Werden die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte durch ein Two-Level Game gesteuert?


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Arbeitsweise:
1.2 Literatur:

2 Geschichte der Selbstverteidigungsstreitkräfte
2.1 1999 – 2004:

3 Die Wissenschaftliche Debatte um die Selbstverteidigungsstreitkräfte
3.1 Neorealismus und ähnliche Theorien:
3.2 Konstruktivistische Erklärungen:
3.3 Liberalistische Zugänge:
3.3.1 Die Theorie von Japan als reaktiven Staat:
3.3.2 Two-Level Game:
3.3.3 Liberalismus nach Moravcsik:
3.4 Mein eigener Ansatz:

4 Werden die Selbstverteidigungsstreitkräfte durch ein Two-Level Game gesteuert?
4.1 Die Position der Japanischen Bevölkerung:
4.2 Positionen der UNO und der USA:
4.2.1 USA:
4.2.2 UNO:
4.3 Position in Ostasien:
4.4 Das Two-Level Game:

5 Fazit
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse:
5.2 Kritik und offene Fragen:

6 Quellen

1 Einleitung

Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung der Einsätze der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte (auch SDF). Die große Bandbreite der japanischen Politik vom völligen Verzicht auf Militär (bis 1954) bis zu Auslandseinsätzen der japanischen Armee wird aufgezeigt und auf die Zurückhaltung[1] bei bewaffneten Einsätzen im Ausland wird eingegangen.

1.1 Arbeitsweise:

Im Bezug auf das militärische Handeln Japans sollen folgende Hypothesen überprüft werden, da diese eine Begründung für das Verhalten der Selbstverteidigungsstreitkräfte liefern könnten:

1. Es bestehen in Japan starke antimilitärische Tendenzen in der Bevölkerung, die so stark sind, dass sie die Politik berücksichtigen muss.
2. Von Seiten des Bündnispartners USA und von Seiten der UNO wird auf Japan starker Druck ausgeübt, so dass Japan sich zu einer Militarisierung und zu dem Einsatz des Militärs außerhalb der Grenzen Japans genötigt fühlt.
3. Die Nachbarn in der Region fühlen sich durch die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte bedroht, wo durch sich Japan wiederum gezwungen sieht, sich militärisch zurück zu halten.
4. Bei der Betrachtung von 1. - 3. fällt auf, das mein Entwurf einen Two-Level-Game ähnelt. Die Theorie des Two-Level-Game soll auch deshalb in dieser Seminararbeit benutzt werden. Dabei wird die liberalistische Theorie von Moravcsik mit einbezogen, da diese auf den Einfluss der öffentlichen Meinung, der Medien und der Interessengruppen eingeht.

Meine Untersuchung ist folgender Maßen gegliedert:

Zuerst werden die historischen Entwicklungen der Selbstverteidigungsstreitkräfte kurz dargestellt.

Als zweiter Punkt wird die Theorie-Debatte des Faches der Internationalen Beziehungen (IB) im Bezug auf die Selbstverteidigungsstreitkräfte eingegangen. Diese Gelegenheit werde ich nutzen, um mich theoretisch zu positionieren. Drittens werde ich die Entwicklung der Einsätze der Selbstverteidigungsstreitkräfte aus der von mir gewählten Theorie untersuchen. Zum Schluss werde ich meine Untersuchung zusammenfassen und auf eventuelle Defizite, die im Zusammenhang mit der Theorie auftreten, eingehen. Zunächst werde ich auf die Geschichte der Selbstverteidigungsstreitkräfte eingehen.

1.2 Literatur:

Folgende Literatur wurde für die Hausarbeit verwendet:

Hauptsächlich wissenschaftliche Sekundärliteratur aus den Bibliotheken der Ruhr-Universität Bochum, aus den Datenbanken, die an die Bibliotheken der Ruhr-Universität angeschlossen sind, den Blackboard und aus dem Internet wurden für diese Seminararbeit benutzt.

