„Der gewöhnliche Faschismus“ von Michael Romm. Die Rolle der Intermedialität für die Darstellung des Krieges und des totalitären Mechanismus


Hausarbeit, 2013

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführung

I. Der Film „Der gewöhnliche Faschismus“ als ein antitotalitärer Film

II. Intermedialität im Film „Der gewöhnliche Faschismus“
II.1 Kinderzeichnungen
II.2 Stimme und die Kommentare des Autors
II.3 Musik

III. Die Rolle der Fotografie für die Darstellung des Krieges und totalitären Mechanismus im Film „Der gewöhnliche Faschismus“
III.1 Fotografien aus dem Stroop-Album
III.2 Erfassungsfotografien der Lagerhäftlinge
III.3 Weitere im Film gezeigte Fotografien

Fazit

Quellenrverzeichnis

Einführung

Das Thema der gegebenen Arbeit lautet: „Die Rolle der Intermedialität für die Darstellung des Krieges und des totalitären Mechanismus im Dokumentarfilm „Der gewöhnliche Faschismus“ von Michael Romm“.

Die vorliegende Arbeit besteht aus einer Einführung, drei Kapiteln, Fazit und Quellenverzeichnis. Die Kapitel II und III bestehen aus den Unterkapiteln. Im ersten Kapitel geht es um den Film „Der gewöhnliche Faschismus“ als einen antitotalitären Film. In diesem Teil der Arbeit wird u.a. gesagt, warum der gegebene Film oft sowie von den Filmkritikern als auch von den Filmproduzenten als einen antitotalitären bzw. antistalinistischen Film bezeichnet wird.[1] Im zweiten Kapitel wird die allgemeine Charakteristik des Begriffes „Intermedialität“ gegeben und über die Mannigfaltigkeit von Medienmitteln im Film „Der gewöhnliche Faschismus“ erzählt. In den drei Unterkapiteln des dritten Teils der Arbeit wird ausführlicher über den wichtigsten im Film vertretenen Medien sowie Kommentar und Stimme des Autors, Kinderzeichnungen, Musik berichtet. Im dritten Kapitel wird die besondere Aufmerksamkeit des Mediums Fotografie aufgrund ihrer Verbreitung und ihrer Bedeutung für das Konzept des Films geschenkt. Bei der Analyse der im Film figurierten Fotografien werden die im Buch „Die helle Kammer“ von Roland Barthes veröffentliche Thesen herangezogen. In den drei letzten Unterkapiteln der vorliegenden Arbeit werden im Film gezeigte Fotografien aus dem Stroop-Album, Erfassungsfotografien der Lagerhäftlinge und weitere im Film demonstrierten Fotografien aufmerksam betrachtet und zusammen mit den anderen im Film vorhandenen Medien analysiert.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist zu zeigen, welche Rolle im Dokumentarfilm „Der gewöhnliche Faschismus“ von Michael Romm zahlreiche Medien (Stimme und Kommentar des Autors, Fotografie, Kinderzeichnungen, Musik) und ihre Interaktion für die Darstellung des Krieges und des totalitäres Mechanismus spielen.

Die in der vorliegenden Arbeit angeführten Thesen sollen ihre Bestätigung finden:

1. Der Film „Der gewöhnliche Faschismus“ ist nicht nur ein antifaschistischer, sondern ein antistalinistischer und antitotalitärer Film;
2. Dank der Intermedialität gelingt es Michael Romm, das brutale Bild des Krieges und das Phänomen des totalitären Mechanismus im Film „Der gewöhnliche Faschismus“ darzustellen;
3. Die Kombination von zahlreichen Medien und ihre Verkopplung miteinander macht den Film „Der gewöhnliche Faschismus“ sehr psychologisch;
4. Die Fotografie im Film „Der gewöhnliche Faschismus“ spielt eine besonders wichtige Rolle beim Sujetaufbau.

