Das Motiv der Melancholie in den Gedichten "Im Nebel" von Hermann Hesse und "Glückshaut" von Johannes Kühn


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

17 Seiten, Note: 1,3

Clara Eder (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Melancholie und Schwermut

3. Literatur der Jahrhundertwende

4. Was ist Gegenwartslyrik?

5. Motiv der Melancholie bei Hesse
5.1 Handlungsstruktur
5.2 Formale Analyse und rhetorische Mittel

6. Motiv der Melancholie bei Kühn
6.1 Handlungsstruktur
6.2 Formale Analyse und rhetorische Mittel

7. Vergleich beider Gedichte
7.1 Gemeinsamkeiten im Hinblick auf das Motiv der Melancholie
7.2 Unterschiede im Hinblick auf das Motiv der Melancholie

8. Schlussgedanken

9. Literaturverzeichnis

10. Anhang

1. Einleitung

Zart Gedicht, wie Regenbogen,

Wird nur auf dunklen Grund gezogen;

Darum behagt dem Dichtergenie

Das Element der Melancholie.[1]

Goethe

Melancholie ist ein „von großer Niedergeschlagenheit, Traurigkeit oder Depressivität gekennzeichneter Gemütszustand.“[2] So lautet die pragmatische Arbeitsdefinition im aktuellen Duden. Das der Melancholie ein weitaus größeres Bedeutungsspektrum zukommt, wird im oben aufgezeigten Gedicht von Gothe ersichtlich. Vor allem das Verb „behagt“ in der dritten Zeile lässt Rückschlüsse darauf ziehen, dass mit dem Motiv der Melancholie in der Dichtkunst nicht nur negative Assoziationen verbunden sind. In Zeiten der Aufklärung wurde Melancholie als Krankheit stigmatisiert.[3] Das Interesse an Erfahrungsseelenkunde und nicht zuletzt die Verunsicherung der Spätaufklärer durch die Geniebewegung bereiten gegen Ende des 18. Jahrhunderts den Weg für eine Neubewertung der Melancholie.[4] Vor dem Hintergrund der Kritik der Aufklärung erscheint es nahezu unmöglich, der Melancholie eine Ästhetik und Originalität zuzusprechen. Dennoch werden ihr bereits in vorromantischer Zeit Eigenschaften des Schönen, Erhabenen und Heiligen zugesprochen.[5]

Das Motiv der Melancholie wird in dieser Arbeit exemplarisch an den Gedichten von Hermann Hesse „Im Nebel“ und Johannes Kühn „Glückshaut“ auch im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den aus verschiedenen Epochen stammenden Gedichten analysiert. Dabei werden vor allem die Handlungsstruktur und die verwendeten formalen und rhetorischen Mittel einer genaueren Untersuchung unterzogen.

2. Melancholie und Schwermut

Bereits in der Antike war das Interesse am Zustand der Melancholie bzw. Schwermut groß. Die Arbeitsfelder Medizin, Soziologie, Kunst- und Kulturgeschichte, Literaturwissenschaft und Theologie wurden seit langem zu intensiven Forschungen angeregt. Die Forschungsansätze sind nach den jeweiligen Interessen der einzelnen Bereiche ganz unterschiedlich angelegt, ebenso weit reicht das Spektrum der Terminologie. Der Wunsch nach einer klaren Abgrenzung der Begriffe Melancholie bzw. Schwermut besteht, dennoch kann sie nicht erzwungen werden. In der Primär- bzw. Sekundärliteratur werden beide meist als Synonyme verwendet.[6]

Wörtlich genommen wird die Melancholie von „melaina chole“ abgeleitet, also von der schwarzen Galle, die als eine der vier Körpersäfte galt. In der antiken Temperamentenlehre und Humoralpathologie bestimmten diese Säfte über den psychischen Zustand eines Menschen und sind maßgebend für Gesundheit oder Krankheit.[7]

