Die Rolle des Internets bei der arabischen Revolution


Essay, 2011

17 Seiten


Leseprobe


In den Ländern des Nahen Ostens findet ein tiefgreifender Wandlungs-prozess statt. Massenhafte Proteste und Demonstrationen der Bevölkerung führten dazu, dass die arabische Revolution in rasanter Geschwindigkeit gegen die Despoten aufbegehrte und einen Teil dieser Herrschaftselite auch verjagte. Im Januar 2011 neigte sich die Macht von Ben Ali in Tunesien zu Ende, kurze Zeit später musste Husni Mubarak in Ägypten den Hut nehmen. Ben Ali floh aus dem Land, Husni Mubarak muss sich in Ägypten vor einem Gericht seiner Verantwortung stellen. In Libyen ist es mittlerweile durch den Sieg über Muammar al-Gaddafi zu einem Machtwechsel gekommen und seit Monaten gibt es in Syrien Proteste der Opposition gegen die Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad, die einzig mit brutaler Gewalt durch die Sicherheitskräfte beantwortet werden. Aber auch in Algerien, Jemen, Bahrain, Saudi-Arabien, Oman und Kuwait fanden im Jahr 2011 Proteste und Unruhen statt, so dass die Aussage, der Nahe Osten befindet sich im Umbruch, auf alle Fälle stimmend eingeschätzt werden kann, unabhängig davon, wie in jedem einzelnen Land sich die Situation weiter entwickeln wird.

Ben Ali und Husni Mubarak konnten der Empörung, der Wut und dem Drang nach Veränderungen durch die Bevölkerung nichts mehr entgegensetzen und der Sturz ihrer autoritären Herrschaft war die Folge. Ob es tatsächlich zu einem nachhaltigen Regimewandel und zu einer Demokratisierung in diesen beiden Ländern kommen wird, muss die Zukunft zeigen. Festzuhalten sind jedoch die Umbrüche im Nahen Osten und infolgedessen eine Veränderung der politischen Lage in der arabischen Welt, die auch einen Wandel hinsichtlich der Beziehungen zur westlichen Welt bedeuten. Dabei ist es interessant zu erörtern, warum es zu diesen Umbrüchen gekommen ist, welche Gründe es hierfür gegeben hat und weshalb es gerade jetzt zu diesen Protesten und Demonstrationen gekommen ist.

Von einer Twitter-Revolution sowie der Generation Facebook ist im Zusammenhang mit der arabischen Revolution sehr oft die Rede. Der Umbruch im Nahen Osten wird demnach mit dem Internet in Verbindung gebracht. Dabei macht es Sinn, einen historischen Rückblick herzustellen und kurz auf den Vietnamkrieg einzugehen. Der Krieg in Vietnam geschah in einer Zeit, in der das Medium Fernsehen einerseits noch relativ neu war, andererseits jedoch schon einen hohen Grad an Verbreitung aufweisen konnte. Dabei fand erstmalig eine Kriegsberichterstattung mit bewegten Bildern im Fernsehen statt, die unter der Bezeichnung Krieg im Wohnzimmer fungierte. Erwähnenswert hinsichtlich der militärischen Auseinandersetzung in Vietnam und dem Medium Fernsehen war die kontroverse Diskussion über die Rolle der Berichterstattung im Fernsehen. Es wurde hinterfragt, ob die Friedensbewegung aufgrund der Bilder im TV zahlreiche Menschen auf den Straßen zu Protesten versammeln konnte und somit das Fernsehen indirekt einen Einfluss auf die Beendigung des Vietnam- krieges hatte. Über die Rolle des Mediums Fernsehen im Vietnamkrieg gab es von WissenschaftlerInnen sehr unterschiedliche und gegensätzliche Meinungen, welche die ganze Spannbreite von überhaupt kein Einfluss über einen minimalen Einfluss bis hin zu einen wichtigen Einfluss beinhalteten.

