Industrielle Arbeit in der Globalisierung - Ein Vergleich der Thematik in soziologischen Gegenwartsdiagnosen


Hausarbeit, 2001

17 Seiten, Note: keine Benotung


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Ökonomische Ausgangsposition

2. Bestandsaufnahmen zur Arbeitswelt in Gegenwartdiagnosen
2.1. George RITZERS Gesellschaftsauffassung der McDonaldisierung
2.2. Die Bestandsaufnahme der neuen Ökonomie in Gestalt des Qualitätsunternehmens bei Robert REICH
2.3. Richard SENNETTS Beschreibung einer zunehmend flexibilisierten Arbeitswelt
2.4. Die Arbeitsgesellschaft als Bürgergesellschaft bei Ulrich BECK
2.5. Pierre BOURDIEUS Analyse der neoliberalen Situation
2.6. Klaus DÖRRES Vergleich der modernen Arbeitsgesellschaft mit dem Anomiekonzept

3. Fazit

4. Zusammenfassung

0. Einleitung

Die folgende Arbeit setzt sich mit der Form der industriellen Arbeit in der modernen Gesellschaft auseinander, wobei dies insbesondere im Hinblick auf die globalisierte Wirtschaftsstruktur untersucht wird. Dazu werden die Bestandsaufnahmen einiger Zeitdiagnostiker diesbezüglich dargestellt und im Anschluss daran miteinander verglichen.

1. Ökonomische Ausgangsposition

Die Entstehung des Kapitalismus und der Beginn der Industrialisierung zu Anfang des 19. Jahrhunderts brachte gleichzeitig vielfältige gesellschaftliche Veränderungen mit sich. Ein bedeutender Bereich der Gesellschaft ist der ökonomische. Dieser soll in den folgenden Ausführungen daher eine besondere Rolle spielen.

GIDDENS sieht die Hintergründe für die neuen Entwicklungen vorwiegend in der Trennung von Raum und Zeit, der damit verbundenen Entbettung sozialer Systeme und einer entstehenden Reflexivität (GIDDENS 1995, S. 28). Mit der Möglichkeit der Zeitmessung konnte das Vorhandensein von leerer Zeit wahrgenommen werden. Gleichzeitig wurde eine Loslösung des Ortes vom Raum und damit einhergehend der Prozess der Entbettung ausgelöst. Unter Entbettung versteht GIDDENS „das „Herausheben“ sozialer Beziehungen aus ortsgebundenen Interaktionszusammenhängen und ihre unbegrenzte Raum-Zeit-Spannen übergreifende Umstrukturierung“ (ebd., S. 33). Grundlegende Mechanismen dafür waren die Schaffung symbolischer Zeichen, besonders in Form des Geldes, und die Installierung von Expertensystemen. Daraus entwickelte sich eine kapitalisierte Gesellschaft, in welcher vor allem wirtschaftliche Beziehungen von wachsender Bedeutung waren. Im Rahmen dessen erlangten Rationalisierungsgesichtspunkte zunehmendes Gewicht, was sich in der Entstehung industrieller Produktionsweisen, insbesondere der Massenproduktion, manifestierte und vor allem in der Revolutionierung der Technik einen besonderen Ausdruck fand. Den Einsatz der Arbeitskraft sieht GIDDENS als einen besonders wichtigen Verknüpfungspunkt zwischen Kapitalismus und Industrialismus. Es entstand die so genannte abstrakte Arbeit, wodurch sich auch die Gestalt der Klassenbeziehungen wesentlich veränderte. Die Leibeigenschaft wurde von bezahlter Lohnarbeit abgelöst und erhielt einen Status der Freiwilligkeit. Sie wurde darüber hinaus unmittelbar in die technische Produktionsplanung einprogrammiert.

Die einsetzenden gesellschaftlichen Veränderungen werden unter den Begriff der Moderne gefasst. Diese Moderne ist im ausgehenden 20. Jahrhundert in Folge zahlreicher Entwicklungsprozesse in eine neue Phase getreten, welche ihrerseits erhebliche gesellschaftliche Veränderungen mit sich gebracht hat.

Einen wichtigen Entwicklungsprozess stellt die zunehmende raum-zeitliche Abstandvergrößerung dar. Die Beziehungen zwischen örtlichen und entfernten sozialen Formen und Ereignissen werden gedehnt. Dieser Prozess wird als Globalisierung bezeichnet, welche GIDDENS folgendermaßen definiert (ebd. S. 85): „Intensivierung weltweiter sozialer Beziehungen, durch die entfernte Orte in solcher Weise miteinander verbunden werden, dass Ereignisse an einem Ort durch Vorgänge an einem anderen Ort geprägt werden“. Dabei handelt es sich nicht um einen statischen, sondern einen dialektischen Prozess, wobei auch abweichende Einflüsse und einander entgegenstehende Entwicklungen an den verschiedenen Orten auftreten können.

