Die Frau im demokratischen Athen


Hausarbeit, 2000

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Leben der Frau im demokratischen Athen
2.1 Mädchenerziehung
2.2 Die rechtliche Situation der verheirateten Frau
2.3 Die soziale Situation der verheirateten Frau
2.4 Arbeitende Frauen

3. Schlußbemerkung

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Es war eine allgemeine Einrichtung der Antike, des Orients wie der griechisch–römischen Welt, von einigen Ausnahmen abgesehen, daß die Frau keinen Anteil am politischen Leben hatte. (…) Die Frau sinkt in absolute Bedeutungslosigkeit herab und muß sich in der klassischen Zeit mit einer untergeordneten Rolle in der Ehe und Familie abfinden, kurzum man gewinnt den Eindruck, daß die Frau zu diesen Zeiten in einen Harem verbannt wurde.“[1]

Die in diesem Zitat dargestellte Stellung der Frau im demokratischen Athen vermittelt den Eindruck, daß sich das Leben der Athenerinnen nur auf ihr Haus beschränkte, in dem sie von der Außenwelt abgeschlossen lebten. Die These der ‚orientalischen Abgeschlossenheit‘ wurde immer wieder bis in unsere Zeit von den Historikern übernommen.[2] Die ältere Forschungsliteratur liefert die grundsätzliche These, daß die Frau eine abhängige Stellung und ein geringes Ansehen besessen habe.[3] Sind diese Aussagen jedoch berechtigt? Was für ein Leben führte die Frau im demokratischen Athen? Diese Hausarbeit beschäftigt sich damit, wie die Frau innerhalb der Gesellschaft des demokratischen Athens lebte und welchen Stellenwert sie in ihr eingenommen hat. Der zeitliche Rahmen umfaßt die klassische Zeit, also in etwa die zwei Jahrhunderte von den Perserkriegen bis zur Regierung Alexanders des Großen. Dabei beschränke ich mich aber nur auf die athenischen Frauen mit Bürgerrecht.

Die klassische polis Athen war eine Männergemeinschaft, die sowohl die Fremden, als auch die Frauen ausgeschlossen hat und ihnen kein Recht auf die Beteiligung an der Politik zubilligte. Allgemein gesehen waren die Frauen im demokratischen Athen den Männern gegenüber minderberechtigt und nahmen daraus folgernd eine untergeordnete Stellung in der Gesellschaft ein.[4] Als eine gute Frau galt die, die durch die Eheschließung und das Gebären von Kindern

zum Erhalt der Familie (oikos) in der Polisgemeinschaft beitrug und zudem den Haushalt versorgte und die Kinder erzog. Erkannten die Frauen, daß ihre Rechte im Vergleich zu denen der Männer beschränkt waren? Oder haben sie die ihnen zugewiesene Rolle in der Gesellschaft einfach hingenommen, weil sie ihre Lage als selbstverständlichen Teil der bestehenden Ordnung der Welt akzeptierten? War die Bewegungsfreiheit der Frau wirklich so stark eingeschränkt, daß sie stets „im Inneren der Häuser sitzt, das Gynaikonitis genannt wird, zu dem nur die nächsten Verwandten Zutritt haben“[5], wie es der Schriftsteller Cornelius Nepos beschreibt?

Unter Berücksichtigung solcher Unterfragen soll versucht werden, das Leben der Frauen innerhalb der Gesellschaft des demokratischen Athens herauszuarbeiten. Bei diesem Vorhaben müssen jedoch sowohl die von der Gesellschaft geprägten Rahmenbedingungen, als auch die Denkstrukturen und das ‚Frauenbild‘ in jener Zeit bedacht werden. So kann ein besseres Verständnis über die rechtliche und soziale Stellung der Frau erzielt werden, die isoliert betrachtet für Menschen der heutigen Zeit mit einem auf Gleichberechtigung ausgerichteten Denken nur schwer nachvollziehbar ist.

Die Quellenlage zur Frauengeschichte im demokratischen Athen ist nicht sehr gut. So existieren kaum schriftliche Zeugnisse, die Auskunft über das Leben der Frauen geben oder von ihnen selber verfaßt worden sind.[6] Jedoch gibt es viele gegenständliche Quellen, wie zum Beispiel Bilder auf Vasen und Trinkgefäßen oder Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Auch die athenischen Komödien gewähren einen Einblick in das Leben der Frauen, weil in ihnen das Leben der einfachen Bevölkerung dargestellt wurde, wenn auch manchmal stark überspitzt. Im Gegensatz zu der eher schlechten Quellenlage ist das Angebot der Forschungsliteratur recht gut. Hier sollen nur einige Beispiele genannt werden: Christine Schnurr-Redford liefert in ihrem Buch „Frauen im klassischen Athen“[7] sowohl einen guten Forschungsüberblick, als auch eine umfangreiche Bibliographie. Eine gelungene Darstellung der rechtlichen Stellung der Frau im klassischen Athen findet sich bei Wolfgang Schuller[8]. Das Buch von Sarah B. Pomeroy, „Frauenleben im klassischen Altertum“[9], bietet einen guten Überblick, da es sich schwerpunktmäßig mit der Frau im Athen der klassischen Zeit beschäftigt.

