Yeren. Der chinesische Affenmensch

Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura


Fachbuch, 2013

74 Seiten


Leseprobe


Vorwort

Viele Tierarten sind noch unentdeckt

Ein Nachfahre des angeblich bis zu drei Meter großen sowie zwischen 300 und 600 Kilogramm schweren prähistorischen Menschenaffen Gigantopithecus („Riesenaffe“) aus Asien steht im Mittelpunkt des Taschenbuches „Yeren. Der chinesische Affenmensch“. Jener „wilde Mann“ soll aufrecht stehend maximal 2,70 Meter hoch sein, ein dichtes Fell tragen und bis zu 40 Zentimeter lange Fußabdrücke hinterlassen.

Ernst Probst, der Autor dieses Taschenbuches, ist weder Kryptozoologe, noch glaubt er an die Existenz von Affenmenschen, die überlebende urzeitliche Menschenaffen, Frühmenschen oder Urmenschen wären. Aber er kann nicht ausschließen, dass in abgelegenen Gegenden der Erde noch bisher unbekannte Affen oder Menschenaffen ein verborgenes Dasein führen. Denn von 1900 bis heute sind erstaunlich viele große Tiere erstmals entdeckt und wissenschaftlich

beschrieben worden. Darunter befinden sich auch Primaten wie der Berggorilla (1902), der Kaiserschnurrbarttamarin (1907), der Bonobo (1929), der Goldene Bambuslemur (1986), der Goldkronen-Sifaka oder Tattersall-Sifaka (1988), das Schwarzkopflöwenäffchen (1990) und der Burmesische Stumpfnasenaffe (2010).

Das Taschenbuch „Yowie. Der australische Affenmensch“ enthält eigens hierfür angefertigte Zeichnungen des japanischen Künstlers Shuhei Tamura. Dieser hat dankenswerterweise oft prähistorische Raubkatzen für Werke des deutschen Autors Ernst Probst gezeichnet.

Nach Ansicht von Kryptozoologen, die weltweit nach verborgenen Tierarten (Kryptiden) suchen, leben auf der Erde noch zahlreiche unbekannte Spezies, die ihrer Entdeckung harren. Bisher sind auf unserem „blauen Planeten“ etwa 1,5 Millionen Tierarten bekannt. Manche Wissenschaftler vermuten, dass mehr als 15 Millionen Tierarten noch unentdeckt bzw. unbeschrieben sind.

Der verhältnismäßig junge Forschungszweig der Kryptozoologie wurde von dem belgischen Zoologen Bernard Heuvelmans (1916–2001) um 1950 benannt und gegründet. Er sammelte Tausende von Berichten, Legenden, Sagen, Geschichten und Indizien verborgener Tiere und prägte durch seine Fleißarbeit die Kryptozoologie nachhaltig.

Als Zweige der Kryptozoologie gelten die Dracontologie, die sich mit den Wasserkryptiden befasst, die Hominologie, die sich mit Affenmenschen beschäftigt, und die Mythologische Kryptozoologie, welche die Entstehungsgeschichte von Fabelwesen erforscht. Der Begriff Hominologie wurde 1973 durch den russischen Wissenschaftler Dmitri Bayanow eingeführt. In der Folgezeit haben Kryptozoologen verschiedene Untergliederungen der Hominologie vorgeschlagen.

Die Kryptozoologie bewegt sich teilweise zwischen seriöser Wissenschaft und Phantastik. Kryptozoologen wollen nicht glauben, dass unser Planet schon sämtliche zoologischen Ge-

Geheimnisse preisgegeben hat, obwohl Satelliten regelmäßig die ganze Erdoberfläche überwachen. Nach ihrer Ansicht bleibt das, was unter dem Kronendach tropischer Regenwälder oder in den Tiefen der Ozeane existiert, selbst modernster Spionage-Technik verborgen.

Kryptozoologen zufolge gibt es auf der Erde noch erstaunlich viele bisher unbekannte Tierarten zu entdecken.

Auf allen fünf Erdteilen – so glauben Kryptozoologen – leben beispielsweise große Affenmenschen. Die bekanntesten von ihnen sind „Yeti“ im Himalaja, „Bigfoot“ in Nordamerika, „Orang Pendek“ auf Sumatra und „Alma“ in der Mongolei. Als Affenmenschen gelten auch „Chuchunaa“ in Ostsibirien, „Nguoi Rung“ in Vietnam, „De-Loys-Affe“ in Südamerika, „Skunk Ape“ („Stinktier-Affe“) in Florida, „Yeren“ in China und „Yowie“ in Australien.

