Wie geht Israel mit der Erfahrung des fernen Gottes um und welche Einsichten gewinnt es dabei?

Erfahrungen der Gottesferne heute


Hausarbeit, 2003

15 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Gottesferne im Alten Testament
2.1 Stilles Handeln Gottes
2.2 Die Unverfügbarkeit Gottes
2.2.1 Feuersbrunst
2.2.2 Mirjams Aussatz
2.2.3 Schlangenstrafe

3 Schatten der Gewalt
3.1 Waren die Kriegsberichte des Pentateuch und des 6 Josuabuches schon immer „Texte des Terrors“?
3.1.1 Wirkungsgeschichte
3.1.2 Kreuzzugsgedanken
3.2 Wer machte aus den Kriegsberichten des Pentateuch und des Josuabuches „Texte des Terrors“?
3.2.1 Literarische Ebene
3.3 Die Frage nach dem theologischen Konzept

4 Aktuelle Berichte der Gottesferne
4.1 Terror-Angriff auf die USA am 11. September
4.2 Israeli rettete das Leben seiner Freundin bei Terrorattacke und starb
4.3 Schüler fragen: Warum hat Gott Tobias nicht beschützt?

5 Schlussbemerkung
5.1 Auszug aus einer Meditation

6. Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das christliche Glaubensbekenntnis beginnt mit einem Satz der Proklamation dieses ebenso schwer ergründbaren wie zwiespältigen Gottesprädikates der Allmacht, der Gottesnähe „Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer...“. Doch wer „glaubt“ das überhaupt heutzutage noch? Wer kann diesen Satz nachsprechen, wenn er mit einigermaßen wachsamen Sinnen und Blicken die Erfahrungen der Gottesferne bis zur Gegenwart durchleuchtet? Im alten Testament ist bereits deutlich erkennbar, dass Jahwe sich seinem Volk auch entziehen kann.

Das große Lob Gottes, der „alles so herrlich regieret“, ist im derzeitigen Jahrtausend von der düsteren Skepsis verschlungen worden, welche in Bertolt Brechts1 parodistischem „Großer Dankchoral“ zum Ausdruck kommt:

Lobet die Nacht und die Finsternis, die euch umfangen! Kommt zuhauf!

Schaut in den Himmel hinauf! Schon ist der Tag euch vergangen.

Lobet die Kälte, die Finsternis und das Verderben! Schauet hinan:

Es kommet nicht auf euch an, und ihr könnt unbesorgt sterben!

Der Inhalt dieser Zeilen hat sich vielen Menschen tief eingeprägt, wie auch der Gegensatz zwischen Bildern hungernder Kinder in der Dritten Welt und Psalm 104, 14+15: „Du lässt Gras wachsen für das Vieh, auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, damit sein Gesicht von Öl erglänzt und Brot das Menschenherz stärkt.“

Denn wenn es auf den Menschen praktisch „nicht ankommt“, wenn der Himmel sich über menschliche „Kälte“ und „Finsternis“ gleichgültig hinwegsetzt, dann ist das ein Beweis dafür, warum die Welt so aussieht, wie sie im Spiegel von Presse und Medien erlebt wird.

In den Aufklärungsphasen der Wissenschaft, der Leiderfahrungen und des Fortschritts hat sich das moderne Bewusstsein auf vielen Ebenen von der

Vorstellung eines allmächtigen und immer gegenwärtigen Gottes getrennt.

Eine große Spannbreite der verschiedensten Erfahrungen des fernen Gottes und die sich daraus entwickelnden Einsichten mit diversen Zugängen brachte und bringt sich in die Geschichte der Menschheit ein, beginnend im Alten Testament.

2 Gottesferne im Alten Testament

2.1 Stilles Handeln Gottes

Eine Erfahrung unter dem Gesichtspunkt von Gottes stillem Handeln zeigt die Tötung von Ischbaal (2. Sam 4 - Davidsgeschichte) dargestellt anhand eines Auszugs aus einer Predigt von M. Josuttis2.

Wo ist Gott? Was hat Gott mit alledem zu tun? Es ist auffällig, dass in der Davidgeschichte der Name Gottes ganz selten erscheint. Da wird einfach erzählt, als ob es keinen Gott gäbe. Und da benehmen sich die Menschen dementsprechend. Gott kommt nicht vor, auch wenn sein Name genannt wird. Er schweigt. Dieser unergründliche Hass unter den Menschen, diese abgrundtiefe Gier nach der Macht – und die Gnadenwahl Gottes. Das widerspricht einander!? Wie kann beides wahr sein?

Es ist beides wahr: Mitten in der Geschichte der Menschen geschieht die Geschichte Gottes. Aber man kann nur erzählen, was die Menschen tun und erdulden, nur ihre Kämpfe, ihre Erfolge und Niederlagen beschreiben.

