Abstract: In der Unternehmensberatungsbranche, lassen sich konfliktäre Auswirkungen des modernen Wirtschaftsverständnisses deutlich erkennen. Dem will der Ansatz Integrer Unternehmensberatung entgegenwirken. Intention der vorliegenden Arbeit ist es, den Ansatz der Integren Unternehmensberatung samt der zugrunde liegenden wirtschaftsethischen Theorie nachzuvollziehen, um ein Grundverständnis für die Integration von Ethik und Unternehmensberatung zu schaffen und den tatsächlich aus der Theorie entstehenden Nutzen für die Beratungsbranche bewerten zu können.
Inhalt
Einleitung
1. Grundlegende Begriffsklärungen
1.1 Ethik
1.2 Beratung
1.3 Unternehmensberatung
2. Ethikberatung und Ethik der Beratung
2.1 Ethikberatung
2.2 Ethik der Beratung
3. Relevanz Ethischer Beratung
3.1 Konfliktpotenziale im Berater-Klienten-Verhältnis
3.2 Status Quo der Forschung
4. Integrative Wirtschaftsethik
4.1 Ökonomismuskritik: Der Freie Markt als Zwangszusammenhang
4.1.1 Die Parteilichkeit der Sachzwänge und der Zumutbarkeitsdiskurs
4.2 Vernünftiges Wirtschaften aus dem Blickwinkel der Lebenswelt
4.2.1 Die Sinnfrage: Wirtschaften und gutes Leben
4.2.2 Die Legitimationsfrage: Wirtschaften und gerechtes Zusammenleben
4.3 Wirtschaftsethische Topologie: Orte der Moral des Wirtschaftens
4.3.1 Unternehmensethik: Das Zwei-Stufen-Modell
5. Integre Unternehmensberatung
5.1 Geschäftsethik: Autonomieförderung des Klienten
5.2 Die Gestaltung der Rahmenbedingungen
5.2.1 Rahmenbedingungen des Beratungsprojekts
5.2.2 Rahmenbedingungen der Branche
6. Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung
6.2 Kritische Würdigung
Literaturverzeichnis
Einleitung
In der freien Marktwirtschaft sind die Menschen gezwungen, sich im Wettbewerb durchzusetzen, um ihre eigene Existenz sichern zu können. Der ständige Zwang zur Leistungssteigerung erschwert die Berücksichtigung außerökonomischer Geltungsansprüche und birgt die Gefahr durch „Überbetonungökonomischer Faktoren bei der Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung“ (Duden: Ökonomismus), „die Wirtschaft zur Wissenschaft der menschlichen Dinge überhaupt zu [erheben] (Japsers 1932: S.27). Der ungebremste Ökonomismus ist jedoch kein logisch-zwingendes Naturgesetz, sondern als soziales System vom Willen seiner Subjekte abhängig.
„Die moderne ökonomische Sachlogik stellt also nicht die ganze ökonomische Vernunft dar, denn es fehlt ihr die ethische Dimension vernünftigen Wirtschaftens. […] Wirtschaftsethik steht so gesehen im Brennpunkt einer epochalen Herausforderung: Es geht darum, das buchstäblich fragwürdig gewordene Verhältnis zwischen ökonomischer Sachlogik und ethischer Vernunft von Grund auf zu klären und es in zukunftsfähiger, lebensdienlicher Weise neu zu bestimmen“ (Ulrich 1998: 11f.).
In der Unternehmensberatungsbranche, die aufgrund ihres Einflusses auf Unternehmensführungen erheblich an der Gestaltung des Marktgeschehens beteiligt ist, lassen sich die konfliktären Auswirkungen des modernen Wirtschaftsverständnisses besonders deutlich erkennen. Der Zwang zur ständigen Gewinnmaximierung, dem die Beratung im Wettbewerb selbst unterliegt, führt zu Interessenkonflikten zwischen Berater und Ratsuchendem (Klient) und der Gefahr ethisch fragwürdiger Beratungspraktiken. Die Integrität der Unternehmensberatungsbranche steht auf dem Spiel. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer „lebbaren Vereinbarkeit von Integrität und […] Beratungsgeschäft“ (Hagenmeyer 2004: 22). Jedoch mangelt es an unterstützenden Erkenntnissen der Beratungsforschung. Um Orientierung bieten zu können, ist ein Konzept ethisch befürwortbarer Beratung notwendig. Einen entsprechenden Ansatz will die „Integre Unternehmensberatung“ (Vgl. A.a.O.) liefern. Sie verweist aus einem normativ-kritischem Blickwinkel auf Geltungsansprüche, die jenseits rein betriebswirtschaftlicher Logik (Vgl. A.a.O.) in der Unternehmensberatung Beachtung finden müssen.
