Carnitin in der Ernährungstherapie

Der Stellenwert von L-Carnitin in der Ernährungstherapie und Diätetik


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2010

14 Seiten


Leseprobe


Carnitin in der Ernährungstherapie und der Ernährungsmedizin

Einführung: Im Jahre 1905 entdeckten die russischen Forscher V.S. Gulewitsch und R. Krimberg eine Substanz in Muskelfleisch von Säugetieren, die für die Funktion der Muskeln unbedingt notwendig ist. Sie benannten den Substanz "Carnitin", abgeleitet von der lateinischen Bezeichnung "Carnis" (= Fleisch). Der Wissenschaftler G. Fraenkel fand in seinen Studien im Jahre 1952 heraus, dass L-Carnitin für Mehlwürmer eine lebensnotwendige Funktion hat. Er betrachtete L-Carnitin als Vitamin der B-Gruppe und gab ihm daher den Namen "Vitamin BT". Diese Bezeichnung ist jedoch veraltet. In der EU-Richtlinie für "particular nutrients" wird L- Carnitin erwähnt und damit nicht als Vitamin, sondern als Nährstoff angesehen. L- Carnitin kann vom Körper aus den Aminosäuren Lysin und Methionin selbst in geringer Menge gebildet werden. Die Eigensynthese ist von einer ausreichenden Verfügbarkeit der Vitamine B6 und C, sowie von Eisen abhängig. Die Eigensynthese ist sehr träge und nicht in der Lage, Verluste oder einen erhöhten Carnitinbedarf schnell auszugleichen, so daß eine gewisse Abhängigkeit von der exogenen L- Carnitinzufuhr, z. B. durch die Fleischnahrung besteht. Fettsäuren müssen, um an den Ort ihrer Verbrennung (mitochondrialer Matrixraum) zu gelangen, eine Verbindung mit L-Carnitin eingehen, um über die Mitochondrien-Membran transportiert werden zu können. Es ist daher leicht verständlich, daß sich L-Carnitin-Mangelzustände auf die Energiegewinnung aus Fettsäuren von vor allem Leber, Skelett- und Herzmuskulatur auswirken müssen. Die Leber ist energetisch ausschließlich auf die Fettsäureoxidation angewiesen, deren Störung sich vor allem auf die Glukoneogenese, also auf die Zuckerbildung aus Aminosäuren, auswirkt. 98 % des Gesamtkörpercarnitinpools ist in der Muskulatur lokalisiert. Innerhalb der Muskulatur muß zwischen Typ I- und Typ II- Fasern unterschieden werden. Typ I-Fasern sind zu Ausdauerarbeit, wie z.B. Langstreckenlauf im Sport, befähigt und beziehen ihre Energie vor allem aus Fettsäuren. Typ II-Fasern dagegen vermitteln schnelle Bewegungen, wie z.B. Sprint im Sport; sie sind energetisch von der Kohlenhydratverbrennung abhängig. Muskuläre Anstrengungen führen zu einer verminderten Verfügbarkeit von freiem L-Carnitin und somit zu einer Einschränkung der muskulären Leistungsfähigkeit.

Chemisch handelt es sich bei L-Carnitin um die Substanz ß- Hydroxy-g-N-Trimethylaminobutyrat. Es kann in zwei unterschiedlichen Formen (Stereoisomere) auftreten, die sich zueinander wie Spiegelbilder verhalten. Sie werden als D- und L-Carnitin bezeichnet. Nur die L-Form kommt in der Natur vor und übernimmt wichtige Funktionen im Organismus, D-Carnitin dagegen ist gesundheitsschädigend. Bei der chemischen Herstellung von Carnitin entsteht ein Gemisch aus D- und L- Form. Bei der biotechnischen Herstellung durch Bakterien entsteht dagegen nur L-Carnitin. Säugetiere und somit auch der Mensch können L-Carnitin aus den beiden Aminosäuren L-Lysin und L-Methionin bilden. Täglich produziert der Organismus etwa 16 Milligramm L-Carnitin. Als Hilfsstoffe bei dieser Synthese werden die Wirkstoffe Vitamin C, B6, B12, Niacin, Folsäure, Eisen sowie verschiedene Enzyme benötigt. Ein Mangel eines einzigen dieser Stoffe kann zu einer eingeschränkten Produktion führen. Zusätzlich nimmt der Mensch L-Carnitin mit der Nahrung auf.

