Walther von der Vogelweides Dialoglied "Frowe, lânt iuch niht verdriezen"


Studienarbeit, 2013

18 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Zur Überlieferungssituation – Ein einführender Überblick
2.1 Die Walther-Überlieferung
2.2 Anmerkungen zur Überlieferung des LiedesFrowe lânt iuch niht verdriezen..

3. Die Form des Dialogliedes im deutschen Minnesang vor und bei Walthers LiedFrowe lânt iuch niht verdriezen
3.1 Das Dialoglied vor Walther
3.2 Das Dialoglied bei Walther
3.3Frowe lânt iuch niht verdriezen– Ein Beispiel für ein Dialoglied Walthers

4. Das Liebeskonzept in Lied 85,

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis..

1. Einleitung

Diese Arbeit wurde im Rahmen des Proseminares Ältere Deutsche Literatur: Minnesang bei Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Lydia Miklautsch verfasst. Die Autorin hat es sich zum Ziel gesetzt das LiedFrowe, lânt iuch niht verdriezen, verfasst von Walther von der Vogelweide, einem der bedeutendsten Lyriker des Mittelalters, näher zu betrachten.

Im ersten Kapitel wird die Überlieferung Walthers Lieder fokussiert. Ziel ist es einen kurzen Überblick, über die zahlreich vorhandenen Überlieferungen zu Walthers Liedern zu geben. Im Fokus soll hierbei die Arbeit von Karl Lachmann, dem „Urvater“ der Editionsphilologie, stehen. Auch auf die Entwicklungen nach Karl Lachmann soll kurz eingegangen werden. Im Unterkapitel 2.2 soll es speziell um das LiedFrowe, lânt iuch niht verdriezengehen. Es wird versucht eine Darstellung der Überlieferung, dieses speziellen Liedes, zu geben. Als Primärquelle verwendet diese Arbeit die 14., völlig neubearbeitete Auflage der Ausgabe Karl Lachmanns, herausgegeben von Christoph Cormeau.

Das zweite Kapitel - Die Form des Dialogliedes im deutschen Minnesang vor und bei Walthers LiedFrowe lânt iuch niht verdriezen– präsentiert die Form des Dialogliedes. Aufgezeigt wird hier die Unterscheidung zum „Wechsel“, der bereits in der früheren Lyrik auftritt. Im zweiten Teil des Kapitels wird speziell auf die Dialoglieder Walthers eingegangen. Im dritten Unterkapitel wird das LiedFrowe lânt iuch niht verdriezenim Mittelpunkt der Untersuchungen stehen.

Im dritten Kapitel steht abschließend die Betrachtung des Liebeskonzeptes des Liedes 85,34 im Fokus. Wichtig soll hier die Konfiguration des Liebestodes sein, ebenso wie der Zusammenhang zwischen Wert- und Liebesthema, der durch den Gedichtverlauf entsteht.

2. Zur Überlieferungssituation – Ein einführender Überblick.

In diesem Kapitel soll kurz skizziert werden, wie Walthers Lieder überliefert wurden, vor allem wird dann speziell auf die Überlieferungs- und Darstellungssituation des LiedesFrowe lânt iuch niht verdriezeneingegangen.

2.1 Die Walther-Überlieferung.

Im Vergleich zu anderen Lyrikern des späten 12. Jahrhunderts, wie etwa den Dichtern der „Minnesangs Frühling“ Sammlung, weist dasŒuvre Walthers von der Vogelweide eine sehr reiche Überlieferung auf.[1] Eine schriftliche Fixierung von Walthers Lyrik setzte bereits wenige Jahrzehnte nach seinem Tod ein, was einige Fragmente und sporadische Aufzeichnungen aus dem 13. Jahrhundert belegen. Die Walther-Überlieferung im 14. Jahrhundert findet man vor allem in den großen Sammelhandschriften B, C und E vor. Die Problematik dabei ist primär, dass jede der Sammelhandschriften, die eine größere Sammlung von Walther-Texten überliefert, ein anderes Walther-Bild präsentiert. Es gibt grundsätzliche Unterschiede im Wortlaut des Textes, aber auch in der Strophenanordnung und –anzahl. In den Handschriften manifestiert sich das als „Varianz“, ebenso wie „Variabilität“.