Im folgenden werde ich kurz die Gliederung meiner Arbeit darstellen: Der Hauptteil beschäftigt sich mit dem Leben der Frau im demokratischen Athen. Als Einstieg wird zunächst auf die Mädchenerziehung eingegangen, weil diese Grundlagen für die spätere Rolle der Frau innerhalb der athenischen Gesellschaft liefert. Im folgenden soll sowohl die rechtliche als auch die soziale Situation der verheirateten Frau dargestellt werden, um so eine allgemeine Darstellung des Lebens der athenischen Frauen herauszuarbeiten. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit den arbeitenden Frauen in Athen, die durchaus zum Stadtbild dazugehörten und deshalb mitberücksichtigt werden sollen.. In der Schlußbemerkung soll abschließend erörtert werden, wie die Frau innerhalb der Gesellschaft des demokratischen Athen lebte und welchen Stellenwert sie in ihr eingenommen hat.

2. Das Leben der Frau im demokratischen Athen

2.1 Mädchenerziehung

Das Ziel der attischen Jugendbildung war vor allem, brauchbare Menschen für das private und das öffentliche Leben heranzubilden. Während sich jedoch die Erziehung der Knaben auf beide Bereiche ausdehnte, beschränkte sich die Mädchenbildung nur auf das Private, da den Frauen eine direkte Beteiligung am öffentlichen Leben verwehrt war.[10] So ist es auch nicht verwunderlich, daß viele Mädchen zwar Lesen und Schreiben lernten, aber im Gegensatz zu den Knaben keine Schule besuchten.[11] Obwohl es nur wenige Quellen gibt, die die Erziehung und Bildung der Mädchen beschreiben, ist es in der Forschung unbestritten, daß Mädchen schlechter ausgebildet wurden als Knaben. Es existieren keine schriftlichen Zeugnisse, die eine Gleichwertigkeit der Mädchen- und Jungenerziehung unterstützen würden.[12]

Diese Ungleichheiten in der Erziehung lassen sich schon im Säuglingsalter der Mädchen erkennen. Unterschiede bestanden zum Beispiel in der schlechten Ernährung. Zudem sind Mädchen öfters ausgesetzt worden als Knaben. Dies geschah vor allem dann, wenn die Familie finanziell schlecht gestellt war und somit der Tochter bei der späteren Eheschließung keine angemessene Mitgift bieten konnte.[13] Sarah B. Pomeroy geht noch einen Schritt weiter und stellt die These auf, „daß in gewissem Umfang Kinder getötet wurden, um die Bevölkerung in Friedenszeiten zu begrenzen; und dabei wird man sich wohl mehr weiblicher als männlicher Kleinkinder entledigt haben.“[14]

Die Erziehung der Mädchen diente hauptsächlich der Vorbereitung und der Einführung in das Leben als Ehefrau und ‚Produzentin’ des legitimen Nachwuchses. Dies hing eng mit der Rolle des oikos zusammen, den es durch das Gebären von athenischen Bürgern zu erhalten galt. Bei Aristoteles heißt es:

„Denn jedes Haus ist ein Teil des Staates (…), und die Tugend des Teils muß man im Hinblick auf diejenige des Ganzen bestimmen. So ist es notwendig, (…) die Frauen im Hinblick auf die Staatsverfassung zu erziehen, sofern es für die Tüchtigkeit des Staates etwas ausmacht, daß auch (…) die Frauen tüchtig seien.“[15]

Im Sinne der Staatsverfassung wurden die Mädchen auch zu den Tugenden der Schweigsamkeit, Bescheidenheit und Fügsamkeit erzogen. Bescheidene Kleidung, gesenkter Blick und die Vorbereitung auf die Ehe waren Anleitungen zu wünschenswertem Verhalten in der Gesellschaft des klassischen Athens.[16] Die beste Frau war die unauffällige und schweigsame, von der man nicht redete, wie Perikles in seiner Gefallenenrede äußerte: „Für euch ist es ein großer Ruhm, unter die gegebene Natur nicht hinabzusinken, und wenn eine sich mit Tugend oder Tadel unter den Männern möglichst wenig Namen macht.“[17]

Die Mädchenerziehung beschränkte sich, neben den oben genannten Punkten, hauptsächlich auf die zukünftige Rolle als Hauswirtschafterin. So lernten die Mädchen von ihren Müttern vor allem spinnen und weben.[18] Damit wurden die Ansprüche, die die Männer an die Frau stellten aber auch erfüllt. Dies wird deutlich, als Isomachos auf die Frage antwortet, daß seine Frau „so gut wie nichts auf der Welt gehört und gesehen“ hat: „Muß man nicht schon damit zufrieden sein, daß sie es verstand, Wolle zu einem Gewande zu verarbeiten und gesehen hatte, wie man den Spinnerinnen das Material zuteilt?“[19] Höhepunkt und gleichzeitig formeller Eintritt der Mädchen in die Erwachsenenwelt war der Tag der Hochzeit.

