Kein anderes Lebewesen ist in der Lage, seinen Artgenossen mit derselben Grausamkeit zu begegnen wie der Mensch. Stellt sich die Frage, warum das so ist. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Bereich der Folter und Marter als physischem Akt im Rahmen der Strafe oder als Teil eines Strafprozesses. Also ausschließlich jene Fälle, in denen eine Autorität, ob staatlich oder kirchlich, auf den Körper eines Delinquenten zugreift. Folter zwischen zwei Akteuren welche auf subjektiven Emotionen wie Hass oder Ähnlichem beruht, soll bewusst ausgeklammert werden. Ebenso die Schmerzen, die Menschen sich selbst beibringen. Gedacht sei hierbei an religiöse Geißelungen oder das moderne 'Ritzen'. Diese Geißelungen können als Selbstbestrafung des eigenen Körpers für Normverstöße betrachtet werden und bieten damit ein interessantes Feld für eine Körpersoziologische Untersuchung.Es geht also um die Untersuchung des Makrophänomens der Folter und Marter. Inwieweit 'Ethnische Säuberungen' und die Massenvergewaltigungen am Ende des zweiten Weltkrieges sowie im jugoslawischen Bürgerkrieg dazuzurechnen sind, ist eine Frage, die in dem Teil der Arbeit, der sich mit der sozialen Ungleichheit beschäftigt, zumindest kurz diskutiert werden soll. Michel Foucault befasst sich in seinem Werk 'Überwachen und Strafen', welches mit seinen Theorien die Grundlage dieser Arbeit bilden wird, mit der Entwicklung von der Marter hinzum modernen, ökonomisch orientierten Gefängnis. 'Es ist zu zeigen, dass die Strafmaßnahmen nicht einfach negative Mechanismen sind,sondern dass sie an eine Reihe positiver und nutzbringender Effekte geknüpft sind…1'. Foucault´s Buch befasst sich mit der Entwicklung in Frankreich, vor allem während der frühen Neuzeit. Neben seinen Schilderungen sollen noch einige historische Beispiele aus anderen Ländern und Epochen hinzugefügt werden.Auch sollen am Ende aktuelle Fragen diskutiert sowie ein Ausblick auf die Zukunft des Körpers im Verfahren des Strafprozesses gegeben werden. Dabei soll der Fokus auf dem sozialen Umfeld liegen, in dem sich die Körperstrafen abspielen. Antrophozentrische Erklärungen über den Ursprung von Gewaltphantasien oder die Genese der Folterer bleiben hier unberücksichtigt, auch wenn sie sicherlich zum Teil auf die sozialen Umstände dieser Personen zurückzuführen sind.
Gliederung
1. Einleitung
2. Der Begriff der Körperstrafen
3. Körperstrafen in der Geschichte
4. Der Körper in der Gewalt der Mächtigen. Ziele von Körperstrafen
5. Der Körper in der Gewalt der Kirche. Das Quälen des Körpers zur Rettung der Seele
6. Der Körper der (Un)Mächtigen. Soziale Ungleichheit im Strafsystem
7. Das Ende der Martern
8. Fazit
9. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Marter, Tortur, Peinliche Strafe, Folter: Mit diesen und vielen weiteren Worten wird ein Phä- nomen beschrieben, das es schon zu geben scheint, seit Menschen in größeren und festeren Gemeinschaften leben: Das Quälen des Mitmenschen und Strafen seines Körpers. Ein weite- rer, wenn auch gerne verschwiegener, Aspekt der den Menschen klar vom Tier unterscheidet. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf - Eine Beleidigung für alle Wölfe“. Dieses Zitat am Eingang des Rüdesheimer Folter-Museums bringt es auf den Punkt. Kein anderes Lebe- wesen ist in der Lage, seinen Artgenossen mit derselben Grausamkeit zu begegnen wie der Mensch.
Stellt sich die Frage, warum das so ist. Wir Menschen rühmen uns unserer Intelligenz und unseres Verstandes. Wie ist dieses Verhalten gegenüber anderen unserer Art trotz dieser Eigenschaften erklärbar? Ist es vielleicht gerade deshalb erklärbar?
