Das Betriebliche Vorschlagswesen als Instrument zur Mitarbeitermotivation in der Industrie- und Handelskammer XY

Eine empirische Fallstudie auf Grundlage der Principal Agent Theory


Diplomarbeit, 2010

71 Seiten, Note: 2,15


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Gang der Untersuchung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Neue Institutionenökonomie
2.2 Principal Agent Theory
2.2.1 Grundlagen
2.2.2 Probleme und Lösungsansätze

3. Betriebliches Vorschlagswesen
3.1 Entstehungsgeschichte und Funktionen
3.2 Definition
3.2.1 Klassisches Modell
3.2.2 Vorgesetztenmodell
3.3 Anreizfunktion des Betrieblichen Vorschlagswesens
3.3.1 Grundlagen - Motivation der Mitarbeiter
3.3.2 Chancen und Risiken bei der Nutzung des Betrieblichen Vorschlagswesens als Anreizsystem

4. Darstellung der IHK XY
4.1 Betriebliches Vorschlagswesen der IHK XY
4.1.1 Modell des Betrieblichen Vorschlagswesens in der IHK XY
4.1.2 Ergebnisse einer Bestandsaufnahme des Betrieblichen Vorschlagswesens in der IHK XY
4.2 Umfrage zum Betrieblichen Vorschlagswesen in der IHK XY
4.2.1 Zielgruppendefinition für die Befragung
4.2.2 Analyse der Ergebnisse
4.2.3 Beurteilung der Ergebnisse

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Internetadressen-Verzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grundidee der Principal Agent Theory

Abbildung 2: Probleme und Lösungen innerhalb der Principal Agent Theory

Abbildung 3: Prozessablauf "Betriebliches Vorschlagswesen" in der IHK XY

Abbildung 4: Aufteilung der Gesamtzahl der in der IHK XY eingereichten Verbesserungsvorschläge auf die Jahre 2007-2009

Abbildung 5: Auszug aus Abschnitt eins des Fragebogens

Abbildung 6: Auszug aus Abschnitt zwei des Fragbogens

Abbildung 7: Auszug aus Abschnitt drei des Fragebogens

Abbildung 8: Allgemeine Beurteilung des BVW der IHK XY

Abbildung 9: Bewertung verschiedener Kriterien des BVW der IHK XY

Abbildung 10: Übersicht der Teilnahme an dem BVW der IHK XY

Abbildung 11: Ursachen für Nichtteilnahme an dem BVW der IHK XY

Abbildung 12: Übersicht angenommener und abgelehnter Verbesserungsvorschläge

Abbildung 13: Übersicht umgesetzter und nicht umgesetzter Verbesserungsvorschläge

Abbildung 14: Mitarbeitermotivation bei abgelehnten Verbesserungsvorschlägen

Abbildung 15: Mitarbeitermotivation bei nicht umgesetzten Verbesserungsvorschlägen

Abbildung 16: Entwurf "Werbelogo BVW" der IHK XY

Abbildung 17: Erster Entwurf "Prämiensystem" des BVW der IHK XY

Abbildung 18: Zweiter Entwurf "Prämiensystem" des BVW der IHK XY

1. Einleitung

Kreative Köpfe bringen uns voran, denn ohne Ideen und Innovationen ist der Stillstand vorprogrammiert.1 Deshalb hat die Einbeziehung des Wis- sens, der Erfahrungen und der Ideen der Mitarbeiter2 eines Unternehmens eine besondere Popularität erlangt.3

Alle Dienstleistungen und Produkte, die im Laufe der Zeit entwickelt wur- den, sind dem Einfallsreichtum der Menschen entsprungen, die mutig ge- nug waren ihre Visionen zu verwirklichen.

Das Betriebliche Vorschlagswesen (im Folgenden BVW genannt) ist eine betriebliche Einrichtung, die genau dies unterstützt und fördert: Mitarbeiter motivieren und deren Ideen verwirklichen.4

Ein gut funktionierendes BVW ist ein Instrument zur wirtschaftlichen und menschengerechten Betriebsführung. Es kann demnach sowohl zur Errei- chung der Unternehmensziele, als auch zur Erreichung der individuellen Ziele von Mitarbeitern in Unternehmen beitragen. Gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten wie diesen können Mitarbeiter durch ihr kreatives Po- tenzial zu guten Ideenlieferanten werden, wodurch Verbesserungen von Dienstleistungen, Produkten und der allgemeinen wirtschaftlichen Situati- on sowie notwendige Einsparungen möglich werden.