Die Ursprünge der kapitalistischen Wirtschaft sind bereits in den Handelsverbindungen und Fertigungszusammenhängen des 16. und 17. Jahrhunderts zu suchen, wobei bereits von Anfang an Formen der Weltwirtschaft gegeben waren.

Die kapitalistische Weltwirtschaft und die damit in Zusammenhang stehende industrielle Entwicklung sind nach GIDDENS neben dem System der Nationalstaaten und der militärischen Globalisierung Dimensionen der Globalisierung. Geschäftsfirmen erreichen dadurch große wirtschaftliche Macht und besitzen die Fähigkeit, in zunehmendem Maße politische Maßnahmen an anderen Orten zu beeinflussen. Dabei besteht die kapitalistische Welt niemals bloß in einem Markt für den Handel, sondern stellt immer auch die Kommodifizierung der Arbeitskraft unter Klassenverhältnissen zur Disposition. Dabei sind vor allem auch globale Ungleichheiten inbegriffen.

Verstärkt wird dieser Prozess durch die damit verbundene Ausweitung der globalen Arbeitsteilung. Es ist ein Prozess der zunehmenden Ausweitung wechselseitiger Abhängigkeit zu beobachten. Die weltweite Verteilung der Produktion unterliegt spürbaren Veränderungen. Dabei geht die Entindustrialisierung von Gegenden der entwickelten Länder mit der Erstindustrialisierung von Ländern der dritten Welt einher.

Die globale wirtschaftliche Interdependenz nimmt zu. Dadurch verlieren die Nationalstaaten an Einfluss auf die Wirtschaft, wodurch auch keynesianische Maßnahmen der Wirtschaftspolitik wirkungsloser werden.

2. Bestandsaufnahmen zur Arbeitswelt in Gegenwartdiagnosen

2.1. George RITZERS Gesellschaftsauffassung der McDonaldisierung

Am Beispiel der Rationalisierungsprozesse bei McDonalds zur Erreichung effektiverer Produktion analysiert RITZER u. a. auch die Formen moderner industrieller Arbeit. RITZER beschreibt die Ausbreitung dieser Strukturen in der gesamten Gesellschaft und umschreibt dieses Phänomen mit „McDonaldisierung“ der Gesellschaft.

Aus Effizienzgründen soll die unsicherheitsbehaftete menschliche Arbeit auf ein Mindestmaß zurückgedrängt werden und einer Vorhersagbarkeit garantierenden Kontrolle unterworfen werden. Dies wird erreicht, indem eine begrenzte Zahl von Tätigkeiten in genau vorgeschriebener Weise auszuführen ist und menschliche Arbeit weitgehend durch Technologien, wozu neben Maschinen auch Regeln, Richtlinien und Abläufe gehören, ersetzt werden soll. Vorteile ergeben sich dadurch vor allem in der Zeitersparnis und Fehlerverringerung. Allerdings geht diese Art Arbeit mit Entmenschlichung einher, indem den Arbeitern völlig die eigene Beurteilung und Entscheidung genommen wird. Nach RITZER „werden immer mehr Menschen die Fähigkeit zum Denken verlieren, weil man sie auf die Maschinen verlagert hat, und das verspricht natürlich noch mehr Kontrolle der nichtmenschlichen Technologie über den Menschen.“ (RITZER 1997, S. 203).

Da diese Produktionsform sehr rationalisiert abläuft, breitet sie sich nach RITZER in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft weiter aus. Er argumentiert gegen die verbreiteten Vorstellungen von Postindustrialismus, Postfordismus und Postmodernismus, wonach sich die Arbeit geringer Qualifikation verringert und neue Techniken angeblich mehr Verantwortung, höhere Qualifikation und mehr Selbstständigkeit auf Seiten der Arbeitnehmer erfordern. Seines Erachtens bleibt die rationalisierte, dem Fordismus ähnliche Produktionsweise, eben McDonaldisierung, ein wichtiges Element moderner Wirtschaft (ebd., S. 258). Obwohl die Postmoderne als individualistisch, irrational und vielseitig gilt, bleiben dennoch Teile der individualistischen Angebote selbst entsprechend weiterhin rational organisiert. Es handelt sich nach RITZERS Ansicht außerdem nur um eine Verdichtung von Raum und Zeit, wobei aber kein struktureller Unterschied zu früheren Phasen des Kapitalismus zu erkennen ist.

