Energiewende Nordhessen. Szenarien für den Umbau der Stromversorgung auf eine dezentrale und erneuerbare Erzeugungsstruktur


Wissenschaftliche Studie, 2012

61 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1 Zusammenfassung

2 Einleitung

3 Bestandsanalyse
3.1 Erzeugerliste Nordhessen
3.2 Generierung der Einspeisezeitreihen.
3.2.1 Wind..
3.2.2 PV.
3.2.3 Biogas, Biomasse, Klär- und Deponiegas
3.2.4 Laufwasserkraftwerke.
3.3 Stromverbrauchswerte und -zeitreihen..
3.4 Wirtschaftliche Betrachtungen.
3.5 Zusammenfassung der Bestandsanalyse.

4 Potenzialanalyse
4.1 Potenziale Windenergie
4.2 Potenziale PV.
4.3 Potenziale Bioenergie.
4.4 Potenziale Laufwasserkraftwerke.
4.5 Aufteilung des Stromverbrauchs..
4.6 Zusammenfassung der Potenzialanalyse..

5 Szenarienentwicklung
5.1 Zusammenstellung der Parameter und Werte
5.2 Ergebnisanalyse der Szenarien
5.2.1 Investitionskosten...
5.2.2 Einsparung von CO2-Emissionen.
5.2.3 Residuallasten und Stromüberschüsse.
5.2.4 Selbstversorgungsanteil..
5.2.5 Eigenverbrauch..
5.2.6 Maximale Netzlast und abgeregelte Energie.
5.3 Ausgleich der Residuallast..
5.3.1 Systemintegration erneuerbarer Energien.
5.3.2 Reststrombezug aus vorgelagertem Netz.
5.3.3 Gaskraftwerk..
5.3.4 Pumpspeicherkraftwerk...
5.4 Zusammenfassung der Szenarien

6 Regionale Wertschöpfung
6.1 Methodik
6.2 Zusammenfassung der regionalen Wertschöpfung...

7 Gesellschaftliche Akzeptanz
7.1 Konzeption der Akzeptanzanalyse...
7.1.1 Theoretischer Hintergrund
7.1.2 Analyseebenen und Forschungsfragen
7.1.3 Ableitung möglicher Akzeptanz-Interventionen..

8 Ausblick

9 Quellennachweis

Zusammenfassung

1 Zusammenfassung

Der Umstieg auf eine Energieversorgung aus größtenteils Erneuerbaren Energien (EE) stellt die Elektrizitätswirtschaft vor große Herausforderungen. Die Stadtwerke Union Nordhessen (SUN) und das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik haben in der vorliegenden Studie untersucht, wie die Transformation des Stromversorgungssystems in der SUN-Region (bestehend aus den drei Landkreisen Kassel, Schwalm-Eder und Werra-Meißner sowie der kreisfreien Stadt Kassel) gestaltet werden kann.

Zentrale Fragestellungen, die sich vor der Umsetzung dieses Ziels ergeben, sind:

Zu welchem Anteil wird die Region bereits mit dezentraler und erneuerbaren Energie aus der Region versorgt und wie kann dieser Anteil erhöht werden? Sind für eine weitgehende Transformation des Systems hin zu dezentralen erneuerbaren Energien ausreichend Potenziale in der Region vorhanden? Welcher Energiemix ist anzustreben und welche wirtschaftlichen Auswirkungen ergeben sich?

Aufbauend auf detaillierten Bestands- und Potenzialanalysen entwickelten die Partner fünf Ausbauszenarien, die in ihrer Zusammensetzung der EE variieren. Es wurde untersucht, inwiefern Maßnahmen wie flexible Erzeuger (z. B. Biogasanlagen oder ein Gaskraftwerk) und Speicher (z. B. Pumpspeicherwerk) den Selbstversorgungsanteil erhöhen können, welche Kosten und Erlöse sich für die Region ergeben und wie viel Treibhausgas-Emissionen eingespart werden können.