Die Praxis zeigt jedoch recht häufig, dass solche Innovationen nicht immer den erwarteten Nutzen und Erfolg bringen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie von den Unternehmensmitgliedern nicht entsprechend angenommen bzw. akzeptiert werden.

Der Erfolg eines jeden Ideenmanagements hängt vom Mitwirken der betei- ligten Personen ab. Nicht nur Mitarbeiter sollen sich engagieren und Vor- schläge einreichen, auch Vorgesetzte müssen sich mit den eingereichten Ideen bzw. Vorschlägen auseinandersetzen und sie nach eingehender Bewertung und bei Bedarf in die Realität umsetzen.5

Bereits seit über 120 Jahren existieren in Deutschland Gedanken über das BVW. Bekannte Unternehmen wie Krupp und Siemens regelten bereits früh den Umgang mit Verbesserungsvorschlägen der Mitarbeiter. Seinen ersten Boom jedoch erlebt das BVW vor allem in der Zeit des Nationalso- zialismus, in der über 35.000 Unternehmen das Vorschlagswesen einführ- ten.6

Ein Blick auf nationale Kennzahlen des BVW zeigt auf, wie hoch die Re- sonanz hierzulande ist. Ein Vergleich mit Japan, einem in Bezug auf das Vorschlagswesen führenden Land, zeigt, dass die Anzahl der Verbesse- rungsvorschläge dort um ein Vielfaches höher ist, obwohl die durchschnitt- lichen Prämien pro Verbesserungsvorschlag geringer als in Deutschland ausfallen. Die Umsetzungsquote für Vorschläge in Japan ist hingegen doppelt so hoch.7

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Wie einleitend beschrieben, nimmt in der heutigen, von zunehmendem Wettbewerb und fortschreitender Globalisierung geprägten Zeit, das BVW als Innovationsinstrument eine nicht zu verachtende Rolle ein.8

Jeder Mitarbeiter sollte den Fortschritt des Unternehmens fördern und daran teilhaben. Jede Idee trägt dazu bei, die Weiterentwicklung und so- mit auch die Zukunftsperspektiven des Unternehmens zu verbessern. Denn wie viel Zukunft ein Unternehmen hat, entscheidet sich nur an einem Ort – in den Köpfen der Mitarbeiter.9

Die in der Einleitung erwähnte Annahme, dass das BVW eine Einrichtung ist, die Mitarbeiter motivieren und deren Ideen verwirklichen möchte, gilt es in dieser Arbeit zu untersuchen.

Allgemein wird untersucht, welche Bedeutung das BVW als Anreizsystem für Mitarbeiter hat und ob Mitarbeiter durch das Vorschlagswesen tatsäch- lich motiviert werden können. Da die Statistik zum BVW der Industrie- und Handelskammer XY (im Folgenden IHK XY genannt) einen starken Rück- gang eingereichter Verbesserungsvorschläge verzeichnet, wird anhand eines konzipierten Fragebogens aufgezeigt, wie das Vorschlagswesen von den Mitarbeitern der IHK XY angesehen und angenommen wird, wa- rum allgemein weniger Verbesserungsvorschläge eingereicht werden und ob der Rückgang eingereichter Verbesserungsvorschläge auf die Demoti- vation der Mitarbeiter gegenüber dem BVW zurückzuführen ist.

Explizit werden folgende Fragen untersucht:

- Warum hat die Beteiligung der Mitarbeiter der IHK XY an dem BVW nachgelassen?
- Hat das BVW der IHK XY einen motivierenden Einfluss auf ihre Mitarbeiter?
- Wo liegen die Gründe für die möglicherweise fehlende Motivation der Mitarbeiter gegenüber dem BVW?
- Sehen die Mitarbeiter der IHK XY einen Anreiz im BVW?
- Wie finden die Mitarbeiter die Umsetzung des BVW in der IHK XY?