Der Begriff der Körperstrafen umschreibt ein weites Feld von Handlungen und den damit verbundenen Zielen, ganz zu schweigen von Grenzbereichen und Unschärfen wie psychischer Folter oder Mobbing. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Bereich der Folter und Marter als physischem Akt im Rahmen der Strafe oder als Teil eines Strafprozesses. Also ausschließlich jene Fälle, in denen eine Autorität, ob staatlich oder kirchlich, auf den Körper eines Delinquenten zugreift. Folter zwischen zwei Akteuren welche auf subjektiven Emotio- nen wie Hass oder Ähnlichem beruht, soll bewusst ausgeklammert werden. Ebenso die Schmerzen, die Menschen sich selbst beibringen. Gedacht sei hierbei an religiöse Geißelun- gen oder das moderne „Ritzen“. Inwieweit diesen Handlungen jedoch eine vorausgegangene Qual als Auslöser dient und inwiefern dieses Verhalten auf die Mitmenschen ausgerichtet und daher sozial ist oder ob es vielleicht doch in den Bereich der Psychologie fällt, würde den Rahmen dieser Hausarbeit sowie die Kenntnisse des Verfassers bei weitem übersteigen. Diese Geißelungen können als Selbstbestrafung des eigenen Körpers für Normverstöße betrachtet werden und bieten damit ein interessantes Feld für eine Körpersoziologische Untersuchung. Es geht also um die Untersuchung des Makrophänomens der Folter und Marter. Inwieweit „Ethnische Säuberungen“ und die Massenvergewaltigungen am Ende des zweiten Weltkrie- ges sowie im jugoslawischen Bürgerkrieg dazuzurechnen sind, ist eine Frage, die in dem Teil der Arbeit, der sich mit der sozialen Ungleichheit beschäftigt, zumindest kurz diskutiert wer- den soll.
Michel Foucault befasst sich in seinem Werk „Überwachen und Strafen“, welches mit seinen Theorien die Grundlage dieser Arbeit bilden wird, mit der Entwicklung von der Marter hin zum modernen, ökonomisch orientierten Gefängnis. „Es ist zu zeigen, dass die Strafmaßnahmen nicht einfach negative Mechanismen sind,…, sondern dass sie an eine Reihe positiver und nutzbringender Effekte geknüpft sind…1 “. Foucault´s Buch befasst sich mit der Entwicklung in Frankreich, vor allem während der frühen Neuzeit. Neben seinen Schilderungen sollen noch einige historische Beispiele aus anderen Ländern und Epochen hinzugefügt werden. Auch sollen am Ende aktuelle Fragen diskutiert sowie ein Ausblick auf die Zukunft des Körpers im Verfahren des Strafprozesses gegeben werden.
Dabei soll der Fokus auf dem sozialen Umfeld liegen, in dem sich die Körperstrafen abspielen. Antrophozentrische Erklärungen über den Ursprung von Gewaltphantasien oder die Genese der Folterer bleiben hier unberücksichtigt, auch wenn sie sicherlich zum Teil auf die sozialen Umstände dieser Personen zurückzuführen sind.
2. Der Begriff der Körperstrafen
Richard Wrede definiert in seinem 1908 erschienen Buch „Die Körperstrafen“ selbige als „jedes dem menschlichen Körper unmittelbar zugefügte objective Übel2.“ Wie jedoch bereits in der Einleitung erwähnt, beschäftigt sich vorliegende Arbeit nur mit den Körperstrafen die von staatlicher oder kirchlicher Seite einem Delinquenten auferlegt wurden. Hierbei stehen die Begriffe der Folter und der Marter im Vordergrund die, wenn auch häufig anders verwendet, in dieser Arbeit in Anlehnung an ihre Verwendung bei Foucault benutzt werden sollen.
Folter soll hier verstanden werden als Teil der Beweisführung. Zum Verständnis einer solchen Argumentation muss an dieser Stelle genauer auf das damalige Rechtsverständnis eingegan- gen werden.