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Funktionen von L-Carnitin: Die am längsten bekannte Funktion von L-Carnitin ist seine besondere Rolle im Fettstoffwechsel. Um aus Triglyzeriden Energie gewinnen zu können, müssen deren Fettsäuren in die Mitochondrien transportiert werden.

Diese Organellen im Inneren der Zelle können auch als "Kraftwerke der Zelle" bezeichnet werden. Hier werden die Fettsäuren über die ß-Oxidation abgebaut, wobei Energie entsteht. Langkettige Fettsäuren können jedoch die Hülle der Mitochondrien nicht allein durchdringen. Sie brauchen hierfür einen "Träger". Diese Rolle übernimmt L-Carnitin: Es heftet sich an die Fettsäuren und schleust sie in die Mitochondrien. L-Carnitin ist daher eine Schlüsselsubstanz für die Fettverbrennung. Bei Carnitin-Mangel können weniger Fettsäuren in die Muskelzellen transportiert werden. Neben seiner Rolle in der Energiegewinnung ist L-Carnitin an vielen weiteren biochemischen Prozessen im Organismus direkt oder indirekt beteiligt. In konzentrierter Form zugeführt verbessert L-Carnitin die Blutfettwerte, wirkt sich bei koronaren Herzkrankheiten günstig auf die Herzfunktion aus, steigert die Insulinsensitivität, wirkt immunstimulierend und reduziert oxidativen Stress. Im Zusammenhang mit einer kalorienreduzierten Diätkostform und sportlicher Aktivität kann die erhöhte Zufuhr von L-Carnitin die Reduktion des Körpergewichts, genauer der Körperfettmasse, verbessern. Studien haben gezeigt, dass L-Carnitingaben auch den Umbau der Körperkompartimente unterstützen, indem der Körperfettanteil reduziert wird, während gleichzeitig die Muskelmasse erhalten bleibt und deren Neubildung angeregt wird.

Funktion von L-Carnitin bei der Fettverbrennung

Was führt zu einem Carnitinmangel? Bei Kindern wird L-Carnitin als semiessenzieller Nährstoff diskutiert, bei Frühgeborenen mit unzureichender Syntheseleistung kann die Supplementation erforderlich sein. Muttermilch enthält mit 1 mg/100 ml nur wenig Carnitin. L-Carnitin ist wasserlöslich und wird über den Urin ausgeschieden. Ein Carnitin-Mangel tritt in erster Linie bei Defekten der Carnitin- Synthese, einigen Stoffwechselstörungen sowie Nierenerkrankungen und Hämodialyse auf. Neuere Studien zeigen, dass während der Schwangerschaft und bei Ausdauersport die L-Carnitin-Spiegel im Blut deutlich absinken können. Primärer L-Carnitinmangel: Carnitinmangel kann sich somit, wie es aus der angeborenen Form der Erkrankung bekannt ist, durch Hypoglykämie-Symptome bemerkbar machen. Aus den angeborenen Störungen des Intermediärstoffwechsels der Aminosäuren, der vor allem in der Leber als zentralem Organ abläuft, ist bekannt, daß bei einem vermehrten Anfall von organischen Säuren aus diesen Stoffwechselreaktionen eine vermehrte Bindung an L-Carnitin erfolgt. Sekundärer L- Carnitin-Mangel: Hierdurch entsteht eine Form des L-Carnitinverbrauches, der sekundärer Carnitinmangel genannt wird. Diese Form des Mangels ist weniger durch eine Verminderung der Gesamtcarnitinkonzentration als vielmehr durch eine verminderte Verfügbarkeit von freiem L-Carnitin ausgezeichnet. Diese Situation kann auch durch Medikamente, wie zum Beispiel durch das Antikonvulsivum Valproinsäure, verursacht werden.