[...]


[1] Helene Sonnet-Altenburg: Hetären, Mütter, Amazonen. Frauencharaktere aus der antiken Welt, Heidenheim a. d. Brenz 1963. S. 44.

[2] Der englische Altertumsforscher Dacre Balsdon schrieb dazu: „Zu keiner Zeit haben die Römerinnen in jener halborientalischen Abgeschlossenheit gelebt, wie sie für griechische Frauen schicklich war.“ Dacre Balsdon: Die Frau in der römischen Antike. München 1979. S. 48. Diese These findet sich auch (allerdings in abgewandelter Form) bei Walter K. Lacey: Die Familie im antiken Griechenland, Mainz 1983 (Kulturgeschichte der antiken Welt. Bd. 14), S. 142 f.

[3] Dazu: Jochen Bleicken: Die athenische Demokratie, 2., überarb. und erw. Aufl., Paderborn u.a. 1994. S. 476f.

[4] Michel Austin/Pierre Vidal-Naquet : Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland, München 1984. S. 24.

[5] Wolfgang Schuller: Frauen in der griechischen Geschichte, Konstanz 1985. S. 44.

[6] Bei der Herausarbeitung des Lebens der Frau in Athen muß bedacht werden, daß fast alle Zeugnisse darüber von Männern geschrieben sind. Diese spiegeln die männliche Wahrnehmung ihrer Interessen auf sexuellem, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gebiet, indem die Bereiche weiblicher Welten (Hetären, Bettgenossinnen, Ehefrauen) voneinander getrennt werden.

[7] Christine Schnurr-Redford: Frauen im klassischen Athen. Sozialer Raum und reale Bewegungsfreiheit, hrsg. von Wolfgang Schuller, Berlin 1996.

[8] Schuller: Frauen in der griechischen Geschichte, S. 44f.

[9] Sarah B. Pomeroy: Frauenleben im klassischen Altertum, Stuttgart 1985.

[10] Edith Specht: Schön zu sein und gut zu sein. Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland, Wien 1989 (Reihe Frauenforschung. Bd. 9), S. 128.

[11] Lacey: Familie im antiken Griechenland, S. 153.

[12] Gestützt wird diese Aussage durch Specht: Mädchenbildung und Frauensozialisation, S. 88: „Der wohlbekannten Welt der Männer Griechenlands mit ihren Wehrgemeinschaften, ihren Symposien, und mit ihrer institutionalisierten Päderastie als Teil der Erziehung von Knaben steht weitgehend unbekannt die Welt der Frauen gegenüber. Deren Bünde und Feste, ihr Erziehungssystem einer persönlichen Bindung zwischen Frauen und Mädchen können hauptsächlich aus materiellen Relikten, kaum aus den Schriftquellen erschlossen werden.“

[13] Ellen D. Reeder: Frauen und Männer im klassischen Griechenland, in: Dies. (Hrsg.): Pandora. Frauen im klassischen Griechenland. Ausstellungskatalog, Mainz 1995, S. 20.

[14] Pomeroy: Frauenleben im klassischen Altertum, S. 103.

[15] Aristoteles: Politik. Übersetzt und hrsg. von Olaf Gigon,. 2., durchges. Aufl., München 1973, S. 68 (1260b 13-17).

[16] Reeder: Frauen und Männer, S. 20.

[17] Thukydides: Geschichte des Peleponnesischen Krieges. Übersetzung von G. P. Landmann, Zürich 1976, S. 146 (Peleponnesischer Krieg II, 45). Vgl. Euripides: Sämtliche Tragödien in zwei Bänden, Bd. 1, Übersetzung von J. J. Donner, Stuttgart 1984, S. 377 (Die Herakliden, 476/477).

[18] Zur Erziehung der Mädchen durch die Mütter vgl. Henri-Irénée Marrou: Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum, Freiburg i. Breisgau 1957, S. 305 f. und 328f.

[19] Xenophon.: Die sokratischen Schriften. Memorabilien. Symposion. Oikonomikos. Apologie, Übersetzt u. hrsg. von Ernst Bux, Stuttgart 1956, S. 259 (Oikonomikos 7,5).

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Frau im demokratischen Athen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Die athenische Demokratie
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
17
Katalognummer
V27064
ISBN (eBook)
9783638292047
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frau, Athen, Demokratie
Arbeit zitieren
Andrea Becker (Autor:in), 2000, Die Frau im demokratischen Athen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27064

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