1.2 Gang der Untersuchung

Geht man der These nach, dass jeder Mitarbeiter den Fortschritt des Un- ternehmens fördern sollte und dazu beiträgt, die Zukunftsperspektiven des Unternehmens zu verbessern, bildet der Mitarbeiter demnach den Mittel- punkt in einem Unternehmen.

Um diese Annahme zu stützen, werden, beginnend in Kapitel zwei, theo- retische Grundlagen zur neuen Institutionenökonomie und der Principal Agent Theory beschrieben sowie die Grundlagen, verschiedene Lösungs- ansätze und Probleme innerhalb der letztgenannten Theorie dargestellt. Darauf basierend, wird im Anschluss der Zusammenhang zur Motivation von Mitarbeitern beschrieben.

Um aufzuklären, ob das BVW ein Anreizsystem darstellt und welches Mo- dell des BVW in der IHK XY angewandt wird, werden in Kapitel drei die geläufigsten Modelle des Vorschlagswesens erläutert.

In Kapitel vier wird die IHK XY allgemein vorgestellt und eine Ist-Analyse hinsichtlich des bestehenden BVW vorgenommen. Durch eine Befragung der Mitarbeiter wird eruiert, welche Meinung und insbesondere welche Motivation bei den Mitarbeitern gegenüber dem BVW bestehen. Die Er- gebnisse der Fragebogenauswertung werden anhand der Theorie vergli- chen, aufbereitet und interpretiert.

Erkenntnisse, Erfahrungen und Informationen des Beauftragten des BVW (im Folgenden BBV genannt) der IHK XY, Herrn Dipl.-Ing. Michael Meier, geben zusätzlich Aufschluss über den Verlauf und über die Veränderun- gen des BVW der IHK XY.

Kapitel fünf fasst die gewonnen Ergebnisse noch einmal zusammen und gibt einen Ausblick auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten des BVW in der IHK XY, insbesondere im Hinblick auf eine Motivationssteigerung der Mitarbeiter zur intensiveren Nutzung des BVW.

2. Theoretische Grundlagen

Aus der Perspektive einer institutionellen Organisation stellt sich ein Un- ternehmen als soziales, zielgerichtetes Gebilde dar, in welchem mehrere Personen miteinander kooperieren, um bestimmte Ziele zu erreichen.10 Von den individuellen Entscheidungen, die von den Organisationsmitglie- dern getroffen werden, ist das Ausmaß der Erreichung dieses Organisati- onszieles abhängig. Um die Realisierung des Gesamtzieles der Organisa- tion gewährleisten zu können, müssen diese Einzelentscheidungen koor- diniert werden. Erschwert wird diese Koordination dadurch, dass die an der Durchführung bestimmter Teilaufgaben beteiligten Personen im Un- ternehmen sich nicht ausschließlich der Verfolgung des Unternehmens- ziels unterwerfen, sondern auch individuelle Ziele verfolgen. Insbesondere bei zunehmender Unternehmensgröße ist es nur schwer möglich bzw. zu kostenintensiv, die Aktionen Einzelner zu beobachten. Daraus ergeben sich unterschiedliche Informationsstände der Beteiligten und ermöglichen die Ausnutzung von Informationsvorsprüngen.11

Anhand der Principal Agent Theory wird im Folgenden die aus den unter- schiedlichen Informationsständen sowie gegensätzlichen Interessen ent- stehende Problematik und die daraus resultierenden Konfliktsituationen genannt und beschrieben.

Die Principal Agent Theory ist ein der Neuen Institutionenökonomie zuge- hörender Ansatz zur Analyse von Leistungsbeziehungen zwischen Auf- traggebern und Auftragnehmern.12

Diese komplexe Thematik der Neuen Institutionenökonomie wird zunächst allgemein definiert, um zu der für diese Arbeit wichtigen Principal Agent Theory überzuleiten.

