sich für eine Beschäftigung entscheiden, emotionale Unabhängigkeit von den Eltern und anderen Erwachsenen zu erreichen, eine Werteskala und ein ethischen System zu errichten und danach zu leben. Diese Aufgaben werden als Grundlage für die zukünftige Entwicklung betrachtet.

Bezüglich der zeitlichen Zuordnung geht Havighurst davon aus, daß es innerhalb der Lebensspanne Zeiträume gibt, die für die Erledigung bestimmter Aufgaben besonders geeignet sind. Die Annahme solcher sensitiver Perioden bedeutet nicht, daß bestimmte Prozesse nicht auch zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff genommen werden können; der Lern- oder Entwicklungsprozeß erfordert dann aber einen wesentlich höheren Aufwand. Darüber hinaus unterscheidet Havighurst zwischen Aufgaben, die zeitlich abgeschlossen sind, und solchen, die sich über mehrere Perioden der Lebensspanne erstrecken.

Diese unterschiedlichen Anforderungen bedingen eine Anpassung der Heranwachsenden. Da zu verschiedenen Zeitpunkten im Lebenslauf die Kombination von Anforderungen auf jeder Ebene unterschiedlich ist, lastet in jedem Lebensabschnitt ein bestimmter Satz von Anpassungsanforderungen auf der sich entwickelnden Person. Eine Entwicklungsaufgabe kommt während eines bestimmten Abschnittes im Leben auf, deren erfolgreiche Vollendung führt zu Zufriedenheit und Erfolg bei den bevorstehenden Aufgaben, während der Mißerfolg zu Unzufriedenheit, zur Mißbilligung durch die Gesellschaft und zu Schwierigkeiten mit späteren Aufgaben führt (Havighurst 1953).

A developmental task is a task which arises at or about a certain period in the life of an individual, succesful achievment of which leads to happiness and to success with later tasks, while failure leads to unhappiness in the individual, disapproval by the society, and difficulties with later tasks." (Havighurst ,1948/1982)

Die Entwicklung des Individuums wird insgesamt von zwei Komponenten bestimmt, die immerzu in Veränderung begriffen sind: der tatsächliche Entwicklungsstand und die soziokulturellen Anforderungen bezüglich gegenwärtig angestrebter Entwicklungsstufen oder zukünftiger Entwicklungsstufen. Der erste Schritt zu aktiver Beschäftigung mit der eigenen Entwicklung erfordert, daß der eigene gegenwärtige Entwicklungsstand und die Entwicklungsanforderungen der umgebenden Kultur wahrgenommen werden müssen. Der nächste Schritt besteht daraus, den Abstand zwischen dem eigenen Entwicklungsstand und den soziokulturellen Entwicklungsanforderungen abzuschätzen, um sich selbst Entwicklungsziele zu setzen. Der dritte Schritt beinhaltet Aktivitäten, die auf das Erreichen der Entwicklungsziele gerichtet sind.

Schritt 1 und 2 erfordern kognitive Aktivitäten, Schritt 3 kann nur mit erkennbaren Handlungen erreicht werden. Zwischen Schritt 2 und 3 kann es durch adaptive Handlungen zu Änderungen der Ziele kommen. Das Individuum nimmt also eine aktive Rolle bei der Gestaltung seiner eigenen Entwicklung ein.

Zugleich verbindet die Entwicklungsaufgabe Individuum und Umwelt, indem sie individuelle Leistungsfähigkeit mit kulturellen Anforderungen in Beziehung setzt. Vgl. zur Verdeutlichung die Abbildung „Strukturmodell der Entwicklungsaufgabe“ (in Dreher & Oerter, 1986, S. 111 )

Die kulturellen Normen und Anforderungen beziehen sich auf die objektive Struktur", welche die Anordnung der Gesamtheit möglicher Handlungsweisen in einer Gesellschaft darstellt. Der individuelle, jetzige Entwicklungsstand wird hier als subjektive Struktur" definiert. Es wird angenommen, das beide Strukturen isomorph sind. Die Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Struktur läßt die Veränderung des momentanen Zustandes als erstrebenswert erscheinen. Das Individuum wählt aus der objektiven Struktur geeignete Aspekte aus und formuliert Ziele für die nahe oder fernere Zukunft. Zunächst übernehmen soziale Partner (vor allem die Eltern) die Auswahl der anstehenden Entwicklungsziele, später formuliert der Heranwachsende selbst seine Entwicklungsziele. Da unsere Kultur ein riesiges Angebot an Entwicklungsmöglichkeiten bereithält, entstehen individuell unterschiedliche, persönliche Zielsetzungen. Um so reifer und reflektierter solche Persönlichkeitsentwürfe werden, desto mehr ziehen sie jedoch die Abhängigkeit individueller Lebensgestaltung von der umgebenden Kultur mit ein.