Das Beweisfindungsverfahren folgte einer strengen juristischen Arithmetik. Es gab volle Be- weise (zwei unbescholtene Augenzeugen der Tat oder der Anwesenheit des Verdächtigen am Tatort), halbe Beweise (ein Augenzeuge oder z.B. Todesdrohungen vor einem Mord) sowie Hilfsbeweise (Meinungen und Gerüchte). Allerdings galt der juristische Grundsatz „in dubio pro reo3 “ und damit die Unschuldsvermutung nicht4. Alleine der Verdacht reichte aus, um den Verdächtigen strafwürdig zu machen. Ein Unschuldiger würde far nicht erst in Verdacht gera- ten. Gab es nur einen halben Beweis, war der Verdächtige eben halbschuldig. Die Folter war also zugleich Strafe der bereits bekannten Schuld des Beklagten und diente der Ermittlung weiterer Straftaten um dann mit der vollen Härte des Gesetzes alle Taten des dann ganz Schuldigen zu ahnden5.
Die Marter hingegen wurde als der Schlussakt sowohl des Prozesses als auch als Abschluss des Verbrechens verstanden und den demonstrierte den Sieg des Gesetzes. In diesem Hinblick erfüllte sie vielseitige Funktionen, auf die im Folgenden näher einzugehen sein wird.
3. Körperstrafen in der Geschichte
Die verschiedenen Arten der Körperstrafen lassen sich grob in religiöse, polizei- und richterliche, militärische, herrenrechtliche, pädagogische sowie häuslich züchtigende einteilen6. Die verschiedenen Strafarten hatten oft ihre eigenen Strafstile und beide hielten sich Teilweise bis in die Moderne. Während das Herrenrecht über den Sklaven oder Leibeigenen in Europa nach der Christianisierung deutlich geschwächt wurde7, hielt sich dieses in den heutigen USA noch bis zum Bürgerkrieg.
Pädagogische, militärische und häusliche Strafen lassen sich in Europa sicher noch bis in die Zeit bis nach dem zweiten Weltkrieg nachweisen, letztere teilweise bis in die heutige Zeit. Diese Arbeit befasst sich allerdings nur mit dem Bereich der polizei- und richterlichen Stra- fen.
Wie bereits in der Definition deutlich geworden ist, verfolgen Folter und Marter unterschiedliche Zwecke. Die Martern als eigentliche Form der Strafe lassen sich in die zwei Gruppen Ehrenstrafen und schmerzliche Strafen teilen.
Zu den Ehrenstrafen zählten Pranger, Doppelgeigen8, Halseisen, Schandmantel9 sowie Schandmasken und das Abschneiden der Haare10. Durch diese Strafen sollte der Verurteilte stigmatisiert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Eine Zwischenform zwischen den reinen Ehrenstrafen und den körperlichen Strafen bildet das Haare abschneiden sowie in intensivster Form das Brandmarken. Bei letzterem wurden dem Verbrecher mit einem glü- henden Eisen ein Symbol oder der Anfangsbuchstabe seines Verbrechens auf den Körper, meist Kopf oder Brust, gebrannt. Dass das Haare abschneiden seine stigmatisierende Wirkung bis in die jüngste Zeit nicht verloren hat beweist der Umstand, dass nach der Befreiung der Niederlande durch die Alliierten Frauen, die ein Verhältnis mit Deutschen hatten, ebenfalls geschoren wurden.
Die Folter diente vornehmlich dazu, den Befragten zur Aussage bzw. zum Geständnis zu bewegen. Dass er alleine durch den Verdacht bereits ein Stück weit schuldig war, wurde bereits erläutert. In diesem Zusammenhang besaß die Folter auch ein strafendes Element. Generell jedoch sollte dem Urteil durch die Folter nichts vorweg genommen werden und es war auch nicht geplant, den Inquisiten bei der Befragung zu töten11, obwohl angenommen werden kann, dass auch viele Gefolterte an Entkräftung starben. Die Foltermethoden waren jedoch darauf ausgelegt Schmerzen zuzufügen, jedoch nicht zu töten. Etwaige Folgeschäden wurden billigend in Kauf genommen. Wichtig war nur das physische Überleben, damit der Körper nach erfolgtem Urteil noch öffentlich zu bestrafen war.