2 Geschichte der Selbstverteidigungsstreitkräfte

Um den historischen Überblick übersichtlicher zu machen, werde ich ihn in unterschiedliche Phasen einteilen.

2.1 1945-1999: Nach dem Japan 1945 den 2. Weltkrieg verloren hatte, diktierte die Besatzungsmacht USA die neue Verfassung Japans, die 1947 fertiggestellt wurde. Diese Verfassung enthält auch den Artikel IX: Der bis heute die militärischen Aktivitäten auf die Verteidigung Japans beschränkt; es wird sich im Laufe des Textes zeigen, dass die Beschränkungen bis zu einem gewissen Maße ausgelegt werden können.

Neben den Einschränkungen durch Artikel IX verzichtet Japan auf den Bau und die Stationierung von Atomwaffen.

Außerdem beschränkt Japan seine Rüstungsaufgaben auf maximal 1 % des Sozialprodukts[2], wobei für die Berechnung eine japanische Methode verwendet wird. Dieses 1 % Prozent heißt aber nicht, dass die Ausgaben für die Verteidigung gering wären. Sie gehören mit zu den höchsten in der Welt. Außerdem beschränkt Japan seine Truppenstärke, wobei die Armee ständig modernisiert wird.

Im Vertrag von San Francisco (1951) einigten sich die USA und Japan auf einen einseitigen Verteidigungspakt zu gunsten Japans. 1960 wurde der US – japanische Sicherheitsvertrag erneuert. In dem neuen Vertrag wurden folgende Inhalte genauer festlegt:

- Japans Mitgliedschaft in der UNO
- Die gegenseitige Verpflichtung zur Hilfe bei der Verteidigung beim Angriff auf einen der Vertragspartner auf den unter japanischer Verwaltung stehenden Gebiet: Wobei Japan bei Angriffen auf die USA außerhalb des japanischen Territorium von der Verpflichtungen befreit wurde.
- Die Stationierung von US-Truppen auf Japan, so wie das zu Verfügung stellen von Basen auf japanischen Boden.

Die Yoshida-Doktrin legte den Schwerpunkt auf die Wirtschaft, dafür sollte sich Japan kaum auf das Militär konzentrieren.

Im Widerspruch zu Artikel IX und zum Sicherheitsvertrag mit den USA gründet Japan 1954 die Selbstverteidigungsstreitkräfte. Der Aufbau der Selbstverteidigungsstreitkräfte war eine Reaktion auf die Forderungen der USA nach einer eigenständigen Landesverteidigung Japans.

2.1 1999 – 2004:

Am 3. Mai 1999 wurden die US-japanischen Verteidigungsleitlinien von japanische Oberhaus und Unterhaus verabschiedet. Seit den begleitet die SDF US-Einsätze in Ostasien mit Minensuchbooten und Schiffen zum Wiederbetanken.

Nach der ausschließlich finanziellen Beteiligung am Golfkrieg, den Vorwurf der „Scheckbuchdiplomatie“ gegenüber Japan, wird in Japan die Verfassungsmäßigkeit der Teilnahme an PKO-Einsätzen (PKO: Peace keeping Operation) diskutiert. Japan beschloss das PKO-Gesetz, dieses regelte die Einschränkungen mit denen die SDF an PKO-Einsätzen teilnehmen durften:

- Zwischen den Konfliktparteien durften keine Kampfhandlungen statt finden.
- Alle Konfliktparteien müssen den Einsatz der SDF zustimmen.
- Wenn sich die Situation im Konfliktgebiet verändern sollte, dürfen die SDF wieder abgezogen werden.

Diese Einschränkungen hatten auch Auswirkungen auf die Einberufung japanischer Truppen durch die UNO zu Friedenseinsätzen. So lehnte Japan die Entsendung von fünf Generälen ins Kosovo 1997 ab, da dort noch Kampfhandlung statt fanden.