2.1 Neue Institutionenökonomie

In den letzten zwei Jahrzehnten ist es in der Entwicklung der Wirtschafts- theorie zu einem einschneidenden Richtungswechsel gekommen. Die Meinung der Mehrheit gehört noch immer der neoklassischen Analyse an, einige der heute tätigen Ökonomen drängen jedoch zunehmend darauf, die starren neoklassischen Annahmen auf ihre Brauchbarkeit hin zu prü- fen und die Bedeutung von Institutionen für das wirtschaftliche Verhalten neu zu überdenken.13

Die Neue Institutionenökonomie befasst sich mit der Analyse von Instituti- onen, in deren Rahmen sich der ökonomische Austausch vollzieht. Das Ziel der verschiedenen Ansätze besteht darin, die Struktur, die Verhal- tensweisen, die Effizienz und den Wandel von ökonomischen Institutionen zu erklären. Der Begriff Institution wird dabei sehr weit reichend interpre- tiert. Beispiele dafür sind Unternehmen, Marktwirtschaft, Verträge, Demo- kratie oder Staat.14 Abgrenzend bezieht sich im Rahmen dieser Arbeit der Begriff der Institution ausschließlich auf Unternehmen.

Im Folgenden wird die Principal Agent Theory, ein zentraler Ansatz der Neuen Institutionenökonomie, dargestellt und deren Bedeutung im Rah- men des BVW erläutert.

2.2 Principal Agent Theory

Die Principal Agent Theory hat als wissenschaftliche Forschungsmethodik eine weite Verbreitung in den verschiedensten Gebieten der Betriebswirt- schaftslehre. Sie befasst sich, allgemein gesagt, mit der institutionellen Ausgestaltung der Auftragsbeziehung zwischen dem Agent als Auftrag- nehmer und dem Principal als Auftraggeber.15

Ziel der Principal Agent Theory ist es, geeignete Anreiz- und Kontrollsys- teme zu identifizieren, um die Kosten des Auftraggebers minimal zu ges- talten, die durch die Auftragsbeziehung entstehen.16

2.2.1 Grundlagen

Die Leitidee des Principal Agent-Ansatzes ist die Bewältigung von Zielkon- flikten, die aus einem Vertragsverhältnis zwischen einem Agent und einem Principal entstehen können.17

Auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung, der zukünftige Wissenstrans- aktionen impliziert werden, delegiert der Principal bestimmte Aufgaben und Entscheidungskompetenzen an den Agent, der für seine Tätigkeit ei- ne Vergütung erhält. Auch wenn im Arbeitsvertrag nicht das Ausmaß der Wissenstransaktion spezifiziert wird, so wird vom Agent jedoch implizit erwartet, alles das zu tun, was in Verbindung mit seiner Arbeit zur Errei- chung der Unternehmensziele beiträgt. Der Vorteil dieses Arrangements besteht für den Principal darin, dass er das spezialisierte Wissen des A- gent zur Verfolgung eigener Interessen einsetzen kann. Diesem Vorteil steht die Gefahr gegenüber, dass der Agent seinen Informationsvorsprung ausnutzt, um statt pflichtgemäßer Aufgabenerfüllung eigene Interessen zum Nachteil des Principal zu verfolgen. Dieses Risiko des Principal steigt mit fallender Verfügbarkeit von Informationen über die Motive und Hand- lungsmöglichkeiten des Agent.18

Wie in Abbildung 1 dargestellt, liegen diesen verschiedenen Vorteils- bzw. Nachteilsituationen der Akteure bestimmte Merkmale von Informationsa- symmetrien zugrunde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Grundidee der Principal Agent Theory19

Die Informationsasymmetrien bergen opportunistisches Handeln20 in sich. Somit ist das opportunistische Handeln, neben dem Bestehen eines Ziel- konfliktes zwischen dem Principal und dem Agent und den ungleichen In- formationsständen beider Parteien, notwendige Voraussetzung.21

Im nachfolgenden Kapitel 2.2.2 werden die aus den Informationsasymmet- rien resultierenden Probleme beschrieben sowie mögliche Lösungsansät- ze aufgezeigt.

Abgrenzend für diese Arbeit und zur besseren Darstellung der verschie- denen Konflikte innerhalb der Principal Agent Theory werden im weiteren Verlauf der Principal als Arbeitgeber und der Agent als Arbeitnehmer be- zeichnet.