Gleich den Strafgesetzen lassen sich in allen Kulturen ähnliche, aber auch einige spezielle, Foltermethoden und Werkzeuge auffinden. Im Folgenden soll näher auf die in Europa gebräuchlichen Mittel eingegangen werden.
Bevor die eigentliche Folter begann, wurde der oder die Gefangene entkleidet und vor die Folterinstrumente geführt. Diese wurden ihm oder ihr angelegt, jedoch ohne dass Schmerz entstehen sollte. Danach wurden die Häftlinge wieder in ihre Zellen zurückgebracht und er- hielten noch einmal Gelegenheit ihre Aussagen oder ihr Geständnis zu machen. Die Folter selbst begann meist in den frühen Morgenstunden und lässt sich in mehrere Grade einteilen. Im ersten Grad begann man gewöhnlich mit den Daumenschrauben oder mit Peit- schenhieben auf den angespannten Körper. Im zweiten Grad wurden so genannte spanische Stiefel12 (eine Art Beinschrauben) verwendet, der Körper geschnürt (sprich gedehnt und über einen Balken hochgezogen). Im dritten Grad wurde der Gefolterte an einer Folterleiter hoch- gezogen. Diese Behandlung wurde häufig durch Brennen verschärft, indem dem Opfer Fa- ckeln unter die Achselhöhlen gehalten wurde. Weiterhin wurden spinnenartige Metallgeräte in den Körper geschlagen und rissen beim Herausziehen große Fleischstücke mit heraus. Auch Zwicken mit Zangen war verbreitet.
Bei allen Graden der Folter wurde die Folterbirne eingesetzt. Diese bestand aus Metall und hatte die Form einer Birne mit einem Stellrad am hinteren Ende, durch das sie sich im Mundraum aufspreizen ließ. Den Gefolterten wurde so die Möglichkeit zum Schreien genommen und oft gerieten sie durch dieses Gerät in Atemnot13.
Mit dem umgangssprachlichen Begriff der Folter verbinden die meisten Europäer zunächst die Spanische Inquisition und die Verbrechen diktatorischer Systeme der europäischen Ge- schichte sowie einiger Bananenrepubliken der Gegenwart. Körperstrafen sind aber wohl so alt wie menschliche Gesellschaften selbst und lassen sich in den meisten uns bekannten Kulturen nachweisen.
So war es bei den Griechen üblich, Sklaven die in einem Straf- oder Zivilprozess verhört werden sollten zu foltern, um ihre Aussagen vor Gericht verwenden zu können. Da man davon ausging, dass Sklaven durch ihr Leben im Sklavenstand derart verdorben seien, dass sie nur unter Folter die Wahrheit bekunden würden14. Nach Richard Wrede findet der Begriff schla gende Beweise hier seinen Ursprung15.
Jedoch finden sich Beispiele von Körperstrafen nicht nur in der europäischen Klassik. Der Perserkönig Xerxes lies zu ihm übergelaufene Thebaner brandmarken. In der moscowiter Rus wurde der zweite Diebstahl mit Brandmarkung und dem Abschneiden der Nase bestraft. Im pharaonischen Ägypten wurden Ehebrecher kastriert, Falschmünzer mit Abhauen der Hände bestraft und Verrätern die Zunge herausgerissen. In Karthago wurde die Todesstrafe durch Zertreten von Elefanten vollstreckt und in vielen afrikanischen Stämmen waren Schläge auf die Füßen sowie Kastration üblich. In China wurde das Verbrechen dem Delinquenten mit einem glühenden Eisen auf den linken Arm geschrieben. Bei den Westgoten wurde Abtreibung an dem Vater oder der Mutter durch Augenausstechen bestraft.
Ebenfalls wurden Körperteile von unterlegenen Gegnern in den meisten Kulturen als Trophäen gesammelt16.