Die Bezeichnungen „Schwarzgalligkeit“, „Melancholie“ und „Schwermut“ bilden traditionsgemäß eine Einheit und stehen unter dem Stigma des „Fehlerhaften“[8] Die typischen rein äußerlichen Eigenschaften des Melancholikers werden mit Trägheit, Ängstlichkeit und Weinerlichkeit genauer bestimmt werden. Auch in der Literatur wirkt es so, als würde sich die Beschreibung der Melancholie nur auf rein äußerlichen Merkmalen stützen. Die personifizierte Melancholie weilt demnach bewegungslos in einem dunklen, stillen und von der Außenwelt abgeschiedenen Raum. Hier klingt dennoch eine durchaus positive Eigenschaft der Melancholie an, da die beschriebene in sich gekehrte und nachdenkliche Haltung des melancholischen Menschen auf die Fähigkeit zur Reflexion seiner Emotionen hinweist.[9]

Auch wenn Melancholie und Schwermut bedeutungsverwandt gesehen werden, entsteht der Eindruck, dass das Krankhafte eher der Melancholie anhaftet. Der Begriff Schwermut geht deutlich über eine bloße äußerliche Betrachtung hinaus. Die Grundstimmung der düsteren Stimmung lässt Parallelen zur Melancholie finden, jedoch werden der Schwermut Adjektive wie „tief“, „sanft“, ja sogar „süß“ zugewiesen.[10]

3. Literatur der Jahrhundertwende

Unter dem Einfluss der Philosophie von Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche herrschte in der europäischen Kultur am Ende des 19. Jahrhunderts eine Stimmung von Pessimismus und tiefem Weltschmerz vor. 1890 legte der Reichskanzler Bismarck sein Amt nieder und Kaiser Wilhelm II. regierte in der sogenannten „Wilhelminischen Zeit“ bis 1918. Die rein äußerliche Blütezeit mit hohen politischen Zielen konnte die geistige Krise nicht verhindern. Im Symbolismus war anfangs die französische Lyrik richtungsweisend für die deutsche Lyrik. Der triste Alltag wurde vom Ideal eines von Kunst bestimmten und vom Alltag entfernten Lebens abgelöst.[11]

Auch trug der Impressionismus dazu bei, die Blickrichtung des Dichters von außen nach innen zu richten. Es fand eine Bewusstwerdung statt, dass es für viele Vorgänge des Innern wie beispielweise für die dunklen Tendenzen und wenig greifbaren Gefühle keine direkte Möglichkeit gab, diese mit der Sprache zu artikulieren. Das war der Grund, weshalb man mit Symbolen arbeitete, sprich mit Bildern, deren Sinnhaftigkeit weit über die allgemeine Bedeutung hinausgeht.[12] Das Gedicht „Im Nebel“[13] von Hermann Hesse kann dem Symbolismus zugeordnet werden, da sich darin eine Vielzahl von sprachlichen Bildern und Symbolen finden lässt. Das Werk als Gesamtes betrachtet lässt eine „oberflächliche“ und sofort identifizierbare Sprache nicht zu. Das Motiv der Melancholie eignet sich zudem in hervorragender Weise das Nicht-Fassbare durch Bilder fassbarer zu machen.

4. Was ist Gegenwartslyrik?

Das Gedicht „Glückshaut“[14] von Johannes Kühn wird der Gegenwartslyrik zugeordnet. Es sind mit dem Begriff „Gegenwartslyrik“ im Alltagsgespräch vielschichtige und unterschiedliche Assoziationen verknüpft. Es stellt sich für viele die Frage, welche bekannten Dichter es überhaupt in der heutigen Zeit gibt und vor allem welche Themenbereiche von Ihnen aufgegriffen werden.

Ist „echte“ Lyrik nicht den großen Dichtern aus längst vergangenen Zeiten vorbehalten? Was heißt es eigentlich, wenn wir in der heutigen Zeit von Lyrik der Gegenwart sprechen?