2.2.2 Probleme und Lösungsansätze

Die zuvor erwähnten Informationsasymmetrien ermöglichen dem Arbeit- geber oder dem Arbeitnehmer die Ausnutzung seines Informationsvor- sprungs zugunsten seiner Position. Bei einem Zielkonflikt entspricht die Absicht des Einen nicht mehr der Absicht des Anderen. Dabei existieren unterschiedliche Grundproblematiken, die im Rahmen der Principal Agent Theory als

- „hidden characteristics“,
- „hidden action“ und
- „hidden information“ bezeichnet werden.22

Das Problem „hidden characteristics“ (verborgene Eigenschaften) betrifft zum einen die Eigenschaften des Arbeitnehmers, wie z. B. Risiko- neigungen oder Arbeitsaversion. Diese sind dem Arbeitgeber grundsätz- lich vor Vertragsabschluss unbekannt, was die Gefahr mit sich bringt, dass der Arbeitgeber den falschen Vertragspartner auswählt. In diesem Fall handelt es sich um „adverse selection“ (negative Auslese). Zum anderen kann im Umkehrschluss jedoch ebenso der Arbeitgeber dem Arbeitneh- mer falsche Eigenschaften vortäuschen.23

Der zweite Grundproblem-Typ der asymmetrischen Informationsverteilung der Principal Agent Theory heißt „hidden action“ (verborgenes Handeln). Darunter versteht man die Tatsache, dass der Arbeitgeber aufgrund der Arbeitsergebnisse keine direkten Rückschlüsse auf den tatsächlichen Ar- beitseinsatz des Arbeitnehmers ziehen kann. Diese Problematik resultiert daraus, dass das vom Arbeitnehmer erzielte Ergebnis eine Funktion des Arbeitseinsatzes und einer Zufallsvariablen ist. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht zwischen den Kombinationen

- „hoher Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers verbunden mit Pech“ und
- „geringer Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers verbunden mit Glück“ unterscheiden kann. Denn beide Varianten können zum gleichen Arbeits- ergebnis führen. Das dabei entstehende Informationsdefizit auf der Arbeit- geberseite kann auf der Arbeitnehmerseite zur Reduzierung seiner einge- setzten Leistung oder zum Verfolgen seiner Interessen genutzt werden. 24 Die innerhalb des „hidden action“ auftretenden Konflikte können durch An- reiz- und Kontrollsysteme begrenzt werden.25

Der Fall „hidden information“ (verborgene Informationen) beinhaltet die Problematik des Wissensvorsprungs des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann zwar nach Vertragsabschluss die Aktivitäten des Arbeitnehmers beobachten, eine Beurteilung der Effizienz der Entscheidungen des Ar- beitnehmers bleiben ihm jedoch verborgen, da für die Beschaffung der hierfür notwendigen Informationen hohe Kosten entstehen würden.26 Durch Zurückhaltung von Informationen kann der Arbeitnehmer so einen Entscheidungsfreiraum ausbauen, da der Arbeitgeber nicht nachvollziehen kann, ob alle Informationen in seinem Sinne in den Entscheidungsprozess einfließen.27

Die damit verbundenen Risiken betreffen zum einen die bereits erwähnte „adverse selection“ und zum anderen ein Risiko einer verborgenen Hand- lung („moral hazard“). Wie bei dem „hidden action“-Fall können diese Risi- ken durch Anreiz- und Kontrollsysteme begrenzt werden, die zu einer wahrheitsgemäßen Informationsübermittlung motivieren.28

Die zwischen den beiden Akteuren verschiedenen Formen der Informati- onsasymmetrien können einzeln, aber auch gleichzeitig auftreten,29 wor- auf innerhalb dieser Arbeit jedoch nicht gesondert eingegangen wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Probleme und Lösungen innerhalb der Principal Agent Theory30

Abbildung 2 zeigt, dass sich innerhalb der drei beschriebenen Grundprob- lematiken „hidden characteristics“, „hidden action“ und „hidden informati- on“ verschiedene Koordinations- und Motivationsprobleme ergeben. Die drei daraus resultierenden Phänomene basieren auf der Tatsache, dass der Arbeitgeber keine Möglichkeit der vollständigen und kostenlosen In- formationsbeschaffung hat:

- „adverse selection“,
- „moral hazard“ und
- „hold up“.31

Die „adverse selection“ ist ein Problem vorvertraglicher Informations- symmetrien. Ein Akteur hat in der Anbahnung einer Vertragsbeziehung einen Informationsvorsprung gegenüber dem anderen Akteur. Bspw. sind dem Arbeitgeber die Eigenschaften (z. B. Produktivität und Teamfähigkeit) und die Pläne (z. B. Abwerben von Kunden) des Arbeitnehmers, weil er diese verschwiegen hat, nicht bekannt. Dadurch entsteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auswählt, der nicht die gewünschten und für den Arbeitsplatz erforderlichen Eigenschaften besitzt.32

Die wichtigsten Möglichkeiten des Arbeitgebers, sich zu schützen und das Risiko der negativen Auslese zu verringern, bestehen in drei verschiede- nen Mechanismen:

- „screening“,
- „signalling“ und
- „self-selection“.33

Beim so genannten „screening“ hat der Arbeitgeber vor Vertragsabschluss z. B. die Möglichkeit, Bewerber zu überprüfen, indem er das seitens des Bewerbers vorgegebene Fachwissen abfragt oder dessen Referenzen prüft.34 Eine weitere Möglichkeit, Informationsdefizite durch „screening“ zu reduzieren, ist eine Auswahl des Arbeitnehmers anhand der Beurteilungs- ergebnisse eines Assessment-Centers.35

„Signalling“ -Aktivitäten gehen vom Arbeitnehmer aus. Dieser versucht, dem potenziellen Arbeitgeber seine Eigenschaften aufzudecken, indem er bspw. bestimmte Bildungsabschlüsse erwirbt, um mit den Zeugnissen sei- ne Fähigkeiten zu signalisieren. Diese Ausbildungen müssen keine direk- ten Fertigkeiten und Kenntnisse für einen bestimmten Arbeitsplatz vermit- telt haben, sie sind vor allem ein Zeichen dafür, dass der Arbeitnehmer in der Lage ist, fleißig und zielorientiert zu arbeiten, und dass er Ehrgeiz und eine gewisse Intelligenz besitzt.36

Die „self-selection“ -Idee zwingt Bewerber dazu, wahre Informationen über sich preiszugeben und ist eine Mischung von „screening“ und „signalling“. Der Arbeitgeber bietet dem Arbeitnehmer solche Bedingungen an, die als Signal nur attraktiv auf „entsprechend passende“ Arbeitnehmer wirken und daher zu einer geeigneten „self-selection“ (Selbst-Auswahl) führen.37 Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass Arbeitnehmer daran interessiert sind, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, der ihren Neigungen und Absichten sowie ihrem Können entspricht. Für die Arbeitgeber ist es daher von Interesse, möglichst deutlich zu signalisieren, welche Art von Arbeit- nehmern im Unternehmen erwünscht ist. Demnach sollten Struktur, An- reizsysteme und Kultur so gestaltet werden, dass diejenigen das Unter- nehmen attraktiv finden, die dann auch aus Arbeitgebersicht „passen“.38

Ein weiteres Problem asymmetrischer Informationen sind die Gefahren opportunistischen Handelns und der nicht nachweisbaren Vertragsverlet- zung durch einen der Akteure innerhalb der Principal Agent Theory. Hier spricht man von „moral hazard“ (moralisches Risiko). Das moralische Risiko ist die Ausprägung eines nachvertraglichen Informationsproblems, das aus der Schwierigkeit des Arbeitgebers, das Verhalten und die Hand- lungen des Arbeitnehmers zu kontrollieren, entsteht. Dies gelingt dem Ar- beitgeber nicht vollständig oder nur unter Einsatz hoher Informationskos- ten. „Moral hazard“ entsteht auch, wenn der Arbeitgeber die Handlungen des Arbeitnehmers beobachten, aber nicht richtig beurteilen kann. Das verleitet den Arbeitnehmer dazu, diesen aus dem Informationsvorsprung entstehenden Handlungsspielraum auszunutzen und die Interessen des Arbeitgebers nicht oder nicht vollständig zu vertreten.39

[...]