Es wurde ermittelt, dass der Strombedarf bereits 2010 zu 15 % durch Strom aus EEAnlagen gedeckt wurde. Darüber hinaus verfügt die SUN-Region über mehr Flächenbzw. Erzeugungspotenziale für den Ausbau von EE als für das angestrebte Ziel notwendig sind. Im maximalen Ausbauszenario, in dem alle vorhandenen Flächenpotenziale genutzt werden, kann die Stromerzeugung aus EE zu 157 % zur Deckung des Strombedarfs beitragen.

Aus den Untersuchungen der Szenarien ergab sich, dass die Umstellung auf eine weitestgehend dezentrale und erneuerbare Stromerzeugung in der SUN-Region möglich ist. Hierdurch kann sich die Region nicht nur zu einem Großteil selbst versorgen, sondern es können auch CO2-Emissionen in Höhe von ungefähr 2 Mio. Tonnen vermieden werden. Dazu wären je nach Szenario Investitionen von 1 900 Mio. € bis 2 700 Mio. € nötig.

Zudem wurde berechnet, dass durch den Zubau von EE die Wertschöpfung in der SUN- Region gehalten werden kann. Statt Mittel aus der Region abfließen zu lassen können 90 % der sonst anfallenden Importkosten vor Ort gehalten werden.

Da ohne die gesellschaftliche Akzeptanz die Umstellung des Energieversorgungssytems nur schwer gelingt, wurde begleitend zum Projekt eine umweltpsychologische Studie durchgeführt. Hierbei wurden fördernde und hemmende Aspekte auf die Akzeptanz des regionalen Stromkonzeptes und der handelnden Akteure sowie mögliche Kommunikations- und Informationsmaßnahmen aufgezeigt und analysiert.

Mit der Studie konnte gezeigt werden, wie die SUN-Region die Herausforderungen der Energiewende als Chance nutzen und auf eine zukunftsfähige Stromversorgung umsteigen kann.

2 Einleitung

Die Stadtwerke Union Nordhessen (SUN) und das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel haben in einer gemeinsame Analyse untersucht, wie eine Transformation des Stromversorgungssystems in Nordhessen hin zu dezentralen, erneuerbaren Erzeugungstechnologien möglich ist. Die Kombination aus der wissenschaftlichen Kompetenz des Fraunhofer IWES und den Möglichkeiten der SUN-Partner energiewirtschaftliche Konzepte in die Praxis umzusetzen, bietet eine besondere Chance für diese komplexe Aufgabenstellung. Partner im SUN-Verbund sind die sechs Stadtwerke aus Bad Sooden-Allendorf, Eschwege, Homberg, Kassel, Wolfhagen und Witzenhausen (Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die SUN-Region und beteiligte Stadtwerke

Ziel des Konzepts ist die Entwicklung eines konkreten energiepolitischen Szenarios für die zukünftige Gestaltung der Stromversorgung in der Region. Der Betrachtungsraum besteht dabei aus der Region, in der die SUN-Stadtwerke vertreten sind (Landkreise Kassel, Schwalm-Eder, Werra-Meißner und die Stadt Kassel). Zunächst unberücksichtigt bleiben die energiewirtschaftlichen Szenarien für den Wärmemarkt, die Steigerung der Energieeffizienz und den Verkehr. Diese Themen sollen zur Komplexitätsreduktion einer Folgeuntersuchung vorbehalten bleiben.

Der Atomausstieg und die aktuellen Diskussionen zur Zukunft der energierechtlichen Rahmenbedingungen (insb. des EEG) führen zu hohem Handlungsdruck im Bereich der Stromversorgung. Derzeit besteht auf Bundesebene ein Trend zur besonderen Förderung großer zentraler Anlagen z. B. im Offshore-Bereich. Diese starke Zentralisierung der erneuerbaren Energien erhöht wiederum den Handlungsdruck zum Ausbau der Höchstspannungsnetze. Die hier vorgestellte Untersuchung soll daher unter anderem zeigen, dass große Chancen in der Dezentralisierung und Regionalisierung der Energieversorgung bestehen. Vergleichbare Ansätze gibt es bisher eher auf der Ebene einzelner Kommunen, aber noch kaum unter Bezug zu ganzen Regionen. In Nordhessen besteht diesbezüglich ein interessanter Mix aus eher städtisch bzw. industriell geprägten Arealen und großflächigen Räumen mit geringer Bebauungsdichte. Inwieweit sich ein solcher Ansatz auf noch stärker industriell und durch hohe Bevölkerungsdichte geprägte Regionen, wie etwa das Rhein-Main-Gebiet, übertragen lässt, wird eine wichtige Fragestellung in zukünftigen Untersuchungen sein, wurde aber auch bereits in diesem Projekt adressiert.