Nach den Terroranschlägen in den USA wurden am 21.09.2001 in Japan spezielle Gesetze im Kampf gegen Terrorismus erlassen[3], damit sich die Selbstverteidungsstreitkräfte am Krieg gegen den Terror teilnehmen konnten. Durch die beschlossenen Gesetze wurde den japanischen Truppen während des Einsatzes gegen den Terror in Afghanistan erlaubt, nicht nur sich selbst zu verteidigen sondern die Personen, die sich im Schutz der SDF befanden. Diese Art der Erweiterung des Selbstschutzes wird auch als „Kollektive Selbstverteidigung“ bezeichnet. Der Einsatz in Afghanistan beschränkt sich auf folgende Maßnahmen[4]:

- Logistische Unterstützung hinter den Frontlinien
- Such – und Rettungseinsätze
- Humanitäre Versorgung der Flüchtlinge
- Neben diesen Regelungen für den Terroreinsatz wurde auch der Schutz von eigenen und US-Stützpunkten neu geregelt: Die SDF sind jetzt für den Schutz dieser Stützpunkten verantwortlich. Darüber hinaus dürfen verdächtige Schiffe in japanischen Gewässern offiziell mit Waffengewalt aufgehalten werden.

Nach der Ablaufzeit des Gesetzes wurde es 2005, trotz nach wie vor bestehenden Verbots japanische Truppen im bewaffneten Gebieten einzusetzen, um zwei Jahre verlängert.

Im November 2002 entsendete Japan Versorgungschiffe in den indischen Ozean zur Unterstützung der US-Truppen während des Afghanistaneinsatzes.

Seit 2004 nehmen die japanischen Truppen an den Einsatz im Irak teil. Die SDF beschränken sich dort auf die Aufbauhilfe.

Aus der geschichtlichen Entwicklung der Einsätze der SDF ergeben sich zwei Fragen, die schon in der Einleitung vorgestellt wurden:

Frage 1: Warum entwickelte sich Japan von einen Staat, der auf Militär verzichtete, zu einen Staat dessen SDF an Auslandseinsätzen teilnimmt und im Raum um Japan mit den USA militärisch zusammenarbeitet ?

Frage 2: Warum hält sich Japan im Bezug auf bewaffnete Einsätze nach wie vor zurück?

Im folgenden Kapitel werden Ansätze zur Beantwortung dieser Fragen vorgestellt.

3 Die Wissenschaftliche Debatte um die Selbstverteidigungsstreitkräfte

Der Teil über die wissenschaftliche Debatte ist eher als kurzer Überblick gedacht, um die unterschiedlichen Sichtweisen zu den Selbstverteidigungsstreitkräften zu zeigen, und soll keine vollständige Abhandlung zu dem Thema sein. Diese Debatte dreht sich um die militärische Zurückhaltung Japans in Bezug auf die Sicherheitspolitik. Zu der Orientierung der japanischen Sicherheitspolitik wurden unterschiedliche Ansätze gefunden. Die Ansätze stammen sowohl aus der realistischen, konstruktivistischen wie auch aus der liberalistischen Schule. Auf einige dieser Ansätze soll kurz eingegangen werden.