Dass Gott selbst durch das Tun und Leiden der Menschen seinen Willen verwirklicht, das kann und das muss und das darf man glauben. Gott selbst ist anders: Er ist gnädig und nicht grausam, er ist heilig und nicht gemein, er ist lebendig und dient nicht dem Tod, er ist still verborgen und gegenwärtig, verfügbar und unverfügbar!

2.2 Die Unverfügbarkeit Gottes

Die Erfahrung Jahwes als des Gottes, welcher sich immer um sein Volk kümmert und gegenwärtig ist, war die zentrale Gotteserfahrung Israels, die seinen Glauben für immer prägte. Gott, welcher sich nach dem Zeugnis des Alten Testaments

selbst „Ich bin da“ nannte, war den Menschen wie ein großes Geschenk. Es lag dabei nur eine große Gefahr in dieser Namensoffenbarung. Sie konnte in der Weise missverstanden werden, als sei sie eine stets einklagbare und verfügbare Zusage, denn Jahwe behält sich die freie Entscheidung darüber vor, ob, wie und wann er „da sein“ will, wie es in 1. Sam 3, 18 steht: „Jahwe ist er! Er tue, was ihm gefällt, er ist unverfügbar.“ Diese „Unverfügbarkeit“ bedeutet wie die nachfolgenden drei Szenen zeigen, dass er nicht auf Abruf bereitstand, seine Nähe entzog, seine Hilfe verweigerte. Das oft unsichtbare Ziel war, sein Volk wieder durch die Erfahrungen seiner Unverfügbarkeit in seine heilbringende Gemeinschaft zu führen.

2.2.1 Numeri 11,1 Feuersbrunst

Das Volk lag dem Herrn mit schweren Vorwürfen in den Ohren. Als der Herr das hörte, entbrannte sein Zorn; das Feuer des Herrn brach bei ihnen aus und griff am Rand des Lagers um sich.

2.2.2 Numeri 12,9 Mirjams Aussatz

Der Herr wurde zornig auf sie und ging weg. Kaum hatte die Wolke das Zelt verlassen, da war Mirjam weiß wie Schnee vor Aussatz. Aaron wandte sich Mirjam zu und sah: Sie war aussätzig.

2.2.3 Numeri 21, 5.6 Schlangenstrafe

Die Israeliten brachen vom Berg Hor auf und schlugen die Richtung zum Schilfmeer ein, um Edom zu umgehen. Unterwegs aber verlor das Volk den Mut, es lehnte sich gegen Gott und gegen Mose auf und sagte: Warum habt ihr uns aus Ägypten heraufgeführt? Etwa damit wir in der Wüste sterben? Es gibt weder Brot noch Wasser. Dieser elenden Nahrung sind wir überdrüssig. Da schickte der Herr Giftschlangen unter das Volk. Sie bissen die Menschen und viele Israeliten starben.3

3 Schatten der Gewalt

Bis heute bringen unzählige Fragen zu Texten der Gottesferne und des Terrors Schatten der Gewalt mit sich! Alle Bibelleser werden vergleichbare Stellen des

Alten Testaments (z.B. Psalm 83,5: „Sie sagen: Wir wollen sie ausrotten als Volk;

an den Namen Israel soll niemand mehr denken“ und Jesaja 19, 14: „Der Herr hat ihnen einen Geist eingegossen, der sie schwindlig macht, sodass sie Ägypten in die Irre führen bei allem, was es tut, und es nun wie ein Betrunkener taumelt, der sich erbricht“) als Texte des Terrors empfinden, sowohl angesichts des gegenwärtigen politischen Gebrauchs wie auch mit Blick auf ihren historischen Ursprung.

[...]


1 B. Brecht, Ges. Werke 8, Gedichte I, Neukirchen-Vluyn 1967, 215

2 M. Josuttis, Predigten zur Geschichte Davids, Neukirchen-Vluyn 1968, 48-50

3 Theologie im Fernkurs AK Lösungen Lehrbrief 4, 2

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Wie geht Israel mit der Erfahrung des fernen Gottes um und welche Einsichten gewinnt es dabei?
Untertitel
Erfahrungen der Gottesferne heute
Hochschule
Katholische Akademie Domschule Würzburg  (Theologische Fakultät)
Veranstaltung
Aufbaukurs Theologie im Fernkurs Domschule Würzburg
Note
3
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V20378
ISBN (eBook)
9783638242646
ISBN (Buch)
9783638747417
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Israel, Erfahrung, Gottes, Einsichten, Aufbaukurs, Theologie, Fernkurs, Domschule, Würzburg
Arbeit zitieren
Elisabeth Frick (Autor:in), 2003, Wie geht Israel mit der Erfahrung des fernen Gottes um und welche Einsichten gewinnt es dabei?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20378

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