Zu den Hauptmethoden der Forschung beim Schreiben dieser Arbeit gehören die kritische Analyse der wissenschaftlichen Publikationen zu den Themen Intermedialität und Fotografie, eine weitere Methode zum Film „Der gewöhnliche Faschismus“ ist die Interpretation des Films. Als nächster Schritt sollen die Kenntnisse aus den ausgewählten Quellen miteinander verglichen und für die Filmanalyse angewendet werden. Am Ende der Arbeit soll festgestellt werden, ob die am Anfang gestellten Thesen bestätigt werden können.

Für die vorliegende Arbeit wurden sowohl Primär-, als auch Sekundärquellen ausgewertet. Zu den Primärquellen gehört der Film „Der gewöhnliche Faschismus“ selbst. Zu den Sekundärquellen gehören folgende Bücher: „Der gewöhnliche Faschismus. Ein Werkbuch zum Film von Michail Romm“ herausgegeben von W. Beilenhoff[2], „Die helle Kammer“ von R. Bartes[3], „Bilder im Kopf : Ikonen der Zeitgeschichte“ herausgegeben von C. Enlgel[4], zahlreiche Erinnerungen mit den Schöpfer des Films (Michal Romm[5], Maja Turovskaja[6]) und Interviews mit einigen von ihnen (Maja Turovskaja)[7] und Rezensionen zum Film „Der gewöhnliche Faschismus“.[8]

Der Löwenanteil der verwendeten Quellen sind im Internet verfügbar, darunter wissenschaftliche Artikel, Videomaterial und Memoiren. Die in der Arbeit benutzten Quellen werden im Quellenverzeichnis der vorliegenden Arbeit aufgelistet werden.

Die russischen Namen sowie Fachtermini erscheinen in der Regel in der wissenschaftlichen Transliteration.

I. Der Film „Der gewöhnliche Faschismus“ als ein antitotalitärer Film

Der Film „Der gewöhnliche Faschismus“ wurde in der Sowjet Union in der sogenannten „Tauwetterzeit“, als die begrenzte Kritik des Stalinismus von der sowjetischen Staats- und Parteiführung erlaubt wurde, gezeigt. Dem talentvollen Arbeitsteam, der aus den Drehbuchautoren Maja Turovskaja und Jurij Chanjutin und dem Regisseur Michael Romm bestand, gelang es ein Werk zu schaffen, das die Grenzen der damals erlaubten Teilfreiheit wesentlich überschnitten hat. In einem Interview mit der Drehbuchautorin M. Turovskaja erzählte sie, was für Ziele sie damals hatten: „Wir mit Jurij Chanjutin hatten vor uns eine unmittelbare Aufgabe gestellt, diese Erfahrung einzuschätzen, die uns sehr ähnlich mit unserem (sowjetischen) schien, weil uns der Mensch interessierte, wie der Mensch unter diesen Bedingungen lebt und wie er sich verändert“.[9] In einem anderen Interview äusserte sich M. Turovskaja noch deutlicher: „[…] Uns hat interessiert, wie es passiert: wie der Mensch ein Teil einer totalitären Maschine wird? Das war in Deutschland, das war auch bei uns […] Dieser Film war kein Versuch Faschismus zu analysieren, dieser Film analysierte die Beziehungen zwischen dem Menschen und dem Totalitarismus“. Darüber war der Film „Der gewöhnliche Faschismus“.[10]

Der Film erschien 1965 und wurde im gleichen Jahr den sowjetischen Zuschauern gezeigt. Über den kolossalen Erfolg des Filmes sprechen folgende Fakten: „allein in den Kinos der Sowjetunion – ins Fernsehen kam er mit zeitlicher Verspätung – sahen 20 Millionen Zuschauer den Film bereits im ersten Jahr seiner „Zulassung“.[11] Die „Zulassung“ dauerte allerdings nicht lange. Nach der Entbindung Chruščevs von allen Partei- und Regierungsposten auf dem Oktober-Plenum im Jahr 1964 und dem Beginn der Regierungszeit unter Leonid Brežnev ging die kulturpolitische „Tauwetterphase“ zu Ende, und dementsprechend änderte sich Ende der Sechziger die Einstellung der Machthaber zu den Rommschen Film radikal. In der Zeit der „Stagnation“ wurde der Film sehr selten im Fernsehen gezeigt. M. Turovskaja und M. Romm haben ein Buch zum Film geschrieben, das wurde aber zu den Sowjetzeiten nicht veröffentlicht. In einem ihrem Interview sagte Turovskaja: „Der Zensor, vielleicht Suslov[12] selbst, liess Romm sagen: „Der Film wurde von Millionen angeschaut und vergessen, aber das Buch wird von den Tausenden gelesen. Sie öffnen das Buch und beginnen zu denken“[13]. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch einen Brief, den M. Romm von einem 16-jährigen Mädchen, erhielt: „Normalerweise erzähle ich meinen Verwandten und Freunden den Inhalt der Filme, die ich gesehen habe, dieses Mal konnte ich aber nichts erzählen. Ich dachte die ganze Tage, ich dachte sogar nachts. Ich glaube, ich werde mich an diesen Film mein ganzes Leben erinnern“.[14]