3.1 Neorealismus und ähnliche Theorien:

Der Neorealismus scheint für die Diskussion über die japanische Sicherheitspolitik sich nicht zu eignen, da es schwer ist auf militärischen Gebiet Japan Großmachtstreben zu unterstellen. Allerdings wird Japan regional z.B im Bezug auf Nordostasien von einigen realistischen Theoretikern als Großmacht gesehen[5]. Trotzdem lehnen sich einige Theorien, die im Bezug auf Japan verwendet werden, an den Neorealismus an und teilen die Grundannahmen. Hierzu gehören der defensive Realismus und der merkantilistische Realismus. Beide Theorien gehen wie der Neorealismus von der Anarchie des internationalen Systems aus. So wie der Neorealismus sehen die beiden anderen Theorien das innere der Staaten als Black Box. Außerdem teilen der defensive und der merkantilische Realismus mit dem Neorealismus die Ansicht, das Staaten rational handeln und versuchen ihren Nutzen zu maximieren. Der merkantilistische Realismus geht im Gegensatz zum Neorealismus davon aus, dass Wirtschaftspolitik zum Feld der Sicherheitspolitik gehört und deshalb mit zu den High Politics. Der merkantilistische Realismus vertritt die Ansicht, dass es ökonomische staatliche Interessen gibt. Die Staaten konzentrieren sich aus der Sicht des merkantilistischen Realismus auf die Wirtschaft und nicht so stark auf das Wettrüsten. Nach der Theorie sei dies deshalb so, weil wirtschaftliche Staaten im Falle eines Krieges schnell aufrüsten könnten. Der defensive Realismus vertritt eine ähnliche Ansicht: Die Staaten im internationalen System konzentrieren sich auf das ihre Sicherheit nötige Maß an Rüstung, um Kosten zu sparen. Der gemeinsame Nachteil dieser Theorien ist, dass sie die inneren Faktoren der Staaten nicht berücksichtigen und deshalb nur Zwänge im internationalen System darstellen können[6]. Da sich meine Untersuchung aber auf ein konkretes Politikfeld der Außenpolitik eines Staates bezieht, sind diese Theorien ungeeignet. An die realistischen Theorien lehnt sich diese Hausarbeit, da bis auf Japan die Staaten als einzige Akteure betrachtet werden. Das hat zwei Gründe:

I. Wenn die Hausarbeit bei allen betrachteten Staaten auf die inneren Faktoren eingegangen würde, würde der Rahmen meiner Untersuchung gesprengt werden.

II. In vielen Fällen liegen mir die entsprechenden Quellen nicht vor, weshalb ich diese kleine Inkonsequenz in Kauf nehmen muss.

[...]


[1] Als Beispiel, was mit „Zurückhaltung“ gemeint ist: Japan hat zwar Truppen im Irak stationiert, aber ihr Einsatz beschränkt sich auf Wiederaufbauhilfe.

[2] Hamaguchi-Klenner, Makiko: Politischer Realismus in Japan: Kontinuität – Neuorientierung – Umbruch; Frankfurt a. M. 2000 S. 45

[3] Vgl. Lukner, Kerstin: Japans Rolle in der UNO: Grundlage für einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat? Bonn, 2006 S. 189-193

[4] Vgl. Naders, Dirk: Im Fokus: Abzug der japanischen Bodentruppen aus den Irak: Der Wiederaufbau geht weiter, http://www.giga-hamburg.de Abruf 03.03.2009

[5] Naders, Dirk: Japanische Außenpolitik: Teil 1 Verteidigungspolitik, in Japan Aktuell Februar 2001 S. 68-96

[6] Selbst Waltz gibt zu, dass die konkrete Darstellung der Außenpolitik eines Landes die Innenpolitik mit einbeziehen muss. Waltz möchte aber nicht die Außenpolitik eines Landes untersuchen sondern die Zwänge im internationalen System (s.o). Zitiert aus: Schörning, Niklas: Neorealismus, in: Theorie der internationalen Beziehungen, Stuttgart, 2003

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Werden die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte durch ein Two-Level Game gesteuert?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Ostasienwissenschaften)
Veranstaltung
Praxis und Theorie der internationalen Politik Ostasiens
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V136504
ISBN (eBook)
9783640449583
ISBN (Buch)
9783640449835
Dateigröße
429 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Werden, Selbstverteidigungsstreitkräfte, Two-Level, Game
Arbeit zitieren
Kay Milbert (Autor:in), 2008, Werden die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte durch ein Two-Level Game gesteuert?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136504

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