Dieser dezentrale Ansatz verfolgt ausdrücklich nicht das Ziel einer autarken Energieversorgung des Betrachtungsgebiets. Es soll im Gegenteil sogar gezeigt werden, inwiefern und in welchem Umfang auch ein solches Konzept den Ausbau eines überregionalen Stromaustausches benötigt. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass sich daraus erheblich andere Anforderungen auf den Netzausbau ergeben als derzeit diskutiert.

Das Konzept geht dabei von einem prognostizierten Strombedarf der Region aus. Nicht berücksichtigt sind die zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität sowie der wachsende Strombedarf durch den Betrieb von elektrischen Wärmepumpen, der zu erwartende Verbrauchszuwachs durch Klimaanlagen und weiteren elektrischen Anlagen. Tendenziell ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren zunächst eine Verbrauchsreduzierung durch Effizienzsteigerungen elektrischer Geräte einsetzt, die aber durch die genannten Entwicklungen wieder (über)kompensiert wird. Zur Vereinfachung wird daher von mittelfristig konstanten Stromverbräuchen in der Region ausgegangen.

Auf dieser Grundlage wurden folgende Fragestellungen - immer mit Bezug zum Betrachtungsraum - untersucht:

Wie ist der aktuelle Stand des Ausbaus dezentraler erneuerbarer Energien?

Wie hoch ist die Nachfrage (Arbeit, Leistung und Lastgang), und welcher Teil davon wird bereits heute durch dezentrale, erneuerbare Anlagen gedeckt? Wie hoch ist das dezentrale Flächen- bzw. Erzeugungspotenzial der Energieträger Wind, Sonne, Biogas und Wasser?

Welche Ausbauszenarien sollten zu einer - wirtschaftlich und technisch sinnvollen - weitgehenden Deckung der regionalen Stromnachfrage angestrebt werden? Welche energetischen/energiewirtschaftlichen Potenziale bietet eine Maximalnutzung der dezentralen EE-Potenziale?

Welche Residuallasten entstehen, und wie können diese gedeckt werden?

Welche Überschussmengen werden erzeugt, und welche Handlungsoptionen gibt es dafür?

Welche Investitionsbedarfe entstehen, und wie entwickeln sich die Erzeugungskosten?

Welche Möglichkeiten bestehen für Bürgerbeteiligungsmodelle, und wie kann die Akzeptanz für die Ausbauszenarien gesteigert werden?

3 Bestandsanalyse

Im Betrachtungsraum wohnen ca. 730.000 Einwohner. Der Bezugsraum der drei Landkreise inkl. der Stadt Kassel hat eine Flächenausdehnung von ca. 4.000 km².

Während in der Stadt Kassel und ihrem unmittelbarem Umfeld eine zum Teil verdichtete Bebauung und hohe Anteile industrieller Abnehmer bestehen, sind die drei Landkreise durch eine ländliche Struktur mit wenigen Mittelzentren geprägt. Der geschätzte Strombedarf liegt bei ca. 3,7 TWh/a und einer Spitzenlast von ca. 600 MW. Über nennenswerte Eigenerzeugung verfügt innerhalb der SUN lediglich die Städtische Werke AG, Kassel, (KWK-Anlagen mit z. T. bereits regenerativer Erzeugung aus Biomasse).

Die Erzeugungsdaten aus EE-Anlagen in der gesamten Region (nicht nur in Eigentümerschaft der SUN-Partner) wurden für das Jahr 2010 erhoben.