Der Film war für die sowjetischen Politiker gefährlich, wegen der impliziten fast offenen Kritik des sowjetischen Systems. Noch zu Beginn des Films wendete sich M. Romm an die Zuschauer und lud den Betrachter ein „mit [ihm] zu denken“.[15] In den ersten zwölf Kapiteln des Filmes versuchten die Autoren des Filmes, den ganzen Mechanismus des totalitären Systems am Beispiel des vorwiegend deutschen Faschismus darzustellen. Diejenigen, die die Zeit des Stalinismus erlebten, konnten die Ähnlichkeiten zwischen beiden Systemen (nationalsozialistischen und stalinistischen) leicht erkennen. Erstaunlich ähnlich dem sowjetischen sieht beispielweise der Prozess der Erziehung der „neuen Menschen“ im nationalsozialistischen Deutschland aus. Im 10. Kapitel „Wir gehören Dir…“ wurde hervorragend gezeigt, wie in einem totalitären System aus den Kindern eine Masse von gehorsamer Vollstreckern erzogen wird. „Sie formieren sich zu den Worten: „Wir gehören Dir“. Doch die Kinder begreifen noch nicht, dass es beschämend ist irgendjemandem zu gehören, selbst wenn es der Führer ist[…] Noch viele Jahre hindurch jeden Tag und jede Stunde bekommen sie zu hören, dass er unfehlbar ist, dass er der Retter, der Glaube, die Hoffnung, die Liebe ist und dass er weise ist“[16] – kommentiert der Autor die Videoaufnahmen, auf denen der Fanatismus den Jugendlichen in der Zeit des Nationalsozialismus zu sehen ist. Jedem, der in der Epoche des Stalinismus lebte und solche sowjetischen sozialen Institutionen wie Schule oder Kindergarten besuchte, jedem, der „Pravda“ las, war der Sinn dieser Phrase gut verständlich: „Robert Ley, Leiter der Arbeitsfront, sagte einmal: „Mit vier Jahren geben wir dem Kind ein Fähnchen in die Hand und von diesem Augenblick an wird es, ohne sich dessen bewusst zu sein, von uns bearbeitet – das dauert bis zu seinem Tode an“.[17]

Direkte Anspielung auf die sowjetische Wirklichkeit beinhalten zahlreiche Passagen auch in den anderen Kapiteln des Films. Folgende Gedanken aus dem 14. Kapitel des Filmes „Der gewöhnliche Faschismus“ passen zu denjenigen, die in der Zeit des großen Terrors in der stalinistischen Sowjet Union ihr menschliches Gesicht aufbewahrt haben, exemplarisch: „Es erfordert viel Mut zu sterben, aber vielleicht braucht man nicht weniger Mut, um „nein“ zu sagen, wenn alle andere „ja“ sagen, um ein Mensch zu bleiben, um zu denken, wenn das Denken verboten ist, wenn alle andere aufgehört haben, Menschen zu sein“[18]. Die obenerwähnte Passage aus dem Film Romms entspricht in ihrem Inhalt erstaunlicherweise den bekannten Strophen der berühmten russischen Dichterin Marina Cvetaeva, die man oft für die Charakteristik der erstickenden Atmosphäre der stalinistischen Sowjet Union zitiert:

[...]


