Asylpraxis in Deutschland


Hausarbeit, 2002

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1 Einleitung

Täglich kann man in den Zeitungen Berichte über die dramatische Situation von Flüchtlingen lesen. Die Themen Flucht und Gewährung von Asyl sind angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage von größter Bedeutung. Schnell werden Stimmen laut, die sagen: „Das Boot ist voll!“ Aber ist es das wirklich, oder ist dies nur die plakative Formulierung einer politischen Meinung in der Diskussion um Zuwanderung und Asyl? Um die Berechtigung dieser Meinung zu überprüfen, muss man sich an Fakten halten. Die Zahlen und Statistiken sagen aus, dass Deutschland tatsächlich einen oberen Platz bei der Aufnahme von Flüchtlingen einnimmt. Im Zeitraum von 1990 bis 2000 haben ca. zwei Millionen Menschen in Deutschland Asyl beantragt (vgl. Migrationsbericht der Ausländerbeauftragten im Auftrag der Bundesregierung). Wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht, so zeigt sich oftmals ein ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken. Die einen schüren Hysterie und Vorurteile, während die anderen die Asylproblematik durch die „rosa-rote Brille“ betrachten. Eine extreme Meinung kann sicherlich keinen zufriedenstellenden Lösungsansatz bieten, jedoch wichtige Aspekte in die Debatte einbringen.

Bei den derzeitigen weltpolitischen Verhältnissen ist es kaum verwunderlich, dass viele Bürger Angst haben, Deutschland werde von einer regelrechten „Flüchtlingswelle“ überschwemmt. Sicher steigen in solchen Zeiten die Zahlen der Schutzsuchenden an. Grund zur Sorge sollten jedoch nicht die Menschen sein, die in Deutschland Asyl suchen, sondern die Ursachen und Gründe, die sie zur Flucht gezwungen haben.

Die Grundlagen des Asylrechts sind vielen Bürgern nicht hinreichend vertraut. Um sich eine Meinung bilden und an der öffentlichen und politischen Diskussion aktiv teilnehmen zu können, ist es jedoch unerlässlich, Begriffe wie Drittstaatenregelung, Flughafenverfahren, Duldung o.ä. zu kennen. Ich möchte mich deswegen in dieser Hausarbeit mit den Grundzügen des Asylrechts in Deutschland beschäftigen. Dabei werde ich auf die relevanten Gesetze eingehen und Schlüsselbegriffe erklären (Kapitel 3 und 4). In Kapitel 5 folgt ein Überblick über das Asylverfahren. Kapitel 6 beinhaltet eine Statistik über die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Die Empfehlungen der unabhängigen Kommission „Zuwanderung“ im Auftrag des Bundesinnenministers sind Inhalt von Kapitel 7. Den Abschuss dieser Arbeit bilden eigene Gedanken in Form einer Schlussbemerkung.

2 Historische Verpflichtung Deutschlands

Ausgrenzung und Verfolgung sind kein Phänomen der Neuzeit. Politische Meinung, religiöse Überzeugung oder ethnische Zugehörigkeit haben schon immer dazu geführt, dass Menschen flüchten mußten. Das Prinzip des Asyls gibt es somit schon seit einigen tausend Jahren. Früher war Asyl jedoch kein individuelles Recht, sondern lediglich das Gnadenrecht eines Herrschers. Deutschland hat in seiner Geschichte sämtliche Formen von Wanderungsbewegungen erlebt. Vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus und des 2. Weltkrieges flüchteten viele tausend Menschen und fanden in anderen Ländern Schutz und Zuflucht. Diese geschichtlichen Gegebenheiten verpflichten Deutschland dazu, nun selbst aktiv zu werden und seine menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (vgl. Bericht der unabhängigen Kommission „Zuwanderung“).

Grundsätzlich sollte Asylpolitik auf einem humanitären Fundament stehen. D.h. es geht um schutzsuchende Menschen, die auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Die Möglichkeiten des aufnehmenden Staates dürfen hierbei jedoch nicht aus den Augen verloren werden. Denn eine Überforderung des asylgewährenden Staates schadet längerfristig nicht nur dem Staat selbst, sondern auch den Flüchtlingen. Deutschland muss eine Flüchtlingspolitik betreiben, die humanitär ist und gleichzeitig effektiv funktioniert.

3 Grundzüge des Asylrechts

3.1 Genfer Konvention (GK)

Im Jahre 1951 versammelten sich die Bevollmächtigten der Vereinten Nationen in Genf und erarbeiteten die „Genfer Konvention“ (GK). Sie regelt erstmals die Rechtsstellung der Flüchtlinge auf internationaler Ebene. Der Begriff „Flüchtling“ wird definiert. Demnach ist jemand als Flüchtling anzusehen, wenn er sich aus Angst vor drohender Gefahr wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zughörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung im Ausland befindet.

Im Völkerrecht stellt sich die Asylgewährung als Befugnis staatlichen Handelns zur Schutzgewährung dar. Jedoch kann ein Schutzsuchender hieraus keinen Anspruch auf Asyl herleiten. Jeder Unterzeichnerstaat hat jedoch das „Refoulment-Verbot“ nach Art. 33 GK zu beachten, das ich in Kapitel 3.3. noch näher beschreiben werde.

Die Genfer Flüchtlings-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen (bis jetzt) 138 Staaten und wurde 1953 nationales Recht in der Bundesrepublik Deutschland. 1967 wurde ein Zusatzprotokoll hinzugefügt, das die Beschränkungen auf vor dem 1. Januar 1951 eingetretene Flüchtgründe aufhob.