3.1 Erzeugerliste Nordhessen

Um die Ausbauszenarien aus der gegenwärtigen Situation systematisch heraus zu entwickeln, wird die Referenzsituation im Jahr 2010 detailliert analysiert. Für dieses Jahr lag zum Zeitpunkt der Bestandanalyse eine umfangreiche Datenbasis vor. Es wurden sowohl der Anlagenbestand als auch die jährliche Stromerzeugung betrachtet. Die Jahresenergie wurde aufbauend auf zeitlich- und räumlich hoch aufgelösten Zeitreihen der einzelnen Technologien ermittelt.

Datenbasis für die Bestandsanalyse ist eine Liste aller relevanten Anlagen für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in der Region Nordhessen. Grundlage hierfür sind die auf49 veröffentlichten Meldungen der unterlagerten Verteilnetzbetreiber sowie der in der Regelzone der TenneT tätigen Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Die veröffentlichten EEG Anlagenstamm- und Bewegungsdaten wurden auf die SUN-Region angepasst und ggf. erweitert. Hierfür wurden alle Postleitzahlen der SUN-Region ermittelt und die Listen danach gefiltert.

Zur Erstellung der Erzeugerliste Wind wurde die Betreiber-Datenbasis von Windenergieanlagen42 genutzt, da in den EEG-Meldungen keine Informationen über den WEA-Typ enthalten sind. Hierüber konnten die technischen Charakteristika jeder WEA (Hersteller, Nennleistung, Rotordurchmesser, Nabenhöhe, etc.) ermittelt und zur Erstellung der Zeitreihen (s. Kapitel 3.2.1) verwertet werden. Diese wurde mit der EEGStammdatenliste abgeglichen.

Einen Überblick über die installierten Leistungen gibt folgende Tabelle:

Tabelle 1: Installierte Leistungen der EEG-Anlagen im Bezugsjahr 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Generierung der Einspeisezeitreihen

3.2.1 Wind

Die Vorgehensweise der Zeitreihenentwicklung für WEA stellt Abbildung 2 dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Vorgehensweise der Zeitreihenentwicklung bei Windenergieanlagen

Neben der Bestimmung des Anlagentyps (s. Kapitel 3.1) wurden zur Bestimmung der Einspeisezeitreihen die geografischen Koordinaten der installierten WEA in Nordhessen ermittelt. Die Standorte sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Standorte der Windparks im SUN-Gebiet 2010

Neben den Informationen zu Standort und Typ einer jeden WEA sind auch Wettermodelldaten wesentliche Grundlage für die Simulation der Windleistungszeitreihen. Es werden hierfür die Zeitreihen der Analysedaten aus dem „COSMO-DE“ des Deutschen Wetterdienstes2 für das Jahr 2007 verwendet. Die Wettermodelldaten liegen für die Flächen eines geographischen Gitters mit den Kantenlängen von ca. 2,8 km vor und weisen eine zeitliche Auflösung von einer Stunde auf.

Es wurde das Wetterjahr 2007 gewählt, da dieses Jahr bezüglich seines Wind-Index1 ein durchschnittliches Windjahr für Nordhessen war (Abbildung 4). Der Wind-Index ist eine Kennzahl, die die Relation des Windenergieangebots einzelner Jahre relativ zum “typischen“ Windenergieangebot beschreibt. Grundlage dafür sind langjährige Windmessungen des im Rahmen des “250 MW Wind“- Programms aufgebauten, landesweit verteilten ISET-Windmessnetzes48.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Wind-Index Januar bis Dezember 20071

Für jede Gitterfläche Nordhessens mit installierter Windleistung wurden die Windgeschwindigkeiten in denjenigen Höhen über Grund, die die Nabenhöhen der dort installierten WEA umfassen, aus dem Wettermodell extrahiert. Die unterschiedlichen Höhenlevel (Schichtmitten) des Wettermodells ermöglichen es, die Windgeschwindigkeiten auf die mittlere leistungsgewichtete Nabenhöhe der WEA der Gitterfläche zu interpolieren. Die Interpolation erfolgt logarithmisch, da sich das Windprofil in der Grenzschicht durch diese Funktion beschreiben lässt.