[1] Drehbuchautorin des Filmes „Der gewöhnliche Faschismus“ M. Turovskaja äusserste sich oftmals in zahlreichen Interviews (z.B. während der Diskussion im Kino „Urania“ am 4.12.2007, dass der Film „Der gewöhnliche Faschismus“ einen nicht nur antifaschistisch, sondern auch antistalinistisch ist und beinhaltet in sich die Kritik des totalitären Systems im Allgemeinen.

[2] Beilenhoff W. (Hg.): Der gewöhnliche Faschismus. Ein Werkbuch zum Film von Michail Romm, 2009, Berlin.

[3] Barthes R.: La Chambre Claire. Note sur la Photographic. In: http://nova.iatp.by/03/barthes_camera_lucida.pdf (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 15:03)

[4] Engel, C. (Hg.): Bilder im Kopf : Ikonen der Zeitgeschichte ; Begleitbuch zur Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, 21. Mai bis 11. Oktober 2009, 2009, Köln.

[5] Romm, M.: Erinnerungen. In: http://scepsis.ru/library/id_1174.html (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 15:08)

[6] Turovskaja, M.: Obykonovennyj fašizm ili sorok let spustja. In: Iskusstvo kino, №7 Juli 2007.

[7] Turovskaja, M.: Interview http://www.youtube.com/watch?v=njUZ_Xdx3D0 (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 16:13)

[8] Kaiser, G.: Der gewöhnliche Faschismus. In: http://das-blaettchen.de/2010/04/der-gewoehnliche-faschismus-1331.html (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 16:15)

[9] Vgl.: Turovskaja, M.: Interview http://www.youtube.com/watch?v=njUZ_Xdx3D0 (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 16:22)

[10] Vgl.: Turovskaja, M.: Obykonovennyj fašizm ili sorok let spustja. In: Iskusstvo kino, №7 Juli 2007.

[11] Kaiser, G.: Der gewöhnliche Faschismus. In: Das Blättchen, 13. Jahrgang №7, 12. April 2010. http://das-blaettchen.de/2010/04/der-gewoehnliche-faschismus-1331.html (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 17:32)

[12] Michail Suslov war im Politbüro der Brežnevzeit für die Ideologie zuständig.

[13] Turovskaja, M.: Interview http://www.youtube.com/watch?v=njUZ_Xdx3D0 (Letzter Zugriff am 28.12.2012 um 18:17)

[14] Romm, M.: Erinnerungen. In: http://scepsis.ru/library/id_1174.html (Letzter Zugriff am 28.12. 2012 um 19:39)

[15] Vgl.: Obyknovennyj fašizm. In: http://www.youtube.com/watch?v=jhNs5VoO1PM (Letzter Zugriff am 29.12.2012 um 00:05)

[16] Der gewöhnliche Faschismus. Kapitel 10. In: http://www.youtube.com/watch?v=eo-E8Dfwh7w&list=PLA004D081609912C6 (Letzter Zugriff am 29.12.2012 um 00:17)

[17] Ebd.

[18] Der gewöhnliche Faschismus. Kapitel 14. In: http://www.youtube.com/watch?v=eo-E8Dfwh7w&list=PLA004D081609912C6 (Letzter Zugriff am 29.12.2012 um 00:15) http://www.youtube.com/watch?v=Wa8gvEsyKg8&list=PLA004D081609912C6 (Letzter Zugriff am 29.12.2012 um 00:21)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
„Der gewöhnliche Faschismus“ von Michael Romm. Die Rolle der Intermedialität für die Darstellung des Krieges und des totalitären Mechanismus
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Slavistik)
Veranstaltung
Bild/Text: Intermedialität und Gedächtnis
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V274403
ISBN (eBook)
9783656670490
ISBN (Buch)
9783656670018
Dateigröße
590 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
faschismus, michael, romm, rolle, intermedialität, darstellung, krieges, mechanismus
Arbeit zitieren
Ivan Kulnev (Autor:in), 2013, „Der gewöhnliche Faschismus“ von Michael Romm. Die Rolle der Intermedialität für die Darstellung des Krieges und des totalitären Mechanismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274403

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