1 Vgl. Nussbaum (2007), Seite 17.

2 In dieser Diplomarbeit wird zugunsten besserer Lesbarkeit und vereinfachter Formulie- rungen grundsätzlich die männliche Form synonym für beide Geschlechter verwendet.

3 Vgl. Deutsches Institut für Betriebswirtschaft GmbH (2003), Seite 219.

4 Vgl. Albs (2005), Seite 178.

5 Vgl. Neckel (2004), Seite 154.

6 Vgl. Disselkamp (2005), Seite 138.

7 Vgl. Möller (2000), Seite 178 f..

8 Vgl. Mensel (2004), Seite 11.

9 Vgl. Franken (2004), Seite 125.

10 Vgl. Laux, Liermann (2005), Seite 1.

11 Vgl. Dietl, Franck, Picot (2008), Seite 31.

12 Vgl. Engelbrecht (2004), Seite 45.

13 Vgl. Furubotn, Richter (2003), Seite V.

14 Vgl. Ritz, Thom (2008), Seite 18 f..

15 Vgl. Roiger (2007), Seite 1.

16 Vgl. http://www.manalex.de.

17 Vgl. Ritz, Thom (2008), Seite 20.

18 Vgl. Ritz, Thom (2008), Seite 20.

19 Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an http://studix.wiwi.tu-dresden.de.

20 Unter opportunistischem Handeln wird ein Verhalten verstanden, indem eine Person A das Vertrauen einer Person B erweckt und sich kooperativ verhält, aber dennoch das Vertrauen bricht und die unkooperative Strategie wählt. Vgl. Ott, Schäfer (2005), Seite 511.

21 Vgl. Falkenstein (2005), Seite 57.

22 Vgl. Falkenstein (2005), Seite 58.

23 Vgl. Müller (2006), Seite 85.

24 Vgl. Roiger (2007), Seite 16.

25 Vgl. Müller (2006), Seite 87.

26 Vgl. Müller (2006), Seite 85.

27 Vgl. Alparslan (2006), Seite 23.

28 Vgl. Müller (2006), Seite 86.

29 Vgl. Jost (2008), Seite 477.

30 Eigene Darstellung.

31 Vgl. Göbel (2002), Seite 291; www4.informatik.tu-muenchen.de.

32 Vgl. Donges, Freytag (2004), Seite189; www4.informatik.tu-muenchen.de.

33 Vgl. Alparslan (2006), Seite 29 ff.; www4.informatik.tu-muenchen.de.

34 Vgl. www4.informatik.tu-muenchen.de.

35 Vgl. Müller (2006), Seite 85.

36 Vgl. Göbel (2002), Seite 294 f..

37 Vgl. Göbel (2002), Seite 295.

38 Vgl. Göbel (2002), Seite 295.

39 Vgl. Donges, Freytag (2004), Seite192.

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Das Betriebliche Vorschlagswesen als Instrument zur Mitarbeitermotivation in der Industrie- und Handelskammer XY
Untertitel
Eine empirische Fallstudie auf Grundlage der Principal Agent Theory
Hochschule
Hochschule Harz - Hochschule für angewandte Wissenschaften (FH)
Note
2,15
Autor
Jahr
2010
Seiten
71
Katalognummer
V155256
ISBN (eBook)
9783640679997
ISBN (Buch)
9783640683369
Dateigröße
1225 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
IHK - Industrie- und Handelskammer, Mitarbeitermotivation, Principal Agent Theorie, Betriebliches Vorschlagswesen, Verbesserungsvorschlag, Beispiele PAT - Pricipal Agent Theorie, Neue Institutionenökonomie, Anreizsystem, Zielgruppendefinition, Modelle des Betrieblichen Vorschlagswesen, Auswertung Fragebogen
Arbeit zitieren
Diplom-Kauffrau (FH) Linda Hieckmann (Autor:in), 2010, Das Betriebliche Vorschlagswesen als Instrument zur Mitarbeitermotivation in der Industrie- und Handelskammer XY, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155256

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