Intention der vorliegenden Arbeit ist es, den Ansatz der Integren Unternehmensberatung samt der zugrunde liegenden wirtschaftsethischen Theorie nachzuvollziehen, um ein Grundverständnis für die Integration von Ethik und Unternehmensberatung zu schaffen und den tatsächlich aus der Theorie entstehenden Nutzen für die Beratungsbranche bewerten zu können. Dazu wird zunächst geklärt, wie die Begriffe Ethik, Beratung und Unternehmensberatung in dieser Arbeit verstanden werden sollen (1). Anschließend wird Ethik mit Unternehmensberatung zusammengeführt und zwischen Ethikberatung und ethischer Beratung unterschieden, wobei letztere im Fokus dieser Arbeit steht (2). Die Relevanz einer Ethik der Unternehmensberatung wird anhand exemplarisch dargestellter Konfliktpotenziale im Berater-Klienten Verhältnis und dem Hinweis auf den mangelhaften Status quo der Beratungsforschung verdeutlicht (3). Anschließend werden zunächst knapp verschiedene wirtschaftsethische Schulen von einander abgegrenzt und dann die Integrative Wirtschaftsethik von Peter Ulrich näher erläutert (4). Diese dient im darauf folgenden Kapitel als Grundlage für die Entwicklung der Integren Unternehmensberatung (5). Abschließend werden die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst und vor dem Hintergrund realweltlicher Bedingungen kritisch diskutiert, um zu einer Bewertung der Integrativen Unternehmensberatungsethik bezüglich ihres tatsächlichen Nutzens für die Beratungsbranche zu gelangen (6).
1. Grundlegende Begriffsklärungen
Im Folgenden wird erläutert, wie die Begriffe Ethik, Beratung und Unternehmensberatung im Kontext dieser Arbeit zu verstehen sind.
1.1 Ethik
Mit Blick auf das Thema der vorliegenden Arbeit das Konzept vertretbaren Beratungshandelns zu untersuchen, genügt es, den Begriff der Ethik als normatives Werteverständnis des richtigen und guten Handelns zu begreifen.
1.2 Beratung
Der Begriff Beratung bezeichnet den strukturierten Diskurs zwischen Berater und Klient, der zur Lösung einer Aufgabe oder einer Problemstellung beitragen soll. Beratung findet statt, wenn der Klient vor einer wichtigen Entscheidung steht, jedoch nicht imstande ist, mögliche Handlungsoptionen zu erkennen oder angemessen zu bewerten und aus diesem Grund einen externen Berater konsultiert. „Zur Beratung ziehen wir andere hinzu bei wichtigen Entscheidungen, wenn wir uns allein die rechte Erkenntnis nicht zutrauen“ (Aristoteles: Buch III, 1112b). Dem Berater wird in diesem Zusammenhang Expertise zugesprochen, denn „es suchen diejenigen, die beim Suchen des Rates sich selbst nicht genügen, Rat bei Weiseren“ (Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, q.51, 1 ad 1 zitiert nach Auer 1993). Dabei muss der Berater selbst möglichst unabhängig von den Folgen der Beratung sein, um die Objektivität seines Ratschlags gewährleisten zu können.
1.3 Unternehmensberatung
Im Falle der Unternehmensberatung ist das handlungsunfähige Subjekt ein Unternehmen bzw. dessen Management.
„[Entscheidungsunfähigkeit] entsteht für das Management analog zur allgemeinen Definition der Beratung, wenn in einer Situation der Konflikt über die Relevanz der Informationen zur Bewältigung eines Problems zu groß wird“ (Hagenmeyer 2003: 361).
Das Management ist nicht mehr in der Lage, Informationen und Handlungsalternativen zu erkennen oder zu bewerten. „Hilfe leistet der Berater, indem er situationsspezifisch Komplexität so reduziert bzw. anpasst, dass wieder Handlungsfähigkeit erreicht wird“ (A.a.O.: 361). Die Externalität des Beraters ist notwendig, um durch betriebsexterne Sichtweisen der Situation neue Handlungsmöglichkeiten aufzeigen zu können. Um neue Sichtweisen objektiv und ausschließlich zum Wohle des Klienten formulieren zu können, muss die Unabhängigkeit des Beraters gesichert sein. Die Professionalität eines Beraters zeigt sich im Know-How der Gestaltung des Beratungsprozesses (Vgl. Titscher 2001: 77). Zusätzlich erwartet der Klient von einem professionellen Berater Expertenwissen, also dass dieser neben dem Know-How des Beratungsprozesses auch über die relevanten fachlichen Kompetenzen verfügt. Da Unternehmensberatung (in Deutschland) kein „[…] gesetzlich fixiertes Berufsbild mit vorgeschriebenen Bildungswegen und förmlicher Berufszulassung“ (BDU 2009) ist und es somit jedem jederzeit frei steht, sich als Unternehmensberater zu bezeichnen, kann die Integrität vieler Branchenmitglieder gerade in Bezug auf Professionalität und Objektivität in Frage gestellt werden.