Da durch die Abschattung der WEA in einem Windpark nicht zu vernachlässigende Leistungseinbußen zu verzeichnen sind, ist deren Berücksichtigung notwendig. Diese gegenseitigen Abschattungsverluste werden in Abhängigkeit von der mittleren leistungsgewichteten Windgeschwindigkeit und der Windrichtung berechnet. Die Berechnung erfolgt außerdem unter Berücksichtigung der Standorte, der Rotorradien, der Nabenhöhen, der Leistungskennlinien und der Schubbeiwertkennlinien der WEA, sowie der Umgebungsturbulenz, wobei das Ainslie-Jensen-Modell3 verwendet wird. Für die Berechnung der gegenseitigen Abschattungseffekte werden nahe beieinanderliegende WEA gruppiert, wie Abbildung 5 darstellt. In der Berechnung wird innerhalb jeder Gruppe von Abschattungseffekten ausgegangen, zwischen den Gruppen nicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Berechnung der gegenseitigen WEA-Abschattungseffekte innerhalb von Gruppierungen (WP)

Die berechneten effektiven Windgeschwindigkeiten für jede einzelne WEA werden mit Hilfe der Leistungskennlinie der jeweiligen WEA in Leistungswerte transformiert.

Nach der Transformation der Windgeschwindigkeiten in elektrische Leistung werden die Windleistungszeitreihen aufgrund von elektrischen Verlusten und Nichtverfügbarkeiten pauschal reduziert. Außerdem hat sich ebenso eine pauschale Windgeschwindigkeitsreduzierung als notwendig herausgestellt. Die Höhen der Reduzierungsbeträge wurden durch die Anpassung der simulierten an die gemessenen Leistungswerte von ca. 150 deutschen Referenzwindparks ermittelt4.

3.2.2 PV

Zur Ermittlung der PV-Einspeisezeitreihen wurden die geografischen Koordinaten jeder einzelnen Anlage bestimmt (Abbildung 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: PV-Standorte im SUN-Gebiet 2010

Die Datenbasis für die Simulation von PV-Einspeisezeitreihen bilden die von SODA zur Verfügung gestellten Globalstrahlungsdaten7 für das Jahr 2007, die aus Satellitenbildern von Meteosat mit dem Verfahren Helioclim-3 berechnet wurden. Leistungsverluste aufgrund einer Erwärmung der Module werden unter Verwendung von Temperaturdaten aus dem COSMO-EU-Modell des Deutschen Wetterdienstes berücksichtigt. Die räumliche Auflösung der Simulation beträgt ca. 7 x 7 km², die zeitliche Auflösung beträgt 15 Minuten. Die Einstrahlung auf die geneigte Modulebene wird mithilfe der Modelle von Orgill-Hollands8 und Klucher9 berechnet. Das Modell berücksichtigt die unterschiedlichen Anlagenkonfigurationen (Ausrichtung, Neigung, Montageart etc.). Für die Wechselrichter und Module werden Modelle von6 bzw. 10 verwendet. Als Modultyp werden Standard-Polykristalline-Module zugrunde gelegt, da diese mit einem Anteil von etwa 60 % der installierten Anlagen die Mehrheit bilden. Unterschiedliche Modultypen zu betrachten würde den Aufwand nicht rechtfertigen, da der Einfluss auf die Leistung marginal ist. Der Wirkungsgrad ist bei der Simulation der Einspeisezeitreihen nicht relevant, da nicht Modulflächen sondern installierte Kapazitäten betrachtet werden (der Einfluss der Modulwirkungsgrade wird in der Potenzialermittlung der installierten Kapazitäten in Kapitel 4.2 berücksichtigt).

Aus Abbildung 7 ist zu erkennen, dass die Volllaststunden der PV Anlagen im SUN- Bereich im Vergleich zum Vierjahresmittel um -4 % bis +2 % abweichen, d. h. auch bezüglich des Sonnenjahrs ist das Wetterjahr 2007 in Nordhessen ein relativ durchschnittliches Jahr.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Abweichung der PV-Volllaststunden 2007 vom Vier-Jahresmittel ( %)

3.2.3 Biogas, Biomasse, Klär- und Deponiegas

Bei der Generierung der Einspeisezeitreihen von Bioenergieanlagen wird zwischen Biogas, Klär- und Deponiegasanlagen sowie Anlagen zur Verstromung von fester und flüssiger Biomasse unterschieden.