Das germanische Strafrecht, sofern man aufgrund der Vielzahl der germanischen Stämme von einem solchen sprechen kann, misst der Privat-Blutrache höchste Bedeutung zu. Sie war in den germanischen Rechten schärfer ausgeprägt und hielt sich länger als in allen anderen Rechtssystemen. Noch während des Mittelalters existierte sie in Form der Fehde weiter und bestand in Form des Duells noch bis in die Neuzeit.
An der Vendetta lassen sich gut verschiedene Entwicklungsstufen vom Privatrecht hin zum staatlichen Gewaltmonopol aufzeigen: die private Blutrache, die Blutrache mit sakralen Ele- menten, die Abfindung bzw. das Freikaufen durch Geldzahlungen und schließlich die öffent- liche Strafe.
1507 wurde mit der Bamberger Halsgerichtsordnung erstmals ein einheitliches Strafrecht für das heilige römische Reich deutscher Nation geschaffen und auf dem Reichstag zu Regens- burg 1532 zum Reichsgesetz erhoben. Diese so genannte Mater Carolinae kannte verschiede- ne Arten von Körperstrafen. So das Verstümmeln so wie das Abschlagen der Finger bei Mei- neidigen, Abschneiden der Ohren bei Kupplern oder Abhauen der Hand bei Dieben. Körperli- che Züchtigung war in vier Fällen vorgesehen und meist mit Verbannung verbunden. Näm- lich bei Fälschern, kleineren Diebstählen, Aufrührern und, in Verbindung mit dem Abschnei- den der Ohren, bei Kupplern. Todesstrafen waren für Mord vorgesehen: Tod bei vorsätzli- chem Mord durch Rädern und bei Totschlag durch Enthauptung. Frauen sollten jedoch nicht gerädert werden. Männliche Verräter wurden gevierteilt, verbrannt oder lebendig begraben. Bei Kindesmörderinnen war die Pfählung vorgesehen. Die Todesstrafen konnten durch Schleifen-zur-Richtstatt oder Zangenrei ß en noch verschärft werden17.
Besonders erwähnenswert ist die Hinrichtung mittels der Eisernen Jungfrau, auch Jungfern- kuß genannt. Die Eiserne Jungfrau war ein Automat in Gestalt einer stehenden Frau mit be- weglichen Armen und Schwertern in den Händen, auf die der Verurteilte zugehen musste. Vor dem Automaten befand sich eine Bodendruckplatte und eine Falltür. Betrat der Delin- quent die Bodenplatte, klappten die Arme zu, umfingen und durchbohrten ihn und zogen ihn schließlich in die Falltür. Diese Form der Hinrichtung war eine Anspielung auf die Mutter Christi, die eigentlich als Erlöserin, in diesem Fall als Vollstreckerin, verwendet wurde. An dieser Stelle wird die feindliche Haltung gegenüber dem weiblichen Körper im Mittelalter deutlich18.
Nicht zu verwechseln ist die weltliche Gerichtsbarkeit der Carolina mit der kirchlichen Ge- richtsbarkeit, welche in den Hexenprozessen der Inquisition angewandt wurde. Das Haupt- werk der Inquisition war der Hexenhammer19, der vornehmlich die Art des Verhörs und die zu verwendenden Foltermethoden regelte. Hier wurde auch eine Form der Eisernen Jungfrau als eine frauenförmige Kiste mit langen Stacheln an den Innenseiten verwendet. Strafe war eigentlich immer, in Vorwegnahme des Fegefeuers der Tod durch verbrennen. Den Zus- chauern sollte vor Augen geführt werden welche Strafe die Sünder im Jenseits zu erwarten hätten.
Vergleichbar mit der Carolina finden sich in allen Hochkulturen ausgearbeitete Strafgesetz- bücher.