Als Ausblick empfiehlt RITZER, Nischen zu suchen, der rationalisierten Arbeitswelt zu entgehen. Diese sind jedoch vorwiegend in höheren Ebenen der Hierarchien gegeben, wo auch Kreativität und Entscheidungsfreiheit zugelassen sind. Den unteren Ebenen schlägt er ebenfalls vor, der fremden Bestimmung auf jede denkbare Weise zumindest teilweise zu entkommen zu suchen (ebd., S. 296 f.). Andererseits sieht er in der Gesellschaft allerdings auch einen nicht zu geringen Bedarf an eben diesen rationalisierten Tätigkeiten, deren Wegfall auch mit großer Unsicherheit verbunden wäre.

2.2. Die Bestandsaufnahme der neuen Ökonomie in Gestalt des Qualitätsunternehmens bei Robert REICH

REICH liefert eine sehr detaillierte Beschreibung der globalisierten Wirtschaftsstrukturen ausgehend von der amerikanischen Volkswirtschaft.

Dominiert wird die Wirtschaft seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts von so genannten Qualitätsunternehmen, welche durch eine Abkehr von hierarchischen Strukturen geprägt sind. Aufgabe dieser Unternehmen ist es vorrangig, maßgeschneiderte Waren und Dienstleistungen durch die Suche nach neuen Anwendungen, Kombinationen und Ideen anzubieten. Beschäftigt sind vorwiegend Problem-Löser, Problem-Identifizierer und strategische Mittelsmänner, die in kreativen, direkt miteinander kommunizierenden Teams eher horizontal als vertikal koordiniert sind (REICH 1996, S. 101).

Das Unternehmen gleicht einem Spinnennetz, das an den Knotenpunkten von einer relativ kleinen Anzahl von Mitarbeitern aufrechterhalten wird. Auf Fixkosten wird zugunsten rascher Reaktionsfähigkeit verzichtet, indem standardisierte Bestandteile (z. B. Standardkomponenten, Arbeitskräfte für Routineproduktion) je nach Bedarf einbezogen werden. Es werden Produkte und Dienstleistungen aus verschiedenen Quellen hinzugezogen. Unternehmenszentralen und Anlagen werden geleast, Routinearbeiter über Zeitverträge eingestellt. Die führenden Forscher, Designer und Marketingexperten sind motivationsfördernd am Gewinn beteiligt und ehemals autoritäre und machtvolle Vorstände üben Koordinationsfunktionen aus. REICH führt aus: „ Der Mittelpunkt des Netzes bewahrt den strategischen Überblick und hält die Fäden zusammen. Doch einzelne Knotenpunkte im Netz verfügen oftmals über genügend Autonomie, um gewinnbringende Kontakte zu anderen Netzen herzustellen.“ (ebd., S. 109). Inzwischen hat sich diese Unternehmensstruktur auf den ganzen Globus ausgedehnt.

Diese Strukturveränderungen haben auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Die Globalwirtschaft beruht dabei weniger auf mechanischer Arbeit als auf hochwertigen Fähigkeiten, die aus guter Ausbildung und entsprechender Erfahrung resultieren. REICH beschreibt die Situation des internationalen Arbeitsmarktes, dem sich die Arbeitskräfte nunmehr gegenüber sehen. Die Konkurrenzfähigkeit beschreibt er als abhängig von den Funktionen, die innerhalb des globalen Netzes erfüllt werden können, also dem Wert, der der Weltwirtschaft hinzugefügt werden kann (ebd., S. 192). Dabei werden Staatsgrenzen immer bedeutungsloser.

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Details

Titel
Industrielle Arbeit in der Globalisierung - Ein Vergleich der Thematik in soziologischen Gegenwartsdiagnosen
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
keine Benotung
Autor
Jahr
2001
Seiten
17
Katalognummer
V19309
ISBN (eBook)
9783638234627
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Industrielle Arbeit in der Globalisierung - Ein Vergleich der Thematik in soziologischen Gegenwartsdiagnosen
Schlagworte
Industrielle, Arbeit, Globalisierung, Vergleich, Thematik, Gegenwartsdiagnosen
Arbeit zitieren
Beate Nobis (Autor:in), 2001, Industrielle Arbeit in der Globalisierung - Ein Vergleich der Thematik in soziologischen Gegenwartsdiagnosen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19309

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