Biogasanlagen, Klärgasanlagen und Deponiegasanlagen Als Basis für die Generierung der Stromerzeugungszeitreihen wurden gemessene Zeitreihen von anderen Biogasanlagen (BGA) verwendet. Im ersten Schritt wurden die BGA in Nordhessen den Referenz-BGA mit ähnlicher Ausnutzung zugeordnet. Im zweiten Schritt wurden bei den entsprechenden Messzeitreihen der Referenz-BGA die Leistung mithilfe eines Faktors (1) und die erzeugte Energiemenge durch eine plausible Veränderung der Zeitreihe entsprechend der Leistung und erzeugten Energiemenge der Biogas-, Deponiegas- und Klärgasanlagen angepasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Biomasseanlagen ( feste und flüssige Biomasse )

Zur Generierung der Zeitreihen der weiteren Biomasseanlagen wurden die Volllaststunden der Anlagen betrachtet. Je nach Höhe der Volllaststunden wurde angenommen, dass die Anlagen das ganze Jahr ab einer Unterschreitung einer Grenztemperatur betrieben werden.

3.2.4 Laufwasserkraftwerke

Der Stromerzeugung aus Wasserkraftanlagen in Hessen wird im Energiebericht 2008 der Hessischen Landesregierung eine nachgeordnete Bedeutung zugewiesen12. Auch im SUN-Gebiet hat die Wasserkraft einen relativ geringen Anteil an der Stromerzeugung.

Die installierte Leistung aller Laufwasseranlagen lag im Referenzjahr 2010 bei 14 MW. Die hieraus resultierte Einspeisung wurde nach EEG Abrechnungsdaten für das vorgegebene Jahr mit 59 GWh beziffert. Deshalb wurde bei der Erstellung der

Zeitreihen der Wasserkraftanlagen sowie bei der in Kapitel 4.4 vorgenommenen Potenzialermittlung eine vereinfachte Vorgehensweise gewählt. Für die Generierung der Summeneinspeisung lag die reale Einspeisezeitreihe der Laufwasserkraftanlage „Neue Mühle“ in Kassel vor, die als Referenz für die Summeneinspeisung zu Grunde gelegt worden ist. Die Anlage zählt mit 336 kW installierter Leistung zu den ca. 20 % der WKA in der Leistungsklasse 101 bis 500 kW, die knapp 50 % des Stroms aus Wasserkraft in 2010 (Tabelle 1) erzeugten und kann somit als repräsentativ angesehen werden.

Tabelle 1: Leistungsklassen der Wasserkraftanlagen in der SUN-Region

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Alle berechneten Zeitreihen werden ausschließlich zur Abschätzung und Darstellung der Gesamteinspeisung in der SUN-Region verwendet. Um einen Überblick über die Einspeisung einer Laufwasserkraftanlage zu bekommen, zeigt die folgende Abbildung die reale Jahreseinspeisezeitreihe der Referenzanlage „Neue Mühle“ für das Jahr 2007.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: gemessene Jahreseinspeisezeitreihe der WKA „Neue Mühle“

Die Zeitreihe weist einige Nullzeitreihen auf, kann aber nach Abstimmung mit den Partnern als korrekter Lastgang betrachtet werden, da diese auf Stillstandszeiten durch z. B. Eisgang, Hochwasser und Wartungsarbeiten zurückzuführen sind.

Mögliche Änderung der Niederschlagsmengen und anderer Einflussparameter werden nicht berücksichtigt.

Die Summeneinspeisung der Referenzanlage wurde ins Verhältnis der Jahreseinspeisung, basierend auf den EEG-Bewegungsdaten, aller Wasserkraftanlagen im SUN-Bereich gesetzt so auf das Betrachtungsgebiet skaliert.