Affenmenschen heißen – laut „Wikipedia“ – „affenähnliche“, das heißt nicht mit allen Merkmalen der Art Homo sapiens ausgestattete Vertreter der „Echten Menschen“ (Hominiden).

Sie gehören zu den bekanntesten Landkryptiden.

Yeren

Der angriffslustige Affenmensch in China

Seit Jahrhunderten liegen aus China teilweise abenteuerlich klingende Berichte über den Affenmenschen „Yeren“ („wilder Mann“), „Yiren“ oder „Yeh Ren“ vor. Dieses Geschöpf soll oft im Berg- und Waldgebiet Shennongjia im Nordwesten der Provinz Hubei beobachtet worden sein. Aus diesem Grund hat sich Shennongjia regelrecht zu einem Wallfahrtsort von Kryptozoologen aus China und teilweise aus dem Ausland entwickelt.

Der Name des Berg- und Waldgebietes Shennongjia fußt auf zahlreichen Sagen. Darin heißt es, in diesem Gebiet habe sich immer wieder einer der „Drei Erhabenen“ (San Huang) namens Shennong („Göttlicher Bauer“) gezeigt. Shennong soll vor rund 5.000 Jahren gelebt und die Menschen gelehrt haben, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Außerdem habe er im Selbstversuch Hunderte von Pflanzen auf ihre medizinische Wirkung untersucht und den Tee entdeckt.

Abgeschreckt von der imposanten Größe „wilder Männer“ soll der Gottkönig Shennong eigens für das Pflanzensammeln ein Gerüst gebaut haben. Durch die Verbindung des Namens

„Shennong“ und des chinesischen Wortes „jia“ („Gerüst“) soll der Begriff Shennongjia entstanden sein.

Etwa 85 Prozent der Fläche von Shennongjia sind Gebirge und Bergland. Die imposantesten der steilen und schroffen Berge erreichen eine Höhe bis zu 3.000 Metern. Fast 70 Prozent von Shennongjia werden von Wald bedeckt. Auf einer Fläche von 3.253 Quadratkilometern leben rund 78.950 Einwohner.

In Shennongjia herrscht ein merkwürdiges Mikroklima, welches das Wachstum und Überleben einer einzigartigen und vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt sichert. Oberhalb von 1.800 Metern herrschen sogar im Juli noch Temperaturen wie im frühen Winter. In umliegenden tiefen Tälern dagegen ist es im Juli sommerlich warm. Shennongjia gilt als eine der wichtigsten Rohstoffquellen Chinas für seltene und exotische Hölzer. Dort gedeiht unter anderem der Pfeilbambus (Pseudosa japanica), der Pandabären als Nahrung dient und aus dem man einst Pfeilschäfte herstellte.

Im Berg- und Waldgebiet Shennongjia kursieren seit Jahrhunderten viele Erzählungen, Sagen und Augenzeugenberichte von Menschen, die angeblich „wilde Menschen“ gesichtet haben oder ihnen begegnet sind. Diese Schilderungen ähneln weitgehend den Berichten über den Schneemenschen „Yeti“ in Tibet.

Bereits vor mehr als 2.200 Jahren zur Zeit der „Streitenden Reiche“ (481 bis 249 v. Chr.) erwähnte der chinesische Staatsmann und Dichter Qu Yuan (340–278 v. Chr.) des Staates Chu in seinen Versen gewisse Menschenfresser, die im Gebirge lebten. Sein Haus befand sich südlich von Shennongjia in der Provinz Hubei, das als Heimat von Affenmenschen diskutiert wird.

Der chinesische Historiker Li Yanshou berichtete zur Zeit der Tang-Dynastie (618 bis 907 nach Christus) über eine Bande „behaarter Männer“ in einer Region, die heute Jiangling heißt. Diese Lebewesen sollen nur etwa 1,20 Meter groß gewesen sein. Nach heutigen Erkenntnissen handelte es sich aber nur um ganz gewöhnliche Langarmaffen bzw. Gibbons.

Zur Zeit der Qing-Dynastie bzw. Mandschu-Dynastie (1616-1911) erwähnte der Dichter Yuan Mei (1716 –1798) in seinem Buch „New Rhythms“ ein affenähnliches Lebewesen aus China. Dieses Geschöpf soll im Südwesten der Provinz Shaanxi existiert haben.