Der erste Walther-Editor war Karl Lachmann, der auch als „Urvater“ der Editionswissenschaft bezeichnet wird. Das primäre Ziel der Editionswissenschaft ist es aus divergierenden Texten der Handschriften eine so nahe wie möglich am Original befindliche Form, den sogenannten Archetyp, zu gewinnen.[2]Um den Archetyp zu bestimmen wendet man die „Lachmannsche Methode“, also die Methode der Textkritik, an. Für diese Methode gilt der historische Autor als Bezugsgröße. Der Editor geht davon aus, dass es einen Urtext des Autors gibt, von diesem leitet sich der Archetyp ab.[3]Vom Archetyp wird dann weiter mit schriftlicher, gradliniger Überlieferung gerechnet.

Lachmann verfuhr, so zeigt sich bei genauerer Betrachtung seiner Editionen, mit der philosophischen Rekonstruktion noch sehr vorsichtig, vor allem was Walther von der Vogelweide anging.[4]Er leitet seine Editionsausgabe von 1827 folgendermaßen ein:

„Den reichsten und vielseitigsten unter den liederdichtern des dreizehnten jahrhunderts in würdiger gestalt wieder erscheinen zu lassen hatte ich schon im jahr 1816 mit ernsthafter arbeit anstalt gemacht.“

Bis in die jüngste Gegenwart ist Lachmanns Werk eine unumstrittene Größe in der Walther- Edition. Es gab verschiedene Auflagen seiner Ausgabe: 1853 bis 1864 betreute Moritz Haupt die dritte und die vierte Auflage.[5]Von 1907 bis 1959 – also bis zur zwölften Auflage – lag die Edition in den Händen von Carl von Kraus. Eine erneute grundlegende Überarbeitung erfolgte durch Christoph Cormeau:

„Eine neu bearbeitete Auflage von Karl Lachmanns Ausgabe der Lieder Walthers von der Vogelweide vorzulegen, kommt dem Versuch gleich, zwei einander weithin widerstreitende Impulse zum Ausgleich zu bringen: die Hochachtung vor einer editorischen Leistung, die bis in die Anfänge der wissenschaftlichen Erschließung der mittelalterlichen Literatur zurückreicht, samt der kritischen Würdigung der darauf aufbauenden Forschungsgeschichte, und die konzeptionelle Aktualisierung auf der Grundlage des gegenwärtigen Stands der editionstheoretischen, literatur- und überlieferungsgeschichtlichen Diskussionen.“[6]

In dieser Auflage behielt Cormeau die Buchteilung von Lachmanns Edition bei, aber er wandte ein modifiziertes Leithandschriftenprinzip an.[7]Die sprachliche Normalisierung ging weniger weit als bei Lachmann, Echtheitsmutmaßungen wurden sehr zurückhaltend geäußert und es zeigt sich ein eher zurückhaltender Umgang Cormeaus mit der Fassungsvarianz auf der Ton- und Textebende.

2.2 Anmerkungen zur Überlieferung des Liedes Frowe lânt iuch niht verdriezen.

Das LiedFrowe lânt iuch niht verdriezen, welches in dieser Arbeit eine vorrangige Stellung einnehmen soll, findet sich unter anderem in der 14., völlig neubearbeiteten Auflage der Ausgabe von Karl Lachmann, von Christoph Cormeau, wieder. Angegeben werden die Handschriften C, E und A, wobei die Handschrift C als Leithandschrift fungiert. Obwohl man das Lied auch in der Handschrift A findet, sind hier allerdings nur die ersten drei Strophen überliefert und erscheinen unter dem Namen Lutold von Seven. Karl Lachmann hat dieses Lied in die Sammlung der Walther- Lieder aufgenommen, während es Rudolf Wackernagel Lutold von Seven zuschreibt.[8]

In A sind also die Strophen eins bis drei des LiedesFrowe lânt iuch niht verdriezenüberliefert. Vollständig belegt ist dieses Lied in den Handschriften C und E, unter dem Namen Walthers. Wackernagel präferiert die Präsenz Lutolds von Seven in diesem Lied. Er habe zwar etwas von Walthers Weise, doch der Abgesang klinge leutoldisch. Jene Züge, welche Wackernagel als den Charakter der leutoldischen Poesie ausmacht, findet man aber auch bei Walther von der Vogelweide. Zum Beispiel erwähnt Wilmanns hier „die Schlichtheit und Einfalt der leicht dahinschreitenden Rede“[9],die man auch bei Walther von der Vogelweide findet.