Und hier gilt es nun die Verbindung zum Medium Internet und den Nahen Osten herzustellen. In Verbindung mit der arabischen Revolution wird immer wieder die Rolle des Internets hinterfragt. Bei diesen Überlegungen kommt es zu kontroversen Diskussionen, die verschiedenen Meinungen liegen mitunter sehr weit auseinander. Daher ist zu erörtern, welche Rolle das Internet im Allgemeinen und Social-Media-Dienste im Besonderen bei den Protesten in der arabischen Welt spielten. Gab es hinsichtlich der Proteste und Demonstrationen in Ägypten und Tunesien einen Einfluss durch das Internet? Wie hoch war dieser Einfluss? War das Internet gar der Auslöser für die Proteste, die schlussendlich zu den Umstürzen in beiden Ländern führten? Oder kam dem Internet keine entscheidende bis überhaupt keine Rolle bei der arabischen Revolution zu?

Gesellschaftliche und politische Machtstrukturen standen unter anderem im Fokus der Ringvorlesung Der Nahe Osten im Umbruch. Diese Machtstrukturen, die sich über Jahrzehnte hinweg im Nahen Osten entwickelt haben, ermöglichten eine Etablierung von Machteliten. Während der arabischen Revolution wurden nun Veränderungen, Widerstände und Umbrüche sichtbar. Dabei gab es verschiedene Gruppierungen, die in Ägypten und Tunesien aufbegehrten und einen politischen Umsturz erreichten. Welche Richtung und Entwicklung die arabischen Staaten zukünftig einschlagen werden, muss sich noch zeigen, jedoch kann zum jetzigen Zeitpunkt bereits ein Blick auf die erfolgten Umbrüche und die Prozesse der Veränderung geworfen werden.

Der Wandlungsprozess im Nahen Osten war und ist geprägt von der jungen arabischen Bevölkerung. Daher verwundert es nicht, dass den Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie bei diesem Prozess von vielen BeobachterInnen eine gewisse Bedeutung zugeschrieben wird. Einerseits bei der Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen, andererseits bei der Mobilisierung gegen das Machtmonopol der repressiven Staatsstrukturen. Hat das Internet eine derart wichtige Rolle gespielt, dass dadurch die Regime in Ägypten und Tunesien gestürzt worden sind? Hat das Internet bezüglich der Vorgänge in den arabischen Ländern eine unterstützende Rolle eingenommen oder wird die Relevanz dieses Mediums hinsichtlich der arabischen Revolution schlichtweg überschätzt?

Armut, Unterdrückung und Perspektivlosigkeit sind Gründe dafür, dass die Menschen in den arabischen Staaten aufbegehrten und sich gegen die Unterdrückungsregime zu Wehr gesetzt haben. “What happened in Tunisia and Egypt, and may yet happen in the rest of the Maghreb and elsewhere in the Arab world, is the collapse of an order that had long had lost its legitimacy. The Tunisian experience is exemplary, in that the trigger for the fall of Zine El Abidine Ben Ali seems to have been a radical awakening of the population so powerful as to convince the president and his coterie that it was all over and that fighting back was useless.” (Shehadi 2011: 1). Im Gegensatz zu früheren Umsturzversuchen in dieser Region ist diesmal jedoch im Vorfeld eine weite Verbreitung des Internets anzutreffen, was möglicherweise zu anderen Ausgangsbedingungen geführt hat.

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des Internets bei der arabischen Revolution
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Internationale Entwicklung)
Veranstaltung
Der Nahe Osten im Umbruch
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V275286
ISBN (eBook)
9783656684572
ISBN (Buch)
9783656684565
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nahe Osten, Umbruch, Internet, Rolle, Arabische Revolution, Wandlungsprozess, Proteste, Demonstrationen, Bevölkerung, Tunesien, Ägypten, Libyen, Syrien, Mubarak, Twitter, Facebook, Medium, Social Media, Mobilisierung, soziale Netzwerke, digitale Netzwerke, Blogger, Protestbewegung, Hilfsmittel, junge Generation, Auslöser, Unmut, Unzufriedenheit
Arbeit zitieren
Wolfgang Krumm (Autor:in), 2011, Die Rolle des Internets bei der arabischen Revolution, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275286

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