Die Genfer Konvention regelt eine Reihe von Rechten und Pflichten anerkannter Flüchtlinge, jedoch schreibt sie nicht vor, wie ein Anerkennungsverfahren auszusehen hat. Somit entscheidet jeder Staat selbst, wer letztendlich als Flüchtling anerkannt wird.

3.2 Grundgesetz (GG)

Durch die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland wird politisch Verfolgten das Grundrecht auf Asyl eingeräumt (Art. 16a GG). Das Asylrecht ist somit ein individuell einklagbares Recht mit Verfassungsrang.

Bisher gilt das Grundrecht auf Asyl ausschließlich für politisch Verfolgte, also für Menschen, die durch staatliche Verfolgung bedroht sind. Asylerhebliche Merkmale sind, wenn man den Wortlaut der Genfer Konvention heranzieht, Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe und politische Überzeugung.

In der aktuellen Diskussion geht es darum, ob auch nichtstaatliche Verfolgung oder die Verfolgung aufgrund des Geschlechts als Asylgrund anerkannt werden sollen. Jedoch lehnt die CDU/CSU diese Vorschläge strikt ab.

Die Gewährung von Asyl nach Art. 16a Grundgesetz wird auch als „großes Asyl“ bezeichnet.

3.3 Ausländergesetz (AuslG)

3.3.1 § 51 Abs. 1 Ausländergesetz

Neben dem Recht auf politisches Asyl nach Art. 16a Grundgesetz („großes Asyl“) gibt es die Option der Gewährung des sogenannten „kleinen Asyls“. Dieses beruft sich auf Art. 33 der Genfer Konvention. § 51 Abs. 1 Ausländergesetz ist sozusagen die deutsche Auslegung des Art. 33 der Genfer Konvention. § 51 AuslG Abs. 1 gewährt einem Asylsuchenden, dessen Leben oder Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung im Heimatland bedroht ist, Abschiebeschutz. Dieses Prinzip wird international auch als „Non-Refoulment-Prinzip“ oder „Refoulment-Verbot“ bezeichnet. Wenn also Art. 16a Grundgesetz nicht greift, so wird überprüft, ob Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG bestehen.

3.3.2 § 53 Ausländergesetz

Dieser Paragraph regelt den humanitären Abschiebungsschutz aus anderen Gründen. Solche Abschiebungshindernisse können sein: alle außer drohender politischer Verfolgung, insbesondere drohende Folter, Todesstrafe, unmenschliche oder erniedrigende Strafen, erhebliche Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit. Dem Antragsteller wird nach Anerkennung eine Duldung erteilt. Die Duldung ist kein Aufenthaltstitel, sondern nur der Verzicht, die unverzügliche Abschiebung zu vollziehen. Die Duldung kann bei Wegfallen der Gründe sofort aufgehoben werden. Nach Ablauf der Duldung ist eine Abschiebung zwingend erforderlich. Sie kann jedoch auch verlängert werden, wenn ihre Gründe fortbestehen. Die Gründe, die eine Duldung nach diesem Paragraphen möglich machen, werden auch als „zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse“ bezeichnet. Die Grundlage für § 53 AuslG ist die Europäische Menschenrechtskonvention.

3.4 Weitere Arten des Flüchtlingsschutzes

Ich habe in den vorigen Kapiteln die drei Hauptwege zur Asylgewährung, das sog. „große Asyl“, das sog. „kleine Asyl“ und den Abschiebeschutz nach § 53 AuslG erläutert. Im Folgenden möchte ich einige weitere Möglichkeiten des Flüchtlingsschutzes kurz schildern.

3.4.1 Kontingentflüchtlinge

Kontingentflüchtlinge sind Menschen, die im Rahmen internationaler humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen werden, ohne dass ein Asylverfahren durchgeführt wurde. Jedem Land wird eine bestimmte Zahl an Flüchtlingen (Kontingent) zugewiesen. Kontingentflüchtlinge bekommen als Titel eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Ein Beispiel waren die als „Boat-People“ bezeichneten Flüchtlinge aus Vietnam.

3.4.2 Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge

Für diese Gruppe wurde in § 32a AuslG ein Sonderstatus geschaffen, der außerhalb des Asylverfahrens liegt. Diesen Flüchtlingen soll ein vorübergehender Schutz gewährt werden. Für die Dauer des Aufenthalts ist ein Asylverfahren ausgeschlossen.

3.4.3 Abschiebestopp-Erlass

§ 54 AuslG ermöglicht die Erteilung einer generellen Duldung durch die Anordnung der obersten Landesbehörde (längstens für sechs Monate). Es geht also nicht um eine individuelle Entscheidung, sondern um die Aussetzung der Abschiebung für ganze Gruppen von Flüchtlingen. Diese Regelung wird als sog. „Abschiebestopp“ bezeichnet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Asylpraxis in Deutschland
Hochschule
Katholische Hochschule Freiburg, ehem. Katholische Fachhochschule Freiburg im Breisgau
Veranstaltung
Migration und Einwanderung
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V19636
ISBN (eBook)
9783638237093
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Grundlagen des Asylrechts sind vielen Bürgern nicht hinreichend vertraut. Um sich eine Meinung bilden und an der öffentlichen und politischen Diskussion aktiv teilnehmen zu können, ist es jedoch unerlässlich, Begriffe wie Drittstaatenregelung, Flughafenverfahren, Duldung o.ä. zu kennen. Ich möchte mich deswegen in dieser Hausarbeit mit den Grundzügen des Asylrechts und des Asylverfahrens in Deutschland beschäftigen.
Schlagworte
Asylpraxis, Deutschland, Migration, Einwanderung
Arbeit zitieren
Sören Funk (Autor:in), 2002, Asylpraxis in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19636

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