Da es in den verschiedenen Handschriften Abweichungen im Wortlaut des Textes und in der Strophenanzahl gibt, orientiert sich diese Seminararbeit an Karl Lachmann und wählt das Lied 85,34 laut der 14. Auflage von Christoph Cormeau.

3. Die Form des Dialogliedes im deutschen Minnesang vor und bei Walthers Lied Frowe lânt iuch niht verdriezen.

In diesem Kapitel soll das Dialoglied näher betrachtet werden. Was ist ein Dialoglied? In welcher Beziehung steht es zum „Wechsel“, der in der früheren Lyrik beliebt war? Und was zeichnet das LiedFrowe lânt iuch niht verdriezenals Dialoglied aus? Diesen Fragen wird in diesem Kapitel nachgegangen.

3.1 Das Dialoglied vor Walther.

Im deutschen Minnesang treten dialogisierende Formen der Rede bis in die klassische Zeit hinein nur selten auf.[10]Es gibt zunächst in der frühen Lyrik die Form des „Wechsels“. Dies ist eine eigentümliche Liedform, die in der europäischen Literatur des Mittelalters sonst unbekannt ist. Der „Wechsel“ ist ein produktives Liedgenre des Mittelalters. Kennzeichnend für diese Liedform ist die Kombination zweier von Mann und Frau gesprochener Monologe.[11]

Der „Wechsel“ besteht meist aus zwei Strophen, einer Männer- und einer Frauenstrophe, die inhaltlich und formal miteinander verknüpft sind. Aus diesen Einzelreden von Mann und Frau ergibt sich die Affinität zum Dialoglied. Was dem „Wechsel“ fehlt, ist das den Dialog kennzeichnende Moment der unmittelbaren Konfrontation.[12] Das Genre des „Wechsels“ zeigt die monologische Ich-Rede der Minnepartner, die Redenden sprechen nicht zu-und miteinander, sondern übereinander. Bei dieser Redesituation wendet sich ein Ich an einen abwesenden Partner.[13]

[...]


[1]Vgl. Walther von der Vogelweide. Textkritik und Edition. Hrsg. v. Thomas Bein. Berlin: Walter de Gruyter 1999, S. 1 (Einführung)

[2] Vgl. Elmar, Willemsen: Walther von der Vogelweide. Untersuchungen zur Varianz in der Liederüberlieferung. Frankfurt am Main: Peter Lang 2006, S. 15

[3]Ebenda, S. 16

[4]Vgl. Bein, Walther von der Vogelweide. Textkritik und Edition, S.2

[5]Ebenda, S. 4

[6]Christoph, Cormeau: Walther von der Vogelweide. Leich, Lieder, Sprüche. 14., völlig neubearbeitete Auflage der Ausgabe Karl Lachmanns. Berlin: Walter de Gruyter 1996, Vorwort

[7]Vgl. Bein, Walther von der Vogelweide. Textkritik und Edition, S. 4

[8]Vgl. W. Wilmanns: Walther von der Vogelweide. Halle: Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses 1924, S. 109

[9]W. Wilmanns: Walther von der Vogelweide. Halle: Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses 1924, S. 109

[10]Vgl. Ingrid, Kasten: Das Dialoglied bei Walter von der Vogelweide. In: Walther von der Vogelweide. Hamburger Kolloquium 1988 zum 65. Geburtstag von Karl-Heinz Borck. Hrsg. v. Jan-Dirk Müller und Franz Josef Worstbrock. Stuttgart: Hirzel 1989, S.81-93

[11]Vgl. Ingrid, Kasten und Thomas, Cramer: Mittelalterliche Lyrik. Probleme der Poetik. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1999, S. 85-106

[12]Vgl. Ingrid, Kasten, Das Dialoglied bei Walther von der Vogelweide, S. 81

[13]Vgl. Ingrid, Kasten und Thomas, Cramer, Mittelalterliche Lyrik, S. 85

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Walther von der Vogelweides Dialoglied "Frowe, lânt iuch niht verdriezen"
Hochschule
Universität Wien  (Germanistik)
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V277543
ISBN (eBook)
9783656704690
ISBN (Buch)
9783656706328
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
walther, vogelweides, dialoglied, frowe
Arbeit zitieren
Anna Mayer (Autor:in), 2013, Walther von der Vogelweides Dialoglied "Frowe, lânt iuch niht verdriezen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277543

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