L-Carnitin - Physiologische Aspekte: Wegen seiner wichtigen Aufgabe in der Fettverbrennung kommt Carnitin praktisch in jeder menschlichen Körperzelle vor. L- Carnitin ist in der Nahrung besonders in Fleisch, Fisch, Milch und Käse enthalten (siehe Tabelle 1). Es ist hitzestabil und wird erst bei hohen Temperaturen über 100 °C langsam zerstört. Wegen seiner guten Wasserlösli chkeit geht es jedoch ins Kochwasser über. Mit einer gemischten Kost nimmt ein erwachsener Mensch täglich zwischen 100 und 300 Milligramm L-Carnitin auf. Dabei schwankt die tägliche Aufnahme vor allem in Abhängigkeit von Art und Menge des konsumierten Fleisches zwischen 0 und 1.000 Milligramm. Vegetarier dagegen nehmen viel weniger L- Carnitin mit der Nahrung auf und verfügen über signifikant erniedrigte L-Carnitin- Plasmaspiegel. Vegetarische Kost und extremer Ausdauersport führten zu einem starken Absinken des L-Carnitinspiegels im Blut. Anhand der unten aufgeführten Tabelle, die die neueste und bisher umfangreichste Zusammenstellung über den L- Carnitin-Gehalt von Lebensmitteln darstellt, wird deutlich, dass pflanzliche Kost nur wenig L-Carnitin enthält. Eine vegetarische oder vegane Kost liefert daher nur geringe Mengen L-Carnitin. L-Carnitin ist ein bedingt essenzieller Nährstoff für den Menschen und wird vom menschlichen Organismus auch in geringen Mengen selbst hergestellt. Gustavsen veröffentlichte 2000 die neueste und bisher umfangreichste Tabelle über den L-Carnitingehalt der Nahrung..

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L-Carnitin-Gehalt in Lebensmitteln in mg/kg geordnet nach Produktgruppen (i)

L-Carnitin hat positiven Einfluss auf die koronare Herzerkrankung (1, 2): Studien belegen, dass L-Carnitin ein wichtiger Nährstoff für das menschliche Herz ist. Unter Belastungen und bei Herzerkrankungen kann es zu einer L-Carnitin - Unterversorgung des Myocards kommen. In solchen Fällen kann eine L-Carnitin - Supplementation mit der Nahrung sogar zu einer Reduktion von Symptomen und zu Besserung der Herzgesundheit kommen. Bei der koronaren Herzerkrankung, die mit dem chronischen Sauerstoffmangel des Myocards einhergeht, kommt es]]] zu einer vermehrten Anhäufung von langkettigen Fettsäurecarnitinestern, die verschiedene enzymatische Reaktionen in den Mitochondrien hemmen. Zugeführtes L-Carnitin ist in der Lage, die Konzentration dieser Verbindungen abzusenken und somit das Mitochondrium zu „entgiften“. Es ist dabei hervorzuheben, dass L-Carnitin als körpereigene Substanz keine Nebenwirkungen besitzt. L-Carnitin kann die Herzfunktion bei Ischämie verbessern, berichtete Professor Dr. Heinz Löster, Universität Leipzig, bei seinem Vortrag aus Anlass des von der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik am 28. März 2003 durchgeführten diaita-Kongresses. In seinen Studien an isolierten Langendorff-Herzen stellte der Wissenschaftler fest, dass die Gabe von L-Carnitin den linksventrikulären Druck des Herzens besser erhöht als eine Glucosezufuhr. Der linksventrikuläre Druck bezeichnet den Druck, den das Herz aufbaut, um Blut in die Aorta auszuwerfen und damit den Körper zu versorgen. Diese Verbesserung des Drucks ist darauf zurück zu führen, dass unter Carnitinzufuhr die Energieträger ATP und Kreatinphosphat schneller und in größerer Menge zur Verfügung gestellt werden, das Herz regeneriert sich besser. Als Folge der Ischämie können lebensbedrohliche Arrhythmien auftreten, deren Häufigkeit und Schwere L- Carnitin ebenfalls vermindern kann. Insgesamt trägt L-Carnitin dazu bei, die durch Ischämie bedingten Veränderungen im Herzen schnell zu beheben und den Ausgangszustand wieder herzustellen. Auch für das gesunde Herz hat Carnitin große Bedeutung: Das Herz deckt seinen Energiebedarf zu rund 60 Prozent aus Fettsäuren, und für deren Verwertung ist L-Carnitin nötig. Löster empfahl Patienten mit Herzinsuffizienz die Einnahme von einem Gramm L-Carnitin täglich neben der sonstigen Medikation.

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Details

Titel
Carnitin in der Ernährungstherapie
Untertitel
Der Stellenwert von L-Carnitin in der Ernährungstherapie und Diätetik
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V158142
ISBN (eBook)
9783640709366
ISBN (Buch)
9783640709106
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Carnitin, Diät, Ernährungstherapie, Sven-David Müller, Diätassistent, Ernährungswissenschaft, Diätetik, Abnehmen, Sporternährung, L-Carnitin, Ernährungsmedizin, Schlank, Diätberatung, Ernährungsberatung
Arbeit zitieren
M.Sc. Sven-David Müller (Autor:in), 2010, Carnitin in der Ernährungstherapie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158142

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