Der Gedankenaustausch mit dem Leser ist ein wesentliches Merkmal der Gegenwartslyrik. Sie ist somit eng an einen wechselseitigen Dialog mit ihren Rezipienten geknüpft. Darüber hinaus ist sie im Vergleich zu bereits in den Kanon aufgenommener Lyrik meist nur vorübergehend auf dem Literaturmarkt präsent.[15]

Am Anfang des 21. Jahrhunderts steht Gegenwartslyrik zudem im Diskurs mit führenden Disziplinen wie den Natur- und Neurowissenschaften. Einen hohen Stellenwert nehmen auch Themen wie Globalisierung, Medialisierung und Interkulturalität ein. Gegenwartslyrik wirft mitunter Fragen auf, beleuchtet widersprüchliche Aussagen und gestaltet zukünftige Entwicklungen mit.[16]

Gegenwartslyrik lässt sich nicht nur über bestimmte Merkmale präziser definieren. Der Zeitraum, in dem sie anzusiedeln ist, lässt eine weitere Eingrenzung und Bestimmung zu. Es erweist sich jedoch schwierig, den Beginn auf einen bestimmten Zeitpunkt festzulegen. In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, von gewissen Einschnitten zu sprechen. Zwei solcher Zäsuren können 1968 und 1989 gesetzt werden.

Hier fand zum einen eine Politisierung der Lyrik statt, was als eine Reaktion auf die Geschehnisse der damaligen Zeit gesehen werden kann. Zum anderen entwickeln sich Gedichte in ihrer ganz eigenen Zeit, die vielmehr ästhetischen als chronologischen Gesetzen folgt. Für die Anfänge der Liebeslyrik der Gegenwart wird das Jahr 1968 angesetzt. Die poetische Sprechweise über Liebe veränderte sich, als in den 60ziger Jahren Fortpflanzungswunsch und Sexualität immer mehr enttabuisiert wurden. Der bedeutendste Einschnitt für die politischen Gedichte der Gegenwart sind jedoch die Jahre 1989/ 90. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands wuchs der Literaturbetrieb für Lyrik und die Konkurrenz stieg rasant an. Anzumerken ist, dass deutsche Lyrik anders zu verstehen ist als Lyrik in Deutschland. Letztere umfasst auch nicht in Deutschland lebende Dichter, die aber deutsche Gedichte schreiben, also Gedichte mit deutschen Übersetzungen aus anderen Sprachen.[17]

[...]


[1] Nesbeda 1991, S. 1.

[2] DUDEN online 2013.

[3] Vgl. Nesbeda 1991, S. 1.

[4] Ders., S. 1.

[5] Vgl. ders., S. 1.

[6] Vgl. Nesbeda 1991, S. 13 f.

[7] Vgl. Schulte 1993, S. 12.

[8] Vgl. Nesbeda 1991, S. 13.

[9] Vgl. ders., S. 14.

[10] Vgl. ders., S. 16.

[11] Vgl. Baumann; Oberle 2000, S .174.

[12] Vgl. Mittermayer; Popp 2003, S. 219.

[13] Gedicht „Im Nebel“ in Originallänge siehe Anhang.

[14] Gedicht „Glückshaut“ in Originallänge siehe Anhang.

[15] Vgl. Braun 2010, S. 143.

[16] Vgl. ders., S. 144.

[17] Vgl. ders., S 150.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Motiv der Melancholie in den Gedichten "Im Nebel" von Hermann Hesse und "Glückshaut" von Johannes Kühn
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
17
Katalognummer
V272625
ISBN (eBook)
9783656648154
ISBN (Buch)
9783656648130
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
motiv, melancholie, gedichten, nebel, hermann, hesse, glückshaut, johannes, kühn
Arbeit zitieren
Clara Eder (Autor:in), 2013, Das Motiv der Melancholie in den Gedichten "Im Nebel" von Hermann Hesse und "Glückshaut" von Johannes Kühn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272625

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