3.3 Stromverbrauchswerte und -zeitreihen

Die Vorgehensweise bei zur Erstellung der Stromverbrauchszeitreihen im SUN-Gebiet stellt Abbildung 9 dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Vorgehensweise bei Erstellung der Stromverbrauchszeitreihen

Grundlage bei der Ermittlung der Stromverbrauchswerte und Zeitreihen bilden der gemessene Lastgang der Städtische Werke Netz + Service GmbH sowie Annahmen über die Lastgänge der anderen Netzbetreiber im Versorgungsgebiet, da hierüber keine Messwerte vorlagen.

Grundlage für die Zeitreihengenerierung bilden die in Tabelle 2 enthaltenen Werte zu Stromverbrauch, Fläche und Einwohnerzahl in den Gebietskörperschaften der Region.

Tabelle 2: Stromverbrauch, Fläche und Einwohnerzahl in der SUN-Region

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Jahressumme des Stromverbrauchs betrug gemäß den Schätzungen der SUN- Partner 3 664 GWh bei 729 402 versorgten Einwohnern auf einer Fläche von 3 963 km².

Lastgangzeitreihe der Stadt Kassel

Die Lastgangzeitreihe für die Stadt Kassel wurde von der Städtische Werke Netz + Service GmbH, der Betreibergesellschaft der Strom- und Gasnetze in Kassel in Form von ¼ Stunden-Zählwerten der Wirkleistung bzgl. der 60 kV-Spannungsebene bereitgestellt.

Lastgangzeitreihe der anderen Gebietskörperschaften in der SUN-Region

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Lastverlauf in der SUN-Region dem gesamtdeutschen sehr ähnlich ist und dass demzufolge speziell auch das Verhältnis von Industrie und Haushalten in der SUN-Region dem gesamtdeutschen nahekommt. Deshalb wird die vom Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (European Network of Transmission System Operators for Electricity ENTSO-E) im Internet zur Verfügung gestellte Lastgangzeitreihe für Deutschland34 für 2007 auf die Jahresenergiemengen der Gebietskörperschaften in der SUN-Region herunterskaliert. Dabei wird der stündliche ENTSO-E-Lastgang so skaliert, dass er in Summe die geschätzten Stromverbrauchswerte der Region (Tabelle 2) ergibt.

Nach dem „System Adequacy Retrospect 2007“50 können die Lastdaten zu 100 % als repräsentativ angesehen werden. Die unskalierte Jahreslastgangzeitreihe stellt Abbildung 10 dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Lastgangzeitreihe von Deutschland im Jahr 2007

Summiert man die skalierte Lastgangzeitreihe der Landreise Schwalm-Eder, Werra- Meißner und Kassel mit der gemessenen Lastgangzeitreihe der Stadt Kassel, ergibt sich die in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. dargestellte Lastgangzeitreihe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Lastgangzeitreihe der SUN-Region in einer Woche im November 2007

[...]

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Energiewende Nordhessen. Szenarien für den Umbau der Stromversorgung auf eine dezentrale und erneuerbare Erzeugungsstruktur
Autor
Jahr
2012
Seiten
61
Katalognummer
V231248
ISBN (eBook)
9783656463986
ISBN (Buch)
9783656479604
Dateigröße
3891 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Autoren: Katharina Henke, Patrick Hochloff, Dirk Kirchner, Kaspar Knorr, Martin Robinius, Florian Schlögl, Michael Schreiber, Raphael Spiekermann, Hao Zhang, Britta Zimmermann, Dr. Thorsten Ebert, Ralf Döpp, Roland Heibert, Markus Jungermann, Hans Nießen, Michael Pysalski, Eugen Rittmeyer, Lars Rotzsche, Martin Rühl.
Schlagworte
energiewende, nordhessen, szenarien, umbau, stromversorgung, erzeugungsstruktur
Arbeit zitieren
Fraunhofer IWES. Stadtwerke Union Nordhessen (Autor:in), 2012, Energiewende Nordhessen. Szenarien für den Umbau der Stromversorgung auf eine dezentrale und erneuerbare Erzeugungsstruktur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231248

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