Nach einer alten Legende soll der erste chinesische Kaiser namens Hwang-Ti, der Erbauer der „Großen Mauer“, schuld daran gewesen sein, dass in China „wilde Männer“ entstanden. Einige Menschen sollen sich der Zwangsarbeit entzogen und in Wäldern versteckt haben. Deren Nachkommen sollen wild, groß und haarig geworden sein. Zeitweise kamen sie angeblich aus den Wald und fragten, ob die Mauer schon fertig sei. Als irgendwann diese Frage bejaht wurde, wollten die „wilden Männer“ dies nicht glauben und zogen sich wieder in den Wald zurück.

Von „Yeren“ existieren angeblich zwei unterschiedliche große Varianten. Die größere Variante soll zwischen 1,80 und 2,70 Meter hoch sein, die kleinere Variante nur rund 90 Zentimeter.

Angeblich liegen von „Yeren“ bis zu 40 Zentimeter lange Fußabdrücke vor. Die von ihm gefundenen Haare stammen von keiner in China bekannten Tierart, heißt es.

Viele Kryptozoologen betrachten die Affenmenschen „Yeren“ in China und „Yeti“ im Himalaja als Nachfahren des angeblich bis zu drei Meter großen sowie zwischen 300 und 600 Kilogramm schweren prähistorischen Menschenaffen Gigantopithecus („Riesenaffe“) aus Asien. In der Literatur differieren die Angaben über die Größe und das Gewicht von Gigantopithecus stark, weil man bisher nur Kieferelemente und Zähne geborgen hat, deren Maße diejenigen heutiger Menschenaffen merklich übertreffen.

Gigantopithecus ist durch Funde aus dem Oberen Miozän vor etwa neun bis sechs Millionen Jahren sowie aus dem Pleistozän (Eiszeitalter) vor ungefähr einer Million bis 100.000 Jahren nachgewiesen. Fossilien aus Nordindien und Pakistan, die man der Art Gigantopithecus bilaspurensis zurechnet, gelten als neun bis sechs Millionen Jahre alt. Überbleibsel von Gigantopithecus blacki aus China sind geologisch jünger und stammen aus der Zeit vor einer Million bis 100.000 Jahren.

Die erste wissenschaftliche Beschreibung von Gigantopithecus blacki fußte auf ungewöhnlich massiven Backenzähnen, die dem niederländisch-deutschen Paläoanthropologen Gustav Heinrich von Koenigswald (1902–1982) in chinesischen Apotheken aufgefallen waren. Dort bot man vermeintliche „Drachenzähne“ als Medizin an. Zu Pulver zermahlene „Drachenzähne“ sollten angeblich wahre medizinische Wunder vollbringen, vor allem für die männliche Potenz. 1935 fand Koenigswald zwei solcher Zähne in Hongkong und einen in Kanton, 1939 einen weiteren in Hongkong. Diese Zähne waren mit einer Backenzahnkrone von rund 2,5 Zentimeter Durchmesser doppelt so groß wie jene eines Gorillas.

1935 schlug Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald den wissenschaftlichen Namen Gigantopithecus blacki vor. Der Gattungsname Gigantopithecus besteht aus den griechischen Begriffen „gigas“ bzw. „gigantos“ (Riese) und „pithekos“ (Affe). Der Artname blacki erinnert an den kanadischen Anatomen Davidson Black, der 1934 in Peking an seinem Schreibtisch – den Schädel eines prähistorischen Peking-Menschen in der Hand haltend – einem Herzschlag erlegen war. Gigantopithecus blacki heißt zu deutsch „Blacks Riesenaffe“.

1937 schrieb der deutsch-amerikanische Paläoanthropologe Franz Weidenreich (1873–1948), der Gipsabgüsse der Zähne von Gigantopithecus blacki erhalten hatte die bis dahin von Koenigswald in chinesischen Apotheken entdeckten Zähne einem riesigen Orang-Utan zu. 1946 hielt er sie in seinem kleinen Buch „Apes, Giants and Man“ (Affen, Riesen und Mensch) sogar für Zähne eines Riesenmenschen. Er glaubte, in der menschlichen Evolution habe es eine Periode des Riesenwuchses gegeben. Der Kieler Anthropologe Hans Weinert änderte 1948 den Namen Gigantopithecus in Giganthropus (griechisch: gigas, gigantos = Riese, anthropos

= Mensch) ab. Von Koenigswald ordnete 1952 Gigantopithecus einem Seitenzweig der Menschenlinie zu.