Der älteste bekannte Gesetzestext dieser Art ist mit dem Schuking aus China erhalten und stammt aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. In ihm sind bereits die so genannten fünf großen Stra- fen enthalten: Brandmarkung, Abschneiden der Nase, Palaststrafe (Kastration oder Einsper- rung), Abschneiden der Füße sowie der Tod durch Enthaupten, Verbrennen oder In-Stücke- schneiden. Im Laufe der Zeit wurden im chinesischen Strafrecht viele Änderungen vorge- nommen, wovon die meisten auf eine Spezialisierung bei der Einordnung der Delikte und der damit verbundenen Strafen hinausliefen. Das Strafgesetz Lü´s kannte um 952 v. Chr. bereits 3000 Delikte von denen 200 mit dem Tode, 300 mit Palaststrafe, 500 mit Abhauen der Füße und jeweils 1000 mit Abschneiden der Nase und Brandmarkung bestraft wurden20.
Im römischen Strafrecht waren die folgenden Todesstrafen bekannt: Kreuzigung (ursprüng- lich nur für Sklaven), Hinabstürzen vom tarpejischen Felsen, Erdrosseln, Ertränken, lebendig Begraben oder Verbrennen, Enthauptung. Interessanterweise finden sich bei den Römern we- nige Körperstrafen. Vor der Vollstreckung eines Todesurteils wurde, soweit bekannt, nicht gemartert. Bekannt waren das Handabschlagen wegen Diebstahls oder wegen Münzfälschung sowie das Einbrennen eines entehrenden Zeichens. Körperliche Züchtigung fand nur bei Sklaven oder Personen niederen Ranges Anwendung. Allerdings waren die Freiheitsstrafen wie Bergwerksarbeiten oder Tier- und Gladiatorenkämpfe oft im Ergebnis den Todesstrafen gleichzusetzen21.
Das osmanische Strafrecht kannte mit dem [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]22 drei Klassen von Delikten: Verbrechen gegen Allah, Angriffe auf die Person und Handlungen gegen den öffentlichen Frieden.
[...]
1 Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1994, Seite 35.
2 Wrede, Dr. Richard: Die Körperstrafen. Nachdruck der Auflage OB Maastricht von 1908 ohne Kürzungen, Marix Verlag, Wiesbaden 2004, Seite 7.
3 Im Zweifel für den Angeklagten.
4 Foucault, Michel: Überwachen und Strafen, Seite 49 ff.
5 Foucault, Michel: Überwachen und Strafen, Seite 57.
6 Foucault, Michel: Überwachen und Strafen, Seite 10.
7 Unfreie hatten zwar auch im Mittelalter wenige Rechte und gehörten zum Besitz ihres Grundherren, durften aber nicht ohne weiteres getötet werden. Selbiges galt allerdings bereits für die Sklaven der römischen Antike.
8 Holzbrett in Form einer doppelten Geige in die zwei Streitende mit Kopf und Händen einander zugewandt eingeschlossen wurden.
9 Eine hölzerne Tonne, die der Verurteilte um den Körper tragen musste und auf der sein Verbrechen abgebildet war.
10 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 27 ff.
11 Bei Personen von Rang ist hier ein Unterschied festzustellen, auf den später noch eingegangen werden wird. An dieser Stelle sei bereits festgehalten, dass Personen mit höherem sozialen Rang nur gefoltert wurden, wenn klar war, dass sie sterben oder zumindest ihrer sozialen Stellung verlustig werden würden.
12 Eine bildliche Darstellung
13 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 17 ff.
14 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 308.
15 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 15.
16 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 393 ff.
17 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 341 ff.
18 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 25.
19 1487 unter dem Namen "Malleus maleficarum" (in Deutsch: "Der Hexenhammer") erschienen, enthielt das Buch der beiden Domikanermönche Heinrich Kramer (lat. Henricus Institoris) und Jacob Sprenger in drei Tei- len, in 42 Kapiteln und 35 Fragen alles, was geistliche Gelehrsamkeit und praktische Erfahrung bis zu diesem Zeitpunkt über Hexerei festgestellt hatte. Ebenso Erläuterungen zum Umgang mit Hexen. Quelle: http://www.ellenfeld.de/parties/hexenkessel/hexenkessel/hexenhammer.htm
20 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 286 ff.
21 Wrede, Richard: Die Körperstrafen, Seite 309 ff.
22 multaga al abhur dt.: Zusammenfluss der Meere.
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