Vor diesem Hintergrund ist die verbindliche Integration von Ethik und Unternehmensberatung unerlässlich, um Vertrauenswürdigkeit und Professionalität der Unternehmensberatung nachhaltig zu etablieren.
2. Ethikberatung und Ethik der Beratung
Bei der Zusammenführung der Begriffe Ethik und Unternehmensberatung lässt sich zwischen „Ethikberatung“ und „Ethik der Beratung“ unterscheiden. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist eine klare semantische Trennung vorzunehmen.
2.1 Ethikberatung
Ethikberatung für Unternehmen ist Unternehmensberatung in Bezug auf Fragen der (Unternehmens)Ethik. Durch die Forderungen diverser „[…] Stakeholder [nach] Rechtfertigung der Unternehmenstätigkeit über den bloßen wirtschaftlichen Erfolg hinaus, [steigt der] Bedarf an Beratung in Unternehmensethik“ (Kleinfeld 2004: 103; Kokot / Schmidt 2004: 123). Weil Manager einfach nicht die nötige Zeit und das nötige Wissen besitzen, um sich ausführlichen unternehmensethischen Untersuchungen zu widmen[1], [ist] die externe Unterstützung durch Experten [äußerst] hilfreich. (Guerrette 1988: 377; Vgl. Kleinfeld 2004). Im Kern geht es bei der Ethikberatung darum, aufzuzeigen, was „[im] Unternehmen ethisch akzeptabel oder erwünscht ist und was nicht“ (A.a.O.: 114). So werden die Klienten für den Umgang mit moralischen Fragen im Unternehmen sensibilisiert und bei der Entwicklung eines entsprechenden Bewusstseins und der nötigen Reflexionskompetenz unterstützt.
2.2 Ethik der Beratung
Die Ethik der Beratung (Unternehmensberatungsethik) hingegen bezieht sich analog zur obigen Definition des Ethikbegriffs auf die normativen Werte, nach denen vertretbare Unternehmensberatung erfolgt und ist dabei nicht auf spezielle Felder der Beratung begrenzt. Notwendig ist Unternehmensberatungsethik, weil sich unter dem Zwang zur Selbstbehauptung im Wettbewerb bereits im Berater-Klienten-Verhältnis diverse Konfliktpotenziale identifizieren lassen, die nicht durch gesetzliche Rahmenbedingungen verhindert werden können, jedoch die Qualität und Integrität der Beratung gefährden.[2]
3. Relevanz Ethischer Beratung
Die Relevanz eines Konzepts der Integration von Ethik und Beratung ist sowohl anhand der im Folgenden exemplarisch dargestellten Konfliktpotenziale im Berater-Klienten-Verhältnis als auch am mangelnden Status Quo der Forschung fest zu stellen.
3.1 Konfliktpotenziale im Berater-Klienten-Verhältnis
Unternehmensberatungen sind auf Gewinne angewiesen, um als Firma bestehen und sich im Wettbewerb behaupten zu können. Die geforderte Unabhängigkeit des Beraters kann somit nicht ohne weiteres gewährleistet werden.
“[Generally it is to be asked whether] a consulting firm should go for maximum profit [or] the benefit of its clients? […] Should the consulting firm just solve the particular problem or should it go for continuous improvement? Seemingly it is commercially interesting for a consultant to [just solve the problem]” (Ganzevoort 1995: 54ff.).
Das Gewinnstreben des Beraters steht im Gegensatz zum Interesse des Klienten an möglichst geringen Kosten und einer Beratung, die die Firma tatsächlich dauerhaft verbessert.
Des Weiteren wird vom Berater Expertise auf dem jeweiligen Gebiet der Beratung erwartet, um relevante Handlungsoptionen aufzeigen und bewerten zu können. Wird eine Beratungsleistung angefragt, ohne dass der Berater über das nötige Fachwissen verfügt, liegt es am Berater, “[…] ob er die Courage hat gegenüber dem Klienten zuzugeben, dass er über keinerlei relevante Erfahrung verfügt“[3] (A.a.O.: 55). Während der Klient nach Expertenrat sucht, besteht für den Berater das Interesse an Gewinnerzielung und damit an der Annahme des Auftrags auch ohne relevantes Expertenwissen.
[...]
[1] Übersetzt von Milewski, S., 19.09.2009: Because overburdened executives and managers simply do not have the time [and expertise] to devote themselves to the task of a corporate ethical analysis […]
[2] Die im Folgenden vorgestellten Konflikte sollen dies im Bezug auf Externalität, Unabhängigkeit und Professionalität veranschaulichen. Es wird kein Anspruch erhoben alle Konfliktpotenziale in der Beratung abzudecken.
[3] Übersetzt von Milewski, S., 19.09.2009: “[…] whether or not he has the courage to say to his or her client that he does not have any experience at all”
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