Im Modell der Entwicklungsaufgaben bestimmt und determiniert das Individuum das Entwicklungsziel selbst, dieses Ziel ist jedoch nicht das Ergebnis des unabhängigen freien Denkens des Individuums, sondern wird entsprechend wesentlicher Merkmale der Umgebung strukturiert ( in der Abbildung durch die Pfeile von der objektiven Struktur zu der Konzeption des Entwicklungszieles symbolisiert).

Betrachtet man die Interaktion von Individuum und Umgebung etwas näher, wird deutlich, daß es die Aktivitäten des Individuums sind, die bei dieser Wechselwirkung eine wichtige vermittelnde Rolle spielen. Dies stimmt mit der gebräuchlichen Annahme überein, daß das Individuum der Konstrukteur seiner eigener Entwicklung ist (Brim & Kagan, 1980; Lerner, 1982; Lerner & Busch-Roßnagel, 1981).

Um die Validität dieses Konzepts der Entwicklungsaufgaben zu untersuchen, haben Dreher & Oerter (1986) mehrere Versuche durchgeführt.

In einem dreiteiliger Fragebogen wurde :

a) nach der Wichtigkeit,
b) der Art des sich befassens mit und
c) dem Grad des Fertigwerdens mit 10 Entwicklungsaufgaben gefragt.

Kontrolliert wurde nach sozialem Status, Bildung und Geschlecht.

Folgende Themen wurden analog zu Havighurst als Entwicklungsaufgaben gewählt:

1. Neue Beziehungen zu Personen beiderlei Geschlechts knüpfen
2. Die eigene physische Erscheinung und Veränderung akzeptieren
3. Eine männliche oder weibliche soziale Rolle erreichen
4. Eine Partnerbeziehung eingehen
5. Unabhängigkeit von den Eltern
6. Vorbereitung auf eine Erwerbstätigkeit nach den eigenen Interessen
7. Entwicklung von Vorstellungen über den Ehepartner und die zukünftige Familie
8. Wissen wer man ist und was man will
9. Klarheit über die eigenen Werte gewinnen und eine Ideologie entwickeln
10. Eine Perspektive für die Zukunft und die eigenen Ziele entwickeln

Ergebnisse:

1. Die Mehrheit der präsentierten Entwicklungsaufgaben wurden als wichtig eingeschätzt. Die individuellen Unterschiede im Wichtigkeitsprofil waren mehr durch Geschlechts-unterschiede als durch sozioökonomische oder Bildungsunterschiede begründet.
2. Außerdem war für die Varianz in der Aufgabenvollendung eher das Alter als die Bildung, das Geschlecht oder der soziale Status entscheidend. Die präsentierten Aufgaben schienen also primär mit dem Entwicklungsfortschritt in Beziehung zu stehen. Dieser ist jedoch auch von situationalen Faktoren abhängig.
3. Die Jugendlichen gaben an, daß es notwendig ist, sich aktiv mit den Entwicklungs-aufgaben auseinanderzusetzen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben im Jugendalter
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung)
Note
1,0
Autor
Jahr
1999
Seiten
44
Katalognummer
V1088
ISBN (eBook)
9783638106733
Dateigröße
501 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es geht um die Frage, welche Entwicklungsaufgaben´Jugendliche zu bewältigen haben und wie sie das tun. Außerdem ging ich der Frage nach, welche Probleme entstehen, wenn bestimmte Entwicklungsaufgaben nicht erfüllt werden und ob bzw. wie dies später ausgeglichen werden kann.
Schlagworte
Bewältigung, Entwicklungsaufgaben, Jugendalter
Arbeit zitieren
Thomas Vöhringer-Kuhnt (Autor:in), 1999, Die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben im Jugendalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1088

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