Ein chinesischer Bauer entdeckte 1956 in der Höhle Liucheng (Guanxi) einen eindrucksvollen Kiefer mit typischen Zähnen von Gigantopithecus blacki. Dort barg man später zwei weitere Unterkiefer von Gigantopithecus blacki sowie Fossilien von rund zwei Dutzend Säugetieren, unter denen sich einige Fleischfresser befanden. Wegen der Raubtiere spekulierte man, Gigantopithecus könne ein Beutetier gewesen sein.

Der ungewöhnlich massive Unterkiefer von Gigantopithecus blacki ist vom Kinn bis zu den Zähnen doppelt so hoch wie bei einem männlichen Gorilla der Gegenwart und viermal so hoch wie bei einem jetzigen Menschen. Das Gebiss von Gigantopithecus sah anders aus als beim Gorilla, dem größten heutigen Primaten. Gigantopithecus besaß vergleichsweise relativ kleine Schneidezähne sowie Eckzähne mit breiter Basis, aber niedriger Krone.

Bei der „18. Internationalen Senckenberg Conference 2004“ in Weimar berichtete der chinesische Wissenschaftler Linxia Zhao, bisher seien in China von Gigantopithecus blacki insgesamt drei Unterkiefer aus der Höhle Liucheng sowie Zähnen von zwölf Fundorten in verschiedenen Provinzen (Guangxi, Hubei, Chongqing, Guizhou) geborgen worden.

An den Fundorten Longgupo (Chongqing) und Longgudong (Hubei) habe man sogar Fossilien und Artefakte früher Menschen zusammen mit Gigantopithecus entdeckt. Dies werfe unter anderem die Frage auf, ob Gigantopithecus womöglich ein Jäger und Werkzeughersteller oder ein Opfer früher Menschen gewesen sei.

Etwas kleiner als Gigantopithecus blacki aus China ist Gigantopithecus bilaspurensis aus Indien. 1952 und 1964 entdeckte K. N. Prasad vom „Geological Survey of India“ in den Siwalik-Bergen bei Haritalyangar nahe Chakrana im Staat Bilaspur etliche Fossilien von Menschenaffen aus dem Miozän. Für diese Funde interessierte sich der amerikanische

Primatologe Elwyn L. Simons von der „Yale University“, der sich 1968 einer Expedition unter Leitung von Shiv Raj Kumar Chopra (1931–1994) von der „Punjab University“ anschloss. Daran nahm auch der amerikanische Paläontologe Grant E. Meyer teil, dem der einheimische Bauer Sunkar Ram einen fossilen Unterkiefer zeigte, den er einige Jahr zuvor auf seinen Anbauterrassen entdeckt hatte. Das Fossil stammte von einem sehr großen Primaten. Der von Sunkar Ram entdeckte Unterkiefer bewies die Anwesenheit des fossilen Menschenaffen Gigantopithecus auch in Indien. Für die neue Spezies schlugen Frederic S. Szalay und Eric Delson 1979 den Artnamen Gigantopithecus bilaspurensis vor. Ein Synonym davon ist Gigantopithecus giganteus.

Anpassungen der Zähne von Gigantopithecus bilaspurensis erhöhten den Widerstand gegen den Verschleiß. Die Frontzähne sind vergleichsweise klein, die Backenzähne dagegen massiv und haben einen dicken Zahnschmelz. Elwin L. Simons stellte 1972 Analogien mit dem Großen Panda (Ailurpoda) fest. Dieser Pflanzenfresser ist voll auf die Nahrungssuche auf dem Boden angepasst und ernährt sich vor allem von Bambus. Ähnlich könnte es auch bei Gigantopithecus gewesen sein, der womöglich nicht aufrecht auf zwei Beinen ging.

In der Systematik gehört Gigantopithecus heute zur Ordnung Primaten (Primates), Unterordnung Trockennasenaffen (Haplorhini), Teilordnung Altweltaffen (Catarrhini), Überfamilie Menschenartige (Hominoidea), Familie Menschenaffen (Hominidae) und Gattung Gigantopithecus. Er wird nicht in die Ahnenreihe der Menschen gerechnet, wie manche Wissenschaftler vermutet hatten, sondern der Affen.

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Details

Titel
Yeren. Der chinesische Affenmensch
Untertitel
Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura
Autor
Jahr
2013
Seiten
74
Katalognummer
V214565
ISBN (eBook)
9783656427582
ISBN (Buch)
9783656434603
Dateigröße
14130 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Yeren, Affenmensch, Affenmenschen, China, Gigantopithecus, Ernst Probst, Shuhei Tamura
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2013, Yeren. Der chinesische Affenmensch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214565

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